Protokoll der Sitzung vom 07.12.2007

von Lehre und Krankenversorgung geht, müssen wir das Stoppschild herausholen.

(Beifall von der SPD)

Zur Auslobung von Schwerpunktprofessuren sind die Medizinischen Fakultäten gezwungen, eine Professur aus einem Nichtschwerpunktbereich umzuwidmen. Wie stellen Sie dabei sicher, dass ausreichend Professuren übrigbleiben, die, obwohl nicht im Forschungsschwerpunkt, gleichwohl für die Medizinerausbildung erforderlich sind?

Darüber hinaus hat bei der Anhörung der Wunsch eine zentrale Rolle gespielt – das deckt sich ganz mit unserer Analyse des Gesetzentwurfs –, der von allen Beteiligten, Dekanen, ärztlichen und kaufmännischen Direktoren, geäußert wurde, dass es bei einem Gleichgewicht zwischen Forschung und Lehre einerseits und Krankenversorgung andererseits bleiben sollte.

Aber die Formulierung in § 31a und die Begründung von § 2 werden verstanden als Begründung eines hierarchischen Verhältnisses zwischen Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre zuungunsten der Krankenversorgung. Aus unserer Sicht haben Universitätskliniken aber drei wichtige gleichrangige Funktionen.

Erstens. Sie haben – das habe ich bewusst an die erste Stelle gesetzt – klinische Strukturen bereitzustellen, die sehr hochrangigen Forschungserfordernissen entgegenkommen, auch wenn sie nicht einnahmeträchtig sind.

Das heißt, wir müssen sicherstellen, dass Uniklinika dazu auch in die Lage versetzt werden und nicht gezwungen sind, sich ausschließlich am Markt und höchster wirtschaftlicher Effizienz auszurichten. Dafür ist Ihr Optimierungsdruck kontraproduktiv.

Zweitens. Sie haben, um eine gute Medizinerausbildung zu gewährleisten, dafür Sorge zu tragen, dass ein breites Spektrum von Krankheiten behandelt wird, damit die angehenden Mediziner die weitaus häufigeren Normalerkrankungen auch praktisch kennenlernen können.

Drittens. Sie haben Ihre Funktion als Krankenhaus der Maximalversorgung – die Uniklinika decken in Nordrhein-Westfalen den größten Teil in diesem Bereich ab – zu erfüllen.

(Beifall von der SPD)

Kollege Lindner, nach der Nachhilfestunde durch den Kollegen Henke in der letzten Ausschusssitzung haben Sie die letzten beiden Aspekte hoffentlich zukünftig mit im Blick. Konsequenterweise

müssten die Paragrafen, die das dienende Verhältnis der Kliniken festschreiben, geändert werden.

Außerdem müssten die Hinweise des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen aufgenommen werden. Sie sind zwar spät eingetroffen, aber gleichwohl zu beachten. Es wird dort völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass für Universitätskliniken genauso wie für alle anderen Krankenhäuser die Frage von Patientenschutzrechten wie Beschwerdestellen, Sozialer Dienst, Beratung und Seelsorge, aber auch die Frage der Pflege und Betreuung der Patientinnen und Patienten und die besonderen Bedürfnisse von Kindern im Hochschulmedizingesetz analog zum Krankenhausgestaltungsgesetz geregelt werden müssten.

Es gibt also noch viel zu tun. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebhard. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU Herr Kollege Dr. Brinkmeier das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen zweiten Lesung endet ein Beratungsgang, der nicht erst seit der Einbringung des Gesetzentwurfs zum Hochschulmedizingesetz ins Plenum Ende August begonnen hat, sondern – Frau Gebhard hat es erwähnt – schon einen längeren Vorlauf hatte.

Unsere Koalition hat schon kurz nach dem Regierungswechsel verkündet, dass sie im Bereich der Hochschulmedizin einen Gesetzentwurf vorlegen wird. Dieser wurde durch Gutachten untermauert, wurde dann durch die Große Anfrage und durch eine Anhörung im Ausschuss begleitet. Heute haben wir die abschließende Beratung hier im Plenum. Damit kann das zum Jahresbeginn Gesetzeskraft erreichen.

