Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Der Ausschuss fordert eine Lösung, die insbesondere dem Vertrauensschutz Rechnung trägt, auf den sich die angehenden Lehrerinnen und Lehrer berufen dürfen.

Bis auf das Zugeständnis, dass die betroffenen Seiteneinsteiger nicht – wie ursprünglich vorgesehen – nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder, sondern mit einer Entgeltgruppe in Annäherung an den wesentlich günstigeren alten Bundesangestelltentarif durch Anrechnung von Anerkennungszeiten bezahlt werden sollen, hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung dem Petitionsausschuss keinen befriedigenden Lösungsvorschlag unterbreitet. Hier steht aber die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit staatlichen Handelns auf dem Spiel.

Die Landesregierung darf das Vertrauen der Lehrerinnen und Lehrer nicht enttäuschen, von denen wir erwarten, dass sie unsere Kinder mit großer Motivation zu erfolgreichen Schülerinnen und Schülern machen.

Wir meinen, dass eine Lösung möglich ist, zumal es sich um einen überschaubaren Personenkreis handelt. Es darf doch nicht sein, dass die Lehrerinnen und Lehrer vor die Verwaltungsgerichte ziehen müssen, um ihr Recht – mit aus unserer Sicht guten Erfolgsaussichten – einzuklagen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Auch das Thema „integrativer Unterricht“ steht immer wieder auf der Tagesordnung. Klappt es im Grundschulbereich inzwischen relativ gut mit dem Angebot zum gemeinsamen Unterricht, so gibt es doch immer wieder Probleme an den weiterführenden Schulen.

Besonders erstaunt hat uns eine Eingabe aus der alten Hansestadt Lemgo, in der es bis heute keine Möglichkeit des integrativen Unterrichts an einer weiterführenden Schule gibt. Zwei Elternpaare aus Lemgo wollten mit ihrer Petition erreichen, dass ihre Kinder nach der Grundschulzeit nicht in einer Förderschule, sondern in einer integrativen Lerngruppe an einer Regelschule unterrichtet werden. Die Arbeit mit den Kindern in der Grundschule sollte also verständlicherweise fortgesetzt werden können. Leider so nicht in Lemgo. Dort gibt es insgesamt sechs weiterführende Schulen – zwei Gymnasien, eine Realschule, zwei Hauptschulen und eine Gesamtschule in Kreisträgerschaft.

Es ist schon bemerkenswert, dass alle diese Schulen sehr ausführlich begründet haben, weshalb Integration bei ihnen nicht möglich ist, ob

wohl es in den angrenzenden Städten und Kreisen Beispiele gelungener Integrationsarbeit an den weiterführenden Schulen gibt.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Unsere weitere Prüfung hat auch ergeben, dass es leider seitens der Stadt Lemgo, aber auch der Kreisverwaltung keine nachhaltigen Bemühungen zur Lösung dieses Problems gegeben hat. Erst durch einen Erörterungstermin des Petitionsausschusses kommt jetzt hoffentlich Bewegung in die Angelegenheit.

Im Einvernehmen mit dem Schulministerium – an der Stelle sehen Sie, dass wir häufig im Einvernehmen mit den Behörden, auch mit den Ministerien, arbeiten – und der Bezirksregierung hat der Petitionsausschuss die Stadt Lemgo und den Kreis Lippe aufgefordert, das Problem bis zum 1. März des nächsten Jahres zu lösen.

Sollte es nicht gelingen, dass eine der genannten Schulen freiwillig eine integrative Lerngruppe einrichtet, so erwartet der Petitionsausschuss, dass der Schulträger selbst, so wie es das Gesetz vorsieht, eine Entscheidung für die Kinder mit Behinderungen trifft. Spätestens mit Beginn des nächsten Schuljahres im August 2008 muss es möglich sein, dass auch in Lemgo Kinder mit und ohne Behinderungen an einer weiterführenden Schule integrativ unterrichtet werden.

Die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss besteht nicht selten darin, einen Verständigungs- und Einigungsprozess zwischen Petenten und Behörden zu moderieren oder sich als Mediatorinnen und Mediatoren zu betätigen. Das wird von den Beteiligten und Betroffenen in der Regel als hilfreich empfunden, und es gibt sehr viel Lob, weil diese Arbeit zur Konfliktlösung vor Ort beiträgt. Deshalb gilt mein Dank allen Petitionsausschussmitgliedern, allen Kolleginnen und Kollegen, und dem Team im Petitionsreferat.

