Wir haben in dieser Legislaturperiode die Zusammenarbeit zwischen Jülich und der RWTH Aachen mit JARA überhaupt erst gestalten und auf den Weg bringen können. Mit der German Research School for Simulation Sciences der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich haben wir die deutschlandweit einzigartige Forschungsschule im Bereich der Computerwissenschaften einrichten können, auch ein Beitrag, um mit diesem Know-how auf dem Gebiet der Simulation Nachwuchswissenschaftler heranzubilden, die weltweit benötigt werden.
Ich nenne als weiteres Beispiel – das habe ich gestern schon in der Fragestunde erwähnt – das Cluster Industrielle Biotechnologie. Dieses konnten wir für Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit Jülich auch aufgrund der besonderen Fähigkeiten des Rechnens gewinnen. Ich denke, das ist ein Zeichen dafür, dass wir mit Jülich die Voraussetzungen dafür schaffen, auch in anderen Feldern Spitzenleistung möglich zu machen.
Damit das, was heute Gegenstand der Aktuellen Stunde ist, möglich geworden ist, Herr Schultheis, haben wir 5,8 Millionen € aus den Mitteln des Landeshaushalts bereitgestellt. Sie fragten nämlich, wo die Mittel seien, und warfen mir vor, ich würde nur reden. Nein, hier hat das Land Nordrhein-Westfalen gehandelt. Wir sahen die Chance für Jülich, jetzt noch besser werden zu können. Und trotz der nicht ganz einfachen Finanzlage – das wissen Sie nur zu gut, weil Sie viel zu lange Verantwortung hatten, als dass Sie schon hätten
vergessen können, wie schwierig sie ist – haben der Landesfinanzminister und die Landesregierung dem Vorhaben zugestimmt, damit die Jülicher eine Chance haben, um wirklich nach vorne rücken zu können.
Wir haben aber nicht nur diesen Schritt gemacht, der jetzt diese Fortentwicklung bei JUGENE bringt, sondern wir haben auch im Landeshaushalt – lesen Sie es bitte nach – die Entscheidung getroffen, dass wir Jülich zum europäischen Höchstleistungsrechner in der Petaflop-Klasse ausbauen wollen. Dafür wollen wir in den kommenden Jahren weitere 50 Millionen € aus Landesmitteln zur Verfügung stellen, um entsprechende Kofinanzierungen aus Bundes- und Helmholtz-Mitteln zu generieren, sodass dann insgesamt 225 Millionen € bereitstehen, um Jülich nicht nur in Deutschland, sondern in Europa zum Zentrum zu machen. Denn dann können wir auch europäische Fördermittel erhalten.
Wir sollten weiter im Gespräch darüber bleiben. Denn es ist auch wichtig, dass Sie im Landtag darüber informiert sind, was dort mit diesem Geld geschieht und wie wir es zur Entwicklung unseres Forschungsstandorts einsetzen. – Herzlichen Dank für diese Gelegenheit.
Vielen Dank, Herr Minister Pinkwart. – Mir liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Witzel von der FDPFraktion vor.
(Marc Jan Eumann [SPD]: Er wollte noch mal sagen, dass er der Koalition der Erneue- rung angehört! Die Gelegenheit wollen wir ihm geben! – Gegenruf von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP]: Sie hatten dafür 39 Jahre Zeit!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über Jülich und die dort vorhandenen Exzellenzen, die wesentlich dazu beitragen, NordrheinWestfalen in Deutschland zum Innovationsland Nummer eins zu machen.
Jülich zeigt, dass das Land vorhandene Kompetenzen erkennt, Potenziale stärkt und gezielt in Spitzentechnologie investiert. Das ist der richtige Weg, den wir auch an anderer Stelle erkennen und weitergehen müssen. Deshalb, Herr Groth, geht es natürlich nicht nur um die rein technische Bewertung des Standortes Jülich und seiner Rechnerinfrastruktur, sondern auch darum – dies wurde bereits von meinen Vorrednern dargestellt –, die Zusammenhänge für die Innovationsprozesse in unserem Land insgesamt zu sehen.
Von daher ist dieser Rechner ebenso wie andere Bausteine auch ein wichtiges Markenzeichen und mitentscheidend für das Image des Forschungs- und Technologiestandortes Nordrhein-Westfalen sowie die reale Voraussetzung für viele Forschungsprojekte – einige wurden Ihnen eben schon vorgestellt –, die nur wegen dieser Rechnerinfrastruktur auch in anderen Zukunftsfeldern in Teilen des Landes überhaupt erst möglich werden und dort auch zu nachhaltigen Innovationsprozessen beitragen. Insofern hat dieses Thema weit über die Frage des Forschungszentrums Jülich hinaus wichtige faktische wie auch symbolische Wirkungen für andere Innovationsfelder im gesamten Land Nordrhein-Westfalen.
Dies will ich Ihnen am Beispiel meiner Heimat, die auch Ihre ist, nämlich dem Ruhrgebiet, deutlich machen. Dort wurde viel zu lange von Rot-Grün die Vergangenheitssubventionierung im Bergbau betrieben. Ich möchte Ihnen erläutern, warum es uns wichtig ist, auf neue Strukturen zu setzen.
