Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die freie Wahl des Lebenspartners ist ein Menschenrecht. So steht in Art. 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: „Die Ehe darf nur aufgrund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden.“ Doch die aktuellen Meldungen über Ehrenmorde zeigen, dass mitten unter uns tagtäglich dagegen verstoßen und jegliches geltende Recht abgelehnt wird.
So könnte man meinen, dass die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag zur Zwangsverheiratung genau richtig liegt. Doch ob es der Sache dienlich ist, im Alleingang vorzupreschen, wage ich zu bezweifeln, meine Damen und Herren von der SPDFraktion. In der vergangenen Legislaturperiode wurde doch vereinbart, im Ausschuss gemeinsam einen Antrag über dieses wichtige Thema zu erarbeiten. Hierzu kam es bedauerlicherweise nicht mehr. Man einigte sich dann darauf, das von allen Seiten für wichtig befundene Thema in einem ge
Nunmehr präsentieren Sie uns entgegen der im Frauenausschuss getroffenen Vereinbarung einen Antrag, der uns gut bekannt ist, handelt es sich bei diesem Antrag doch, abgesehen von marginalen Veränderungen, um den alten Entschließungsantrag aus der letzten Wahlperiode. Da frage ich mich schon, ob es der SPD hier um die Sache geht, was ich natürlich hoffe, oder ob dahinter nur Wahlkampfgeplänkel steckt.
Immerhin sind am Sonntag Bundestagswahlen. Von daher drängt sich natürlich ein gewisser Zusammenhang auf.
Immerhin war es die CDU-Fraktion, die dieses Thema in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Antrag „Zwangsehen verhindern“ angestoßen hat.
In der gemeinsamen Debatte kam man dann zu dem Ergebnis, dass man sich mit diesem Thema intensiver auseinander setzen müsse. Der Ausschuss für Frauenpolitik führte daher ein Sachverständigengespräch zum Thema Zwangsheirat durch. Über alle Parteien hinweg war man sich einig. Alle Fraktionen sahen Handlungsbedarf. So wurde vereinbart, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten.
Leider hat sich die SPD nicht an diese Absprache gebunden gefühlt. So geht man nicht mit Absprachen um, meine Damen und Herren.
Mir - und ich bin mir sicher, dass ich da für die gesamte CDU-Fraktion spreche - geht es darum, dass wirksame Maßnahmen gegen Zwangsverheiratung auf den Weg gebracht werden.
Meine Damen und Herren, von Zwangsheirat spricht man, wenn mindestens einer der zukünftigen Ehepartner durch die Anwendung von körperlicher oder psychischer Gewalt zum Eingehen einer Ehe gezwungen wird.
Zwangsverheiratungen stellen eine schwer wiegende Menschenrechtsverletzung dar und verstoßen gegen geltende Gesetze. Dennoch werden
sie zu selten strafrechtlich verfolgt. Damit lässt man die betroffenen Mädchen und Frauen, aber auch vereinzelt Männer, die dringend einer Unterstützung bedürfen, allein.
Bereits im Juni 2001 hat die UN-Arbeitsgruppe zu zeitgenössischen Formen der Sklaverei Zwangsverheiratungen als eine der modernen Formen der Sklaverei gebrandmarkt.
Zu lange wurde Zwangsheirat als Problem nicht wahrgenommen und als Familienangelegenheit abgestempelt, die nur die betreffende Familie etwas angeht. Aus Furcht vor Eingriffen in die Privatsphäre haben wir alle zu lange die Augen davor verschlossen und dieses Problem nicht wahrgenommen. Das zeigt sich daran, dass Sie beklagen, dass viel zu wenige Daten vorliegen.
Erst Hilferufe aus den Reihen der betroffenen Frauen und Männer haben zu Reaktionen in Politik und Gesellschaft geführt. In diesem Zusammenhang zitiere ich aus dem Buch von Necla Kelek „Die fremde Braut“:
Alles, was anders ist, steht bei vielen gut meinenden Deutschen unter Naturschutz. Das ist heilig. Daran darf nicht gerührt werden.
Kritik an fremden Kulturen ist politisch nicht korrekt. Denn jede Kultur wird an sich als Bereicherung erachtet, auch wenn sie barbarische Praktiken gutheißt, wie Zwangsheirat oder Ehrenmorde. Für mich endet diese Seeligkeit, wo Menschenrechte missachtet werden.
