Und es gibt bestimmte Voraussetzungen, wenn man ins Gespräch kommen will. Eine Voraussetzung ist mit Sicherheit, dass Sie endlich die Finger von der Sparkassenlandschaft in diesem Land lassen.
Also, unterm Strich: kein Fortschritt, keine Klarheit in der Frage „Zukunft der Landesbank“. Ein wenig habe ich mich an den Film „Und ewig grüßt das Murmeltier“ erinnert gefühlt: gleiche Reflexe, gleiche Worthülsen. In Bayern läuft die Diskussion genauso. Dort wird von der Sicherung des Finanzplatzes in München gefaselt, und hier wird von der Sicherung des Finanzplatzes in Düsseldorf geredet.
Wir brauchen endlich eine Initiative zu einer gemeinschaftlichen Lösung in der Bundesrepublik, und um diese herbeizuführen steht der Ministerpräsident in der Verantwortung.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Für die Linke kann ich zunächst nur feststellen, dass die Probleme der WestLB nicht gelöst sind. Wir haben die größte Finanzkrise in NordrheinWestfalen, so lange ich mich entsinnen kann.
Herr Rüttgers, das, was man heute von Ihnen gehört hat, ist ein schlechter Witz; dabei ist Karneval schon vorbei. Wenn man sich die jüngste Vergangenheit anschaut – Nokia, WestLB –, kann man das in einem Wort zusammenfassen: abgewirtschaftet.
Das Possenspiel von SPD und CDU, das wir heute Morgen im Landtag erlebt haben, ist schon sehr beachtlich. Denn letztlich sind die beiden großen Fraktionen gemeinsam für das, was bei der WestLB passiert ist, verantwortlich. Es ist schon sehr interessant, wenn jetzt vonseiten der Marktradikalen, von der FDP, behauptet wird: Herr Steinbrück war es. Haltet den Dieb! – Im Übrigen sollte man vielleicht eines nicht ganz aus den Augen verlieren: Herr Steinbrück ist der Finanzminister der gemeinsamen Koalition von CDU und SPD in Berlin.
Wenn man sich die Rolle des Finanzministers im Land Nordrhein-Westfalen ansieht, weiß man: Auch er war, was die WestLB angeht, seit 1995 in allen wichtigen Gremien und bei allen wichtigen Entscheidungen dabei.
Von daher haben wir in Bezug auf die Finanzkrise der WestLB Nordrhein-Westfalen eine traute Zweisamkeit von SPD und CDU – zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das muss man so deutlich sagen. Denn diese Milliardensummen, die jetzt für die WestLB ausgegeben werden müssen, gehen letztlich zulasten des Landeshaushalts, gehen zulasten von Familien, Kindern und sozial Schwächeren in unserem Land. Das ist die bittere Realität, die wir mit dieser Krise erleben.
Die Nieten in Nadelstreifen bei der WestLB und der Finanzminister haben völlig versagt. Daher ist es höchste Zeit, dass der Finanzminister zurücktritt. Das habe ich schon vor zwei Wochen gefordert. Ich freue mich, dass die Grünen jetzt offensichtlich auch in diese Richtung denken.
Ich hoffe, dass nun Nägel mit Köpfen gemacht werden. Denn diese Finanzkrise ist in keiner Weise gelöst. Ich befürchte sogar, dass wir noch weitere Milliardensummen auf den Tisch bekommen werden, die aus dem Landeshaushalt auszugleichen sein werden, wenn man die WestLB erhalten will. Das ist die bittere Realität, vor der wir in Nordrhein-Westfalen stehen.
Das Ergebnis kann man zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht so zusammenfassen: Die WestLB soll einseitig auf Kosten der Beschäftigten der Sparkassen und der Kommunen saniert werden. Geplant sind Kosteneinsparungen von rund 300 Millionen €, die im Wesentlichen zulasten der Beschäftigten gehen. Denn bis zum Jahr 2010 sollen 1.300 bis 1.500 Arbeitsplätze abgebaut werden. Das heißt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WestLB werden die Leidtragenden sein.
Die geplante Ausweitung des Mittelstandsgeschäfts auf Kosten der Sparkassen und in Konkurrenz zu ihnen gefährdet eines der Kerngeschäfte der Sparkassen und ist abzulehnen. Denn auch das – so die Befürchtung – wird zulasten der Beschäftigten der Sparkassen gehen.
Von daher kann ich nur sagen: Dieses Geschäftsmodell, das sich im Moment rudimentär erkennen lässt, ist alles andere als geeignet – erstens –, die WestLB tatsächlich zu sanieren und – zweitens – eine vernünftige Lösung für die Sparkassen anzubieten.
Besonders problematisch ist die neu zu schaffende Möglichkeit der Übertragung einer Sparkasse auf die WestLB. Bekanntermaßen will die CDU/FDP-Koalition im NRW-Sparkassengesetz, das sie in Kürze vorlegen will, wie in Hessen handelbare Stammkapitalanteile, die an die Landesbank veräußert werden können, einführen. Die Übertragung einer Sparkasse an die WestLB geht sogar noch darüber hinaus.