Aber nicht in allen Verwaltungsbereichen des Landes findet sich eine wertschätzende Haltung gegenüber der Arbeit des Petitionsausschusses und damit geht auch ein mangelnder Respekt vor dem Grundrecht der Petition und der Arbeit des Parlamentes einher. Ein Behördenauftritt war so herausragend, dass ich den Fall kurz schildern möchte:

Im März dieses Jahres befuhr Herr B. mit seinem PKW eine Straße auf Kölner Stadtgebiet. Plötzlich geriet er mit seinen beiden rechten Reifen in ein Schlagloch. Es war kein kleines Schlagloch, denn es war ungefähr 80 cm breit, 1,8 m lang und 15 cm tief. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit

betrug 70 km/h. Die Straße war weder beleuchtet, noch wurde vor dem Schlagloch mit einem entsprechenden Zeichen gewarnt. An diesem Tag gerieten noch acht weitere Fahrzeuge mit zum Teil ähnlichen Reifenschäden in dieses Schlagloch. Wegen seines Schadens von ca. 400 € trat Herr B. an die Stadt Köln heran, die jedoch den Anspruch ablehnte. Herr B. legte eine Petition ein.

Die Ursache und der Streitwert, waren eigentlich eine Kleinigkeit, keine besonders gelagerte Problematik. Das mögen Sie meinen. Mit besonderem Interesse haben wir jedoch die Begründung der Stadt Köln für ihre ablehnende Haltung zur Kenntnis genommen. Zunächst bestritt die Stadt, dass überhaupt ein Schlagloch existierte. Als dies später nicht mehr zu leugnen war, wurde eine Ersatzpflicht mit der Begründung abgelehnt, das Schlagloch habe „vor sich selber gewarnt“.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ohne die tatsächlichen Gegebenheiten zur Kenntnis zu nehmen, berief sich die Stadt auf Gerichtsurteile, denen jedoch ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde lag. Aus der Sicht des Petitionsausschusses lag zumindest ein erhebliches Mitverschulden der Stadt vor. Der Ausschuss schlug deshalb vor, sich ohne Anerkennung von weitergehenden Rechtspflichten auf die Hälfte des geltend gemachten Betrages, also auf 200 €, zu einigen. Herr B. war dazu bereit, die Stadt jedoch nicht.

Was in dieser Angelegenheit zudem befremdlich war, das war das merkwürdige Verhalten der in dieser Sache tätigen Mitarbeiter der Stadt gegenüber dem Petitionsausschuss. Die Art und Weise, wie man sich zunächst weigern wollte, einen Gesprächstermin im Landtag wahrzunehmen, und wie respektlos und unbotmäßig man sich der berichterstattenden Kollegin gegenüber verhalten hat, zeigte sehr klar, welche Haltung der Arbeit des Landesparlaments entgegengebracht wird. Obwohl es angesichts der Dimension des vorliegenden Falles beinahe schon lächerlich ist, hat der Petitionsausschuss dem Oberbürgermeister der Stadt Köln noch einmal Gelegenheit gegeben, die Sache zu bereinigen – leider vergeblich. Mit wenig überzeugender Begründung bleibt die Stadt bei ihrer ablehnenden Haltung und lässt den geschädigten Bürger „im Schlagloch“ stehen. Anstatt einzulenken, beklagt sich der Stadtdirektor dann noch zu allem Überfluss über einen engagiert arbeitenden Mitarbeiter der Petitionsverwaltung. Ich sage deutlich: Das ist schlechter demokratischer Stil.

(Allgemeiner Beifall)

Bei all den Anstrengungen, Abwehren zu produzieren und kontraproduktiv aktiv zu sein, hat das den Steuerzahler bestimmt mehr Geld gekostet, als wenn sich die Stadtverwaltung gleich kulant gezeigt hätte.

(Allgemeiner Beifall)

Aber ich möchte noch einen positiven Fall schildern, denn es geht auch anders. Das zeigt das folgende Beispiel:

Frau R. war seit 2004 arbeitslos und sah keine Möglichkeit mehr, in ihrem alten Beruf als Industriekauffrau tätig zu werden. Da sie am schönen Niederrhein direkt an einem Radwanderweg wohnt und schon häufiger von Radfahrern nach einer Rast- und Verpflegungsmöglichkeit gefragt wurde, kam ihr die Idee, an ihrer Wohnung einen kleinen Kiosk einzurichten. Sie hoffte auf eine Förderung zur Existenzgründung, um dem Staat nach eigener Aussage nicht weiter auf der Tasche zu liegen. Unterstützt wurde sie bei diesem Vorhaben von ihrem ebenfalls arbeitslosen Mann. Wegen der Bestimmungen im Flächennutzungsplan benötigte sie aber eine Sondergenehmigung der Stadt. Trotz der Argumentation von Frau R., ihr Kiosk sei eine Bereicherung für den niederrheinischen Fahrradtourismus und mache sie außerdem unabhängig von öffentlichen Leistungen – Hartz IV lässt grüßen –, wurde ihr die erforderliche Ausnahmegenehmigung nicht erteilt. In dieser Notlage wandte sie sich schließlich an den Petitionsausschuss.

Nach einem Ortstermin konnte zusammen mit den Behörden eine Lösung gefunden werden. Die Petentin erhielt eine zweijährige Sondergenehmigung für ihren Kiosk bis der Flächennutzungsplan geändert wird und auch den touristischen Aspekt des Radwanderweges berücksichtigt. Frau R. konnte inzwischen ihren Kiosk eröffnen.

