Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

Die Bildung von Exzellenzclustern und Kompetenzzentren, besonders in den Naturwissenschaften und in den Ingenieurwissenschaften, wurde vorangetrieben; der Aufbau der NRW-GraduateSchools wurde für Nordrhein-Westfalen zum Markenzeichen und für die gesamte Republik zum Vorbild; er war Vorbild für den Aufbau weiterer Graduiertenschulen in den Hochschulen unseres Landes. Das ist ein Pfund, mit dem wir in diesem Wettbewerb wuchern können.

Schließlich fördert das Forschungskonzept 2010 den Prozess der Herausbildung und die Profilierung der Forschung aus Nordrhein-Westfalen. Hier waren und sind wir auf einem guten Wege, und wir können Sie nur auffordern, Herr Minister Pinkwart, auf diesem Weg fortzufahren.

Ziel ist es, die ausgewiesenen Kompetenzen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in NRW noch stärker für den Wettbewerb zu bündeln. Wir sind davon überzeugt, dass NordrheinWestfalen in diesem Wettbewerb in allen drei Förderlinien, den Graduiertenschulen, den Exzellenzclustern und auch den Zukunftskonzepten für die universitäre Forschung, bestehen wird.

Wir jedenfalls, die SPD-Opposition hier im Landtag, werden alle Bemühungen dahin gehend unterstützen, dass unsere Hochschulen in die Lage versetzt werden, erfolgreich zu sein. Tun Sie das auch! - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. - Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Dr. Vesper das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hätten Sie, Herr Brinkmeier, Ihre Jubelarie eben singen statt sprechen müssen. Dieser Antrag zeigt vor allem eines: dass Sie den Praxisschock Ihres Wechsel von der Opposition in die Regierung noch nicht ganz überwunden haben und sich deshalb ins Märchenerzählen flüchten. Wie Sie sich, Herr Brinkmeier, Regierungshandeln

vorgestellt haben, so stellt sich das klein Fritzchen vor - das ist richtig -, aber ganz so geht es in Wirklichkeit nicht. Erkundigen Sie sich einmal bei Herrn Pinkwart oder auch bei Herrn Rüttgers, die in dem Bereich Erfahrungen haben.

Ich will zu diesem Antrag nur dreierlei kurz sagen und ihn dann im Ausschuss weiter diskutieren.

Zunächst einmal: In der Tat ist er eine Jubelarie. Sie machen genau das, was Sie uns in der letzten Wahlperiode immer vorgeworfen haben. Sie bejubeln nämlich das Regierungshandeln oberflächlich, allerdings mit dem kleinen Schönheitsfehler Ihrerseits, dass es hier nicht um Ihr Regierungshandeln geht, das noch gar nicht zum Tragen gekommen ist, sondern es geht, wie in der Debatte erkennbar, um die Fortführung dessen, was die rot-grüne Bundesregierung und die rot-grüne Landesregierung in der letzten Wahlperiode auf den Weg gebracht haben. Von daher ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie das so positiv sehen. Das sage ich gerade als Mitglied der ehemaligen Landesregierung.

Zweitens. Der vorliegende Antrag betrifft Inhalte, über die wir uns im Grundsatz weitestgehend einig sind.

Wir stimmen darin überein, dass sowohl die Exzellenzinitiative als auch der Pakt für Forschung eine Chance für unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen bieten. Wir werden im Detail sicherlich manches zu klären haben, etwa die Frage, was Exzellenz eigentlich ist und wer die Definitionshoheit darüber besitzt. All diese Fragen müssen wir noch diskutieren und gemeinsam beantworten. Aber im Kern ist das nicht kontrovers.

Drittens ist mir allerdings, Herr Brinkmeier und Herr Lindner, ein etwas seltsames Parlamentsverständnis aufgefallen. Denn es geht hier letztlich auch um die Finanzierung dieser Exzellenzinitiative. Und da möchten Sie gern, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, in den kommenden Jahren bis 2011 den Landesanteil für die Exzellenzförderung in der notwendigen Höhe sicherzustellen.

(Christian Lindner [FDP]: Im Rahmen der Haushaltsinitiative der Regierung!)

- Herr Lindner - hören Sie jetzt einmal zu! -, ist Ihnen denn entgangen, dass das Haushaltsrecht, das Budgetrecht das oberste, das vornehmste Recht des Parlamentes ist? Das ist eine Forderung, die der Landtag nicht an die Landesregierung richtet, sondern bei der er selbst der Souverän ist. Er selber stellt die Mittel zur Verfügung.

Das ist, finde ich, ein seltsames Parlamentsverständnis, das Sie da offenbaren.