Nehmen Sie die Max-Planck-Plattform für Systembiologie in Dortmund. Nehmen Sie die RuhrUniversität Bochum im Zusammenhang mit der hier eben vorgestellten Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand im Bereich Nanotechnologie bzw. neue Werkstoffe. Diese Innovationsprozesse in der konkreten Verbindung von universitärer und industrieller Forschung werden erst durch die Kapazitäten, die auch Jülich mit seinem Superrechner bereitstellt, möglich.
Zu den innovativen Energien: Wenn wir die Kompetenzen auf dem Feld der Energietechnologien ausbauen, dann hat das Ruhrgebiet die Chance, sich zur Ruhr-Power-Region für innovative Energien zu entwickeln. Dafür brauchen wir internationale Exzellenz, also Wissenschaftler, die Vertrauen in die Innovationen dieser Landesregierung in den Forschungs-, Technologie- und Innovationsstandort Nordrhein-Westfalen setzen.
Wir diskutieren dann zukunftsgerichtet über den Ausbau der Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologie, die Verbesserung der Energieeffizienz, die Kraftwerksertüchtigung sowie über erneuerbare Energien, wobei ein Schwerpunkt auf die Energiespeicherforschung gelegt werden könnte.
Wir erschließen uns das Kompetenzfeld Gesundheitswirtschaft mit unserer Innovationsoffensive. Mehr als 30.000 Menschen im Revier arbeiten schon heute im Bereich der Gesundheitswirtschaft. Bis 2015 können Experten zufolge über 55.000 weitere Arbeitsplätze allein an der Ruhr hinzukommen.
Das Ruhrgebiet hat damit die Chance, zu einem Zentrum in der Spitzenmedizin, in der medizinischen Forschung und in der integrierten Versorgung zu werden, wenn alle an einem Strang ziehen. Hierzu sind Kooperationen aller Akteure bis hin zu einem national bedeutsamen Gesundheitszentrum im Ruhrgebiet, wie es der Ministerpräsident auch gestern hier noch einmal vorgestellt hat, möglich und unterstützenswert.
Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich Sie ausdrücklich ermuntern und auffordern, den Kurs der Innovationspolitik der Landesregierung hier weiter mit zu unterstützen. Er ist gut für den Standort Nordrhein-Westfalen insgesamt.
Der Superrechner in Jülich, über den wir heute reden, ist ein wichtiger Baustein, ein wichtiges Symbol für die Modernität in Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren die Weichen richtig gestellt, um 2015 Innovationsland Nummer eins in Deutschland zu werden. Für diese moderne Neuausrichtung der Politik im Strukturwandel unseres Landes sollten wir alle unserer Landesregierung und unserem Innovationsminister danken. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Pinkwart, ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie Sie sich im Glanz der Nobelpreise, die praktisch vor 30 Jahren erarbeitet und „erforscht“ wurden, gesonnt und wie Sie diese zum Beleg für Ihre Wissenschaftspolitik gemacht haben. Den Beleg dafür aber, dass in den letzten zweieinhalb Jahren tatsächlich in Nordrhein-Westfalen etwas besser geworden wäre, bleiben Sie uns schuldig. Und es gibt jede Menge Belege dafür, meine Damen und Herren, was sich im Hochschulbereich alles verschlechtert hat.
Die kann ich Ihnen gerne aufzählen. Sie haben aber erst einmal den gigantischen Rechner in Jülich auf die heutige Tagesordnung gesetzt. Den wollten Sie ja gerne ins Ruhrgebiet holen. Jülich ins Ruhrgebiet?, ist mir dazu nur eingefallen. Natürlich dient er dem ganzen Land und Forscherinnen und Forschern für vernünftige Forschung. Das finden wir auch richtig. Wir begrüßen auch, dass wir einen riesigen Rechner in NordrheinWestfalen haben. Nur: Das ist aber kein Grund dafür, dass Sie ihn so abfeiern.
Ich sage es Ihnen noch einmal: Dieser Rechner ist erstens keine deutsche Entwicklung. Zweitens ist es ein amerikanisches Gerät. Drittens ist es keine Forschungsleistung aus Jülich oder aus Nordrhein-Westfalen. Das kann dort erst noch etwas werden. Das heißt, wir feiern eigentlich ein bisschen zu früh. Wenn Sie die Ergebnisse haben, die Forscherinnen und Forscher auf diesem Rechner entwickeln, zum Beispiel im Bereich der Klimaforschung, und wenn Sie dann noch bereit sind, daraus politische Konsequenzen zu ziehen und auch etwas zu tun, dann würden wir sagen: Es war heute ein gelungene Auftaktveranstaltung dafür. Aber es ist heute nicht der Tag, das zu feiern. Wir freuen uns aber tatsächlich über den Rechner.