Diese vertikale Fusion von Sparkassen und WestLB ist abzulehnen, weil die Sparkassen damit kaputt gemacht werden. Sie würden die Sparkassen zu Filialen eines Sparkassenkonzerns machen, was die Selbstständigkeit der Institute bedroht und eine Stärke der Sparkassen infrage stellt, nämlich die Präsenz vor Ort sowie die daraus resultierenden Markt- und Kundenkenntnisse
Zu dem möglichen Fusionsmodell mit der Helaba, das auf dem Tisch liegt, möchte ich aus der „Frankfurter Allgemeinen“ vom heutigen Tage, die bekanntermaßen eine konservative Zeitung ist, zitieren:
„Donnerstag in einer Woche werden die hessischen Sparkassen aller Voraussicht nach gegen eine von Rüttgers angestoßene Fusion der WestLB mit der kleinen Landesbank HessenThüringen (Helaba) votieren.“
„Und auch nach der Einigung sind das Land NRW, dem 38 Prozent der WestLB gehört, und die Sparkassen (50,2 Prozent) heillos über das künftige Geschäftsmodell zerstritten; …“
Das macht sehr deutlich, dass es hier im Moment überhaupt keine Lösung für die vorhandenen Probleme gibt. Die Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg, die Grüne und SPD gefordert haben, wäre auch keine Lösung gewesen. Auch das hätte zu den Konsequenzen geführt, die ich gerade beschrieben habe.
Von daher: Es gibt im Augenblick überhaupt keine Lösungen. Wir haben massivste Finanzprobleme mit Milliardenbelastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen.
Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der SPD der Kollege Börschel das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Sinne der Situation ist es richtig und wichtig, dass ich noch einmal das Wort ergreife, um klarzumachen, dass etliches von dem, was Sie hier vorgetragen haben, nichts mehr ist als eine peinliche Posse. Der Koalitionskrach, den wir hier immer wieder vorgeführt bekommen haben, kann selbstverständlich nicht unkommentiert bleiben.
Denn niemand anderer als der Ministerpräsident persönlich ist für die Situation und damit den Abbau von Arbeitsplätzen bei der WestLB mitverantwortlich, und das nicht nur, weil und seitdem er vor etwa einem Jahr erklärt hat, dass das Thema „WestLB“ Chefsache sei – wenn ein Ministerpräsident das Thema zur Chefsache macht, wird man sich darauf doch wohl verlassen dürfen –, son
dern im Umkehrschluss auch angesichts des wiederholten Versuchs, dem damaligen Ministerpräsidenten Steinbrück nachzuweisen, dass er Verantwortung für die WestLB getragen habe.
Selbstverständlich hatte er die! Dass er die trägt, ist doch für einen Ministerpräsidenten völlig unbestritten. Wer aber mit dem Finger auf Herrn Steinbrück als ehemaligen Ministerpräsidenten zeigt, muss seit der Regierungsübernahme 2005 zwangsläufig auch auf den heutigen Ministerpräsidenten, Herrn Rüttgers, zeigen. Das ist doch nur völlig logisch und richtig.
Es ist verschiedentlich schon angeklungen: Ausschließlich aus persönlicher Motivation heraus – weil ihn Oettinger und seine baden-württembergischen Kolleginnen und Kollegen der CDU auf dem Bundesparteitag nicht zum stellvertretenden Bundesparteivorsitzenden gewählt haben – hat Jürgen Rüttgers eine Fusion und Zusammenarbeit mit der LBBW verhindert.
Dieses schäbige Motiv ist Grundlage für Regierungshandeln in Nordrhein-Westfalen gewesen. Das ist alles andere als sachorientiert und vernünftig.
Stattdessen hat er dann zum Besten gegeben, lieber auf Augenhöhe mit der Helaba verhandeln zu wollen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Augenhöhe“ ist aber kein Geschäftsmodell. Es verwundert überhaupt nicht – darf man den Zeitungsberichten und denjenigen glauben, die in Hessen u. a. auch in Gremien der Helaba Verantwortung tragen –, dass dort überhaupt kein gesteigertes Interesse mehr daran besteht, mit der WestLB zu einer Zusammenarbeit zu kommen. Die Gründe sind exakt die, die interessierte Kreise der Landesregierung und die FDP jetzt in den Konsens mit den Sparkassen hineinverhandelt haben, nämlich das ausdrückliche Bekenntnis und Offenhalten zur Vertikalisierung sowie die Möglichkeit der Privatisierung von Anteilen. Das ist genau das, was diese Regierung und die FDP den Sparkassen als scheinbaren Kompromiss aufoktroyiert haben und was sie jetzt bei den Gesprächen mit der Helaba einholen wird. Das zeigt doch, wie verrückt Sie die Gespräche führen!
