Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Zunächst zustimmen wir über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/5345 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und dem fraktionslosen Kollegen Sagel mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP bei Enthaltung der Fraktion der SPD abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/5358 – Neudruck – der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie gegen die Stimme des Kollegen Sagel angenommen worden.

Ich lasse über den Entschließungsantrag in der Drucksache 14/5444 der Fraktion der SPD abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Entschließungsantrag gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des Kollegen Sagel mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.

Ich rufe auf:

5 Halbjahresbericht des Petitionsausschusses

Gemäß § 94 unserer Geschäftsordnung soll der Petitionsausschuss dem Landtag mindestens jährlich mündlich berichten. Entsprechend der bisher geübten Praxis erteile ich der stellvertretenden Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Kollegin Beer, zu ihrem Halbjahresbericht das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor gut einem Jahr habe ich von dieser Stelle aus auch einen Halbjahresbericht über die Arbeit im Petitionsausschuss gehalten. Ich habe damals von einem sehr herausragenden und bewegenden Einzelfall berichtet. Heute möchte ich Ihnen mit großer Freude mitteilen, dass es gelungen ist, diese Petition zu einem glücklichen Ende zu führen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist ein dramatischer Fall. Das Schicksal der Familie aus dem Hochsauerlandkreis, von dem Sie vielleicht auch in der öffentlichen Berichterstattung schon gehört haben, lässt wohl keinen kalt, der sich damit auseinandergesetzt hat. Von Anfang an hat sich deshalb der Petitionsausschuss nachhaltig für eine Rückkehr der nach Serbien abgeschobenen Mutter mit ihren fünf Kindern eingesetzt.

Ich darf in Erinnerung rufen: Hintergrund ist die unglaubliche Gewalttätigkeit, der die Familie ausgesetzt war. Der Vater hatte drei der Kinder in massivster Weise sexuell missbraucht und auch sonst der Familie übelst zugesetzt. Dafür ist er zu Recht zu neun Jahren Haft verurteilt worden, die er zurzeit in einem deutschen Gefängnis absitzt. Einen nennenswerten Versuch einer psychotherapeutischen Aufarbeitung der erlittenen Gewalttaten hat es für die Familie bedauerlicherweise damals nicht gegeben.

Seit Mai 2006 war die Familie in Serbien nach der Abschiebung auf sich allein gestellt. Mutter und Kinder mussten ausgerechnet im direkten Umfeld der Familie des inhaftierten Vaters das Leben zubringen. Sie wurden dort drangsaliert, waren erheblichen Vorwürfen ausgesetzt. Das wirkte hinein in insgesamt immer schlechter werdende Lebens- und Wohnverhältnisse.

Es waren allerdings nicht die wirtschaftlichen und finanziellen Nöte, die den Ausschlag für den fraktionsübergreifenden Konsens gegeben haben, in diesem Fall hartnäckig und beharrlich dranzublei

ben. Ein solches wirtschaftliches Schicksal alleine – das mag an dieser Stelle zynisch und kalt klingen – beschreibt leider keine herausragende Notlage, sondern ist in zahlreichen Ländern bittere Lebensrealität, nicht nur für viele Heimkehrerfamilien, sondern auch für die dort lebenden Familien. Jedoch die seelische Not, insbesondere der Kinder, aber auch der Mutter, wurde immer größer.

Die Kinder, albanischstämmig, in NRW groß geworden – seit 1993 –, perfekt in Deutsch, aber ohne Serbischkenntnisse, konnten in der Schule keinen Fuß fassen. Im engsten Umfeld des Täters, an den überall Erinnerungen aufrechterhalten werden, in der ihnen von engsten Familienmitgliedern blanker Hass entgegenschlägt, kann keine Therapie gelingen, erst recht nicht in einer sprachlichen Fremde, ohne Vertrauensbasis, immer in der Furcht, dass das schreckliche Geschehen in diesem Kulturkreis an die Öffentlichkeit kommen könnte.

Damit wäre die physische, die psychische bzw. die soziale Vernichtung verbunden gewesen. Ausgerechnet die Opfer würden auch in der weiteren Umgebung zu Sündenböcken gemacht, die die Familie in Schande gebracht haben. Zahlreiche, zum Teil dramatische Hilferufe, erreichten hier in Deutschland sowohl den Unterstützerkreis in der Stadt Marsberg als auch mich persönlich. Der Zusammenbruch einzelner Familienmitglieder stand zu befürchten.

Wir haben mühsam mit viel Detailarbeit, für mich manchmal unerträglich zäh verlaufend, eigene Recherchen angestrengt, die die hoffnungslose Situation der Familie und die besondere humanitäre Notlage ohne Aussicht auf adäquate Therapie bestätigt haben.

