Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das, worüber sich die Oppositionsfraktionen ausjammern, ist in den neuen Bundesländern seit Jahren gang und gäbe.

(Zuruf von Sören Link [SPD])

Dort hört man kein Wort. Das wahre Chaos produzieren Sie.

(Sören Link [SPD]: Sie sind eine Gefahr für die Schule in Nordrhein-Westfalen, Frau Pieper-von Heiden! – Weitere Zurufe)

Sie sagen mit Ihren Positionen mal hü und mal hott. Sie ändern Ihre Meinung nahezu jeden Tag und widersprechen sich permanent.

(Hannelore Kraft [SPD]: Wir haben eine klare Linie, Sie nicht! Sie fahren ins Chaos!)

Ich werde Ihnen dieses ständige Hin und Her kurz anhand einiger Aussagen vor Augen führen, zum Beispiel anhand der Presseerklärung von Ute Schäfer vom 11. Februar 2008. Vorwurf an die Landesregierung:

„Weder wurde … der Ganztag an Gymnasien ermöglicht, noch wurden die Lehrpläne vernünftig entschlackt.“

Das war Ihre Forderung auch heute wieder. – Am 29. Februar sprach sich Herr Große Brömer gegen die Verschlankung von Lehrplänen aus:

„Die Pläne der Landesregierung für ein BilligAbitur sind ein verheerendes Signal für die Qualität der Bildung in Nordrhein-Westfalen“.

(Hannelore Kraft [SPD]: Sie verstehen ja nicht einmal den Unterschied zwischen verschlanken und entschlacken!)

Am 5. März sagte die SPD-Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Ulla Burchardt:

„Die Kultusminister müssen sehen, wie man zu einer Entschlackung der Lehrpläne kommen kann.“

(Hannelore Kraft [SPD]: Das sind zwei ver- schiedene Paar Schuhe!)

Am 6. März findet sich über Ute Schäfer in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“:

„Weniger ist mehr – so einfach will die ehemalige Schulministerin Ute Schäfer (SPD) die Streichung von Lerninhalten nicht akzeptieren.“

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn hier irgendwo Chaos herrscht, dann bei der inhaltsbezogenen Meinungsbildung innerhalb der SPD und bei Ute Schäfer.

(Beifall von FDP und CDU)

Aber die Sorgen der Schüler, der Lehrkräfte und der Eltern sind einfach zu wichtig, als dass man sie für reines Taktieren und opportunistisches Opponieren nutzen sollte.

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Es ist für die FDP selbstverständlich, dass mit der Verschlankung der Lehrpläne keine Absenkung des Abiturwissens einhergehen darf.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Siehe Französisch!)

Unser Ziel ist es, die Qualität der Bildung und damit das Wissen der Schüler, die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zu steigern. Jedoch muss sich jeder Einzelne einer Tatsache bewusst sein: Die Halbwertszeit des Wissens hat sich in einer sich immer schneller verändernden Welt deutlich verkürzt; in den Naturwissenschaften liegt sie zum Teil unter fünf Jahren. Daher ist es wichtig, dass die Lehrpläne so gestaltet sind, dass ver

tieftes Grundlagenwissen und solide Kenntnisse vermittelt werden. Hierzu zählt jedoch auch, dass der praktischen Erprobung des Erlernten ein weiter gefasster Raum gegeben werden muss.

In einer Welt, in der sich das Wissen und die Anforderungen in einem zeitraffergleichen Tempo verändern, ist es von zentraler Bedeutung, dass den Schülern frühzeitig auch die Motivation zum eigenständigen Lernen und die Methoden des eigenständigen Lernens vermittelt werden. Ohne diese Fähigkeiten werden sie künftig nicht bestehen können.

Das lebenslange Lernen, die kontinuierliche Weiterbildung, wird eines der zentralen Elemente des zukünftigen Arbeitslebens darstellen. Hierauf müssen wir unsere Schüler vorbereiten.

