Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

Nach den uns vorliegenden Angaben sind die Studienanfängerzahlen zum Sommersemester um 6,9 % gestiegen, an den staatlichen Universitäten sogar um 10,7 %.

Dies zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Während die Opposition ihre Antistudienbeitragskampagne betreibt, strömen die jungen Menschen an die Hochschulen, weil sie dort in Zukunft eine bessere Qualität erwarten.

(Beifall von CDU und FDP - Marc Jan Eu- mann [SPD]: Hoffentlich tritt diese Aussage nicht ein, Herr Minister!)

Darüber hinaus sind folgende Maßnahmen zur Förderung von Exzellenz notwendig:

Die erste und wichtigste ist eine durchgreifende Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Neben dem Abbau von Bürokratie benötigen die Hochschulen mehr Freiheit und Selbstverantwortung, entsprechende Leistungsstrukturen sowie mehr Hochschulmanagement und weniger Hochschulverwaltung.

Als zweite Maßnahme nenne ich die bessere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft in unserem Land.

Als dritte Maßnahme nenne ich weitere und gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung. Wir wollen und wir müssen unsere Hochschul- und Forschungslandschaft national wie international wettbewerbsfähiger machen.

Im Bereich der Forschung benötigen wir dabei ein erheblich verstärktes Engagement unserer Wirtschaft. Dies wiederum ist beeinflusst von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen und von den wirtschaftlichen Einschätzungen der Unternehmen. Die Landesregierung wird jedenfalls alles in ihrer Möglichkeit Stehende tun, um diesbezüglich deutliche Verbesserungen zu erreichen.

Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass Wohlstand, Arbeit und damit soziale Sicherheit Ziele sind, die wir dauerhaft vor allem über unsere Innovationskraft und technologische Leistungsfähigkeit erreichen können. Die öffentlichen Mittel, die ab 2006 für zunächst fünf Jahre in Etappen in die Exzellenz unserer Universitäten investiert

werden können, sind eine wichtige Hilfe auf dem Weg zu diesen gemeinsamen Zielen.

Deshalb wird die Landesregierung nichts unterlassen, was dem Erfolg der Exzellenzinitiative in unserem Land dient. Dabei setze ich auf die Unterstützung dieses Hauses, das natürlich das Recht hat, einzufordern, dass die Landesregierung ihrerseits initiativ wird, auch was die Haushaltsvorlage anbetrifft. Das Haushaltsrecht werden sich die Mehrheitsfraktionen in diesem Hause nicht nehmen lassen; dessen bin ich mir sicher. Wir werden uns bemühen, unsere Vorlagen so wohl zu begründen, dass sie vom ganzen Haus mitgetragen werden können. - Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Als nächste Rednerin hat für die SPD-Fraktion die Kollegin Gebhard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Mathematikerin möchte ich mich sehr dagegen verwahren, Herr Lindner, wie Sie die Mathematik benutzen.

Ob Sie Adam Riese, Weierstraß oder welchen Mathematiker auch immer bemühen, denken Sie bitte daran: Aus den Lehrsätzen leiten sich noch lange keine politischen Inhalte ab. Wie Mathematik angewandt wird, ist immer noch Sache der Menschen und nicht Sache der Mathematik. Die Mathematik sozusagen als Zeugin für die Richtigkeit von irgendwelchen Zahlen und politischen Interpretationen heranzuziehen, halte ich für sehr verwegen.

Wenn Sie das möchten, dann sollten Sie, denke ich, eines beherzigen: Regeln, die man auf Zahlen anwendet, muss man durchgängig anwenden, nicht nur für die letzten sieben Jahre, sondern auch für die davor zurückliegende Zeit.

Schauen Sie sich bitte einmal die Zahlen an, die Kohl bei seinem Regierungsantritt 1982 vorgefunden hat. Damals lag der Anteil für Bildung am Bundeshaushalt bei 4,7 %. Als Kohl die Macht an Rot-Grün abgab, waren es nur noch 3,4 %.

(Beifall von der SPD)

Wenn Sie dann auch noch die Inflation berücksichtigen würden - so, wie Sie das für die letzten sieben Jahre tun; wenden Sie die mathematischen Regeln also an! -, dann wüssten Sie, dass der Rückgang sogar noch um ein Vielfaches höher lag.

(Beifall von SPD und GRÜNEN - Wider- spruch von Christian Lindner [FDP])

Ich kann Ihnen mit gleichen Mitteln antworten. Vielleicht sollten wir uns aber lieber darauf verständigen - Herr Schultheis hat schon darauf hingewiesen -, die Diskussion über die Ausgaben für FuE im Ausschuss zu vertiefen. Wenn Sie Nachhilfestunden beim Rechnen brauchen, erteile ich Ihnen die gerne.

(Christian Lindner [FDP]: Dann werden Sie mal belegen, wie die Ganztagsschulen in FuE passen!)

- Damit können wir uns für die zurückliegende Kohl-Zeit genauso beschäftigen, denn damals erfolgten ebenfalls solche Einrechnungen, auch damals umfasste der Bildungshaushalt nicht nur Mittel für FuE-Maßnahmen. Auf die Auseinandersetzung freue ich mich, Herr Lindner.

(Christian Lindner [FDP]: Machen Sie mal eine Vorlage!)

