Sie haben das immer noch nicht begriffen: Die Risiken wären auch bei einer Weggabe nach Baden-Württemberg bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Nordrhein-Westfalen verblieben. Der Ministerpräsident hat zutreffend die Altlasten dargestellt. Es bringt nicht wirklich weiter, lange darüber zu reden, ob das nun in die politische Verantwortung der einen oder der anderen gehört. Das wird man in diesem Haus naturgemäß unterschiedlich bewerten.
Aber fest steht doch, dass wir diese alten Belastungen, diese alten Risiken, heute haben und dass wir heute damit umgehen müssen. Aus heutiger Sicht muss man das sicherlich anders bewerten, als es damals bewertet wurde. Der Kollege Klein hat gerade zu Recht auf die seinerzeiti
gen Bewertungen durch Ratingagenturen hingewiesen. Wir müssen heute feststellen, dass das Risikomanagement und die Risikostrategie bei der WestLB nicht ausreichend, nicht zufriedenstellend waren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erlaube mir an dieser Stelle noch einen Hinweis ganz allgemeiner Art: Wir müssen uns ganz sicher auch damit auseinandersetzen, wie wir im parlamentarischen Raum die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in dieser Frage vertreten können, wo uns doch die aktienrechtlichen Vorschriften oftmals in weiten Teilen eine unmittelbare Information und Kontrolle zumindest erschweren.
Ich danke deshalb der Landesregierung für die heutige öffentliche Unterrichtung über die Vereinbarung der Eigentümer zur Zukunft der WestLB.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen zur Verantwortung des Landes als Miteigentümer der WestLB, und wir begrüßen auch den gefundenen Kompromiss der Eigentümer in der Form der Eckpunkte zur Zukunftssicherung der WestLB vom 8. Februar.
Wir unterstützen die Landesregierung auch bei der Novelle des Sparkassengesetzes, in dem auch die Eckpunkte zur Zukunftssicherung der WestLB umgesetzt werden.
Wir unterstützen die Landesregierung ferner in der Absicht, die Beteiligung des Landes an der WestLB auch unter Einbeziehung des Kapitalmarktes gerade im Interesse der WestLB und im Interesse des Finanzplatzes Nordrhein-Westfalen einzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kompromiss in Form der Eckpunkte zur Zukunftssicherung der WestLB vom 8. Februar ist ein Erfolg. Wir alle wissen doch, dass es, wenn die WestLB in eine existenzbedrohende Schieflage geraten wäre, eine nationale Bankenkrise mit unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen auch für das Land NordrheinWestfalen zur Folge gehabt hätte.
Wir wissen, dass sich die WestLB über den Kapitalmarkt refinanziert und dass sie dabei auch auf gute Ratingeinstufungen angewiesen ist. Deswegen war ein schnelles und entschiedenes, aber auch besonnenes Handeln erforderlich.
Meine Damen und Herren, die Eigentümer sind auch in dieser Verabredung in einem hohen Maße ihrer großen gemeinsamen Verantwortung gerecht geworden. Die wesentlichen Bestandteile der Einigung sind die Risikoabschirmung, eine Restrukturierung der WestLB sowie der Einstieg in ein neues
Geschäftsmodell. Ich betone: Es ist eine gemeinsame Verabredung aller Eigentümer – auch der Landschaftsverbände und der Sparkassen. Deswegen finde ich es unlauter, wenn hier vonseiten der Opposition der Eindruck erweckt wird, das Interesse der Sparkassen sei mit dieser Einigung nicht gewahrt.
Meine Damen und Herren, die gefundene Einigkeit zwischen den Eigentümern muss nun mit der Umsetzung der Eckpunkte auch tatsächlich mit Leben erfüllt werden. Konsequentes Handeln im Sinne des gefundenen Kompromisses bleibt deswegen zwingend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über die Frage der erforderlichen Kapitalzuführung diskutieren – das ist meine letzte Anmerkung –: Ich finde es bedauerlich, wenn hier von der SPD gesagt wird, wir hätten eine Hand abgeschlagen. Das haben wir nicht.