Frau Gebhard hat eben versucht, mit Hilfe der Großen Anfrage zu begründen, welche Sorgen vor allem im Bereich der Beschäftigten in der Hochschulmedizin aus ihrer Sicht vorangetragen werden sollten. Wir haben das so empfunden, dass hier und da gezielt versucht worden ist, eine gewisse Panik zu erzeugen. Aber das hat nicht gezogen, Frau Gebhard; das hat nicht geklappt.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Ich möchte eines deutlich festhalten, um einer Legendenbildung vorzubeugen: Wenn wir eine Än

derung in einem System, zum Beispiel im System der Hochschulmedizin, planen, dann gehen wir ergebnisoffen daran und lassen uns nicht gleich auf einige Dinge festnageln, wie Sie das gerne gewollt hätten.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das sagen wir ge- rade bei den Studienbeiträgen!)

Weil wir ergebnisoffen darangehen, befürworte ich sehr das Vorgehen der Regierung, dass man mithilfe einiger Gutachten prüft, welche Potenziale unter verschiedenen Aspekten dann zu erschließen sind. Von daher ist das Vorgehen seitens der Regierung völlig richtig zu bewerten. Das ist alles in den Referentenentwurf völlig korrekt eingeflossen. Also, nicht gleich mit Scheuklappen herangehen, sondern ergebnisoffen planen! Dann kommt auch ein gutes Gesetz dabei heraus.

Dieses Hochschulmedizingesetz hat zwei Hauptziele: Zum einen soll die hohe Qualität der Hochschulmedizin im nationalen und im internationalen Wettbewerb gesichert werden. Das Gesetz soll dazu beitragen, eine Spitzenposition zu erreichen und zu erhalten. Zweitens soll die finanzielle Basis der Universitätskliniken gesichert werden, denn sie bietet die notwendigen Spielräume für Profilbildung und Forschungsorientierung.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne des Hochschulfreiheitsgesetzes fortentwickelt. Dabei bleibt die Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts der Regelfall. Andere Rechtsformen werden grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Sie sind gemäß § 31a im Hochschulgesetzentwurf rechtlich möglich. Standortspezifische Lösungen sollen nur in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Universität und dem Klinikum gestaltet werden.

Frau Kollegin Gebhard, Sie haben eben den Vorwurf der Beliebigkeit vorgebracht. Was soll das heißen, Beliebigkeit? Wir eröffnen Spielräume. Wir wollen nicht alles in eine Zwangsjacke stecken; jede Universitätsklinik muss gleich behandelt werden. Wir haben das im Gesetzentwurf so austariert und werden es auch so heute beschließen, dass standortspezifische Lösungen überhaupt möglich sind. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

Im Einzelnen werden bei den Universitätskliniken Optimierungen vorgenommen. Vor allem werden die Leitungsstrukturen gestärkt. Universitätsübergreifende Serviceeinrichtungen sollen Synergiepotenziale erschließen helfen und ein noch effizienteres Wirtschaften ermöglichen. Die Möglichkeit der Verschmelzungen von Fachbereichen an

unterschiedlichen Hochschulen – nicht nur in der Medizin – öffnet neue Wege, die bestmöglichen Organisationsstrukturen für ihre Aufgaben in Lehre, Forschung und Wissenstransfer zu finden.

Ich schlage uns allen vor: Nehmen wir die Initiativen der Hochschulen selbst, beispielsweise die Zusammenarbeit der Ruhr-Universitäten, an dieser Stelle ernst.

Ich möchte nun kurz auf die Änderungen vom Gesetzentwurf zum Gesetz eingehen. Herr Kollege Henke wird gleich noch zu einigen anderen inhaltlichen Aspekten sprechen.

Eine große Diskussion im Rahmen des Gesetzentwurfs war das Thema der Pflichtmitgliedschaft der Pflegedirektoren im Vorstand des Universitätsklinikums. Die Pflege verantwortet wichtige Leistungsbereiche im Krankenhaus und beeinflusst maßgeblich das Betriebsergebnis in einem Universitätsklinikum. Dementsprechend, aber auch im Hinblick auf berufliche Perspektiven für künftige Pflegemanagerinnen und -manager sowie Pflegewissenschaftlerinnen und wissenschaftler und die Weiterentwicklung der Profession ist eine Pflichtmitgliedschaft im Vorstand der Stellung und Bedeutung angemessen. Hier haben wir auf Basis der Anhörung eine Änderung zum Gesetzentwurf vorgenommen.

