Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

(Frank Sichau [SPD]: Erwachsenenstrafvoll- zug!)

und wenn man sich vor Augen führt, dass Sie es waren, Herr Sichau, der im Untersuchungsausschuss die Qualität des Gutachtens infrage gestellt hat, muss man sagen, dass es schon sehr merkwürdig ist, wenn Sie sich hier hinstellen, einzelne Fragen des Gutachtens herauspicken und zur Grundlage eines Antrages machen.

(Beifall von der CDU)

Und da ist die Frage, Herr Kollege Sichau, ob das mit den Hinweisen des Präsidenten zu vereinbaren ist. Aber das können wir sicherlich noch einmal an anderer Stelle prüfen.

(Frank Sichau [SPD]: Es geht um den Er- wachsenenstrafvollzug! Haben Sie das nicht gemerkt?)

Im Übrigen enthält der Antrag eben eine Reihe von Wertungen auch für den Jugendstrafvollzug.

(Frank Sichau [SPD]: Nein!)

Damit kommen wir zu der Frage, die Sie offensichtlich völlig übersehen haben. Man sollte hier sehr vorsichtig sein: Wenn Sie nach einer stärkeren Nutzung des offenen Vollzugs fragen, enthält das inzident die Bewertung, dass dieser nach Ihrer Auffassung bisher nicht ausreichend berücksichtigt und genutzt worden ist.

(Frank Sichau [SPD]: Das hat Werthebach gesagt!)

Auch das ist eine Wertung, die Sie sich hier zu Eigen machen. Die Forderung, Beschäftigungsmöglichkeiten für Gefangene zu optimieren, enthält ebenfalls eine Würdigung ebenso wie Ihre Forderung nach Erweiterung von Antigewalttrainings und die Forderung nach ausreichender Personalausstattung.

(Thomas Stotko [SPD]: Das steht alles bei Werthebach!)

Herr Kollege Sichau und weitere Kollegen, das sind schon Wertungen. Das muss man hier doch einmal deutlich festhalten.

Zum Abschluss will ich deutlich sagen: Gefangene müssen für den offenen Vollzug geeignet sein; das kann ich Ihnen auch inhaltlich antworten. Eine Ausweitung des offenen Vollzuges – das ist ja Ihr Ziel; das haben Sie hier ja auch schon öfters zum Ausdruck gebracht;

(Frank Sichau [SPD]: Von Werthebach!)

auch Ihr Ziel, Herr Sichau, oder etwa nicht? – etwa durch Herabsetzung der Anforderung an die Eignung von Gefangenen für den offenen Vollzug liefe der Sicherheit der Bevölkerung entgegen. Das lehnen wir kategorisch ab. Das ist mit uns nicht zu machen, damit das ganz klar ist.

(Thomas Stotko [SPD]: Das ist eine Wertung aus dem PUA!)

Wir werden Ihren Antrag und die heutige Debatte noch im Rechtsausschuss nacharbeiten. Da werden wir inhaltlich diskutieren können. Wenn der Untersuchungsausschuss seine Arbeit beendet hat, haben wir völlig freie Hand, tatsächlich alle inhaltlichen Fragen umfassend zu erörtern. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Giebels. – Für die FDP-Fraktion hat Kollege Dr. Orth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Wesentlichen habe ich dem, was der Kollege Giebels gerade gesagt hat, eigentlich nichts hinzuzufügen. Auch für uns stellt sich die Frage: Wollen wir einen Sachverhalt künstlich aufteilen oder nicht? So, wie der Präsident entschieden hat, dass der Tagesordnungspunkt heute aufgerufen wird, so steht es natürlich jedem Abgeordneten frei, für sich darüber zu befinden, ob er sich denn bei diesem Tagesordnungspunkt – so, wie er hier aufgerufen ist – zur Sache einlassen will.

Ich für mich habe jedenfalls den Schluss gezogen, dass mir die Gratwanderung zwischen Wertungen auf der einen Seite und der Behandlung des politischen Teils auf der anderen Seite zu groß ist. Ich möchte heute nur auf zwei Punkte eingehen.

Zum einen geht es um Vollstreckungsschutz und Ersatzfreiheitsstrafe. Es ist eine rein politische Frage, ob man so etwas will oder nicht. Ich sage ganz klar: Nein, ich möchte nicht, dass bei Ersatzfreiheitsstrafe grundsätzlich ein Vollstreckungsschutz gewährt wird. Ich will, dass derjenige, der zu einer Strafe verurteilt wurde und statt dessen Geld leisten darf, dann …

(Frank Sichau [SPD]: Ist er zu einer Geld- strafe verurteilt worden?)

