Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Lehne das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Tempolimit ist ein ewiges Thema. Der SPD-Bundesparteitag beweist es. Es gilt zu verhindern, dass sich die SPD oder auch die Grünen mit ihren falschen Vorstellungen durchsetzen.

Ich habe den Führerschein seit 1980. Lediglich einmal habe ich mein Punktekonto strapaziert, weil ich angeblich bei Rot über eine Kreuzung gefahren bin. Ich habe besonders viel Spaß am Autofahren, insbesondere dann, wenn die Autobahn frei ist. Dann fahre ich auch gerne schon mal schneller. Ich bekenne mich dazu, schnell zu fahren und möchte jedem Bürger dieses Recht auf Autobahnen auch gewährleisten.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Nach mir die Sintflut!)

Es muss selbstverständlich sichergestellt sein, dass die Sicherheit Dritter nicht infrage gestellt wird.

Über kein Thema ist in der Vergangenheit so häufig und falsch diskutiert worden, Frau Löhrmann, wie über das Thema Geschwindigkeitsbegrenzung.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Nirgendwo auf der Welt gibt es besser ausgebaute und sicherere Autobahnen als in Deutschland; sie wurden auf schnelles Fahren ausgelegt.

Was bedeutet schnelles Fahren überhaupt, Frau Löhrmann? Fahren Sie zum Beispiel auf der Autobahn von Genua nach Monaco Tempo 100, haben Sie Glück, wenn Sie die nächste Kurve kriegen. Schnell ist also relativ.

Herr Kollege Lehne, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Remmel?

Wenn ich nachher noch Zeit und Lust habe.

Nachher? Also melden Sie sich dazu noch einmal. Prima. Dann lassen wir das so lange offen. Danke.

Herr Kollege Stotko kann zur Überschreitung von Geschwindigkeiten vielleicht auch noch etwas beitragen.

(Vereinzelt Beifall)

Dasselbe gilt im Übrigen auch für den Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Herrn Michael Müller, der sich nach seiner Wahl in den Deutschen Bundestag vor vielen Jahren – es ist schon einige Zeit her – als ewiger Befürworter einer Geschwindigkeitsbegrenzung einen schnellen Wagen kaufte und in diesem mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit in einer Baustelle geblitzt worden ist. Dies berichtete damals die Presse.

Im Mai 2005 kam es zur Ablösung der alten Regierung. Seitdem regieren bekanntlich CDU und FDP. Einer der Gründe für den Wechsel ist, dass die CDU/FDP-Koalition lediglich die Lebensumstände der Menschen organisieren und nicht alles regulieren will. Es soll dem Bürger die Möglichkeit gegeben werden, frei zu entscheiden, was er möchte. Dies gilt meines Erachtens auch auf der Autobahn.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Finger weg von einer Geschwindigkeitsbegrenzung!

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Halteverbote, Parkverbote: Alles weg! Freiheit für freie Bürger!)

Ich persönlich ermüde beim Fahren, wenn ich nicht auch mal die Geschwindigkeitsbereiche wechseln kann.

(Weiterer Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Im Übrigen gibt es nichts Schlimmeres, als auf leeren Autobahnen langsam vor sich hin zu zockeln und kein Gas geben zu können oder stoisch bei gleicher Geschwindigkeit in Kolonne zu fahren.

Wir Deutschen produzieren die weltweit besten, sichersten, komfortabelsten und sparsamsten Au

tos. Ein Antriebsrad für diesen technischen Fortschritt ist auch immer das deutsche Autobahnsystem gewesen, auf dem die Geschwindigkeit eben frei war.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Insbesondere Sicherheitseigenschaften stehen in engem Zusammenhang mit der Geschwindigkeit, mit der ein Auto fahren kann. Technisch ist die Entwicklung der deutschen Marken-PKW deshalb so außergewöhnlich hoch, weil hier im Lande von völlig anderen Standards ausgegangen wird.

Tatsache ist, dass auf Bundesautobahnen ca. 33 % aller in Deutschland von Kraftfahrzeugen gefahrenen Kilometer zurückgelegt werden. Der Anteil der auf den Autobahnen zu Tode gekommenen Verkehrsteilnehmer liegt bei etwa 12 %. Der Anteil ist im Vergleich zu den Verkehrsteilnehmern, die auf anderen Straßen zu Tode gekommen sind, also erheblich geringer. Auf deutschen Autobahnen verunglücken rund 7,5 % aller Verkehrsteilnehmer. Lediglich 6 % aller Unfälle mit Personenschaden ereignen sich dort. Unsere Autobahnen sind die sichersten Straßen Deutschlands und auch der Welt.

Circa 33 % aller Bundesautobahnen, die durch Nordrhein-Westfalen verlaufen, unterliegen derzeit einer Geschwindigkeitsbeschränkung. Hinzuzurechnen sind die Baustellen und temporären Geschwindigkeitsbegrenzungen aus diversen Gründen.

10 % der Autobahnen in NRW sind mit sogenannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgestattet. Dies ist zu wenig. Die nordrhein-westfälischen Autobahnen liegen mit Blick auf die bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen und den Grad ihrer Ausstattung mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen im Bundesdurchschnitt. Dies hätten Sie besser machen können.

Die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr sinkt bis auf kleinere Ausreißer seit 1970 kontinuierlich. Im Jahr 2006 wurde Gott sei Dank ein neuer Tiefstand erreicht. 2006 gab es insgesamt 5.091 Verkehrstote zu viel. Jeder Verkehrstote ist einer zu viel.

