Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Für uns ist das ein Problem! Frau Löhrmann hat vorhin noch einmal deutlich gemacht, was man mit über 400 Millionen € zusätzlichen Einnahmen alles hätte finanzieren können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich sage noch einmal: Die Situation ist so, weil Sie eine handfeste Regierungskrise haben. Seit einem Jahr sind Sie in einer zentralen finanzpolitischen Frage handlungsunfähig und blockieren sich wechselseitig. Die WestLB ist Ihre größte und wichtigste Beteiligung. Dazu haben Sie außer der Aussage, dass Sie sie verkaufen wollen, bis heute keine klare Vorstellung, wohin es gehen soll.

Sie haben bei den Sparkassen einen vorübergehenden Raubzug angelegt, um eine Zeit lang zu überleben. Aber Sie hätten die Bank durch sinnvolle Fusionen auf die internationale Krise vorbereiten können. Die LBBW wäre ein Weg gewesen; es gibt sicherlich auch noch andere Wege. Mittlerweile ist die Landesbankenlandschaft heftig in Bewegung.

Und, Herr Rüttgers, Sie hätten durch frühzeitiges gemeinsames Handeln auch dafür sorgen können, dass wir nicht Verluste in der heute bestehenden Größenordnung tragen müssten. Das ist ganz klar Ihre Verantwortung, weil Sie es zur Chefsache gemacht haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auch wenn es am Schluss meiner Rede kommt, ist es mir persönlich wichtig: Wir haben in Gesprächen von Frau Kraft mit dem Finanzminister und auch durch unseren Redebeitrag vorhin klar signalisiert, dass wir bereit waren, die Hand zu reichen – unter der Voraussetzung, dass eine Lösung nicht zulasten der Sparkassen in diesem Lande geht. Dieses Angebot, Herr Regierungschef, Herr Finanzminister, aber insbesondere die CDU-Fraktion, haben Sie mit einem Handstreich aus der Hand geschlagen. Sie haben diese Hand abgeschlagen.

Herr Stahl hat mit Beginn seiner Rede heute um 10:42 Uhr in einer undifferenzierten Weise den Versuch, gemeinsam klarzukommen, kaputt gemacht. Das finde ich für dieses Parlament beschämend. Sie haben an uns appelliert

(Widerspruch von der CDU)

ich bitte auch die Lautsprecher in der CDU, einmal zuzuhören – und sind über Ihren Finanzminister auf unsere Fraktion zugekommen. Mit Frau Kraft als Oppositionschefin haben Sie darüber geredet, ob es nicht einen gemeinsamen Weg geben könnte. Nach der Rede von Herrn Stahl ist die ausgestreckte Hand abgeschlagen. Das bedaure ich für diese Bank,

(Beifall von der SPD)

weil es zeigt, dass es auch an dieser Stelle keinen souveränen gemeinsamen Weg gibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Walsken. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mir von dem Redebeitrag der geschätzten Kollegen Walsken gerade eigentlich mehr erwartet,

(Zuruf von der SPD: Noch mehr?)

vor allen Dingen mehr Aussagen zum Bereich „Zukunft sichern“ und weniger zu den Altlasten, wobei Sie mit einer bemerkenswerten Nervosität das Handeln früherer Regierungen

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

versucht haben zu beschützen. Dabei ist es doch eigentlich ganz klar: Wir alle wissen, woher die wesentlichsten Risiken bei der WestLB, aber auch bei allen anderen Landesbanken kommen. Das muss man nicht einmal konkret an einer früheren Regierung festmachen. Dafür reicht das Datum einer Strukturänderung: Im Juli 2005 ist die Gewährträgerhaftung für das Neugeschäft weggefallen. Alle Landesbanken, auch die WestLB, haben die Zeit vor diesem Datum und damit vor dem Antritt der neuen Landesregierung genutzt, um sich zu den alten Konditionen der Gewährträgerhaftung mit Liquidität vollzusaugen, um die Mittel entsprechend anzulegen. Eine Menge davon ist in heute als problematisch angesehene strukturierte Finanzierungen geflossen. Das ist eine Tatsachenfeststellung.

Das will ich noch nicht einmal mit einer Schuldzuweisung an die damalige Landesregierung verbinden. Wenn überhaupt, könnte man eine Schuldzuweisung vielleicht mit wesentlich größerer Berechtigung gegenüber den Ratingagenturen vornehmen; denn die haben damals alle die entsprechenden Finanzierungen mit AAA – das bedeutet: völlig bedenkenlos investieren, grünes Licht – geratet. Die gleichen Ratingagenturen schlagen heute Alarm und korrigieren ihre damals unisono abgegebenen positiven Bewertungen. Nicht nur die Landesbanken und nicht nur die WestLB sind davon in Mitleidenschaft gezogen. Die Schweizer Banken gelten und galten als Hort der Stabilität. Nach den heutigen Berichten hat nicht nur die UBS, sondern hat auch die Credit Suisse erhebliche Probleme in hohen Milliardenbeträgen.

