Das bekommen Sie in allen Vergleichsstudien bestätigt. Wir haben nicht nur die Möglichkeit des Nachrangdarlehens, damit man den Beitrag erst dann zurückzahlen muss, wenn man ein geregeltes und bei Akademikern im Regelfall auch hohes Einkommen erzielt, sondern wir haben auch eine sehr großzügige Regelung dafür,
dass schätzungsweise zwei Drittel der BAföGEmpfänger nach Ende ihres Studiums gänzlich von einem solchen Studienbeitragsdarlehen befreit werden. Das heißt, sie bekommen eine bessere Qualität des Studiums, ohne dass sie dafür letztendlich zusätzliche Mittel bereitstellen müssen. Das halten wir in doppelter Hinsicht für eine ausgesprochen sozialverträgliche Maßnahme.
Letzter Punkt: Herr Schultheis, Sie hatten die Studienanfängerzahlen usw. angesprochen, die wir Ihnen als Zusammenfassung der uns von den Hochschulen vorgelegten Prognosen zu Semesterbeginn mitgeteilt hatten. Wir haben das in jedem Jahr gemacht, seitdem wir hier Verantwortung tragen, während Sie das früher nur in den Jahren vorgetragen haben, in denen es gute Zahlen gab.
Ich kann Ihnen das dokumentieren. Ich habe Ihnen im ersten Jahr meiner Amtszeit eine positive Zahl mitteilen können. Das hat uns gefreut. Sie ist danach sogar noch positiver vom Statistischen Landesamt bestätigt worden. Ich habe im letzten Jahr eine negative Entwicklung – auch in einer Pressekonferenz und mit entsprechenden Unterlagen – vorgestellt. Ich habe in diesem Jahr vorgetragen, dass wir gegen Ihre Erwartung und gegen Ihre Propaganda – wenn ich das so sagen darf – an den Hochschulen keine rückläufigen, sondern steigende Studienanfängerzahlen haben. Ich habe außerdem gesagt, dass die Studienanfängerzahlen stärker steigen als die Hochschulzugangsberechtigtenzahlen.
Genau das ist heute vom Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik bestätigt worden. Wir haben in diesem Jahr einen Anstieg der Zahl der Erstsemester von 63.100 auf 65.500 – das ist ein Anstieg von 3,8 % –, und einen Anstieg der Hochschulzugangsberechtigtenquote von 1,8 %. Das heißt, die Zahl der Erstsemester im Wintersemester 2007/2008 ist höher als die der Hochschulzugangsberechtigten. Ich will klarstellen: Sie ist nicht so stark gestiegen, wie wir vorhergesagt hatten – das räume ich ganz deutlich ein –, denn es hat an drei Hochschulen erhebliche Abweichungen gegeben.
Bilanz ist, dass wir an den Universitäten einen Anstieg von 0,8 % und an den Fachhochschulen einen Anstieg von 10,8 % haben. Bei den Universitäten ist er deutlich niedriger, als wir erwartet hatten, weil drei Universitäten – Duisburg, Münster und Bielefeld – erhebliche Abweichungen vermeldet haben. Aber die Fachhochschulen haben nach den jetzt bekannt gewordenen Daten des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik stärker abgeschnitten, sodass ich hier sagen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren – anders, als es bei Ihnen anklang, Herr Schultheis –: Die Zahl der Erstsemester steigt wieder,
nicht so stark, wie ich es erwartet und angekündigt hatte, aber sie steigt. Und sie steigt auch stärker als die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten,
was deutlich macht, dass die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen offensichtlich so attraktiv sind, dass die jungen Menschen gerne ein Studi
um aufnehmen. Ich denke, durch die Verbesserung der BAföG-Regelung wird sich das im nächsten Jahr fortsetzen. – Herzlichen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, das ist hier eine recht amüsante Diskussion, amüsant insofern, als sich doch tatsächlich alle Beteiligten zu freuen scheinen, dass es eine BAföG-Erhöhung gibt. Das finde ich deswegen bemerkenswert, weil Kollege Schultheis ja dargestellt hat, dass das BAföG in der Vergangenheit durchaus nicht von allen Parteien als ein Instrument verstanden wurde, das geeignet sei, Studenten eine Studienmöglichkeit zu garantieren.
Herr Kollege Schultheis hat ja auf die Tradition des BAföG hingewiesen. Herr Kollege Hollstein, wenn Sie Ihre Rede vom Mai wiederholen, dann wird sie dadurch nicht richtiger.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie sich nur ein klitzekleines halbes Jahr angeschaut und nicht Ihre kleinen grauen Zellen bemüht und geguckt haben, wie das in der Vergangenheit gelaufen ist.
Sie haben gesagt, wir hätten schon 2003 die Chance gehabt. Erinnern Sie sich bitte daran, wer damals die Mehrheit im Bundesrat hatte. Sie oder wir? Wer hat denn damals das Signal gegeben „Das machen wir von den Ländern auf keinen Fall mit“?
Herr Minister Pinkwart, Sie haben natürlich recht: Nordrhein-Westfalen hat das immer unterstützt. Da können Sie sich auf die Tradition der Sozialdemokraten und auf die rot-grüne Tradition in der Tat stützen.
Nordrhein-Westfalen hat im Bundesrat jede Erhöhung des BAföG unterstützt. Wenn Sie das diesmal auch getan haben, ist das gut; dann folgen Sie einer guten Tradition. Aber ich glaube, dass Sie hierfür nicht das Erstgeburtsrecht reklamieren können.