Statt sich endlich auf eigene Aufgaben und die eigene Verantwortung zu besinnen, schimpfen Sie auf Bundesfinanzminister Steinbrück, verlangen von ihm eine aktive Rolle bei der Neuordnung des
Landesbankensektors; eine Neuordnung, die zwar passieren und funktionieren muss, bei der aber die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zunächst einmal ihre Rolle spielen sollte.
Sie – gerade auch Sie ganz persönlich, Herr Finanzminister Dr. Linssen – sollten den Ministerpräsidenten darin unterstützen, auf europäischer Ebene eine Klärung in der Frage herbeizuführen, wie wir mit Ratingagenturen umgehen.
Ganz oft und viel ist hier in den Debatten darüber gesprochen worden, dass das Eckpunktepapier der Eigentümer von der Einschätzung der Ratingagenturen bestimmt worden sei, dass alle praktisch wie das Kaninchen auf die Schlange starren und abwarten, was die Ratingagenturen mit uns machen: Wenn sie die WestLB herunterraten, gibt es ein ganz ernsthaftes Problem.
Diese Analyse ist durchaus richtig; aber nicht zuletzt die Subprime-Krise hat doch gezeigt, wohin es führen kann, wenn man den Ratingagenturen in blindem Gehorsam wie die Lemminge folgt und einfach nur das tut, was sie sagen. Halten wir uns doch bitte vor Augen: Allen Subprime-Papieren ist von den Ratingagenturen beste Bonität bescheinigt worden. Das zeigt, dass ein einfaches Schauen auf diese Instrumentarien, die die Ratingagenturen vorgeben, uns alle miteinander ins Verderben führen kann.
Den gleichen Fehler zu wiederholen und einfach wieder nur blind das zu machen, was die Ratingagenturen fordern, dokumentiert doch, dass kein wirklicher Sachverstand und keine wirkliche Problemlösungskompetenz sowie Zielrichtung dahinterstecken, sondern man damit anders umgehen sollte.
Deswegen fordert die SPD dazu auf, die Bundesregierung und insbesondere den Bundesfinanzminister endlich dabei zu unterstützen, europäische Regelungen herbeizuführen, die in der Gründung einer europäischen Ratingagentur münden könnten. Darauf darf man sich zwar nicht festlegen, es sollte aber zumindest ein Denkmodell sein. Denn die Vormachtstellung der Ratingagenturen und die kritiklose Gefolgschaft den Ratingagenturen gegenüber muss endlich beendet werden.
Jetzt sagen Sie außerdem – da hat nicht nur die Koalition, sondern auch die CDU Uneinigkeit gezeigt –, ein neues Geschäftsmodell für die WestLB sei endlich vorhanden. Der Ministerpräsident verkündet in der Tat: Es gibt ein neues Geschäftsmodell. Der Finanzminister macht das et
was vorsichtiger, indem er ausdrücklich und wiederholt nur von einer „Optimierung des Geschäftsmodells“ spricht; wobei ich ihn darauf hinweisen möchte, dass man, wenn kein Geschäftsmodell da ist, es auch nicht optimieren kann. Das ist doch gerade die Problematik. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Stahl, spricht seinerseits nur ganz vorsichtig davon, dass die Voraussetzungen geschaffen worden seien, um endlich ein Geschäftsmodell für die WestLB zu haben.
Ich bitte Sie herzlich darum, sich endlich untereinander zu einigen, was es mit dem Geschäftsmodell auf sich hat. Haben wir eines, haben wir keines, ist es besser geworden, trägt es auf Dauer, oder muss etwas anderes kommen?
Unumstritten ist aber – da beißt die Maus keinen Faden ab –: Das Geschäftsmodell, über das derzeit auf Grundlage des Eckpunktepapiers der Eigentümer zumindest diskutiert wird, ist nichts anderes als eine Übernahme – man könnte es auch unfreundlich als einen „Klau“ bezeichnen – des Geschäftsmodells der Sparkassen in NordrheinWestfalen.
Die sind nämlich Marktführer in dem Segment „Bearbeitung des Mittelstandsgeschäfts“. Durch die Öffnung des Mittelstandsgeschäfts ab einem Umsatzvolumen von 50 Millionen € und die Zwangsverbundquote von mehr als 90 % sorgen Sie dafür, dass zukünftig die WestLB das Geschäft machen kann, was bislang die Sparkassen bearbeiteten. Da ist es doch ein frommer Wunsch, zu glauben: Lasst nur zwei zusammen dasselbe tun, dann wird der Kuchen größer und beide können sich schöne große Stücke davon abschneiden. Umgekehrt liegt doch die Wahrheit auf der Hand: Wenn derselbe Markt plötzlich von zweien beackert wird, dann müssen beide miteinander teilen und jeder bekommt ein kleineres Stück. Das bedeutet, dass Sie der WestLB geben, was Sie gleichzeitig den Sparkassen nehmen. Das ist ein Raubzug, und zwar durch die Geschäfte der Sparkassen.