Auch die Zahl der Verletzten ist Gott sei Dank gegenüber 2005 rückläufig.

Unfallträchtigster Monat des Jahres ist laut Statistik der November. Das Gros der Unfälle, nämlich 68 %, ereigneten sich innerorts, weitere 26 % auf Landstraßen und lediglich 6,2 % auf Autobahnen. 60 % der Verkehrstoten starben 2006 auf Landstraßen, und zwar aufgrund von Tempoüberschreitungen, und das, wohlgemerkt, auf tempobegrenzten außerörtlichen Straßen.

Zurückzuführen sind die Verkehrstoten in erster Linie auf unangepasste Geschwindigkeiten bzw. auf Tempoverstöße.

Bezogen auf Nordrhein-Westfalen ging die Zahl der Verkehrstoten in 2006 gegenüber 2005 um 16 % zurück. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei der Reduktion der Zahl der Verkehrstoten an der Spitze. Betrug die Minderungsrate in den Jahren 2001 und 2004 im EU-Durchschnitt minus 5 %, so erreichte sie in Deutschland minus 14 %. Dies ist beachtenswert.

Österreich hat zum Beispiel ein Tempolimit von 130. Die Zahl der Verkehrstoten liegt bei pro Milliarde gefahrener Kilometer bei 4,8, in Deutschland lediglich bei drei Personen.

Völlig umstritten ist auch, ob ein generelles Tempolimit von 130 eine wirkungsvolle CO2-Reduktion im Straßenverkehr überhaupt bewirken kann. Die Klimaprobleme lösen wir mit Tempo 130 nicht.

(Widerspruch von Horst Becker [GRÜNE])

Die Experten behaupten, dass es bei einem gleichmäßigen Tempo zu einem Verkehrsgeschehen im Konvoi kommen kann und hier durch gleichmäßigeres Bremsen und Beschleunigen sogar ein Anstieg von Emissionen erfolgt. Ein Tempolimit von 120 würde den CO2-Ausstoß um maximal 0,3 % mindern, ein Tempo von 130 wahrscheinlich um weniger als 0,15 %. Dies sagt auch die DEKRA.

Angesichts der Tatsache, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen jedoch bei unter 100 km/h liegt, erscheinen die Überlegungen zur CO2-Reduktion durch ein Tempolimit von 130 nicht sehr stichhaltig.

20 % des Kraftstoffes werden im Übrigen völlig unsinnig verbraucht, weil der Fahrer gerade im Stau steht. Dies ist viel schlimmer und gilt es zu vermeiden. Hieran sind in erster Linie Sie, die Grünen, und die SPD schuld.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, was ist die Lösung? Verkehrsbeeinflussungsanlagen auf Autobahnen verringern das Unfall- und Staurisiko auf besonders störanfälligen Autobahnstrecken deutlich. Durch den Einsatz situationsangepasster Geschwindigkeitsregelungen und Gefahrenwarnungen durch sogenannte Streckenbeeinflussungsanlagen könnten Unfälle mit Personenschäden bereits um 20 bis 30 % reduziert werden. Auch Navigationssysteme und die dementsprechenden Informationseinrichtungen in diesen helfen Unfälle und Staus zu vermeiden. Warnanlagen zum Bei

spiel in Nebelgebieten haben die Zahl von Massenunfällen erheblich reduziert.

Aufgrund der zu erwartenden Verkehrszunahme gewinnen die bisherigen positiven Erfahrungen mit intelligenten Verkehrsleitsystemen besonderes Gewicht und besondere Bedeutung. Dazu zählen Anlagen zur Strecken- bzw. Netzbeeinflussung und Zuflussregelungen sowie die temporäre Seitenstreifenfreigabe. Hier ist unser Minister Oliver Wittke führend und hat hier früh und schnell gehandelt, um im Ruhrgebiet weitere Staus zu vermeiden.

Wie groß der Nachholbedarf ist, verdeutlicht die Verkehrssituation in Nordrhein-Westfalen am Beispiel des 10. November 2007 in der Zeit von 6:30 bis 9:30 Uhr. An diesem Tag gab es rund 70 Staus mit einer Gesamtlänge von 228 km, hauptsächlich verursacht durch die mehr als 100 dringlichen Baustellen, die aber auch belegen, was in der Vergangenheit durch die Vorgängerregierung versaubeutelt wurde.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das sagt ausge- rechnet ihr!)

Weitere Anreize für die Nutzung der Deutschen Bahn würden auch helfen, Verkehr von den Straßen zu nehmen. Hier sei noch einmal an die Betuwe-Linie und den Eisernen Rhein gedacht. Dringend anzuraten ist auch, einen weiteren Anreiz zu schaffen, Transporte von Gütern auf die Bahn und die Binnenschifffahrt umzudirigieren.

Vergessen sollte man auch nicht, dass eine Kuh auf der Weide mehr CO2 ausstößt als ein Porsche im Verlauf einer normalen Nutzung an einem Tag. Und wenn Sie hier behaupten, dass ein Cayenne bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 230 km/h 60 l verbraucht, dann haben Sie ihn erstens noch nie gefahren,

(Horst Becker [GRÜNE]: Ich brauche ihn nicht zu fahren! Ich brauche nur die Zahlen zu lesen!)

und zweitens zeigen Sie mir mal irgendein Land und eine Möglichkeit, wo Sie das könnten. Die Dinger verbrauchen zu viel; da bin ich mit Ihnen einig. Aber ansonsten fand ich, dass das ziemlich dummes Zeug war, was Sie von sich gegeben haben.

(Beifall von der FDP)