Herr Wolf, wenn Sie sich in der Wirklichkeit auskennen und sie nicht seit Jahren ausblenden würden, wüssten Sie, der ganz leichte Rückgang bei den Nothaushaltkommunen – bei gleichzeitigem Anstieg der absoluten Schulden – hat nur etwas damit zu tun, dass all diese Kommunen auf NKF – neues kommunales Finanzmanagement – umgestellt haben. Das heißt, diese Veränderung beruht allein auf der Berechnungsmethode. Alle, die neu keinen Nothaushalt mehr fahren, sind NKFKommunen, haben also eine buchhalterische Umstellung vorgenommen. Das ist der ganze Effekt, der überhaupt nichts mit einem Abbau von Schulden zu tun hat. Sie sind wieder einmal als Blender aufgefallen, als ein Mann, der entweder keine Ahnung hat oder alle anderen veräppeln will.
Wir kommen zur Abstimmung über das Gemeindefinanzierungsgesetz Drucksache 14/4602 und die Beschlussempfehlung Drucksache 14/5517. Wer ist für das Gemeindefinanzierungsgesetz in der vorliegenden Fassung? – CDU-Fraktion und FDP-Fraktion. – Wer ist gegen das Gesetz? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Herr Sagel. – Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist das Gemeindefinanzierungsgesetz in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen.
Ich weise noch darauf hin, dass die Rücküberweisung des GFG zur Vorbereitung der dritten Lesung morgen im Zusammenhang mit dem Haushaltsgesetz entschieden wird.
Ich verweise auf die Beschlussempfehlungen Drucksachen 14/5500, 14/5512 und 14/5520 sowie auf die Änderungsanträge der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel mit den Nummern 4 bis 6 der Tischvorlage zum Einzelplan 12 und den Nummern 7 bis 13 der Tischvorlage zum Einzelplan 20.
Ich eröffne die Beratung, bitte Sie um ein ruhiges Verlassen des Saals und um Ruhe im Saal und erteile als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Peschkes das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst freue ich mich, dass der Finanzminister bei dieser Haushaltsberatung anwesend ist. Im Vorjahr hat ihn eine Krankheit zeitweise geschwächt, sodass er nicht dabei sein konnte. Aber, Herr Minister, diese Freude ist wohl die einzige Freude bei diesem Tagesordnungspunkt.
Ich gestehe Ihnen gerne zu, dass Sie manche Baustelle haben, um die Sie nicht unbedingt beneidet werden, wenn ich mal an das Chaos um die WestLB denke. Aber das darf nicht dazu führen, dass Ihr ureigener Geschäftsbereich, nämlich die Finanzverwaltung, von Ihnen so vernachlässigt wird, wie es zurzeit geschieht. Um es schon zu Beginn auf den Punkt zu bringen, Herr Minister: Die Beschäftigten in der nordrhein-westfä
lischen Finanzverwaltung fühlen sich von Ihnen im Stich gelassen, alleingelassen mit all ihren Problemen, die es wirklich zuhauf gibt.
Die Beschäftigten erwarten von Ihnen mehr als den stereotypen Hinweis, dass die Finanzverwaltung in der Vergangenheit immer mit den Problemen fertig geworden ist. Sie erwarten in dieser Situation konkrete Hilfe. Ich empfehle Ihnen: Gehen Sie doch einmal in die Finanzämter und sprechen mit der Steueroberinspektorin im Veranlagungsbezirk.
Die Steueroberinspektorin wird Ihnen sagen, dass die fortschreitende Komplizierung des Steuerrechts bei gleichzeitigem Personalabbau eine qualifizierte Arbeitserledigung nicht mehr zulässt. Diese Steueroberinspektorin Groth wird Ihnen auch sagen, dass die Arbeitsverdichtung ein solches Maß angenommen hat, dass die Steuer beim besten Willen nicht mehr zeitnah und vor allem nicht mehr gleichmäßig festgesetzt werden kann, wie es die Abgabenordnung gesetzlich vorschreibt. Oder sprechen Sie doch einmal mit dem Steueramtsrat aus der Großbetriebsprüfung. Den kann Ich auch mit einem Namen versehen, Herr Groth.
