Protokoll der Sitzung vom 19.12.2007

Insoweit bin ich mir sicher, dass unser FDPKonzept mit konkreten Vorschlägen der richtige Weg ist und alle Interessenten und Interessierten so zu einem geeigneten und vernünftigen Ausgleich kommen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Steffens das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute schon gehört: Managergehälter, Managerabfindungen, aber auch die Aktienoptionen für Manager haben schwindelerregende Höhen erreicht. In den letzten 20 Jahren haben sich gerade die Gehälter mehr als verdreifacht.

Wir sehen gleichzeitig, dass sich die Bezüge am oberen Einkommensende und die Bezüge am unteren Einkommensende immer weiter voneinander entfernen. Wir debattieren ja heute auch noch

über den Post-Mindestlohn. Auch an anderen Stellen haben wir schon oft darüber diskutiert, dass wir auch hier in Nordrhein-Westfalen eine massive Zunahme an Menschen haben, die Vollzeit arbeiten und dennoch nicht mehr von ihrem Einkommen leben können. Daran sieht man, wie weit die Schere auseinandergeht und welche Dimension das hat. Das ist an manchen Stellen auch ein Stück weit eine Bedrohung des sozialen Friedens.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn dann hier in Redebeiträgen die Auffassung vertreten wird, das sei doch alles allein die Sache der Unternehmen, dann meine ich, machen sich die Redner damit in extremer Weise einen schlanken Fuß, ziehen sich aus der Sache heraus und sehen überhaupt nicht, welche politische Dimension jenseits der unternehmerischen Verantwortung eigentlich dahintersteht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Natürlich werden wir gucken müssen – das wird der Bundestag in den nächsten Monaten auch intensiv machen –, was über das Aktienrecht geregelt werden kann und wie Gehälter und Konstrukte geschaffen werden können, sodass es eine Obergrenze gibt. Aber da habe ich die Einlassung des CDU-Kollegen eben überhaupt nicht verstanden: Aber wir haben doch nicht nur das Problem, dass die Gehälter und Abfindungen so hoch sind, sondern wir haben auch das Problem, dass die Abfindungen dann steuerrechtlich so behandelt werden, dass sie unbegrenzt als Betriebsausgabe abzugsfähig sind. Da ist es doch die politische Verantwortung zu sagen: Es kann nicht angehen, dass die Bürger und Bürgerinnen in diesem Land damit indirekt den Unternehmern ihre Abfindungen zahlen,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

anstatt dass dieses Geld, wie es nun einmal für Steuern der Fall wäre, auch für öffentliche Interessen ausgegeben werden kann. Wir können doch nicht unbegrenzt eine steuerliche Abzugsfähigkeit zulassen,

(Christian Lindner [FDP]: Gehälter müssen versteuert werden! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Erst nachlesen!)

sondern es ist die Aufgabe der Politik …

Herr Kollege, wenn Sie zuhören und sich vielleicht ein bisschen mit dem Thema beschäftigen würden, hätten Sie gehört, dass ich gesagt habe, dass es steuerrechtlich so ist, dass die Manager

abfindungen unbegrenzt als Betriebsausgabe abzugsfähig sind.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Rainer Schmeltzer [SPD]: Hat sie doch gesagt!)

Erst hören, dann dazwischenrufen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Damit würden Sie diesem Parlament zumindest zeigen, dass Sie versuchen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, auch wenn ich heute noch nicht so richtig herausgehört habe, wo an der Stelle die Ansätze der FDP sind.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Wir haben eine Reihe von politischen Instrumenten. Wir haben eine parlamentarische und vor allem eine politische Verantwortung.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Rufen Sie doch nicht die ganze Zeit dazwischen. Melden Sie sich, wenn Sie etwas zu sagen haben oder sprechen Sie gleich als Redner.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber ich finde, es ist gerade bei einem solchen Thema von einer Partei wie der Ihren nicht ganz angemessen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Der bringt gleich sicherlich die Erfahrung als Unternehmer ein!)

Wir haben eine Reihe von Instrumenten. Wir können die Gestaltungsfreiheit im Steuerrecht nutzen, wir können aber auch das Steuerrecht an der Stelle ändern. Das finde ich einen richtigen und einen wichtigen Schritt.

Wir müssen auch darüber nachdenken, inwieweit man bei den Empfängerinnen und Empfängern über eine weitere Besteuerung reden muss. Man kann nicht auf der einen Seite sagen – so, wie das nachher die FDP-Fraktion tun wird –, man brauche keinen Mindestlohn für die Menschen in diesem Land – die sollen doch ruhig zusätzlich und ergänzend von Hartz-IV-Leistungen leben und noch nicht einmal ein Existenzminimum haben –, und auf der anderen Seite sagen, dass es vollkommen egal sei, die Gehälter könnten exorbitant steigen.

