Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Die Studie macht darüber hinaus deutlich, in welch hohem Maße unsachgemäße Mediennutzung und bildungsferne Herkunft miteinander verbunden sind. Man könnte auch von einem Kreislauf sprechen, da die Bildungsferne einen erhöhten Medienkonsum zur Folge hat und dieser wiederum zu schlechteren Schulergebnissen führt. Diesen Teufelskreis müssen wir also durchbrechen.

Der Staat und die Schulen können nicht alle Fehler, die in den Elternhäusern begangen werden, auffangen. Der Staat kann und soll die Kinderzimmer nicht auf das Vorhandensein eines Fernsehers oder einer Spielkonsole überprüfen. Auch können der Staat und die Schulen die Mediennutzungszeiten im privaten Raum der Familie nicht kontrollieren.

Dies zeigt deutlich, dass die allererste Verantwortlichkeit für eine zeitlich eingegrenzte und altersgerecht ausgesuchte Mediennutzung tatsächlich bei den Eltern liegt. Aus dieser Verantwortung kann, darf und will sie niemand entlassen. Aber sie brauchen dabei unsere Unterstützung.

Wichtig ist also, die Eltern für die Gefahren eines übermäßigen Medienkonsums zu sensibilisieren. Diese Sensibilisierung muss auch den erzieherischen Akt der Beschränkung beinhalten. Warum brauchen Viertklässler einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer, wie Frau Ministerin Sommer ausgeführt hat? Das ist nicht einzusehen. Auch wenn Kinder unter Gruppendruck leiden und dieser Gruppendruck bei Kindern vorherrscht, müssen Eltern zur neuesten Variante der Spielkonsole auch Nein sagen können, zumal wenn sie für das Alter des Kindes nicht geeignet ist. Es bedarf hierfür keiner staatlichen Verbote, sondern wir müssen an die Wahrnehmung elterlicher Pflichten appellieren, um den Kindern ein zuträgliches Freizeitverhalten zu ermöglichen.

Oftmals fehlt es diesen Kindern schlicht an alternativen Angeboten. Wenn in Haushalten die neueste technische mediale Ausstattung bereits im Kinderzimmer vorhanden, jedoch in der ganzen Wohnung kein Buch aufzutreiben ist – um nur dieses eine Beispiel zu nennen –, kann sehr wohl von einer mangelnden Verantwortung der Eltern gesprochen werden. Eine solche Verantwortungslosigkeit kann auch nicht generell mit sozialen Missständen entschuldigt werden. Wenn das Geld für die technischen Geräte vorhanden ist, warum dann nicht auch für ein Buch?

Herr Remmel, früher – auch in Nachkriegszeiten – hat es viele arme Familien gegeben. Aber die waren sehr bedacht darauf, alles zu tun, damit die Kinder die Voraussetzungen haben, dass es ihnen besser geht.

(Beifall von der FDP)

Da hatten die Menschen noch Eigenverantwortung. In jahrzehntelanger Politik ist es gewissen Schichten in diesem Land doch abgewöhnt worden, eigene Verantwortung zu praktizieren.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Von wem?)

Dann dürfen wir uns nicht wundern, dass wir viele Eltern haben, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Da müssen wir appellieren. Wir müssen die Kinder nehmen, ihnen einen geschützten Raum bieten und ihnen eine sinnvolle Mediennutzung beibringen. Wir müssen aber auch die Eltern nehmen und ihnen sagen, welche Folgen eine falsche Mediennut

zung hat und dass sie ihren Kindern damit alles andere als etwas Gutes antun.

(Zustimmung von Ralf Witzel [FDP])

Das muss in diesem Zusammenhang einmal klar werden. Jeder Mensch ist in der Lage, Verantwortung zu übernehmen, wenn sie keine finanziellen Folgen hat. Das setzen wir mal voraus. Dafür ist Aufklärung notwendig; dafür ist es notwendig, den Eltern Informationen an die Hand zu geben und sie aufzufordern, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Ich bin nicht der Auffassung der GrünenFraktion, Eltern hätten nur ein bisschen Verantwortung. Ich finde schon, dass Eltern ein bisschen mehr Verantwortung haben. – Das zu Ihrem Zwischenruf, Herr Remmel.

Eigentlich wollte ich noch etwas anderes sagen, aber meine Redezeit ist zu Ende, wie mir angezeigt wird. Ich möchte aber noch eines hinzufügen: Selbstverständlich ist es wichtig, dass Unterrichtsmaterial zur Verfügung steht. Es ist auch wichtig, dass wir den Ganztag an allen weiterführenden Schulformen ausbauen. Deswegen setzt sich die FDP-Fraktion in der Tat dafür ein, den Ganztag an allen Schulformen auszubauen – nachdem wir eine wirklich sehr überzeugende Initiative für den Ganztag an Hauptschulen ergriffen haben. Gerade dort – das verheimlicht die Studie doch auch nicht – haben wir die allergrößten Probleme der falschen Mediennutzung, und dies insbesondere bei den Jungen. Da müssen wir tätig werden. Frau Beer, Sie sollten diese Hauptschulinitiative nicht immer wieder an den Pranger stellen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Der Staat kann unterstützen, der Staat soll unterstützen, er soll und muss den Eltern Infos an die Hand geben. Aber die Eltern müssen auch Einsicht und Bereitschaft zeigen, ihren Kindern im Sinne einer vernünftigen Zukunft zu helfen. – Danke.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung spricht noch einmal Frau Ministerin Sommer.