Die Vorsitzende der Arbeitnehmervertretung der WestLB, Frau Ludwig, hat an alle Fraktionen in diesem Haus appelliert, eine zeitnahe Kapitalzuführung zu ermöglichen. Ich bitte die Oppositionskolleginnen und -kollegen nachdrücklich darum, dass wir diese Möglichkeit gemeinsam prüfen, um zu einer verantwortungsvollen und zügigen Lösung im Interesse der WestLB und des Finanzplatzes Nordrhein-Westfalen zu kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Remmel das Wort.
Der Ministerpräsident hat den Oppositionsfraktionen vorgeworfen, die Verantwortlichkeiten für die Subprime-Krise politisch aufzuladen und in ihrem Sinne zu instrumentalisieren. An dieser Stelle möchte ich das gerne zurückgeben und daran erinnern, wer diese Unterrichtung mit welchem Titel beantragt hat. Sie haben doch die Unterrichtung mit der Überschrift beantragt „Altlasten beseitigen“. Sie haben in der Debatte heute diese Altlasten da abgeladen, wo sie
nicht hingehören. Wenn Sie so in den Wald hineinrufen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn es ein entsprechendes Echo gibt.
Wenn man nachschaut, wo denn tatsächlich Altlasten sind, stellt man mit einem Blick auf die illustre Liste derjenigen, die seit 1995 im Aufsichtsrat oder im Verwaltungsrat der WestLB gesessen haben, fest, dass es einen sehr langen Zeitraum gab, in denen die Kolleginnen und Kollegen, die eher der CDU zuzurechnen sind – ob über den Landtag, die Sparkassenverbände oder über die anderen Anteilseigner –, in der Mehrheit waren. Dort ist von Ihrer Farbe die Geschäftspolitik bestimmt worden. Wenn es eine Altlast gibt, Herr Linssen, die hier auf der Regierungsbank sitzt, dann ist das die Altlast Finanzminister Linssen.
Seit 1995 sitzen Sie mit kurzen Unterbrechungen – Unterbrechungen gab es in den Jahren 2002 und 2003 – im Verwaltungsrat bzw. im Aufsichtsrat der WestLB. Es gehört zu Ehrlichkeit und Redlichkeit, das hier zu vermerken.
Wir sind somit bei Ihnen, Herr Linssen. Mich hat schon etwas irritiert, mit welcher Haltung Sie heute Morgen die Unterrichtung für die Landesregierung vorgenommen haben. Es war eigentlich eine Fortsetzung dessen, was Sie schon über ein Dreivierteljahr betreiben: im Wesentlichen verniedlichen und verharmlosen. Aber 760 Millionen € sind nicht harmlos und sind nicht zu verniedlichen: nicht für den Landtag, nicht für das Land, aber auch nicht für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die letztlich über Umwege – auch über die Kommunen – dafür bluten müssen. Angesichts dieses Ausmaßes des Desasters nutzt das Verharmlosen und Verniedlichen nicht.
Ich frage mich aber: Ist das nur eine Fehleinschätzung in Ihrer Haltung? Oder ist das eine bewusste Verharmlosung? Hat das sozusagen Methode? Schauen wir dazu mal in die Protokolle. Ich habe ein Protokoll aus dem August des letzten Jahres herausgesucht, wo Sie in der Sitzung auch zur Subprime-Krise befragt worden sind. Da führt der Finanzminister aus, das Engagement betrage etwa 1,25 Milliarden im Bereich Subprime, wo die WestLB engagiert sei. Das sei mit 98 % „A“ und 87 % „AA“ geratet. Der Finanzminister führt weiter aus, man wisse nicht …, die Marktentwicklung könne so oder so … Und – jetzt zitiere ich –:
„Sollten sich aktuelle Entwicklungen ergeben, die die Situation verändern, gehe ich davon aus, dass der Aufsichtsrat und der Risikoausschuss umgehend informiert werden.