Der wird Ihnen, Herr Minister, sagen, wie es mit der Ausstattung von Hard- und Software aussieht. Es wird Ihnen zu Ohren kommen, dass das Arbeiten mit dem Betriebsprüfungsprogramm BpAEuro, so heißt es, in der Praxis oft das reinste Chaos ist. Ich kann Ihnen das aus meiner aktiven Zeit aus der Finanzverwaltung nur bestätigen. Sie werden hören, dass die Kontrolle der Eingaben und auszudruckenden Ergebnisse fast so lange dauert wie die eigentliche Prüfungshandlung.
Sie werden hören, dass defekte Drucker nicht mehr ersetzt werden, was zur Folge hat, dass die Prüfer täglich in ihr Mutterhaus fahren müssen, um Dateien an einem Zentralrechner auszudrucken. Das kostet nicht nur Reisekosten, das kostet nicht nur Arbeits- und Prüfungszeit, das kostet vor allem Motivation.
Das Schlimme ist: Eine Besserung ist nicht in Sicht. Denn auch in diesem Haushalt sollen die Sachkosten wieder einmal um rund 11 Millionen € gekürzt werden. Herr Minister, das Mindeste, was die Beschäftigten in der Finanzverwaltung erwarten dürfen, ist, dass wenigstens die Sachausstattung stimmt. Deshalb: Stellen Sie 11 Millionen € in den Haushalt ein! Kaufen Sie eine vernünftige Anzahl von Druckern! Beauftragen Sie zusätzlich ein externes Softwarehaus, damit endlich ein pra
Aber, Herr Minister, noch mehr als die Sachausstattung ist die Personalausstattung zu beklagen. Ein Brandbrief der rheinischen und westfälischen Finanzamtsvorsteher im vergangenen Jahr sprach Bände. Niemals hat es einen solchen Hilferuf in der Geschichte der Finanzverwaltung gegeben. Niemals haben loyale Vorsteher in dieser Form den Finanzminister aufgefordert, tätig zu werden. In den gesamten 39 Jahren, als Sozialdemokraten den Finanzminister gestellt haben, ist das nicht passiert.
Was passiert bei Ihnen, Herr Minister? – Nichts! Im Gegenteil: Die personelle Lage in der Finanzverwaltung verschärft sich zusehends.
Glauben Sie ernsthaft, Herr Dr. Linssen, dass Sie die Lage in den Finanzämtern dadurch verbessern, indem Sie in diesem Jahr rund Tausend Bedienstete nach Hause schicken und im nächsten Jahr noch einmal Tausend Leute? Man muss sich vorstellen, dass bestens ausgebildete fünfzigjährige Leute, die auf der Höhe ihres Leistungsvermögens stehen, in den Ruhestand gehen. Die verbleibenden Kollegen müssen deren Arbeit auch noch mitmachen, weil Ersatz von Ihnen, Herr Minister, nicht gewollt ist.
Wie demotiviert die Kolleginnen und Kollegen in der Finanzverwaltung mittlerweile sind, können Sie daraus ersehen, dass die Bewerbungen um diesen Ruhestand höher als die dafür zur Verfügung stehenden Stellen sind, obwohl damit in der Regel erhebliche Pensionskürzungen verbunden sind. Das zeigt doch, dass die Leute nur noch aus der Finanzverwaltung raus wollen. Sie haben die Nase voll von den immer komplizierter werdenden Gesetzen, vom immer größer werdenden Arbeitsanfall, von immer größerer Arbeitsdichte und von immer längerer Arbeitszeit bei gleichzeitiger faktischer Einkommensverschlechterung.
In dieser Situation ist von Ihnen Handeln gefragt. Aber Sie handeln nicht. Sie geben einfach die Verantwortung an die Bediensteten ab und nennen das dann „Risikomanagement“. Dabei nehmen Sie – das würde ich mir als Einnahmeminister vor Augen führen – riesengroße Steuerausfälle in Kauf. Der Landesrechnungshof spricht von 250 Millionen € für Nordrhein-Westfalen.
