Protokoll der Sitzung vom 07.12.2007

Wir haben – das ist anders, als es sonst bei Landesregierungen üblich ist – alle Gutachten zum Eisernen Rhein, die bisher in unserer Urheberschaft – mit „unserer“ meine ich nicht nur die der aktuellen Landesregierung, sondern auch die der vorherigen Landesregierung – veröffentlicht worden sind, ins Internet gestellt, um breiten Schichten der Bevölkerung zu ermöglichen, sich mit den Argumenten und Untersuchungen auseinanderzusetzen. Wir sind derzeit dabei, auch die Gutachten, die nicht von uns, sondern von Dritten in

Auftrag gegeben worden sind, zu veröffentlichen. Das geht allerdings nur mit der Zustimmung der Auftraggeber, aber ich meine, dass auch das zu einem transparenten Verfahren gehört.

Am Ende müssen wir die Alternative wählen – das ist anscheinend die entlang der A 52 –, die die wenigsten Belastungen mit sich bringt. Das wird noch ein steiniger Weg werden. Aber wenn wir diese Diskussion in dem Geist der heutigen Debatte und auf der Basis einer sachlichen Auseinandersetzung weiterhin führen, dann werden wir den Herausforderungen des Verkehrs sowie den Interessenlagen der Menschen in der Region gerecht. Das ist unsere Verpflichtung, und in dem Sinne haben wir noch ein langes Stück Weg vor uns. Wir haben uns heute auf den Weg gemacht, und das ist ein ganz wichtiges Signal in Richtung Bundesregierung, in Richtung Belgien und in Richtung Niederlanden.

Von daher möchte ich mich zum Abschluss nochmals recht herzlich dafür bedanken, dass dies in einem so breiten Konsens in diesem Haus möglich war.

(Beifall von CDU, SPD und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind. Die Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt.

Zunächst stimmen wir über den Inhalt des gemeinsamen Antrags aller vier Fraktionen Drucksache 14/5579 – Neudruck – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich, mit der Hand aufzuzeigen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Ablehnung des Kollegen Berger und bei Enthaltung der Kollegen Schittges, Post, Kaiser und Schroeren angenommen.

(Zuruf: Und Herr Weisbrich!)

Herr Kollege Weisbrich enthält sich ebenfalls.

Haben jetzt alle Kolleginnen und Kollegen ihr Votum abgegeben? – Dann, meine Damen und Herren, ist der Antrag in Drucksache 14/5579 – Neudruck – mit großer Mehrheit angenommen worden.

Ich lasse ferner über den Entschließungsantrag in Drucksache 14/5712 abstimmen.

(Bodo Wißen [SPD]: Wieso das denn?)

Hierzu stelle ich fest, dass der Entschließungsantrag – das ist uns vorhin signalisiert worden – in den Neudruck des ursprünglichen Antrags eingeflossen ist. Insofern kann ich diesen Entschließungsantrag für erledigt erklären.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf:

6 Zukunft der Universitätsklinika in NRW

Große Anfrage 14 der Fraktion der SPD

Drucksache 14/4559

Antwort

der Landesregierung

Drucksache 14/5110

In Verbindung mit:

Hochschulmedizingesetz (HMG)

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 14/4837

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Innovation, Wissenschaft,

Forschung und Technologie Drucksache 14/5594

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion der SPD der Frau Kollegin Gebhard das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein Gesetzentwurf auf die Zielgerade kommt, ist es gut, sich noch einmal seines Starts zu erinnern.

Ihre Vorgängerin, Herr Minister Pinkwart, hatte bereits eine Kommission – die sogenannte Dichgans-Kommission – beauftragt, zu untersuchen, welche Erfahrungen nach der Verselbstständigung der Universitätskliniken in Anstalten öffentlichen Rechts gemacht wurden. Es galt zu überprüfen, wie sich unter diesen neuen Bedingungen die Medizinischen Fakultäten entwickelt haben und ob gegebenenfalls nachjustiert werden muss.

Sie haben diese Kommission ihre Arbeit zu Ende führen lassen und uns das Ergebnis vorgelegt. Als ordnungspolitisch orientierter Mensch – darf ich das so sagen, Herr Minister? – ging und geht Ihnen das nicht weit genug. Deshalb beauftragten Sie die Unternehmensberatung Roland Berger, mehrere mögliche Organisationsmodelle für die Universitätskliniken zu untersuchen. Wenn je

mand mit Ihrer ideologischen Heimat solches veranlasst, war und ist anzunehmen, dass Ihnen die Verselbstständigung in Anstalten öffentlichen Rechts nicht ausreichte und Sie nach Belegen suchten, die eine Teil- oder vollständige Privatisierung nahelegten.