Eines muss ich noch sagen, Herr Pinkwart. Sie reden ja so gerne über Spitzenforschung. Wir haben gerade erlebt – in der letzten Sitzung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie –, wie sich die Sprecher für die Titelgruppe 73 – Außeruniversitäre Einrichtungen – mit ihren Sorgen an den Landtag Nordrhein-Westfalen gewendet haben. Die haben große Sorgen. Es handelt sich um außeruniversitäre
Forschung, die in Nordrhein-Westfalen mit sehr wenig Geld gefördert wird. Sie bringen Spitzenleistungen, bekommen aber sehr viel weniger als Helmholtz und andere. Trotzdem sind sie in Sorge, dass diese Titelgruppe 73 verwässert und kaputtgemacht wird. Diese Sorge konnten Sie ihnen nicht nehmen, Herr Prof. Pinkwart.
Die sind mit Angst nach Hause gefahren und wissen noch nicht, was im nächsten Jahr auf sie zukommt. Es wäre eine Aktion, die Sie starten könnten, diese wichtigen Forschungseinrichtungen tatsächlich am Leben zu erhalten. Sie konnten die Angst nicht loswerden, dass sie im nächsten Jahr zerschlagen werden.
Noch eins: Wenn es um Wissenschaft und um Zukunft in Nordrhein-Westfalen geht, dann geht es auch um die Studienplatzfrage. Der Hochschulpakt 2020, den Bund und Länder abgeschlossen haben, ist viel zu gering ausgestattet. Das wissen Sie. Jeder weiß es. Die Expertinnen und Experten sagen, dass das zu wenig Geld ist. Sie wissen das auch, Herr Pinkwart, tief in Ihrem Herzen. Sie wollen das manchmal nicht zugeben. Aber Sie wissen ganz genau, dass man mit diesem Geld die Studienplätze, die man tatsächlich braucht, nicht schaffen kann. Wir brauchen diese Studienplätze für die Zukunft NordrheinWestfalens. Trotzdem haben Sie und die Regierungsfraktionen unseren Antrag, den von Bündnis 90/Die Grünen, auf Erhöhung der Mittel im Hochschulpakt abgelehnt. Wir haben diesen Antrag gestellt, aber FDP und CDU haben ihn im Ausschuss abgelehnt. Warum machen Sie so etwas? Sie wissen ganz genau, dass man mit diesem Geld nicht auskommen kann.
Wenn Sie wirklich Nordrhein-Westfalen nach vorne bringen wollen, dann müssen Sie für Studienplätze sorgen, dann müssen Sie dafür sorgen, dass eine Entlastung an unseren Universitäten kommt. Sie müssen dafür sorgen, dass es nicht nur Spitzenforschung gibt, sondern auch Spitzenlehre. Auf die warten wir schon so lange in Nordrhein-Westfalen!
Was machen Sie in dem Bereich, Herr Minister? – Sie feiern hier die Investition in einen Rechner. Ja gut, einverstanden. Auch wir freuen uns, dass der Rechner kommt. Vernachlässigen Sie aber nicht Ihr eigenes Haus! Vernachlässigen Sie nicht das Feld, das Sie bestellen müssen! Bislang können wir jedenfalls nicht erkennen, dass Sie im Bereich der Wissenschafts- und Hochschulpolitik Fortschritte für Nordrhein-Westfalen generiert haben.
Das sind die Themen, um die Sie sich in diesem Parlament kümmern sollten, gemeinsam mit den Regierungsfraktionen. Davon ist nichts zu sehen. Die Inbetriebnahme eines neuen Superrechners nehmen wir gerne zur Kenntnis. Wir freuen uns auch darüber wie über viele andere Erfolge von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen in diesem Land. Aber einen Anlass für Feierlichkeiten in diesem Ausmaß gibt es nicht. Sich zu sonnen wie bei den Nobelpreisträgern sollten Sie heute Morgen vermeiden, Herr Minister. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Jetzt gibt es eine erneute Wortmeldung von Herrn Prof. Pinkwart für die Landesregierung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Groth, zu Ihren Darlegungen zwei Ausführungen.
Gestern hat Ihre Fraktion sich in der Fragestunde sehr viel Zeit genommen, um nachzuarbeiten, inwieweit die Landesregierung und mein Haus einen Antrag, der vom Plenum mit Mehrheit verabschiedet worden ist, in den letzten Wochen bearbeitet habe, um zum Thema Klimaforschungsinstitut etwas für Nordrhein-Westfalen zu gewinnen.
Wenn wir heute im Landtag darauf aufmerksam machen können – und vielleicht könnte sogar der eine oder andere darüber berichten; ich fände es jedenfalls toll –, dass Nordrhein-Westfalen auch im Bereich der Simulation von Klimaforschungsmodellen Weltspitze ist, würde uns das jedenfalls – da bin ich ganz sicher – bis nach Berlin helfen können, auch im Wettbewerb um ein solches Klimaforschungsinstitut.
Was wollen Sie denn? Wollen Sie neue Institute, oder wollen Sie hier nur irgendetwas daherreden? Das frage ich Sie jetzt einmal allen Ernstes.
(Beifall von CDU und FDP – Ewald Groth [GRÜNE]: Herr Pinkwart, der Rechner bringt nichts, wenn Sie Beschlüsse nicht ernst nehmen! Dann können Sie auch mit einem PC arbeiten!)