Wir müssen einfach feststellen: Vor 2005 wurden die Ursachen für die heutigen Probleme gelegt. Wir sollten diese Probleme nach wie vor gemeinsam angehen.

Uns ist die WestLB dreifach wichtig: Sie hat einen erheblichen Wert für den Minderheitseigentümer Land. Die WestLB hat einen erheblichen Wert für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen. Die West

LB hat auch einen erheblichen Wert für die Mehrheitseigentümer Sparkassen. Auch als Verbundpartner der Sparkassen, die Mehrheitseigentümer der WestLB sind. Deswegen begrüßen wir die längst überfällige Einigung aller Eigentümer, die sich jetzt wirklich mit den bekannten Eckpunkten auf ein Konzept der Restrukturierung, auf ein neues Geschäftsmodell und auf eine Risikoabschirmung für die WestLB verabredet haben.

Es ist, glaube ich, müßig, darüber zu diskutieren, wie viel früher eine solche Einigung möglich gewesen wäre. Eine völlige Mär ist die Annahme, durch eine Fusion mit der LBBW im Sommer des letzten Jahres wären alle Probleme vom Tisch gewischt gewesen.

Die Konsolidierung der Landesbanken ist eine Frage. Ich meine aber die zweite anstehende Frage. Es geht darum, die eigenen Hausaufgaben zu machen und die objektiv notwenige Restrukturierung der WestLB anzupacken. Dies ist eindeutig nicht erst seit einem halben Jahr überfällig, sondern seit vier bis fünf Jahren. Leider haben sich die Eigentümer nicht früher auf einen vernünftigen Eckpunktekatalog geeinigt, wie er jetzt möglich geworden ist. Das ist schade.

Jetzt stehen wir aber vor einem neuen Ausgangspunkt für Initiativen, um die WestLB auf bessere Füße zu stellen. Die Eigentümer haben einiges erfolgreich vereinbart. Vor allen Dingen haben sie vereinbart, gemeinsam als Verbund von Sparkassen und WestLB erfolgreich zu sein. Sie haben in diesem Eckpunktepapier vereinbart, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die auf der einen Seite das Rating verbessern und auf der anderen Seite eine gemeinsame Geschäftsausweitung möglich machen.

In Punkt 3.2 des Eckpunktepapiers ist das aufgeführt – inklusive des gemeinsam verabredeten Wortes, eine „vertikale Marktbearbeitung zwischen Sparkassen und WestLB“ in Angriff zu nehmen. Das hat mit vertikalen Strukturen aber überhaupt nichts zu tun. Eine wichtige Funktion ist die gegenseitige Stützung von Sparkassen und WestLB. Denn nicht alle Sparkassen sind so gesund, erfolgreich und mittelstandsorientiert, wie ich es aus meiner Heimatregion kenne. Herr Kollege Börschel wurde schon mehrfach angesprochen. Er könnte sicherlich noch ganz andere Dinge berichten, wenn er es denn dürfte.

Diese Einigung der Eigentümer – das ist mir wichtig zu unterstreichen – geht nicht zulasten der Sparkassen. Sie geht weder zulasten des Umfangs des Sparkassengeschäftes – denn wenn der Markt gemeinsam angegangen wird, mal in

Kooperation, mal auch im Wettbewerb miteinander, dann wird die Marktausnutzung für diesen Verbund aus WestLB und selbstständigen Sparkassen insgesamt größer werden –, noch geht diese Einigung zulasten der Selbständigkeit der Sparkassen.

Es ist mir wichtig, das noch einmal zu unterstreichen. Meine Fraktion und ich halten das Regionalprinzip, die erfolgreiche Arbeit selbstständig vor Ort entscheidender Sparkassen, für einen wesentlichen Bestandteil unseres erfolgreichen Wirtschaftssystems in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft ist deswegen so stark, weil sie so dezentral aufgestellt ist. Sie kann so erfolgreich dezentral aufgestellt sein, weil es eine intensive, erfolgreiche und dezentrale Bankenstruktur gibt. Dafür sind gerade die beiden Säulen Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen wichtig. Die müssen als solche erhalten bleiben. Deswegen ist auch angestrebt, die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts im künftigen Sparkassengesetz festzuschreiben.

In Punkt 3.3 der Vereinbarung heißt es:

„Der Träger einer Sparkasse kann nach Anhörung des Verwaltungsrates durch öffentlichrechtlichen Vertrag seine Trägerschaft auf den zuständigen Sparkassen- und Giroverband oder die Sparkassenzentralbank auf Zeit übertragen.“

Wenn jetzt von Feinschmeckern überlegt wird, ob dies ein Einstieg in die Vertikalisierung sein könnte: Es mag individuell unterschiedliche Betrachtungsweisen geben, die vielleicht zur subjektiven Freude über diese gefundene Einigung gebraucht werden. Objektiv betrachtet kann man das natürlich auch ganz anders sehen. Der Wunsch der Sparkassen, das Institut der Verbandssparkasse in das Sparkassengesetz aufzunehmen, hat im vergangen Jahr bereits dazu geführt, dass dieses Instrument Eingang in den ersten Entwurf des Sparkassengesetzes gefunden hat.