Wir waren also gezwungen, dieses mit unserem Antrag „Landesregierung muss Pläne zur Privatisierung der Universitätsklinika zurückziehen“ ins öffentliche Bewusstsein zu tragen. Auch wenn die Koalitionsfraktionen unseren Antrag letztendlich wie erwartet abgelehnt haben, bin ich davon überzeugt, dass die öffentlichen Reaktionen sie ein bisschen moderater haben agieren lassen als geplant. Das ist gut so.

Das Ergebnis des Berger-Gutachtens haben Sie uns nach langem Hin und Her nur in einer unzureichenden Kurzfassung präsentiert. Wir sahen uns deshalb genötigt, mittels der Großen Anfrage „Zukunft der Universitätsklinika in NRW“ die Daten zu erhalten, die uns in die Lage versetzen, halbwegs auf gleicher Augenhöhe mit Ihnen und Ihrem Hause die Lage der Universitätskliniken in all ihren Facetten zu beurteilen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dies hat gleichzeitig den Charme, dass wir damit eine jedermann zugängliche Bestandsaufnahme zur Situation der Universitätsklinika – allgemein und standortbezogen –, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der Forschung, der Medizinerausbildung und letztendlich der Ausbildung haben. Das heißt, wir können in ein paar Jahren, wenn Ihr Hochschulmedizingesetz seine Spuren hinterlassen hat, sehr genau vergleichen, was es angerichtet hat.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie mich aber eines schon heute festhalten: Die Situation der Forschung ist besser, als sie oftmals dargestellt wird. Die Personalsituation ist stabil mit leichter Verbesserung beim ärztlichen Dienst, wobei der Zuwachs von Zeitarbeitern zumindest an einem Standort sehr kritisch beobachtet werden muss.

Ihrer Antwort auf unsere Anfrage entnehmen wir aber auch, dass das Consultingunternehmen Optimierungspotenzial von knapp 297 Millionen € aufsummiert, wobei es selbst darauf aufmerksam macht, dass es Überschneidungen zwischen den einzelnen Positionen gibt, sodass die Summe zu hoch ist. Wie viel zu hoch, lässt sie leider offen. Ob es sich dabei um 50 oder 100 Millionen € handelt, wird nicht ausgeführt.

Damit setzen Sie aber die Unikliniken unter zusätzlichen Druck, vor allen Dingen die Beschäftigten, weil Sie in Ihrer Antwort schreiben, dass das Consultingunternehmen Kostensenkungspotenziale im Bereich des Personalaufwands sehe, die durch Personalabbau sowie durch Tarifeffekte bei der Ausgründung von Tochtergesellschaften realisiert werden könnten. – Letzteres heißt nichts anderes, als dass für die gleiche Leistung der Beschäftigten weniger gezahlt werden soll.

(Beifall von der SPD)

Sie verweisen in Ihrer Antwort an diversen Stellen auf das Hochschulmedizingesetz: Das Hochschulmedizingesetz soll den strukturellen Rahmen und ein dauerhaft tragfähiges wirtschaftliches Fundament schaffen. Es soll die strukturellen Voraussetzungen schaffen, damit die medizinischen Fakultäten ihr Profil schärfen können. Und es soll eine noch stärkere Forschungsorientierung schaffen.

Was finden wir davon im Gesetzentwurf tatsächlich vor? – Ihr Gesetzentwurf bringt kein Gesetz, das auch nur eines der vordringlichen Probleme löst. Denn es ist ein Beliebigkeitsgesetz. Rechtsformänderung: muss nicht sein, kann sein. Fusion zweier medizinischer Fakultäten: muss nicht sein, kann sein. Aber wie sie organisiert werden soll, sagen Sie nicht.

(Beifall von der SPD)

Wieder Beliebigkeit: ein oder zwei Dekane, verantwortlich gegenüber zwei Kanzlern, zwei Präsidenten, Berücksichtigung von zwei Hochschulentwicklungsplänen. Wie soll das gehen? Prof. Jöckel hat recht, wenn er sagt, das ist ein Fusionsverhinderungsgesetz. Vielleicht ist das auch so gemeint, und die Vorschrift steht nur noch zur Gesichtswahrung drin.

Wie hilft das Hochschulmedizingesetz bei der Realisierung der dringend notwendigen baulichen Investitionen? – Im Entwurf wird gesagt: Seht zu, wie ihr klar kommt; aber prüft in jedem Fall vorher, ob ihr nicht an privates Geld kommt!

Die Liste der Beliebigkeit und Nichtklärung kann man fortsetzen – nach dem Prinzip: Wir sind offen für alles. Nur: Teurer dürft ihr nicht werden. Wer sich dann eurer bemächtigt, ist uns letztendlich auch egal.

Besonders problematisch ist Ihre Absicht der stärkeren Forschungsorientierung. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Wir haben natürlich nichts gegen mehr und gute Forschung. Wer könnte etwas dagegen haben? Wenn dies aber zulasten

von Lehre und Krankenversorgung geht, müssen wir das Stoppschild herausholen.