Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Innovative Unternehmen, die sich daran messen lassen, dass sie ihre Fortbildungsorientierung ausbauen, haben hier ihren Standort. Sie machen Ideenmanagement. Nordrhein-westfälische Unternehmen sind übrigens unter den besten Ideenmanagements vertreten, die in Deutschland zu beobachten sind.

Familiengeführte Unternehmen – so eine Untersuchung der Universität Witten-Herdecke – wissen, dass sie Wachstum und Beschäftigung überdurchschnittlich zu den sehr großen ausgeweitet haben. Von den Top 500 deutschlandweit sitzen 147 in Nordrhein-Westfalen. Unter den Flächenländern führen wir massiv.

Der Initiativkreis Ruhrgebiet knüpft für den Raum an alte Stärken an, beschreibt die innovativen Kompetenzen, die dort vorhanden sind und Beschäftigung möglich machen: im Feld der Energie, der neuen Werkstoffe, der Logistik. Wir begleiten diese Elemente durch gezielten weiteren Ausbau des Forschungstransfers.

Die Zahl der Gründer im Ruhrgebiet wächst ständig. Wir haben die höchste Ausbildungsleistung seit 17 Jahren. Das hat etwas damit zu tun, dass wir eine weltoffene starke Wirtschaft zu Hause sind und konsequent neue Märkte und Chancen für unsere Produkte erobern. Darum sind wir hier im Land stark.

Meine Damen und Herren, die Globalisierung ist für die nordrhein-westfälische Wirtschaft auch eine Chance für die Beschäftigung. Wer kennt sie nicht, die Unternehmen zum Beispiel im Bereich der Automobilzulieferer, die auch deshalb so erfolgreich und als Hidden Champions Weltmarktführer sind, weil sie Teile der Fertigung in anderen Ländern haben. Aber eines gilt auch: Sich immer verbessern zu wollen heißt, Mitarbeiter mitzunehmen. Neue Fertigungsstätten irgendwo aufzubauen heißt, die Risiken, die damit für Arbeitnehmer verbunden sind, ernst zu nehmen.

Wie passt der Fall Nokia in das Bild, das ich beschrieben habe? So, wie Nokia sich verhalten will, ist unser Land nicht, so sind unsere Unternehmen nicht. Vor allem aber: So geht man nicht mit unseren Arbeitnehmern um.

(Allgemeiner Beifall)

Wir erwarten Transparenz. Wir erwarten, dass Nokia nicht nur Mitglied in der „Initiative Bochum 2015“ ist, sondern dort auch dokumentiert, wo es hin will, ohne einfach wegzulaufen. Wir verlangen Engagement für Arbeitsplätze, wir verlangen Zeit für den Teil der Anpassung, der letztendlich unverzichtbar erscheint. Uns geht es primär um den

Erhalt, zumindest den Teilerhalt und, wenn das nicht geht, um massives Engagement für die Zukunft der Metropole Ruhr und des Standorts Bochum.

(Beifall von CDU und FDP)

Inzwischen ist es dank massiven Drucks, nicht zuletzt auch durch die Demonstration gestern, gelungen: Nokia scheint aufzuwachen. Heute kann man lesen, dass der Konzern zugibt, er habe die Reaktion unterschätzt, bei der Kommunikation massive Fehler gemacht sowie überfallartig mehrere Tausend Menschen vor eine Situation gestellt, zu der ich sagen muss: So etwas tut man nicht!

(Allgemeiner Beifall)

Wir werden sehr ernste und deutliche Gespräche mit Nokia führen. Lassen Sie mich aber auch auf das hinweisen, was die SPD in ihrem Entschließungsantrag schreibt. Wenn es um das geht, was Sie behaupten, nämlich dass unser Frühwarnsystem offensichtlich versagt habe, Frau Kraft, dann empfehle ich Ihnen dazu ein Gespräch mit Herrn Schartau und wünsche Ihnen dabei viel Vergnügen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das war aber dünn! – Gisela Walsken [SPD]: Mehr fällt Ihnen nicht ein?)

Sie werden es schon merken. – Außerdem: Im Jahre 2004 – wo ja alles falsch war, was die EVP gemacht hat, und die Strukturfondsmittel und deren Ausstattung für Nordrhein-Westfalen von so elementarer Bedeutung waren – hat sich die SPD nicht einmal darum bemüht, einen Europaabgeordneten in den entsprechenden Ausschuss zu bekommen. Das ist so! Und jetzt schreien Sie hier herum, dass irgendetwas an den Bedingungen nicht stimmt.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Lenken Sie nicht von Unfähigkeit ab! – Weiterer Zuruf von der SPD: Dummes Zeug!)

Es ist so. Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Weiter steht darin: aktive Strukturpolitik. Das Gespräch führe ich mit Ihnen gerne. Darunter haben Sie doch wohl verstanden, 60 Millionen € dahin zu geben. Jetzt sagen Sie, so dürfe man nicht weitermachen. Ich will Sie auch da gerne aufklären: Unmittelbar nach Regierungsübernahme, bereits im Herbst 2005, ist die Neuausrichtung im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung von der neuen Landesregierung umgesetzt worden.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Zuschüsse für arbeitschaffende Investitionsvorhaben werden seitdem grundsätzlich nur noch für kleine und mittlere Unternehmen ausgereicht und nicht für internationale reiche Konzerne.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit uns kann es also einen Fall wie Nokia nicht mehr geben. Weitere Elemente will ich Ihnen gerne vortragen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Solche Unternehmen kriegen in diesem Umfang keine Mittel mehr von uns! Das ist das Neue, das Ihnen völlig fremd ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir werden außerdem sehr, sehr gründlich prüfen, ob wir eine Chance haben, einen Teil der Mittel zurückzubekommen. Nordrhein-Westfalen hat durch Intervention in Brüssel erreicht, dass große Investitionen, die in Beitrittsländern finanziert werden können und dürfen, ab einem Volumen von 50 Millionen € von der Kommission daraufhin untersucht werden, ob das zu Verlagerungen führt. Gegebenenfalls kann und soll – das erwarten wir – die Kommission widersprechen. Wir hätten dieses Element gerne bei einem noch geringeren Volumen eingeführt; aber das war bisher nicht mehrheitsfähig.