Zu diesem Instrument der Verbandssparkasse, also der – wenn erforderlich – zeitlich begrenzten Übertragung der Sparkassenfunktion einer Region auf den Verband, kommt jetzt als weitere Möglichkeit die Übertragung auf die Sparkassenzentralbank hinzu. Das ist ein Beitrag, um sicherzustellen, dass es keine weißen Flecken in der Sparkassenlandschaft gibt. Es ist nämlich nicht sichergestellt, dass nicht doch einmal irgendwo eine Sparkasse in eine solche Schieflage gerät, dass sie aufgelöst werden muss. Das haben wir hier und da ja schon erlebt. Deswegen war es den Sparkassenverbänden wichtig, Sicherungen ein

zuziehen, dass es keine weißen Flecken in der Sparkassenlandschaft gibt.

Das alles als eine Entwicklung zulasten der Sparkassen zu sehen, wie Frau Walsken das eben als Entschuldigung für den Ausstieg aus einem möglichen Kompromiss angeführt hat, halte ich schon für sehr abenteuerlich. Man muss sicherlich zur Kenntnis nehmen, wenn die Opposition bei der gemeinsamen Arbeit, diese Probleme jetzt zu lösen und auch das Sparkassengesetz auf den Weg zu bringen, nicht mitmachen will. Aber hier eine solch fadenscheinige Begründung für den Ausstieg zu präsentieren ist schon ein bisschen abenteuerlich.

Ich würde mich freuen, wenn es trotzdem noch gelänge, das gemeinsam anzupacken. Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass hier nichts zulasten der Sparkassen geregelt werden soll, sondern dass wir Lösungen finden müssen, die dem erfolgreichen Verbund aus WestLB und selbstständigen Sparkassen nützen. Ich will Sie alle herzlich einladen, gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen daran mitzuwirken. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klein. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst zwei Anmerkungen zu der Kollegin Löhrmann machen.

Erste Anmerkung. Wir haben den öffentlichrechtlichen Charakter der Landesbank damit begründet und rechtfertigen können, dass es eine Förderbank des Landes ist, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, und dass sie die Sparkassenzentralbankfunktion innehat. Wenn Sie jetzt hier, wie heute Morgen geschehen, die Forderung erheben, dass sozusagen ein Kernbestandteil einer öffentlich-rechtlichen Bank das internationale Investmentbanking sein solle, verkehrt das die ganze Geschichte.

(Beifall von der FDP)

So einen Unsinn und solch einen Ausdruck von Unkenntnis und auch fehlender Erkenntnis habe ich wirklich lange nicht gehört.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Lesen Sie das Pro- tokoll, dann verstehen Sie es!)

Herr Kollege Groth, der Spatz, der Ihnen all diese Sachen ins Öhrchen flüstert, scheint wohl eher ein Geier zu sein.

(Beifall von der FDP – Ewald Groth [GRÜ- NE]: Erst richtig zuhören!)

Ordnungspolitisch ist es nicht die Aufgabe des Staates – und damit auch nicht des Landes Nordrhein-Westfalen –, eine Bank zu halten, die privates internationales Investmentbanking betreibt. Es ist auch nicht die Obliegenheit des Steuerzahlers, für Verluste aus solchem Investmentbanking hinterher die Zeche zu zahlen. Es würde mich freuen, wenn Sie das endlich anerkennen würden und auch bereit wären, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Wir haben es nicht versaut, Frau Kollegin!)

Herr Kollege, zu dem Thema „Wir haben es nicht versaut“: Der Ministerpräsident hat schon Investmentbereiche genannt und auch auf der Zeitschiene eingeordnet. Danach wird man durchaus darüber nachdenken müssen, wer hier mit welchen Steinen um sich werfen darf.

Meine Damen und Herren, in dem Redebeitrag der Kollegin Löhrmann schimmerte aber auch in der Bemerkung – das ist meine zweite Anmerkung – „Das, was alle wollten letzten Sommer“ das Staatsverständnis „L’État c’est moi“ durch. Ich dachte, dieses Verständnis sei in einer lebendigen Demokratie überwunden. Es haben nicht alle gewollt, dass wir die WestLB einfach nach BadenWürttemberg, nach Stuttgart, geben. Wir wollten andere Bedingungen. Wir wollten für die WestLB und für den Standort Nordrhein-Westfalen etwas Besseres erreichen, als es mit einer bedingungslosen Weggabe nach Stuttgart möglich gewesen wäre.

Sie haben das immer noch nicht begriffen: Die Risiken wären auch bei einer Weggabe nach Baden-Württemberg bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Nordrhein-Westfalen verblieben. Der Ministerpräsident hat zutreffend die Altlasten dargestellt. Es bringt nicht wirklich weiter, lange darüber zu reden, ob das nun in die politische Verantwortung der einen oder der anderen gehört. Das wird man in diesem Haus naturgemäß unterschiedlich bewerten.