In der letzten Woche ist die Familie tatsächlich zurückgekehrt. Das ist ein Grund zu Freude und Dankbarkeit. Ich kann sagen, dieses Ergebnis wäre ohne die überparteiliche und hartnäckige Arbeit im Petitionsausschuss nicht möglich gewesen.

(Beifall bei GRÜNEN, CDU, SPD und FDP)

Wir haben in Ansehung der Einzigartigkeit des Falls über viele Monate hinweg das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verloren. Das ist im Hinblick auf die sonstigen parteipolitischen Auseinandersetzungen in diesem Hause – das will ich sehr deutlich sagen – für mich persönlich und für alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen etwas Besonderes und Kostbares. Ich danke deshalb der Vorsitzenden Inge Howe wie auch den Obleuten Reinhold Sendker, Elisabeth Veldhues, Holger Ellerbrock und dem Kollegen Hubert Kleff, die an

zahlreichen Gesprächen beteiligt und immer ein Rückhalt waren. Ausdrücklich einbeziehen möchte ich hierbei auch die Mitarbeiter des Petitionsreferats Herrn Bande und auch Herrn Muschkiet.

(Beifall bei GRÜNEN, CDU, SPD und FDP)

Dieser Fall zeigt, dass man mit entschlossenem gemeinsamen Auftreten am Ende doch etwas erreichen kann. Wir mussten – auch das ist ein einmaliger Vorgang – in der Regierungshierarchie ziemlich hoch greifen und haben uns zuletzt an den Chef der Staatskanzlei gewandt. Im Namen des Petitionsausschusses möchte ich mich bei Herrn Staatssekretär Beneke ganz herzlich für seine nachhaltige Unterstützung in dieser Angelegenheit bedanken. Dank gilt auch Herrn Staatssekretär Brendel aus dem Innenministerium, aber vor allen Dingen – das will ich noch einmal herausstellen – Herrn Regierungspräsidenten Diegel in Arnsberg, der die Angelegenheit sehr entschlossen behandelt hat.

(Beifall bei GRÜNEN, CDU, SPD und FDP)

Es war das Zusammenwirken der genannten Stellen und des Petitionsausschusses, das letztlich die zuständige Ausländerbehörde und auch die deutsche Botschaft in Belgrad dazu gebracht hat, der Rückkehr der Familie zuzustimmen. Dass der zuständige Landrat im Hochsauerlandkreis in der letzten Woche geäußert hat, man hätte angesichts der Erkenntnisse wohl doch besser von Anfang an anders gehandelt, hat die Leidensstrecke der Familie nicht abgekürzt, lässt aber für die Zukunft hoffen.

Es wird jetzt darauf ankommen, für die Familie schnell stabile Verhältnisse zu schaffen – erste Schritte sind bereits in der letzten Woche gegangen worden –, damit möglichst bald mit der therapeutischen Aufarbeitung der Gewalttaten begonnen werden kann. Ich bin ganz sicher, dass der im Hintergrund nachhaltig agierende Unterstützerkreis hierbei – das ist ganz wichtig – Hilfestellung geben wird.

Manchmal spielt man mit Autokennzeichen. Ich komme als Abgeordnete aus Paderborn. Wenn wir einen PKW mit dem Kennzeichen HSK sehen, heißt das im Volksmund: Hilfe, sie kommen. – Wir haben das in der letzten Woche gemeinsam umgeschrieben und werden die Abkürzung HSK jetzt immer mit Blick auf die Rückkehr der Familie mit einem „Halleluja, sie kommen“ verbinden.

(Allgemeine Heiterkeit)

Mit dem Erfolg in dieser Petition ist es auch gelungen, Menschen ein Stück Vertrauen in die Politik wieder zurückzugeben, das angesichts von

Entscheidungen, die als extrem ungerecht und inhuman empfunden wurden, tief erschüttert wurde.

(Beifall von GRÜNEN und FDP)

Auch deshalb ist der Verlauf dieser Petition sehr wichtig.

Nach dieser ausführlichen Einleitung in einem Einzelfall, der auch die Öffentlichkeit sehr wach gerüttelt und bewegt hat, eine kleine statistische Übersicht über die Arbeit des Petitionsausschusses im ersten Halbjahr 2007.

Die Neueingänge beliefen sich für diese Zeit insgesamt auf 1.870. Erledigt hat der Petitionsausschuss in diesem Zeitraum 1.943 Petitionen, also auch ein gutes Stück mehr der Petitionen, die vorher schon eingegangen sind. Damit bewegen wir uns insgesamt auf dem Niveau der Vorjahre.