Meine Damen und Herren, wir setzen im Land auf Talente, Technologie und Toleranz. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam – wir haben zwar den Fall Nokia; da haben Sie uns an der Seite, es sei denn, Sie wollen billiges parteipolitisches Kapital daraus schlagen –

(Beifall von der CDU)

alles tun, damit der Standort und die Region aus dem guten Schwung, den sie haben, nicht herausgekegelt werden. Das werden wir tun. Aber ich erwarte von Ihnen, von allen Fraktionen im Landtag: Helfen Sie uns, ein Bewusstsein für die Stärken zu schaffen, die das Land heute hat. Versuchen Sie nicht, in altes Jammern zurückzufallen.

(Heiterkeit von der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Wer?)

Helfen Sie mit beim weiteren Ausbau unserer Stärken! Ich akzeptiere, wie die „Welt am Sonntag“ zusammengefasst hat, was in unserem Jahreswirtschaftsbericht steht.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Bisschen mehr Lernfähigkeit wäre nicht schlecht!)

Booz Allen Hamilton und andere beschreiben die Stärken unseres Landes, an denen wir anknüpfen können.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Bitte?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie sind im fal- schen Film! Letzte Woche Montag war das anders!)

Sie möchte von allem Positiven ablenken, weil Ihnen positive Nachrichten nicht gefallen. Das werden wir nicht zulassen!

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Wir nehmen den Einzelfall sehr ernst und werden helfen und drängen, dass den Menschen nicht etwas abverlangt wird, was ich für unanständig halte. Aber wir werden weiter an die Stärken in unserem Land anknüpfen und darauf unsere Politik ausrichten. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Thoben. – Als Nächster spricht Herr Finanzminister Dr. Linssen. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie an dieser Stelle über den aktuellen Sachstand zum Thema Westdeutsche Landesbank unterrichten.

Wie Sie wissen, haben sich die Landesregierung und die anderen Eigentümer entschieden, die Kapitalbasis der WestLB zu stärken. Auch die Landesregierung stellt damit unter Beweis, dass sie zur WestLB steht. Sie setzt ein klares Signal für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen, für die Westdeutsche Landesbank, deren Mitarbeiter und deren Kunden.

Was ist geschehen? Am 12. Dezember haben die Eigentümer die 10-Punkte-Erklärung verabschiedet, in der sie sich zur Bank bekannt haben. Diese enthält im Wesentlichen die drei Aspekte, nämlich Etablierung eines neuen Geschäftsmodells, Ergreifen von Restrukturierungsmaßnahmen und Fusionsverhandlungen mit der Helaba als präferiertem Partner.

In diesem Rahmen haben die Eigentümer auch vereinbart, dass sie eine wirtschaftlich angemessene Kapitalausstattung der WestLB jederzeit sicherstellen wollen. Ich hatte Sie am 19. Dezember hierüber informiert.

Am letzten Montag, dem 21. Januar, habe ich die Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses und die Finanzfachleute der Fraktionen in einer einstündigen Telefonkonferenz über die Lage der Bank und alle Einzelheiten der Vereinbarung von Sonntag unterrichtet.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das Desaster!)

Die amerikanische Hypothekenkrise hat die Finanzmärkte rund um die Welt erfasst. Auch die Westdeutsche Landesbank ist in dem betroffenen Geschäftsfeld seit Ende der 90er-Jahre engagiert. Im Zuge der fortschreitenden Subprime-Krise, wie sie genannt wird, haben sich die Verluste der WestLB weiter erhöht.

Die WestLB ging am Sonntag, dem 20. Januar 2008, davon aus, dass der Jahresverlust im Konzern für 2007 ungefähr 1 Milliarde € betragen wird. Zusätzlich wird annähernd 1 Milliarde € als nicht dauerhafte Wertminderung erwartet.

Die Landesregierung hat mit den anderen Eigentümern der WestLB und mit der Bank am vergangenen Sonntag bis spät in die Nacht beraten. Es ist uns gelungen, einen Konsens der Eigentümer herzustellen. Die Sparkassenverbände haben ihre Entscheidungen von Sonntag in einer gemeinsamen Sitzung am Montag bestätigt, ebenso das Kabinett am gestrigen Dienstag.

Die Eigentümer werden den Jahresverlust in Höhe von etwa 1 Milliarde € ausgleichen. Auch die nicht dauerhaften Wertminderungen in einer Größenordnung bis zu 1 Milliarde € werden getragen. Die konkrete Ausgestaltung sowie die zeitliche Umsetzung der Kapitalmaßnahme werden kurzfristig entschieden. Fest steht allerdings, dass die Kapitalmaßnahmen in Abstimmung mit der EUKommission erfolgen werden.

Die Westdeutsche Landesbank hat am Montag früh eine Ad-hoc- Meldung nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz herausgegeben. Darin konnte sie auf die in Aussicht gestellte Kapitalstärkung durch die Eigentümer verweisen. Sie wissen, dass dies für das Rating von großer Bedeutung ist.