Meine Damen und Herren, ohne Frage bedarf es bei der Umstellung auf den achtjährigen Bildungsgang aus Sicht der FDP noch weiterer Verbesserungen. Wir nehmen die Sorgen der Eltern, Schüler und Lehrkräfte tatsächlich ernst. Jedoch sollte die Wochenstundenzahl über die acht Jahre hinweg nicht unter 265 Stunden sinken. Sie sind als Unterrichtsgrundlage wichtig und notwendig.

Entscheidend ist es, wie die Stunden genutzt werden. Wenn alle mit dem Willen zur bestmöglichen Stundenplangestaltung zusammenarbeiten,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Der Schwarze Peter geht wieder an die Schulen! Das ist ja inte- ressant!)

wenn dabei die Möglichkeiten vor Ort richtig genutzt und die Kernstunden in den Vormittag gelegt werden, können die Schüler deutlich entlastet werden und auch die bestmögliche individuelle Förderung erhalten.

Für uns ist es von zentraler Bedeutung, dass neben einer gelungenen Durchforstung der Lehrpläne die Umstellung tatsächlich zur Verbesserung der individuellen Förderung genutzt wird. Daher fordern wir Liberalen auch,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Liberal? Das war einmal!)

dass die Ergänzungsstunden, wo immer es geht, komplett der individuellen Förderung zugute kommen. In diesen Stunden kann Stoff vertieft, können die Schwächen der Schüler behoben und die Stärken der Schüler gestärkt werden. In diesen Stunden können Hausaufgabenhilfen erteilt, Fragen aus den Kernstunden beantwortet und Verständnisprobleme aufgearbeitet werden. Hiervon profitieren die Schüler in hohem Maße.

(Zurufe von Hannelore Kraft [SPD] und Sig- rid Beer [GRÜNE])

Die individuelle Förderung und auch die Profilbildung der einzelnen Schule wird Realität.

Die FDP hält es jedoch auch für wichtig, dass an Schultagen, an denen die Schüler Nachmittagsunterricht haben, selbstverständlich keine Hausaufgaben für den nächsten Tag erteilt werden. Auch muss an solchen Tagen dem menschlichen Rhythmus entsprechend den Schülern durch eine verlängerte Mittagspause die Möglichkeit zur Entspannung gegeben werden. Daher halten wir auch die Absprachen, die das Ministerium mit den verschiedenen Verbänden getroffen hat, für absolut sinnvoll und unterstützen sie nachdrücklich. Ebenso halten wir einen verstärkten Ausbau der Ganztagsangebote an Gymnasien und Realschulen, an denen das gewünscht wird, für sinnvoll und geboten.

(Zuruf von der SPD: Dann machen Sie es doch! – Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Wir setzen uns engagiert dafür ein und ziehen mit der Schulministerin an einem Strang.

Jedoch möchte ich in diesem Zusammenhang auch einmal darauf hinweisen, dass heute bereits 47 % aller Gymnasien in Nordrhein-Westfalen über ein Bistro oder eine Kantine verfügen. Alle Gymnasien, die das beantragt haben, haben Nachmittagsgruppen nach dem Programm „13 plus“ einrichten können. Diese Art der Betreuung über Mittag hat die Landesregierung allein in diesem Jahr um weit mehr als 300 Gruppen ausgeweitet. Das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. Wir haben entgegen SPD und Grünen den Ganztag an Hauptschulen massiv ausgebaut.

(Sören Link [SPD]: Was hat das denn ge- bracht? – Zurufe von Sigrid Beer [GRÜNE] und Hannelore Kraft [SPD])

Sie haben sich doch überhaupt keine weiterführenden Schulen vorgenommen. Sie haben sich bei Ihrem Ganztagsprogramm lediglich auf die Grundschule konzentriert, und das noch nicht einmal ordentlich. Es hat zwar Investitionszulagen für die Kommunen gegeben, aber am Nachmittag gab es tatsächlich quasi eine Schule ohne Lehrer. Wir, FDP und CDU, haben die Lehrerstellenanteile für die Ganztagsschule in den Grundschulen verdoppelt. Wir haben Lehrer in die Schulen hineingebracht.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Zur Erinnerung: Beim engagierten Ausbau der Ganztagshauptschulen haben wir einen Lehrerstellenzuschlag von 30 % gegeben. