Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Die Westdeutsche Landesbank hat am Montag früh eine Ad-hoc- Meldung nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz herausgegeben. Darin konnte sie auf die in Aussicht gestellte Kapitalstärkung durch die Eigentümer verweisen. Sie wissen, dass dies für das Rating von großer Bedeutung ist.

Warum hat die Landesregierung die Unterstützung zugesagt? Die Beteiligung des Landes an der Westdeutschen Landesbank ist unsere größte Beteiligung. Wir sollten in der momentan zugegebenermaßen schwierigen Phase gemeinsam alles tun, um dieses Landeseigentum vor weiterem Schaden zu bewahren. In wirtschaftlicher Hinsicht muss man sehen, dass die Bank besondere Stärken hat, die allerdings zum Tragen kommen müssen. Ich wiederhole mich, wenn ich insoweit unter anderem auf das Auslandsgeschäft, das Kapital

marktgeschäft und die strukturierten Finanzierungen verweise.

Natürlich muss sich dabei etwas ändern. Die Bank muss neu ausgerichtet und restrukturiert werden. Darüber sind sich alle Eigentümer einig. Mit Hilfe von Neuausrichtungen, Restrukturierungen und Nutzung der Stärken kann die Bank ihre Kapitalkosten wieder verdienen. Daran müssen alle Beteiligungen mit vereinten Kräften mitwirken. Man sollte bei allen Risiken deshalb nicht die Chancen der Unterstützung der WestLB vergessen, die zur Wahrung von Landeseigentum beitragen: erstens eine Wertsteigerung durch Neuausrichtung und Restrukturierung, zweitens eine Wertsteigerung durch Wertaufholungspotenziale, insbesondere bei den nicht dauerhaften Wertminderungen, und drittens eine Wertsteigerung und Werterhaltung durch Teilnahme an der Landesbank und Konsolidierung.

Die Unterstützung der Landesregierung zahlt sich auch für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen, die Landesbeteiligung an der WestLB, deren Mitarbeiter und deren Kunden aus. Alle Bereiche profitieren von einer gestärkten WestLB. Deshalb ist es klug, die WestLB zu unterstützen.

Schließlich wollen wir einen aktiven Beitrag zur Konsolidierung im Landesbankensektor leisten. Wir sind übrigens die ersten in der Bundesrepublik Deutschland. Wir wollen die mit Hessen begonnenen Gespräche fortsetzen. Wir halten nach wie vor ein Zusammengehen auf Augenhöhe für den besten Weg in die Zukunft.

Was bedeutet die Unterstützung durch die Landesregierung? Das Land hat durchgerechnet einen Anteil von rund 38 % an der WestLB. Von den insgesamt erforderlichen 2 Milliarden € entfallen also auf das Land rechnerisch rund 760 Millionen €. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung der Kapitalerhöhung sowie die zeitliche Umsetzung noch nicht entschieden sind, ist ausverhandelt, dass auf das Land ein Finanzierungsbedarf in dieser Größenordnung zukommt.

Wir prüfen zurzeit verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten. Einzelheiten kann ich Ihnen hierzu allerdings noch nicht mitteilen. Klar ist dabei allerdings: Die Landesregierung wird an der kontinuierlichen Absenkung der Nettoneuverschuldung festhalten. Damit ist sie angetreten, und das wird auch weiterhin ihr Markenzeichen bleiben.

(Beifall von CDU und FDP)

Wie bereits ausgeführt, ist eine Neuausrichtung und Restrukturierung bei der WestLB unausweichlich. Restrukturierung heißt: Senkung der

Kosten und Erhöhung der Markterlöse. Kostensenkung umfasst die Personal- und die Sachkosten gleichermaßen. Die Bank muss effizienter arbeiten. Senkung der Personalkosten heißt nicht, dass ein fertiger Plan zum Verzicht auf 2.000 Mitarbeiter existiert, von dem in der Presse zu lesen war. Herr Stuhlmann als Vorstandsvorsitzender der WestLB hat hierzu gesagt, dass die WestLB alle Anstrengungen unternehmen muss, um ihre Sach- und Personalkosten deutlich zu senken. Ein Abbau von Mitarbeiterplätzen wird daher unumgänglich sein. Das weiß auch die Personalvertretung der WestLB, mit der ich bereits mehrmals darüber gesprochen habe. Das weiß aber auch die Opposition, die schon vor geraumer Zeit die Zahl von 1.500 entbehrlichen Stellen in die Presse lanciert hat.

(Zuruf von der SPD: Entbehrlich?)

Der Personalabbau, meine Damen und Herren, ist notwendig; denn eine Kapitalzufuhr durch das Land muss auch den sogenannten Market Investor Test seitens der EU-Kommission bestehen, darf also keine Subvention sein.

Nun wird der Landesregierung bisweilen vorgeworfen, sie hätte sich früher für ein Zusammengehen mit der Landesbank Baden-Württemberg entscheiden sollen. Wäre sie im August 2007 den Weg nach Stuttgart angetreten, so wird gesagt, hätten wir heute keine oder weniger Probleme. Diese Vorhaltungen, meine Damen und Herren, sind unhaltbar. Soll der Landesregierung empfohlen werden, sie hätte die Risiken der WestLB der LBBW unterjubeln sollen? Soll damit gesagt werden, man hätte einen möglichen zukünftigen Partner betrügen sollen?

(Gisela Walsken [SPD]: Nein! Wie peinlich! Lesen Sie doch mal die Texte!)

Jeder weiß, meine Damen und Herren, dass in solchen Fällen jeder sein sogenanntes SubprimeRisiko hätte selbst abschirmen müssen.

(Beifall von der CDU)

Mit der Landesbank Baden-Württemberg wären wir heute ein ganz kleiner Juniorpartner, hätten dieselben Risiken selbst zu tragen, allerdings keinerlei Handlungs- und Entscheidungsspielräume.

(Beifall von CDU und FDP)

Insoweit hat sich die qualifizierte Prüfung der Optionen durch das Land als richtig erwiesen. Die momentane Schwäche der Westdeutschen Landesbank mit den anderen Eigentümern, den Sparkassen und den Landschaftsverbänden,

selbst meistern und auf Augenhöhe in die Landesbankkonsolidierung gehen.

Aus all diesen Gründen ist die Landesregierung davon überzeugt, dass die 10-Punkte-Erklärung der Eigentümer vom 12. Dezember 2007 und die Kapitalmaßnahmen der beste Weg für die Westdeutsche Landesbank und unser Land sind. Ich bitte Sie alle, uns auf diesem Weg zu unterstützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Finanzminister. – Die nächste Rednerin ist Frau Kraft von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas merkwürdig, alle diese Punkte unter der Überschrift dieses Tagesordnungspunktes miteinander zu diskutieren. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland war und ist positiv. Die Arbeitslosigkeit geht zurück – auch in Nordrhein-Westfalen. Wir hoffen alle, dass das so weitergeht.

Die Regierung hat in den letzten Wochen, speziell Frau Ministerin Thoben, starke Signale ausgesandt. Der Ministerpräsident verspricht zu Neujahr, 2008 werde ein gutes Jahr. Er verspricht Aufschwung für alle. Vielen Dank, dass Sie unseren SPD-Slogan weiterverwenden.

(Beifall von der SPD)

Die Wirtschaftsministerin sagte am 14. Januar, die Wirtschaft in NRW sei in Bestform, und die Landesregierung beantragte letzte Woche diese Unterrichtung zum Thema „Starkes Wachstum – Chancen für alle. Zur Lage der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen“. Am selben Tag kam die Bekanntgabe über den Nokia-Rückzug. Wir haben damals gehofft – das gebe ich zu –, dass das ein Einzelfall, ein Ausrutscher ist. Dann kamen die Nachrichten der WestLB hinzu. Das hat unsere Sorgen um Nordrhein-Westfalen und die Zukunft verstärkt, Sorgen um die Kontinuität, um die Tragfähigkeit des Aufschwungs in diesem Land.

Die Nachrichten an den internationalen Börsen, die Korrekturen bei den Wachstumsprognosen zeigen: Wir dürfen eben nicht übermütig werden, wir dürfen nicht eine Überschrift nach der anderen produzieren, wir müssen die Risiken ernst nehmen.

Schauen wir uns die Zahlen einmal etwas genauer an. Man sollte nicht immer alles zu rosig malen, Frau Ministerin. Der Aufschwung kommt unten nicht an. Die Reallöhne, die realen Einkommen

sinken. Das sind Fakten, die auf dem Tisch liegen.