Auch die anderen im Antrag enthaltenen Forderungen sind blumig und weitschweifend und gehen teilweise über die Amtszeit dieses Landtags und sicherlich dieser Landesregierung hinaus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage lautet doch: Wird es tatsächlich zusätzliches Geld für diese Initiative geben und nicht Geld, das Sie den Hochschulen an anderer Stelle aus der Tasche ziehen? Genau um diese entscheidende Frage, ob Sie hier tatsächlich frisches Geld einstellen oder ob Sie nur im System umschichten wollen, drücken Sie sich in Ihrem Antrag herum. Vielleicht können wir darüber im Ausschuss diskutieren und dort zu Ergebnissen kommen. - Der Überweisung an die Ausschüsse stimmen wir selbstverständlich zu. Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Vesper. - Als nächster Redner hat der Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Dr. Pinkwart, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin den antragstellenden Fraktionen dankbar dafür, dass sie die Aufmerksamkeit des Plenums und der interessierten Öffentlichkeit mit diesem Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung auf dieses wichtige Thema lenken.

Sie weisen in Ihrem Antrag zu Recht auf die Defizite am Forschungsstandort Deutschland aufgrund unzulänglicher Rahmenbedingungen und einer stetigen Unterfinanzierung hin.

Das gilt in besonderem Maße auch für NordrheinWestfalen. Wir haben zwar eine breite Forschungsinfrastruktur und vielfach auch ein ordentliches Leistungsniveau, aber wir brauchen mehr international sichtbare Spitzenforschung und Spitzenforscher. Auch verfügt Nordrhein-Westfalen über eine breite Hochschullandschaft. Aber wir haben noch zu wenige nationale und internationale Marktführer auf dem Gebiet von Wissenschaft und Forschung.

Die Landesregierung ist fest entschlossen, diese Situation durch verbesserte Rahmenbedingungen und auf der Grundlage eines verlässlichen und auskömmlichen Finanzrahmens zu verbessern.

Hierzu wird auch die im Juni beschlossene und mittlerweile angelaufene Exzellenzinitiative einen

wichtigen Beitrag leisten. Allerdings waren zuvor lange Verhandlungsrunden zwischen Bund und Ländern notwendig - das hat die Debatte ja schon gezeigt -, um aus dem zentralistischen Ursprungsansatz der Bundesregierung doch noch zu einer durchdachten und erfolgversprechenden Konzeption für die Exzellenzinitiative zu gelangen.

Schon von daher war es nicht von vornherein ein großer Erfolg von Rot-Grün auf Bundes- und Landesebene, wie Herr Vesper eben ausführte. Selbst meine Vorgängerin - das gilt auch für die anderen Wissenschaftsminister der Länder - hat sich in der Öffentlichkeit, wie ich meine, völlig zu Recht außerordentlich kritisch zum rot-grünen Entwurf von Frau Bulmahn eingelassen.

Bis eine Einigung möglich wurde, waren zahlreiche grundlegende und durch die Länder - insbesondere durch die von CDU und FDP regierten Länder - initiierte Änderungen notwendig, um das Ergebnis zu verbessern, und zwar im Hinblick auf eine klare Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern, im Hinblick auf die Zuspitzung des Wettbewerbs auf sinnvolle Förderziele, im Hinblick auf die Ausgestaltung der Förderprinzipien und der Förderkriterien und schließlich im Hinblick auf die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel.

Die Prinzipien der neuen Exzellenzinitiative zur Förderung der Spitzenforschung in Deutschland, also der Initiative, die im Wesentlichen durch die Länder möglich geworden ist, sind jetzt mehr als früher Leistung und Wettbewerb.

(Beifall von der CDU)

Der ursprünglichen und geradezu naiven Vorstellung der Bundesregierung, man könne einige wenige Universitäten nach dem Motto „Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten“ mit viel Geld überschwemmen und dann entstünden daraus in kurzer Zeit international sichtbare Eliteuniversitäten, wurde zu Recht eine Absage erteilt.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Bundesregierung wollte wissenschaftliche Exzellenz politisch vorgeben und die Auswahl der Eliteuniversitäten im Stile der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ gestalten. Wenn sich Frau Bulmahn mit einer solchen Vorgehensweise durchgesetzt hätte, wäre das Ergebnis wohl ähnlich bescheiden und überraschend wie beim Gesangswettbewerb mit Daniel Küblböck gewesen. Nein, dies war der falsche Weg und das musste wieder in Ordnung gebracht werden.

Die gezielte Förderung verschiedener Wissenschaftsbereiche und Forscherteams, wie sie nun beabsichtigt ist, ist hingegen der richtige Weg. Mit den drei Förderlinien Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung setzt die Exzellenzinitiative jetzt genau dort an, wo es notwendig ist, nämlich an der Ausbildung der nächsten Generation von Forschern, an der Vernetzung universitärer, außeruniversitärer und industrieller Forschung sowie an der Projektierung tragfähiger Zukunftskonzepte.