(Allgemeiner Beifall)

Das macht deutlich, dass der Petitionsausschuss zur Entbürokratisierung beitragen kann, dass er sehr nahe an Bürgerinnen und Bürgern ist. Das kann nur gelingen, wenn auch das Parlament weiterhin die Arbeit des Petitionsausschusses energisch unterstützt und ihm Rückhalt bietet. Es ist eine ganz wesentliche Verbindung zum Lebensalltag von Bürgerinnen und Bürgern. Damit wird den Politikerinnen und Politikern immer wieder gezeigt, wie es im Augenblick auch in kleinen Lebenssituationen in Nordrhein-Westfalen aussieht. Das ist für uns eine wichtige Erfahrung.

Den gesamten Bericht haben Sie sofort auf den Internetseiten des Landtags online.

Ich danke für die Unterstützung des Hauses, die wir immer wieder erfahren, und dass wir hier in dieser Ausführlichkeit vortragen können. Herzlichen Dank an alle, die im Petitionswesen mitwirken.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Ich bedanke mich im Namen des gesamten Hauses bei Ihnen als stellvertretender Vorsitzenden des Petitionsausschusses ganz herzlich für Ihren Bericht und für die Arbeit, die Sie und die Mitglieder des Petitionsausschusses sehr engagiert in diesem Gremium für die Interessen und das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land leisten.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, damit haben wir den Halbjahresbericht des Petitionsausschusses gehört. Eine Aussprache ist hierzu nicht vorgesehen.

Ich rufe auf:

6 Missachtung des Parlaments durch Wolf und Uhlenberg beenden – Kommunalisierung der Umweltverwaltung stoppen

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/5347

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Remmel das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Remmel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider, muss ich an dieser Stelle sagen, reden wir heute – es ist bedauerlich, dass gerade die Regierungsbänke sehr schwach, um nicht zu sagen, fast gar nicht besetzt sind – über ein „starkes Stück Demokratieverfall“ in NordrheinWestfalen. Wir reden über den Verfall der demokratischen Kultur in diesem Hause, über eine gravierende Missachtung der Gewaltenteilung, so wie sie die Verfassung Nordrhein-Westfalens vorsieht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Denn Rechtsetzung wird durch das Parlament gemacht. Das ist unsere ureigene Aufgabe als erste Instanz im Lande. Rechtsvollzug wird durch die Exekutive, die Landesregierung, geleistet. Aber Rechtsvollzug ohne dass Rechtsetzung bereits stattgefunden hat, kann schlechterdings nicht sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen – das muss eigentlich auch die Abgeordneten der Regierungsfraktionen interessieren, denn irgendwann wird es auch wieder andersherum sein, dass nämlich Sie in der Opposition sitzen, und das hoffentlich schon bald –, auch Sie werden nicht wollen, dass der Prozess der Rechtsetzung – auch wenn absehbar ist, dass dieses Recht möglicherweise in Kraft treten wird – in der Beratung dadurch beeinträchtigt wird, dass die Verwaltung bereits Recht vollzieht. Das kann und darf nicht sein. So darf parlamentarische Beratung nicht durch die Landesregierung beeinflusst und konterkariert werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Der Gesetzentwurf zur Kommunalisierung der Umweltverwaltung ist gerade erst eingebracht und steht voll in der parlamentarischen Beratung; wir hatten gerade eine Anhörung hierzu. Gleichzeitig setzen der Innen- und der Umweltminister, ohne dass es irgendeine gesetzliche Grundlage gibt, bereits Fakten durch eine Personalverteilung, die aktuell stattfindet. Insofern ist die Beratung im Hause letztlich nur noch Formsache. Das kann kein Abgeordneter, das kann dieses Haus nicht wollen. Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss der Landtag – wir haben den Antrag gestellt – und muss die Landesregierung diesen Vorgang umgehend stoppen.

Derzeit passiert Gewaltiges. Die Beschäftigten werden massiv unter Druck gesetzt. Gegen den Willen von vielen Beschäftigten gibt es bereits ein Personalfindungsverfahren, und das Prinzip der Freiwilligkeit ist außer Kraft gesetzt. Uns liegen mehrere Dokumente vor, dass aktuell auf ganz viele Beschäftigte in Form von massivem Druck Einfluss genommen wird, um sie zu bewegen, ihren Arbeitsplatz an anderer Stelle zu finden.

(Horst Becker [GRÜNE]: So ist es!)

Das gültige Gesetz zur Personalmitbestimmung – das potenziert den Vorgang – wird verletzt und stattdessen wird bereits auf der Grundlage eines noch nicht gültigen Gesetzes gehandelt. Einzelmaßnahmen werden umgesetzt bzw. angedacht. Die Mitbestimmung wird außer Kraft gesetzt. Dagegen haben die Personalräte massiv Einspruch erhoben. Sie lehnen dieses Verfahren ab und haben bereits gerichtliche Schritte eingeleitet.