(Beifall von der SPD)

Es stimmt auch nicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung ungetrübt ist. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Nordrhein-Westfalen ist im Dezember bereits eingetrübt. Der NRW-MIX-50-Index, an der Börse in Düsseldorf gelistet, ist innerhalb eines Monats um 20 % gefallen.

Meine Damen und Herren, schauen wir uns die Arbeitslosenzahlen in den Ländern etwas genauer an. Ich habe die Daten der Bundesagentur für Arbeit vorliegen: Im Vergleich der Veränderung vom Dezember 2006 zu Dezember 2007 liegen wir in Nordrhein-Westfalen mit einem Minus von 14,5 % im unteren Mittelfeld. Der Durchschnitt in Westdeutschland liegt immerhin bei minus 16,5 %. Alles das, Frau Ministerin, ist meiner Meinung nach kein Grund zu einer Jubelarie, so wie Sie das heute Morgen verkündet haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Punkt ist, dass man weiterhin hart arbeiten muss, gerade als Regierung, die in diesem Land Verantwortung trägt. Beim Fall Nokia hat sich gezeigt, dass Sie offensichtlich keinen wirtschaftspolitischen Seismografen haben, der Vorbeben erkennt. Ich kann mich sehr gut an die Vergangenheit erinnern, Frau Ministerin Thoben. Wir haben regelmäßig Gespräche mit Nokia geführt. In früheren Jahren war ich zum Teil persönlich daran beteiligt. Wir haben gewusst, wenn Entwicklungen in Probleme münden. Sie aber sind an dem Tag informiert worden. Das ist Ihr Problem: Sie reden nicht mit den Unternehmen, nicht einmal mit dem Unternehmen, das der größte Subventionsempfänger in diesem Land ist. Das ist das, was wir bemängeln, Frau Ministerin.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Unruhe bei der CDU)

Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören wollen. Aber man verlässt sich offensichtlich darauf, dieses Land mit guten Überschriften schon in eine gute Zukunft zu kriegen, und es werden nicht die erforderlichen Gespräche geführt. Das müssen wir hier feststellen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie haben uns schon vor Monaten erklärt, dass der Strukturwandel beendet ist. Aber es ist klar, Frau Ministerin: Wenn Sie den für beendet erklären, müssen Sie natürlich auch mit niemandem mehr reden. Das ist doch das Problem Ihrer Politik.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Landesregierung muss eine aktive Strukturpolitik betreiben. Sie brauchen ein Krisenmanagement. Das fehlt. Gehen wir doch mal auf die EUFörderung, auf die neue Konzeption, auf die Ziel2-Mittel ein! Sie haben sich doch entschieden, diese Mittel komplett in den Wettbewerb zu geben. Sie haben die 10 %, von der EU für solche Fälle vorgesehen, nicht zurückbehalten. Deshalb konnten Sie bei BenQ nicht helfen, und noch immer ist heute die Hälfte der Menschen auf der Straße, weil Sie nicht aktiv mitgeholfen haben.

(Beifall von der SPD)

Dass wir nicht alleine dieser Meinung sind, können Sie den Zeitungen entnehmen. In der „Rheinischen Post“ vom 22. Januar ist die höchst interessante Kritik des Wirtschaftsexperten Prof. Ferdinand Dudenhöffer an die Adresse der Landesregierung zu lesen:

„‚Die’“

er meint die Landesregierung –

„‚kommt immer nur dann, wenn es brennt’ … Was fehle sei ein überzeugendes Standortkonzept mit der notwendigen Vernetzung von Forschung und Infrastruktur. ‚Da ist seit der schweren Opel-Krise vor drei Jahren nichts passiert’...“

So ein anerkannter Wirtschaftsexperte. Ich finde, dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir fragen nachhaltig und immer wieder auch in diesem Raum: Wo sind Ihre Konzepte? Wo sind die Konzepte für den Standort BenQ in KampLintfort? Wie geht es dort voran? Wo sind Ihre Konzepte für die Kohlerückzugsgebiete? Ich fürchte, auch für Bochum werden Sie keine Konzepte haben.

Wir gehören nicht zu denen, die diesen Standort schlechtreden. Nein, das tun wir nicht. Das war Ihre Rolle im letzten Wahlkampf; daran kann ich mich noch verdammt gut erinnern, Frau Ministerin. Sie haben dieses Land nachhaltig schlechtgeredet.