Sehr geehrte Frau Nell-Paul, machen Sie es sich nicht so leicht! Es ist ganz einfach, das auf die Landesregierung zu schieben, als gäbe es nicht den Kontext von Unterricht und Erziehung. Wir wollen die Eltern da wirklich mit einbeziehen. Die Eltern stehen im Mittelpunkt. Ich bin oft in

Schulen gewesen und weiß aus eigener Erfahrung, dass Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer immer wieder sagen, sie könnten viel mehr leisten, wenn sie die Eltern stärker einbeziehen könnten, wenn die Eltern zu ihnen kämen und wenn man einen Konsens, einen Kontrakt finden würde. Vergessen Sie bitte nicht, dass wir an dieser Stelle einen Schwerpunkt setzen müssen, wo die Eltern mit ins Boot gehören.

Wir wollen die Eltern mit einbeziehen – ganz sicher. Wir werden das Thema Medienkonsum, weil wir die Möglichkeit dazu haben, in einer Elternzeitschrift behandeln. Eltern müssen durch Lehrerinnen und Lehrer beraten werden. Das bedeutet, dass Lehrerinnen und Lehrer für diese Aufgabe kompetent gemacht werden müssen. Darum gibt es, Herr Eumann, diese Kompetenzteams. Früher waren es E-Teams. Diese sind in die Kompetenzteams aufgegangen. Es werden etwa sechs Stellen für Kompetenzteams bereitgestellt. Davon ist mindestens eine halbe Stelle für Medienkompetenz reserviert.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass sich die Elternverbände und Lehrerverbände anschließen und diese Thematik auch in ihren Gremien behandeln.

Dann zu meinem Lieblingsthema – man kennt es ja schon –: Frau Beer, Sie sprachen über den Ganztag. Ich sage an dieser Stelle – man muss da auch fair bleiben –: Der Ganztag im Grundschulbereich war leider nicht unsere Idee. Wir haben den Ganztag im Grundschulbereich aber in einer Weise umgesetzt, dass man da wirklich von Ganztagsschulen sprechen kann.

(Beifall von CDU und FDP)

Weil Sie jede Rede dazu nutzen, Ihre Ideen von einer veränderten Schule darzustellen, hätte ich mir gewünscht, wenn Sie so fair gewesen wären und auch gesagt hätten: Es gibt Gott sei Dank für besonders gefährdete Kinder, die wir von der Straße holen wollen, den Ganztag in der Hauptschule. – Davon haben Sie aber kein einziges Wort gesagt. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Frau Sommer. – Da es keine weiteren Wortmeldungen gibt, ist die Aktuelle Stunde damit beendet.

Wir kommen zu:

3 Undurchsichtige Holzvermarktung schadet dem Land Nordrhein-Westfalen

Antrag

der Fraktion der SPD und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6165 – Neudruck

Da Frau Watermann-Krass von der SPD-Fraktion nicht anwesend ist, gebe ich Herrn Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir eine Ehre, einen gemeinsamen Antrag vorzustellen, der in der SPD-Fraktion entstanden ist. Wir haben uns aber, weil wir zu dieser Frage – auch im Ausschuss –

(Minister Eckhard Uhlenberg: Stundenlang!)

schon mehrfach gemeinsam Anfragen an die Landesregierung gestellt und Diskussionen mit der Landesregierung geführt haben, dazu entschlossen, diesen Antrag gemeinsam im Landtag zu stellen.

Wir haben bereits mit unserem Antrag vom 20. März 2007 auf die schädlichen Holzlieferverträge aufmerksam gemacht und auch darauf, welche fatalen Wirkungen sie für die mittelständisch geprägte Sägeindustrie in Nordrhein-Westfalen haben. Wir haben zu diesem Thema Mündliche Anfragen, Kleine Anfragen, zuletzt vom 6. Juli 2007, gestellt und darüber debattiert. Wir haben auch den Landesrechnungshof über die Verschleuderung von Landesvermögen informiert und gehen davon aus, dass der Landesrechnungshof diesen Vorgang intensiv prüft. Im Übrigen ist das Thema im Haushalts- und Finanzausschuss diskutiert worden. Auch dort ist deutlich geworden, in welch dilettantischer Weise diese Verträge in einer zugegebenermaßen schwierigen Zeit zustande gekommen sind.

Ergebnis ist – die Landesregierung redet sich hier heraus und führt die Öffentlichkeit in die Irre –, dass diese Verträge nicht den kartellrechtlichen Vorgaben entsprechen. Es ist Ergebnis, dass diese Verträge nicht innerhalb der Landesregierung abgestimmt worden sind. Es ist Ergebnis, dass über einen absehbaren Zeitraum bei dem Holzdargebot für die mittelständische Sägeindustrie in Nordrhein-Westfalen eine Lücke entstehen wird. Hier stehen 1.000 Arbeitsplätze in Rede. Das jedenfalls wird durch den Gutachter, den die Sägeindustrie beauftragt hat, bestätigt.