Sie sollten angesichts dieser Lage und dieser Krise aber nervös sein. Sie sollten umtriebiger sein und sich für das Land und für die WestLB tatsächlich ins Geschirr begeben.
Dann sind wir bei der Frage, welches Bild die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen heute Morgen abgegeben haben.
Ich brauchte mir gar keines auszudenken, denn Sie haben es selber geliefert. Herr Stahl hat davon gesprochen, Sie wollten Gas geben zur Sicherung der öffentlich-rechtlichen Sparkassenlandschaft. Gleichzeitig hat Herr Papke aber die Handbremse gezogen. Wer sich mit dem Fahren etwas auskennt, der weiß, was dann passiert. Das ist dann ein Schleuderkurs, den Sie betreiben.
Von dieser Debatte geht auch ein schlechtes und trauriges Signal aus. Es gibt keine Einigkeit zwischen den Koalitionsfraktionen. Es gibt keine Einigkeit aufseiten der Landesregierung. Die anderen Anteilseigner haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das Land hat die Hausaufgaben offensichtlich noch nicht gemacht. Was ist das für ein Zeichen an die Landschaft, was ist das für ein Zeichen auch an die Ratingagenturen? Das müssen Sie klären.
Von Herrn Papke ist heute erklärt worden: Es gibt eine Conditio sine qua non – das hat er in das Protokoll der heutigen Debatte „geschrieben“ –, und diese Conditio sine qua non heißt Vertikalisierung.
Das hat er hier und heute erklärt, und das gilt es festzuhalten. Sie, Herr Papke, tragen damit Verunsicherung in die Landschaft und setzen den Kurs fort, den Herr Pinkwart noch einen Tag vor der nächtlichen Einigung in dramatischer Weise der Öffentlichkeit vorgeführt hat, indem er genau dasselbe gefordert hat: Vertikalisierung, Privatisierung und Anteilsübernahme durch das Land.
Es ist doch schon ein beschämendes Bild, wenn der Bundesbankpräsident und selbst Herr Sanio bemüht werden müssen, um hier in diesem Lande eine Einigung zwischen den Anteilseignern herbeizuführen. Das ist beschämend für die Landesregierung, aber auch für das Land.
Diese Hilflosigkeit setzt sich hier und heute fort. Herr Stahl, aber auch der Ministerpräsident haben Finanzminister Steinbrück nach dem Motto „Heiliger Peer, hilf uns!“ angerufen. Wer ist denn Ministerpräsident in diesem Land? Wer könnte denn aktiv werden, wenn es denn eine solche Bankenkrise gibt – und die gibt es tatsächlich –, um eine Ministerpräsidentenkonferenz einzuberufen oder möglicherweise eine Bundesratsinitiative zu ergreifen? Sie sind doch selber in der Verpflichtung zu handeln. Stattdessen rufen Sie nach dem Bundesfinanzminister. Sie müssen die Initiative ergreifen.
Heute ist der Opposition angeboten worden, doch gemeinsam eine Lösung zu finden. – Ja, wenn der Karren im Dreck ist, kommen Sie an und wollen mit uns gemeinsam etwas machen. In allen Protokollen – sowohl in denen des Haushalts- und Finanzausschusses als auch in den Plenarprotokollen – können Sie nachlesen: Seit über einem dreiviertel Jahr bieten wir Ihnen schon quasi wie Sauerbier an, gemeinsam,
wie es Tradition dieses Hauses ist, für das Vermögen des Landes einzustehen. Sie haben dieses Angebot bisher ausgeschlagen und es mit Füßen getreten.
Und es gibt bestimmte Voraussetzungen, wenn man ins Gespräch kommen will. Eine Voraussetzung ist mit Sicherheit, dass Sie endlich die Finger von der Sparkassenlandschaft in diesem Land lassen.