Natürlich war auch die Kontrolle der Geldflüsse ein großes Thema. In § 31b Abs. 2 steht jetzt:

„Über die Verwendung des Zuschusses für Forschung und Lehre entscheidet der Fachbereich Medizin im Rahmen der Festlegungen des Hochschulentwicklungsplanes. § 19 Abs. 2 gilt entsprechend.“

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Hochschule auch für den Fachbereich Medizin allgemeine Vorgaben für die Mittelverwendung machen kann, zum Beispiel für die leistungsorientierte Mittelverteilung.

Ein weiterer Bereich war die Schaffung der personellen Voraussetzungen im nichtwissenschaftlichen Bereich. Dazu steht nun in § 31 Abs. 2 eine Ergänzung des Satzes 2:

„Der Dekan ist insoweit Fachvorgesetzter des Personals. Dem Dekanat obliegen alle Angelegenheiten und Entscheidungen des Fachbereichs, für die in diesem Gesetz oder der nach § 31a zu erlassenden Rechtsverordnung nicht ausdrücklich eine andere Zuständigkeit festgelegt ist.“

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass das Universitätsklinikum auch künftig das notwendige

nichtwissenschaftliche Personal für Aufgaben des Dekanats einsetzt und dieses insoweit unter der fachlichen Aufsicht des Dekans steht.

Ein vierter Punkt war das Thema Klinikumskonferenz, das wir auch noch in die abschließende Ausschussberatung eingebracht haben. Sie ist als Kann-Bestimmung wieder ins Gesetz aufgenommen worden. Die explizite Verankerung der Klinikumskonferenz in der Rechtsverordnung trägt dem Umstand Rechnung, dass sie ein wichtiges Instrument zur Weichenstellung im Vorfeld von Vorstandsentscheidungen ist.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Ein fünfter Punkt. Bei der Bildung gemeinsamer medizinischer Fachbereiche kann es, auch mit Blick auf die klinischen Aspekte und insbesondere im Hinblick auf die Besetzung des Vorstands des Universitätsklinikums und die Leitung der medizinischen Fachbereiche und medizinischen Einrichtungen, sinnvoll sein, dass die beteiligten Universitäten für eine Übergangszeit von fünf Jahren ein Dekanat vorsehen, welchem Dekaninnen oder Dekane in der Anzahl angehören, die der Zahl der beteiligten Universitäten entspricht.

Damit soll die praktische Umsetzung der Fachbereichsverschmelzung erleichtert werden, die sich bei den medizinischen Fachbereichen anders darstellt als bei den nichtmedizinischen Fachbereichen. Auf diesen Umstand reagiert die Änderung.

Zum Schluss möchte ich Herrn Pinkwart und Herrn Stückradt insbesondere, aber auch der ganzen Regierung für die gute Vorarbeit für dieses Gesetz herzlich danken. Ich bin sicher, dass die eingangs genannten Ziele mit diesem Gesetz in bester Weise erfüllt werden können. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Dr. Brinkmeier. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Lindner.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst kurz auf die Große Anfrage eingehen. Aus meiner Sicht fallen zwei Aspekte auf.

Zum einen ist es aus meiner Sicht verwunderlich, dass die Antragstellerin höchst detaillierte Informationen bis hin zur Suizidrate der Mitarbeiter abfragt, dass aber die Politik der rot-grünen und jetzigen schwarz-roten Bundesregierung nicht ein einziges Mal thematisiert wird, obwohl sie ja er

hebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Universitätsklinika hat, bis hin zu einer Gefährdung der betriebswirtschaftlichen Ziele der Häuser. Das findet bei Ihnen nicht statt. Das Wort „Gesundheitsreform“ findet nicht ein einziges Mal Erwähnung.

Zum anderen fällt auf, dass die Landesregierung sehr ausführlich antwortet und ein Höchstmaß an Transparenz zeigt. Das, was sie nicht vorlegt, sind ausschließlich hochsensible Daten. Einen solchen Umgang der Regierung mit der Opposition hat es in der vergangenen Legislaturperiode nicht gegeben.

Viele Fragen, meine Damen und Herren, haben sich im Übrigen auch mit dem am Mittwoch im Fachausschuss beschlossenen Gesetz zur Neuausrichtung der Hochschulmedizin ohnehin erübrigt. Die von der Opposition behauptete Privatisierung insbesondere ist nicht eingetreten. Die Horrorszenarien, die Frau Gebhard im Plenum gezeichnet hat, waren genauso umsonst wie sie aus meiner Sicht auch etwas unseriös waren.