Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Meine Damen und Herren, die Abgeordnete Löhrmann hat in ihrem Beitrag, den ich jetzt nicht klassifizieren will,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Kann!)

erstens kritisiert, dass wir den Weg der Unterrichtung durch die Landesregierung gewählt haben, um den Landtag zum einen offiziell zu informieren und zum anderen Gelegenheit zu einer Debatte zu geben – und zwar, bevor sie angeregt hat, eine Regierungserklärung abzugeben. Zweitens hat sie kritisiert, dass die entsprechenden Vorlagen noch nicht vorlägen.

Ich möchte Sie über den in den Zeitungen nachvollziehbaren Sachverhalt informieren, dass die für die Erstellung dieser Vorlagen notwendigen Beschlüsse der anderen Miteigentümer, unter anderem der beiden Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, am vergangenen Freitag und an diesem Montag erfolgt sind.

Eigentlich muss jedem, der nur über ein Mindestmaß an Sachkenntnis verfügt, Folgendes klar sein: Erstens waren diese Beschlüsse notwendig, um überhaupt die weiteren Gespräche zu führen. Zweitens hat es nun wirklich nicht mit irgendeiner Form von Wirklichkeit zu tun, zu glauben, dass so schwierige Texte, deren Erstellung jetzt in Auftrag gegeben worden ist, innerhalb von wenigen Tagen, nachdem die Grundsatzvereinbarungen getroffen worden sind, gefertigt werden könnten.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das sollte doch letzte Woche im Haushalts- und Finanzaus- schuss beschlossen werden!)

Es scheint notwendig sein, dies zu betonen. Wir werden uns noch in einer Vielzahl von Beratungen – hier im Landtag, vorher in der Landesregierung und davor in Gesprächen mit unseren Partnern, den anderen Eigentümern – mit diesen Texten und Verträgen beschäftigen – wie übrigens auch

mit Gesetzen. Es scheint auch nicht klar zu sein, dass es, um diese Grundsatzvereinbarungen umzusetzen, erforderlich ist, das Sparkassengesetz zu novellieren.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Hört, hört!)

Wir werden dies in den nächsten Wochen, so schnell es geht, leisten und das Ganze anschließend dem Landtag vorlegen. Dazu gehört dann übrigens auch die haushaltsplanmäßige Absicherung der notwendigen Zahlungen etwa im Hinblick auf das Eigenkapital.

Lassen Sie mich eine kleine Bemerkung machen, bevor ich noch weiter zur Sachverhaltsaufklärung beitragen will.

(Zurufe von der SPD: Noch weiter? – Bisher war noch nichts! – Hochnotpeinlich!)

Ich finde es bedauerlich, dass zumindest vonseiten der Opposition es anscheinend für wichtiger gehalten worden ist, hier zu einer parteipolitischen Debatte zu kommen,

(Widerspruch von der SPD)

statt sich über die Frage Gedanken zu machen, wie wir Schaden von der WestLB, vom Sparkassensystem und vor allen Dingen von den Sparerinnen und Sparern in Nordrhein-Westfalen abwenden können.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit meiner Wortmeldung nutzen, um noch auf eine Behauptung einzugehen,

(Ralf Jäger [SPD]: Wie wäre es denn mit Selbstkritik, Herr Ministerpräsident?)

die Frau Kraft am 23. Januar 2008 hier im Plenum vorgetragen hat. Sie hat damals, gerichtet an Herrn Stahl, behauptet:

„Herr Kollege Stahl, … als wir Ihnen die Bank 2005 übergeben haben, hat sie einen Gewinn von 875 Millionen € vor Steuern gemacht. Das sind die Daten und Zahlen, die vorliegen. Von wegen Erblast!“

Heute hat sie behauptet, es gebe keine strukturelle Erblast.

Meine Damen und Herren, ich will Sie daran erinnern, dass die Bank im Jahre 2002 1,73 Milliarden € Verlust gemacht hat, dass sie im Jahre 2003 fast 1,9 Milliarden € Verlust gemacht hat und dass sie im Jahre 2004 1,15 Milliarden € Verlust gemacht hat. Das sind in drei Jahren 4,7 Milliar

den € Verlust, die in Ihre Amtszeit fallen, Frau Kraft.

(Beifall von CDU und FDP)

Jedem Fachmann ist klar, dass die Probleme, die wir haben, unter anderem mit der Personalauswahl und der Personalinstallierung bei der Bank in den letzten Jahren, vor allen Dingen seit Anfang dieses Jahrzehnts, zu tun gehabt haben. Ich könnte Ihnen jetzt die Namen der Herren vorlesen, die damals unter anderem von den dafür zuständigen Leuten mit jeweiliger Beteiligung der Vorgängerregierung ausgesucht worden und installiert worden sind. Es sind – ich will Ihnen die Namen jetzt ersparen – insgesamt elf Vorstandsmitglieder und Vorstandschefs, die in dieser Zeit seit Beginn des Jahrzehnts eingestellt worden sind und wieder entlassen worden sind, die vorübergehend hier gearbeitet haben. Dass die Bank es auf diesem Hintergrund verdammt schwer hatte, sich zu behaupten – wenn sie sich überhaupt behauptet hat –, ist doch wohl völlig klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will Ihnen jetzt nicht vorlesen, wer aus den Kreisen der damaligen Landesregierung damals Mitglied in den jeweiligen Aufsichtsgremien der Bank und in den jeweiligen Ausschüssen war.

(Markus Töns [SPD]: Vergessen Sie nicht die jetzige Landesregierung!)