Die Schwerpunkte der Petitionsarbeit lagen diesmal auf den Gebieten der sozialen Sicherung mit ca. 29 %, der Rechtspflege und Betreuung mit gut 13 %, des öffentlichen Dienstrechts mit knapp 10 % und des Bereiches Bauen und Wohnen mit knapp 9 %. Ausführlicheres dazu finden Sie auch im gedruckten Bericht, der auf den Internetseiten des Landtags schon online gestellt ist.

Berücksichtigt man alle Eingaben an den Petitionsausschuss, dann konnten 27 % der Fälle erfolgreich für die Petenten abgeschlossen werden. Wenn wir im Verfahren nach Artikel 41a der Landesverfassung tätig waren, haben wir sogar in 45 % Verbesserungen erreicht.

Im März haben wir zusammen mit dem Kreis Lippe in Detmold eine auswärtige Bürger/innensprechstunde des Petitionsausschusses durchgeführt. Auch das Beschwerdemanagement des Kreises war beteiligt. Insgesamt hatten wir regen Zuspruch und eine gute öffentliche Resonanz.

Mit einer Telefonaktion Mitte Mai beim „GeneralAnzeiger“ in Bonn haben wir unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter fortgesetzt. Es ist immer wieder erstaunlich, dass die Möglichkeiten des Petitionsrechts in der Bevölkerung nicht genügend bekannt sind. Damit wir das ändern, machen wir genau diese Art der Öffentlichkeitsarbeit.

Sowohl bei den Bürgersprechtagen als auch bei Telefonaktionen erfahren die Menschen im Lande durch die Vor- und Nachberichterstattung in den Medien anhand konkreter Beispiele etwas über den Petitionsbereich.

Neben der Arbeit vor Ort abwechselnd in den Regionen laufen unsere monatlichen Sprechstunden

hier in Düsseldorf in der Villa Horion natürlich kontinuierlich weiter.

Viele Eingaben mit sehr unterschiedlicher Zielrichtung erhalten wir aus dem Bereich Schule. Sowohl die Eltern und Schülerinnen und Schüler, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer selbst tragen ihre Beschwerden und Bitten an den Petitionsausschuss heran. Wir können so deutlich nachvollziehen, wo es zurzeit Probleme im Land gibt.

Besonders hervorheben möchte ich die zahlreichen Petitionen zum sogenannten Mangelfacherlass, die uns schon viele Monate beschäftigen.

Im Dezember 2000 hatte das Schulministerium einen Erlass herausgegeben, der Lehrerinnen und Lehrern mit der Lehrbefähigung für sogenannte Mangelfächer die Möglichkeit eröffnete, noch bis zum Alter von 45 Jahren verbeamtet zu werden. Dieser Erlass, der zunächst noch bis Ende Juli 2007 verlängert worden ist, wurde aus Kostengründen mit einem Folgeerlass wieder aufgehoben. Inzwischen haben auch die Zeitungen über diese Problematik ausführlich berichtet.

Ich möchte hier jetzt nicht auf die Problematik der unterschiedlichen Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern allgemein eingehen oder die Frage des Beamtenstatus für Lehrkräfte erörtern. Für den Petitionsausschuss geht es um den Personenkreis, der auf spezielle Erlassregelung des Schulministeriums vertraut und seine Lebensplanung darauf ausgerichtet hat.

Die vorzeitige Aufhebung des Mangelfacherlasses betrifft vor allen Dingen die Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger, die zum 1. Februar 2005 und zum 22. August 2005 in den Vorbereitungsdienst eingestellt worden sind mit der Folge, dass dieser Personenkreis nach Erreichen des 35. Lebensjahres entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht mehr verbeamtet werden kann.

Zahlreiche Lehramtsanwärterinnen und -anwärter, die kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung standen, sahen sich mit völlig neuen Bedingungen und erheblichen Einkommenseinbußen konfrontiert. Diese Einbußen wurden auch durch die Umstellung der Angestelltenvergütung vom Bundesangestelltentarif auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder noch weiter verschärft.

Viele Betroffene haben dieses als gravierende Ungerechtigkeit empfunden und sich mit der Bitte um Abhilfe an den Petitionsausschuss gewandt. Die Obleute des Ausschusses haben gemeinsam mehrere Gespräche mit dem Staatssekretär des Schulministeriums geführt. Leider ohne Erfolg.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Der Ausschuss fordert eine Lösung, die insbesondere dem Vertrauensschutz Rechnung trägt, auf den sich die angehenden Lehrerinnen und Lehrer berufen dürfen.