Das Schlimme ist: Die gut beratenen Firmen nutzen dieses Risikomanagement zu ihrem Vorteil, weil sie um den Zeitdruck der Bearbeitung durch die einzelnen Leute in den Finanzämtern wissen. Entsprechende Papiere, wie man sich dieses Risikomanagement zunutze machen soll, kursieren
Herr Minister, ich könnte stundenlang über die Lage in der Finanzverwaltung reden, so dramatisch wie sie ist. Aber ein Kollege aus meiner Fraktion möchte gleich auch noch einen Part übernehmen. Deshalb sage ich nur noch: Wenn die Steuerverwaltung in Nordrhein-Westfalen weiterhin auf dem bekannt hohen Niveau arbeiten soll, statten Sie, Herr Dr. Linssen, diese Finanzverwaltung personell und sächlich so aus, wie es notwendig ist. Augenblicklich wird am falschen Ende gespart. Das bewirkt genau das Gegenteil von dem, was Sie wollen und was wir wollen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gesamtschau der Einzelpläne 12 und 20 macht exemplarisch für den ganzen Haushalt deutlich, dass dieser Haushaltsentwurf für das Jahr 2008 die richtige Balance zwischen Sparen auf der einen und Ausgeben auf der anderen Seite auf der Basis einer noch vertretbaren Neuverschuldung ist.
Gerade hat der Kollege Peschkes deutlich gemacht, wo man gern noch mehr Geld ausgeben könnte. Er hat nicht verraten, wie die Opposition Mehrausgaben bezahlen möchte.
(Gisela Walsken [SPD]: Das wissen Sie doch schon! Darüber haben wir doch schon gere- det! – Zuruf von der SPD: Schauen Sie in Ih- re Unterlagen!)
Denn Ihr Vorschlag besteht darin, die Steuereinnahmen einfach um 390 Millionen € höher zu schätzen. Meine Damen und Herren, für mich ist das ein sehr ernster Fall einer Verwechselung von Fiktion auf der einen Seite und Realität auf der anderen Seite. Wenn man die Steuereinnahmen einfach nach oben korrigiert, kann niemand annehmen, dass damit eine Haushaltsverbesserung verbunden wäre.
rhein-Westfalen, Peer Steinbrück, sagen. Denn offensichtlich tut ihm die Nähe zu und die Einbindung in das Team von Angela Merkel ziemlich gut. Er hat zwar in Nordrhein-Westfalen die Finanzen vor die Wand gefahren,
Ich verstehe, dass ein Lob für einen SPDBundesfinanzminister ist etwas schwierig. Aber ich will deutlich machen, dass er offenbar dazugelernt hat. Das ist prinzipiell positiv.
Er hat im vergangenen Jahr bei der dritten Lesung zum Bundeshaushaltsplan genau das vorgetragen, was ich Ihnen gerade gesagt habe: Die Veranschlagung von Steuermehreinnahmen bedeute noch keine Haushaltsverbesserung.
Die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten gehen offensichtlich den alten Weg der Sorglosigkeit weiter nach dem Motto: einfach höher schätzen! Wir meinen: Es ist richtig, die Steuereinnahmen nicht am oberen Ende der Einnahmeerwartungsbandbreite zu schätzen und auch nicht in der Mitte, sondern sie am unteren Rand zu etatisieren. Wenn es Abweichungen gibt, ist sichergestellt, dass sie nach oben zeigen. Es ist sinnvoll, diese Vorsicht an den Tag zu legen. Alles andere bedeutet den finanziellen Ruin des Landes. Das haben wir jahrzehntelang in Nordrhein-Westfalen erlebt.
Aber gleichzeitig braucht sich niemand Illusionen darüber zu machen, dass es eine mangelnde Klarheit gäbe, was mit gegebenenfalls entstehenden Steuermehreinnahmen passiert. Denn im Haushaltsvollzug ist nur möglich, zusätzlich hereinkommende Gelder zu nutzen, um die Neuverschuldung zu reduzieren.
Wir haben sie bereits erheblich reduziert. Für das nächste Jahr sind noch 1,7 Milliarden € neue Schulden vorgesehen, also weit weniger als allein an Zinsen für Ihre alten Schulden zu bezahlen sind. Früher hat es eine stabile Nettoneuverschuldung in den Jahren 2003, 2004 und 2005 in Höhe von 6,6 Milliarden €, 6,7 Milliarden € und wieder 6,6 Milliarden € gegeben. Heute sind es 5 Milliarden € weniger. Das ist das Ergebnis einer konsequenten Sparpolitik und einer richtigen Balance.
Wir geben mehr Geld für Kinder aus. Wir geben mehr Geld – das ist eben noch einmal deutlich geworden – für Kommunen aus. Wir geben mehr Geld – auch das ist eben schon deutlich geworden – für Polizei aus.
Aber wir sorgen dafür, dass die Neuverschuldung reduziert wird. Das ist ein ganz wichtiges Gebot der Generationengerechtigkeit. Das ist der wichtigste Beitrag, den wir heute für unsere Kinder leisten können.