Er ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

(Thomas Stotko [SPD]: Nein, Geldstrafe!)

Er ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden,

(Frank Sichau [SPD]: Sie sind doch Jurist! Das müssten Sie doch wissen!)

weil schon bei der Strafzumessung Geld in Tage oder Tage in Geld umgerechnet werden. Dementsprechend bin ich der Ansicht, dass nicht der Eindruck entstehen darf: Das eine zahle ich nicht, und das andere droht mir nicht. – Ich finde, wir haben auch die Verpflichtung, eine gewisse abschreckende Wirkung aufrechtzuerhalten. Deswegen bin ich der Ansicht, dass auch Ersatzfreiheitsstrafen zu vollstrecken sind.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sichau?

Nein, das können wir ja im Rechtsausschuss erörtern, Herr Sichau.

(Thomas Stotko [SPD]: Wir schicken Ihnen den Wessels AT!)

Zweiter Punkt: offener Vollzug.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Auch hier bin ich der Ansicht, dass wir all diejenigen, die für den offenen Vollzug geeignet sind, in den offenen Vollzug bringen müssen, aber eben auch all diejenigen, die nicht geeignet sind, im geschlossenen Vollzug lassen müssen. Ich meine, dass vonseiten der SPD-Fraktion und auch vonseiten der Grünen-Fraktion der Eindruck erweckt wird, dass doch eigentlich alle im offenen Vollzug besser aufgehoben wären.

(Frank Sichau [SPD]: Dieser Eindruck ist falsch!)

Dann müssen Sie diesen Eindruck korrigieren, Herr Sichau.

(Thomas Stotko [SPD]: Das haben wir doch schon zehnmal gemacht! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das ist diese bewusste Fehlinter- pretation!)

Das können wir gerne in den Beratungen im Ausschuss machen. Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass beides seine Berechtigung hat und wir bei jedem Einzelnen sehen müssen, wohin er passt. Ich bin ganz zuversichtlich, dass das von den Gerichten und von den anderen Einrichtungen auch entsprechend vernünftig gehandhabt wird.

(Frank Sichau [SPD]: Von den Gerichten be- stimmt nicht!)

Insofern kann ich hier für heute schließen. Ich werde auch im Rechtsausschuss – solange der PUA läuft – inhaltlich nichts Weiteres zum Werthebach-Bericht sagen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die grüne Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Düker.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jenseits der juristischen Debatte, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte, Herr Giebels, wissen wir doch alle, wie es im Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen aussieht und dass dort eine extrem angespannte Situation vorzufinden ist. Dazu brauchen wir nicht einmal Herrn Werthebach und seine Kommission. Das wissen wir beispielsweise über die positiv entschiedene Klage von einem Gefangenen, dem eine Entschädigung zugesprochen worden ist.

(Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter: Das war 2004!)

Ich sage das allgemein und nicht bezogen auf schwarz-gelben oder rot-grünen Knast, Frau Müller-Piepenkötter.

(Harald Giebels [CDU]: Es gibt keine Knäs- te!)

Die Situation in den Strafvollzugsanstalten des Landes ist insgesamt sehr angespannt. Die Entschädigungen müssen jetzt gezahlt werden. Der Gefangene hatte wegen unmenschlicher Unterbringung geklagt. Es ging darum, dass der Sanitätsbereich von der übrigen Zelle nicht richtig abgetrennt und der Raum zu klein war. Überbelegung ist auch ein Fakt, den wir uns nicht von Herrn Werthebach erklären lassen müssen. Also: Wir wissen um die extrem angespannte Situation im Vollzug.

Ich sage noch einmal: Auch unabhängig von diesem Gutachten wissen wir, dass durch die Standards, die das Jugendstrafvollzugsgesetz jetzt setzt, und natürlich durch die Ressourcen, die dafür erbracht werden müssen, der Druck im Erwachsenenvollzug noch größer wird. Wir hören von vielen Beschäftigten aus dem Erwachsenenvollzug: Wegen des Jugendstrafvollzugs, wegen der Standards, die dort gesetzt werden, wird die Lage bei uns noch extremer, weil Personal abgezogen wird.

Alles in allem wissen wir also: Es gibt eine extrem angespannte Situation. Politik darf sich damit beschäftigen, was jetzt auch gefordert wird und was angemessen ist. Ich will zwei Sachen herausgreifen.

Herr Orth, Sie haben die Ersatzfreiheitsstrafe angesprochen und ausgeführt, dass Sie sehr wohl dafür sind, sie aufrechtzuerhalten. Wir stimmen der SPD zu.

(Frank Sichau [SPD]: Und Werthebach!)