Wichtig ist auch: Die Initiative hat die richtige Balance zwischen Breite und Spitze gefunden. Einerseits sind die Förderkriterien kompromisslos - Leistung und Wettbewerb -, andererseits ist die Zahl der potenziellen Bewerber und Gewinner hoch, sodass Spitzenförderung mit Breitenwirkung stattfindet. Das Wettbewerbsverfahren wird in zwei Ausschreibungsrunden erfolgen, wobei die Bewilligungen für die erste Runde für Herbst 2006 und für die zweite Runde für Herbst 2007 vorgesehen sind.

Die Zahl der Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte, die unsere Universitäten letztlich einwerben können, bleibt abzuwarten. Das Ergebnis der auch international besetzten Jury kann niemand vorwegnehmen.

Nach der regen Resonanz auf den Wettbewerb bin ich aber zuversichtlich. Von den zum Stichtag 1. August bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft insgesamt eingegangenen 408 Bewerbungen beziehungsweise Absichtserklärungen entfallen 80 auf nordrhein-westfälische Hochschulen. 44 Hochschulen haben für Exzellenzcluster, 31 für Graduiertenschulen und fünf für das Gesamtkonzept als Spitzenuniversität Absichtserklärungen eingereicht. Die entsprechenden Antragsskizzen werden bis Ende September erwartet.

Die Landesregierung wird alle am nationalen Exzellenzwettbewerb teilnehmenden nordrhein-westfälischen Universitäten bei ihren Bewerbungen mit Rat und Tat zur Seite stehen und während des gesamten Verfahrens mit allen Kräften unterstützen.

Diese feste und verlässliche Zusage umfasst auch die Finanzierung des Landesanteils an der Exzellenzinitiative. Die Länder tragen ein Viertel der Kosten aller Exzellenzprojekte, die im eigenen Land gefördert werden. Wir haben diesen Finanzierungsanteil bereits durch einen entsprechenden Beschluss sichergestellt. Den Beitrag des Landes Nordrhein-Westfalen für den gleichfalls

unlängst beschlossenen Nationalen Pakt für Forschung werden wir ebenfalls sicherstellen.

Meine Damen und Herren, damit steht unmissverständlich fest: Die Landesregierung wird für unsere Universitäten in allen Belangen ein verlässlicher Partner sein. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Exzellenzinitiative und für bessere Innovationsbedingungen in unserem Land.

Doch allein der nationale Exzellenzwettbewerb und die damit verbundenen zusätzlichen Mittel für die Forschung werden nicht reichen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schultheis?

Nein, ich möchte meinen Beitrag gerne zu Ende führen und noch auf einen ganz zentralen Punkt eingehen. - Erst im Verbund mit weiteren rasch und entschlossen zu ergreifenden Maßnahmen wird es zu dem Innovationsschub kommen, den wir so dringend benötigen, um international wettbewerbsfähiger, ökonomisch stärker und technologisch wieder führend zu werden. Nur so werden wir die hohe Arbeitslosigkeit in unserem Land nachhaltig bekämpfen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Basis für einen nachhaltigen Erfolg ist die Verbesserung der wissenschaftlichen Ausbildung und Exzellenzförderung durch eine verbesserte Qualität der Lehre und bessere Studienbedingungen. Mit dem gestern debattierten Studienbeitragsgesetz, das in Arbeit ist, schaffen wir dafür eine wichtige Grundlage.

Gerne möchte ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur aktuellen Debatte über Studienanfängerzahlen in diesem Kontext noch einige aktuelle Informationen geben, nachdem die Opposition nichts unterlassen hat, um die deutsche Öffentlichkeit, wie ich meine, falsch zu informieren.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Lesen Sie die „Süddeutsche“ von heute, Herr Minister!)

Ich möchte Ihnen jedenfalls sagen, dass sich im Herbst des vergangenen Jahres, dann aber auch im Frühjahr dieses Jahres - also in einem Zeitraum, als gerade auch im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf eine heftige Studienbeitragsdebatte stattfand, weil die jetzt neuen Regierungsfraktionen den Menschen im Wahlkampf ihre Ab

sichten ehrlicherweise vermittelt hatten - für das Sommersemester 2005 gegenüber dem Sommersemester 2004 eine deutliche Zunahme der Studienanfängerzahlen in Nordrhein-Westfalen abzeichnete.

Nach den uns vorliegenden Angaben sind die Studienanfängerzahlen zum Sommersemester um 6,9 % gestiegen, an den staatlichen Universitäten sogar um 10,7 %.