Was das Thema Zwangsverheiratungen angeht, so heißt das für uns: Zwangsverheiratungen, für die sowohl religiöse als auch traditionelle Motive und andere Ehrbegriffe maßgeblich sind, verstoßen gegen unsere Gesetze.
Wir von der CDU-Fraktion wollen Maßnahmen, die zu einer wirklich wirksamen Bekämpfung von Zwangsverheiratungen führen. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, Wege zu finden, die Betroffenen
Die CDUFraktion steht zu ihrem Wort. Wir wollen zusammen mit allen anderen Parteien einen gemeinsamen Antrag erarbeiten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Westerhorstmann, ich bin gern dazu bereit - ich nehme an, auch die SPD-Fraktion -, über einen gemeinsamen Antrag nachzudenken und auch mit Ihnen zu verhandeln.
Nur: Es ist ein bisschen Vergangenheitsfälschung, wenn Sie sagen, es habe die Verabredung gegeben, einen gemeinsamen Antrag zu entwickeln. Sie waren in der letzten Legislaturperiode noch nicht dabei. Die Historie war aber anders:
Sie haben einen Antrag gestellt. Wir haben als Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag dazu gestellt, der weiterging. Dann hat Ihre Fraktion kurz vor Ende der Legislaturperiode gesagt: Wir ziehen unseren Antrag zurück, denn dann könnt ihr euren Entschließungsantrag auch nicht mehr befassen, und vielleicht machen wir in der nächsten Legislaturperiode mal was zusammen.
Das heißt, Sie haben die Grundlage dafür, dass wir in der letzten Legislaturperiode dazu hätten einen Beschluss fassen können, einfach vom Tisch gezogen. Da gab es keine Verständigung auf einen gemeinsamen Antrag.
Aber Strich drunter! Wenn Sie jetzt bereit sind, etwas Gemeinsames zu machen, dann gerne. Denn ich finde, das ist ein Thema, bei dem eigentlich alle Fraktionen gemeinsam einen Weg finden müssten.
Jetzt wende ich mich noch an unseren ehemaligen Koalitionspartner. Das war ja nun in der Vergangenheit - wie eben schon gesagt wurde - ein Antrag, den wir gemeinsam eingebracht hatten und der damals von meiner Vorgängerin Marianne
Hürten mehr oder weniger geschrieben war. Ich finde, es ist im Nachhinein doch ein schönes Geschenk an Marianne, dass Sie jetzt sagen: Ihr Antrag war damals so gut, dass die SPD ihn auch allein einbringt. - Ich bewerte das einfach einmal positiv und gehe davon aus, wir werden zu einer gemeinsamen Verständigung kommen.
Zum Thema! Wir Grüne haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, denn wir meinen, es geht noch um sehr viel mehr, als bisher jeweils Antragsinhalt war und ist.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wie eigentlich die unterschiedlichen Ausgangslagen der Frauen aussehen, die in eine solche Situation geraten. Wir haben da nämlich verschiedene Situationen.
Wir haben die Heiratsverschleppung, bei der die betroffenen Frauen und Mädchen zur Eheschließung gezwungen und ins Ausland verschleppt werden. Dabei haben wir ganz massiv das Problem, dass nach sechs Monaten im Ausland für diese Frauen das Rückkehrrecht nach Deutschland erlischt und sie dann eigentlich überhaupt keine Möglichkeit mehr haben, nach dieser Heiratsverschleppung für sich selbst einen Ausweg daraus zu finden.
Wir haben die Situation, bei der Frauen im Ausland gezwungen werden, Männer zu heiraten, und dann im Sinne des Familiennachzugs nach Deutschland geholt werden und hier dann auch keine Möglichkeit haben, sich zu wehren. Denn in dem Moment, in dem sie den Mund aufmachen, droht ihnen die Abschiebung, weil sie keinen eigenen Aufenthaltsstatus haben.
Wir haben also viele unterschiedliche Lebenssituationen, Lebensrealitäten der Frauen, in denen sie dazu gezwungen werden.
Wir brauchen auf der einen Seite sehr wohl hier Strukturen, die aufklären im Sinne der Prävention, die beraten und auffangen, aber wir müssen auf der anderen Seite auch ganz klar darüber reden, was denn die aufenthaltsrechtlichen Rahmenbedingungen sind, damit Frauen überhaupt in die Situation kommen, sich wehren zu können.