Herr Hollstein, die Vergangenheit kann man nicht wegdiskutieren. Herr Schultheis hat korrekt nachgewiesen, dass Frau Schavan in dieser Regierungskoalition einen gewissen Sinneswandel, einen Lernfortschritt gemacht hat. Dafür sind wir ihr sehr dankbar. Wir haben ja tatkräftig mitgeholfen, dass dem so ist.
Sie haben auf das Hickhack in diesem Frühjahr hingewiesen. In der Tat gab es Hickhack. Aber Sie wissen doch – Sie sind ja kein Neuling –, wie Politik abläuft und wie man miteinander ringt, was haushaltsmäßig möglich ist, was man an welcher Stelle herausschneidet, um etwas anderes zu bekommen. Aber wenn Sie meinen, dass Presseverlautbarungen Politik sind, dass diese aufzeigen, wer wann wofür gekämpft hat, dann sollten Sie nicht nur auf das Jahr 2007 schauen, sondern auch das Jahr 2006 zur Hand nehmen. Dann stellen Sie nämlich fest, dass im Dezember 2006 die Bundestagskollegen Tauss, Schmitt und Burchardt massiv für eine Erhöhung des BAföG eingetreten sind. Damals haben Sie daran noch gar nicht gedacht.
Ich finde es gut, dass hier alle bekräftigen, dass dies ein richtiger Weg ist. Damit konstatieren Sie, dass die wirtschaftliche Lage der Studenten für die Entscheidung, ob sie überhaupt studieren, offensichtlich nicht so ganz unwichtig ist.
Hier sind wir bei einem spannenden Punkt, was Nordrhein-Westfalen anbetrifft. Wenn Sie in die 18. Sozialerhebung hineinschauen, dann stellen Sie fest, dass mehr als 70 % der Studenten in Nordrhein-Westfalen erwerbstätig sind, und zwar nicht studiennah, sondern überwiegend studienfern. Gleichzeitig diskutieren wir aber darüber, dass die Studenten schneller fertig werden sollen. Es ist doch klar, dass hier ein eklatanter Widerspruch besteht. Wenn man sich nicht voll auf das Studium konzentrieren kann, dann kann man natürlich nicht so schnell fertig werden und auch nicht so erfolgreich sein.
Herr Pinkwart, da sehe ich den Widerspruch in Ihrer Politik. Sie sagen: Wir wollen keine soziale Selektion im Bildungswesen.
“Richtig“ sagen Sie. Aber warum handeln Sie anders? Warum bekräftigen Sie denn ein Schulsystem, das noch mehr selektiert? Warum wollen Sie schon bei Kindern im Alter von neun Jahren über deren Zukunftschancen entscheiden, darüber, ob sie einmal studieren werden oder nicht?
Das machen Sie doch! Sie selektieren doch! Das gilt auch für Ihren Vorschlag zu Mittelschule und Gymnasium.
Das ist doch Ihre Politik. Sie sagen: Die Armen auf die Hauptschule, die Reichen aufs Gymnasium. Und wenn die es da nicht schaffen, kriegen sie Nachhilfestunden; das ist auch kein Problem.
Lassen Sie mich mal ausreden. – Sie haben gerade gehört, dass 70 % der Studenten nebenher arbeiten müssen. Das heißt, dass 30 % nicht arbeiten müssen. Von diesen 30 % ist einem kleinen Teil Geld völlig egal.
Das heißt, diejenigen, die schon in der Schule die Nachhilfestunden finanziert bekommen haben, die vorher eine Förderung erhalten haben, die sich anschließend voll auf ihr Studium konzentrieren können, sind dann wahrscheinlich die Besten. Das sind dann die 10 %, die obendrauf noch von Ihnen ein Stipendium bekommen. Das ist nicht unsere Bildungspolitik.
Die Studiengebühren tun ihr Übriges. Im Deutschlandradio wurde darüber berichtet, wie Studenten die Studiengebühren sehen, ob das für sie wichtig ist oder nicht. Die sagten: Jeder sollte in Deutschland das gleiche Recht haben zu studieren. Die finanziell Schwachen sollten unterstützt werden. Wir wollen unseren Eltern nicht auf der Tasche liegen. Wir wollen uns auf das Studium konzentrieren und nicht arbeiten müssen. Aber es geht nicht anders.
Wozu führt die Situation, die wir jetzt in NordrheinWestfalen haben? Schauen Sie sich beispielsweise die Universität Kiel im schönen SchleswigHolstein an, wo es noch keine Studiengebühren gibt. Da steigen die Studentenzahlen. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelt dazu: „Studiengebührenflüchtlinge“. Die Zahl steigt dramatisch an. Inzwischen sind 25 % der Erstsemester Studiengebührenflüchtlinge.
Nein. – Das sollte Ihnen sehr zu denken geben. Spätestens Ende 2009/Anfang 2010 werden wir abrechnen und sehen, wie sehr sich die Situation verschlimmert hat, was die soziale Auslese anbetrifft. Sie haben dann die Verantwortung dafür zu tragen.
Natürlich ist Studienförderung wichtig. Ich kann das aus Überzeugung und eigener Erfahrung sagen; denn ich habe mal eine Zeit lang davon gelebt. In Berlin hat sich jetzt die Große Koalition auf eine Erhöhung geeinigt. Übrigens ist dies eigentlich gar kein Thema für ein Landesparlament – aber nun gut. Jetzt soll ein Wettrennen stattfinden, wer zuerst das Gute tut. Dazu hat mein Kollege Hollstein vorhin bereits einiges gesagt.
Aber wenn wir schon innerhalb der Berliner Koalition unterscheiden wollen, dann sei darauf hingewiesen, dass Frau Schavan bereits im laufenden Jahr eine sehr deutliche Erhöhung der Stipendien für die Begabtenförderungswerke durchgesetzt hat, die sehr eng mit dem BAföG zusammenhängen.