Das ist keine politische Verantwortung. Ich finde es gut, dass wir diese Debatte heute führen. Sie wird an einer anderen Stelle entschieden werden, aber heute hat sich schon klar gezeigt, wie sich CDU und FDP in der politischen Debatte auf Bundesebene aufstellen werden. Das ist für die Men

schen in diesem Land nicht gerade erfolgversprechend. Da wird man auf Bundesebene von anderer Seite weiter treiben müssen, aber ich denke, das wird man an der Stelle schon schaffen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anlass für die aktuelle Debatte über die Einkünfte von Managern sind Auswüchse bei Vorstandseinkommen und Vorstandsabfindungen. Diese Ausuferungen stören das Gerechtigkeitsempfinden.

Wenn die Bevölkerung wegen einiger negativer Beispiele exorbitanter Gehälter und Abfindungen das Gefühl hat, dass es in unserem Land nicht gerecht zugeht, kann und darf niemand – auch wir als Politiker nicht – achselzuckend wegsehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Zwar ist Gerechtigkeit nur schwer zu konkretisieren, allerdings sagt eine aktuelle Umfrage der Bertelsmann Stiftung, dass sich die Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland nach Einschätzung der Bevölkerung in einer Schieflage befindet.

Mit diesem Faktum müssen wir uns politisch auseinandersetzen, aber, Frau Kraft, zu dieser Auseinandersetzung gehört zum Beispiel dann auch die Information – aus gut unterrichteter Quelle –, dass der Mindestlohn für eine Stunde Gerhard Schröder zwischen 80.000 und 100.000 $ liegt.

(Zuruf von der FDP: Oha!)

Diese Debatte wird breit zu führen sein, denn die soziale Gerechtigkeit hat viele Facetten. Für ihre Sicherung und Wahrung ist allerdings nicht allein die Politik verantwortlich, sondern sind alle gesellschaftlichen Kräfte verantwortlich, die in unserem Gemeinwesen Verantwortung tragen. Dazu gehören auch Vorstände und Aufsichtsräte der Unternehmen; in letzteren sitzen – Frau Kraft, das ist so – Arbeitnehmervertreter. Die stimmen übrigens den Verträgen zu.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ja!)

Sie haben mit einem solchen Mandat eine Pflicht übernommen.

(Ralf Jäger [SPD]: Dadurch wird es doch nicht richtig!)

Die Rolle und die Aufgaben der Politik und diejenigen der anderen gesellschaftlichen Kräfte sind in einzelnen Feldern unseres gesellschaftlichen Lebens unterschiedlich. Dies vorab zu betonen und festzustellen, ist mir gerade bei dem Thema Managergehälter und Abfindungen wichtig.

Es geht bei diesem Thema einerseits um die Frage, ob wir anerkennen, dass jemand viel verdient, wenn er erfolgreich gewirtschaftet hat. Es geht andererseits um die Frage, ob wir auch akzeptieren müssen, dass unternehmerischer Misserfolg mit hohen Gehältern und vor allen Dingen hohen Abfindungen quasi belohnt wird.

Meine Damen und Herren, es geht nicht um eine Neiddebatte. Der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist wesentlicher Vorteil des Standorts Deutschland. Dieser droht verloren zu gehen, wenn Arbeitnehmer ihr Einkommen stagnieren sehen, aber Gehälter einiger Manager anscheinend jede Bodenhaftung verlieren.

Die notwendige Debatte über diesen Sachverhalt muss vor allem zwei Aspekte berücksichtigen.

Erstens. Bei der Diskussion über die Einkommensverteilung in unserem Land reicht eine rein nationale Betrachtung längst nicht mehr. Unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen, insbesondere die großen Aktiengesellschaften, müssen sich auch bei Managergehältern im internationalen Wettbewerb wiederfinden.

Zweitens. Die Klärung der „richtigen“ Einkommenshöhen ist grundsätzlich Aufgabe der Wirtschaft. Ich verweise bezüglich der Arbeitnehmereinkommen – um die ging es, dem Ministerpräsidenten, Frau Kraft – auf die Tarifautonomie, die ein anerkannter Pfeiler unserer Wirtschaftsordnung ist.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Die Verantwortung für die Vergütung der Manager liegt nach unserem Recht in unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung bei den Eigentümern der Unternehmen, bei Aufsichtsräten und Aktionärsversammlungen. Sie müssen entscheiden, wie viel ihnen Vorstände wert sind, von denen sie Höchstleistungen erwarten. Das ist ein Grundprinzip unserer Wirtschaftsordnung, eben der sozialen Marktwirtschaft.