Meine Damen und Herren, es sollte Sie von den Regierungsfraktionen schon nachdenklich machen, wenn Vorhaltungen gegenüber der Landesregierung in einem solchen Umfang und in einer solchen Detailliertheit platziert werden.

Der Nachhaltigkeitsgrundsatz in Sachen Wald wird verletzt. Es wird und muss, wenn die Verträge erfüllt werden sollen, mehr Holz eingeschlagen werden als nachwächst. Dieses Holz ist nicht mehr vorhanden, wenn es von den kleinen und mittleren Unternehmen der Sägewirtschaft in Nordrhein-Westfalen gebraucht wird. Unterhalten Sie sich mal mit den kleinen und mittleren Sägewerksbetrieben! Die Existenzangst ist förmlich spürbar.

Es ist offensichtlich geplant, in NordrheinWestfalen auf diesem Weg einen Kahlschlag, eine Marktbereinigung durchzuführen. Ich frage mich nach wie vor: Warum müssen Verträge bis 2014 unter der Überschrift „Kyrill-Bewältigung“ abgeschlossen werden? Die Folgen dieses Sturms werden im nächsten, spätestens im übernächsten Jahr beseitigt sein. Über einen entsprechenden Vertrag über diesen Zeitraum hätte man reden können. Aber es ist eine Bindung bis 2014 erfolgt, die das Holz zur Verarbeitung im weitesten Sinne in Kanäle außerhalb Nordrhein-Westfalens fließen lässt. Die mittelständische Sägeindustrie bekommt kein Holz mehr. Es ist absehbar, wann die ersten Betriebe wegen der Holzvermarktung der Landesregierung insolvent gehen werden.

Selbst wenn Sie höhere Preise bieten, bekommen Sie kein Holz, weil die Großverträge zuerst bedient werden müssen. Auch das ist ein Kuriosum, das sich innerhalb der letzten Zeit gezeigt hat. Es gibt offensichtlich sogar Erlasse der Landesregierung, mit denen die Forstämter angewiesen werden, diese Verträge mit hoher Priorität zu bedienen, auch wenn an anderer Stelle ein besserer Preis erzielt werden kann. Das ist nicht wettbewerbskonform, das ist nicht marktkonform, sondern es wird einer politischen Gestaltung von Verträgen das Wort geredet, die man unter einem Druck meinte schließen zu müssen. Letztlich wird Landesvermögen verschleudert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt bestätigt sich unsere Kritik auch in der Wirkungsweise. Es wird deutlich, dass diese Landesregierung eben nicht zur Stützung der mittelständischen Strukturen beiträgt. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir als grüne Fraktion in diesem Hause als Sachwalter der mittelständisch geprägten Sägeindustrie auftreten müssen. Aber es hilft offensichtlich nichts. Sie jedenfalls vertre

ten diese Arbeitsplätze, diese Unternehmer in Nordrhein-Westfalen nicht mehr. Das ist schade für die mittelständische Struktur gerade in diesem Bereich. Ich meine, wer sich glaubhaft vor die Tore von Nokia stellt, um für die dortigen Arbeitsplätze zu demonstrieren, der kann solche Verträge nicht wollen und auch nicht abschließen. Deshalb müssen diese Verträge, so schnell es geht, vom Tisch in die Schublade. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Remmel. – Ist Frau Watermann-Krass jetzt da? – Dann gebe ich ihr das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herrn! Das Sturmtief „Kyrill“ wirft immer noch einen langen Schatten. Seit über einem Jahr debattieren wir hier im Hohen Hause über die Folgen der Naturkatastrophe und in diesem Zusammenhang leider auch in trauriger Regelmäßigkeit über das Missmanagement der Landesregierung.

Auch heute beschäftigen wir uns aus aktuellem Anlass mit den Folgen der von der Landesregierung geschlossenen Rahmenverträge mit sechs großen Sägewerken. Dazu liegt das Gutachten von Prof. Dr. Schulte vor, das für den Verband der Säge- und Holzindustrie Nord in Auftrag gegeben worden ist. Prof. Dr. Schulte bestätigt erneut die Kritik, die schon die ganze Zeit von den Berufsverbänden, den Fraktionen und der Sägewirtschaft vorgetragen wird. Prof. Schulte präzisiert dies und kritisiert, dass mit diesen Verträgen große Mengen an Rundholz außerhalb des Landes geliefert werden und damit der Verdrängungswettbewerb in der Sägewirtschaft beschleunigt wird. Hier greift der Staat, besser gesagt: die schwarz-gelbe Landesregierung in den Markt ein und belastet den Mittelstand.

Das ist eine Befürchtung, die auch von den Sägewerkern vorgebracht wird. Nach deren Angaben sind mit dieser Form von Marktregulierung 1.000 Arbeitsplätze gefährdet. Dies müsste den Minister eigentlich alarmieren, der für die Entwicklung des ländlichen Raums verantwortlich ist.