Jetzt lassen Sie uns bitte schön zum eigentlichen Inhalt kommen: Es geht hier ja um die Exzellenzinitiative. Als neue Abgeordnete bin ich gezwungen, das, was in der Vergangenheit war, nachzulesen. Ich habe mir daher erlaubt, ins Protokoll vom 21. April dieses Jahres zu schauen. Da gab es diese Diskussion bereits. Das Interessante an dieser Diskussion war: Auch sie fand vor einer Wahl statt, und zwar vor der Landtagswahl, nicht der Bundestagswahl. Es ist noch keine fünf Monate her, dass sich CDU und FDP nicht in der Lage sahen, der Exzellenzinitiative zuzustimmen.

(Widerspruch von der CDU)

Das heißt: Im Prinzip haben wir schon seit einem Jahr die gleichen Inhalte auf dem Tisch.

(Christian Lindner [FDP]: Nein, eben nicht!)

Koch aus Hessen musste damals den Buhmann spielen, um die Entscheidung aufzuhalten und so über den 22. Mai hinauszukommen.

(Beifall von der SPD)

Der einzige Hintergrund war, dass Sie Rot-Grün diesen Erfolg nicht gönnen wollten.

(Christian Lindner [FDP]: Sie sagten, Sie wollten sich einlesen! Dann machen Sie das doch!)

Gucken Sie mal nach, wie unzufrieden die anderen von Ihnen regierten Bundesländer damit waren; die sind froh, die Kuh jetzt endlich vom Eis zu haben.

Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: Das ist alles Schnee von gestern. Lassen wir das. Freuen wir uns, dass wir gemeinsam dafür stehen, dass diese Exzellenzinitiative jetzt auf den Weg gekommen ist. Herr Pinkwart hat ja gerade die erfreuliche Antragslage beschrieben.

Problematisch wird es aber bei der Frage, ob wir nicht vor einem Jahr viel besser dagestanden hätten, sprich: ob Sie mit Ihrer Haltung nicht vehement gegen NRW-Interessen verstoßen haben.

Den Zeitvorsprung, den wir hatten, hätten wir verteidigen sollen. Ich will das an einem Vergleich zwischen NRW und Bayern - das Sie ja so lieben - deutlich machen: NRW betreibt Profilbildung nicht erst seit heute oder seit gestern.

Wir haben die Vereinbarung mit den Hochschulen bereits letztes Jahr getroffen. Wir haben damit einen Prozess abgeschlossen, der jetzt umgesetzt werden kann, während Bayern gerade einmal beabsichtigt, das zu tun.

NRW hat ein Konzept zur stärkeren leistungsorientierten Mittelvergabe erarbeitet. Es ist vereinbart, bereits ab 2006 20 % der Mittel erfolgsabhängig zu verteilen. Bayern plant das gerade einmal.

NRW hat bereits sechs Graduate-Schools und 59 Graduiertenkollegs, ist also bundesweit Spitze. Bayern plant.

NRW fördert bereits seit neun Jahren Forschungsverbünde, aus denen inzwischen eine Reihe von Clustern gebildet worden sind. Bayern plant.

Nordrhein-Westfalen nimmt bundesweit die Spitzenstellung ein. Herr Pinkwart, auf Ihrer Homepage haben Sie die Spitzenstellung bei Sonderforschungsbereichen selber dargestellt. Wahrscheinlich haben Sie die erst in den letzten zwei Monaten geschaffen. Denn sonst müssten Sie hier erklären: Toll, ich führe die erfolgreiche Politik, die Rot-Grün in den letzten Jahrzehnten im Hochschulbereich betrieben hat, weiter. - Das wäre eine ehrliche Maßnahme. Das wäre eine glaubwürdige Position. Dann könnten wir prima zusammenarbeiten, was die Zukunft betrifft.

Sie haben gerade erklärt, das Land sei sehr wohl bereit, den Landesanteil zu übernehmen und die Hochschulen entsprechend darin zu unterstützen, die Exzellenzen herauszustellen. Der entscheidende Punkt ist für uns die Frage, die Sie klar mit Ja oder Nein beantworten können:

Stellen Sie diese Mittel zusätzlich zur Verfügung? Oder ziehen Sie die Mittel aus dem Bildungs

haushalt an anderer Stelle heraus, nehmen Sie sie den Hochschulen an anderer Stelle weg, um sie anschließend für die Unterstützung dieser Anträge zu nutzen? Auf diese klare Frage erwarte ich eine klare Antwort. Wenn Sie die Mittel zusätzlich bereitstellen, dann freuen wir uns darauf und werden an diesem Punkt gut zusammen weiterarbeiten. - Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebhard. - Als nächster Redner hat der Kollege Kuhmichel für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte über die Zukunft unserer Hochschulen gibt mir die Gelegenheit, eine Behauptung zu korrigieren, die gestern der SPD-Abgeordnete Schmeltzer in einer Presseerklärung aufgestellt hat.

(Christian Lindner [FDP]: Sehr gut!)

Ich zitiere:

„Die SPD hat überhaupt erst die Universitäten für Arbeiterkinder im Ruhrgebiet gebaut. Ob Bochum, Dortmund oder Duisburg - hier haben Johannes Rau und seine SPD-Nachfolger den Studienstandort Nordrhein-Westfalen ausgebaut.“

(Lachen von Ministerin Christa Thoben und Minister Dr. Andreas Pinkwart)