Wie sehr man sich häuten kann und Parteipolitik vor Sachverhalte, vor eigene Verantwortung stellen kann, will ich nur mit einem einzigen Zitat von Frau Walsken belegen. Das Zitat lautet: Die WestLB hat ein überzeugendes Konzept. – So Frau Walsken im Herbst 2003, meine Damen und Herren!

(Lachen von der CDU)

Das ist die Einschätzung gewesen, die hier vorgetragen worden ist. Dies zeigt dasselbe wie auch die jeweiligen verschiedenen Aussagen, die in den letzten Tagen mit immer wieder anderen Begründungen erfolgt sind: Es darf kein Personal entlassen werden; es muss aber gespart werden; es darf nicht restrukturiert werden; es darf sich nichts am Geschäftsmodell tun. – Heute haben wir gehört, es gebe kein Geschäftsmodell.

Meine Damen und Herren, alles dies zeigt, dass die Versuchung, aus einer solchen Situation parteipolitische Vorteile zu ziehen, größer war als die Sachkenntnis und die Verantwortung für das Land.

(Beifall von CDU und FDP)

Lassen Sie mich noch einige wenige Bemerkungen machen. Ich habe in den letzten Tagen gehört, dass immer wieder ein Vorwurf erhoben wird, indem ein Vergleich vorgenommen wird zwischen den Bemühungen der Landesregierung, zusammen mit dem Betriebsrat und vielen anderen Menschen, auch der Stadt Bochum, in Bochum bei Nokia Arbeitsplätze zu retten und eine neue Perspektive zu eröffnen, und auf der anderen Seite der Tatsache, dass hier Beschlüsse gefasst werden müssen, die es im Rahmen der Restrukturierung erfordern, 1.300 bis 1.500 Stellen bei der WestLB abzubauen.

Meine Damen und Herren, eines der Grundprobleme, die diese Bank hatte und immer noch hat, ist die Tatsache, dass der Kostenblock zu hoch ist und nicht in Übereinstimmung steht mit dem, was möglich ist, um Geld zu verdienen. Es gibt ihn aber trotzdem, so schwer das dann ist. Helmut Linssen hat bereits darauf hingewiesen, dass er selbst mit den Mitarbeitervertretungen der WestLB mehrfach Kontakt gehabt hat. Jedem ist klar, dass die WestLB nur dann eine Zukunft hat, wenn eine solche Restrukturierungsmaßnahme durchgeführt wird. Deshalb haben wir darüber geredet.

(Gisela Walsken [SPD]: Lauter!)

Es gibt einen Unterschied, auf den ich nur noch hinweisen will: Nokia hat in Bochum Gewinn gemacht, die WestLB hat Verluste gemacht. Das ist das Kernproblem, weshalb wegen Managementfehler in früheren Zeiten jetzt Mitarbeiter darunter leiden müssen, dass damals nicht aufgeräumt und das Notwendige getan worden ist.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Sie haben etwas zur Chefsache gemacht und nicht gehandelt!)

Das Gleiche gilt übrigens auch für die Bemühungen, eine Neuordnung des Landesbankensystems zu erreichen.

(Zuruf von der SPD: Regieren Sie eigentlich hier?)

Ich will die Ehrlichkeit – zumindest an dieser Stelle – ausdrücklich unterstreichen, die meinen Vorgänger Herrn Steinbrück in verschiedenen Interviews ausgezeichnet hat, der darauf hingewiesen hat, dass er sich selbst vorwirft, dass er an dieser Stelle nicht rechtzeitig tätig geworden ist. Das ehrt ihn.

Es ist gut, richtig und notwendig, in den nächsten Tagen und Wochen intensiv über eine neue Ordnung der deutschen Landesbankenlandschaft zu reden.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Endlich!)

Die Neuordnung der öffentlichen Institute ist überfällig. Aber, meine Damen und Herren, es zeigt sich, dass es anscheinend ein strukturelles Problem innerhalb der Landesbankenlandschaft gibt. Das ist unter anderem deutlich geworden in den Erfahrungen – wenn sich das dann bestätigen sollte –, die wir nach den Vereinbarungen des Beginns von Gesprächen zwischen Helaba und WestLB im Bereich der hessischen Sparkassen anscheinend zur Kenntnis nehmen müssen.

Sie haben auch mitbekommen – ich sage das nicht mit irgendeiner Zufriedenheit, sondern das ist ein großes schwieriges Problem –, dass es eine Reihe anderer Landesbanken gibt, die zurzeit Probleme haben. Und es gibt darüber hinaus Banken, für die das gilt; über die IKB ist bereits diskutiert worden.

Das alles, meine Damen und Herren – das war von Anfang an die Position der Landesregierung – ,

(Zuruf von der SPD)

wird uns nicht davon abbringen können – wir haben diese Verpflichtung, wir müssen das tun, wenn wir uns auf eine solche Neuordnung im Landesbankensystem vorbereiten wollen –, zuerst einmal unsere Hausaufgaben bei der WestLB zu machen. Es ist ein Irrglaube, sich vorzustellen, es wäre im letzten Jahr möglich gewesen, einen Vertrag zwischen zwei Landesbanken zu machen, und die hätten dann alles an Risiken übernommen, was bei der WestLB in den Büchern war, was übrigens zum damaligen Zeitpunkt zumindest mir überhaupt noch nicht bekannt war, schon gar nicht öffentlich.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber es ist Chef- sache!)

Auch das will ich an der Stelle noch einmal sagen. Das heißt, man muss zuerst einmal seine eigenen Hausaufgaben machen und das, was passiert ist, wieder in Ordnung bringen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Der Finanzminis- ter hat das auch in seiner Zuständigkeit in den früheren Fachgremien gemacht!)

Dann kann man eine solche Bankenlandschaft sortieren.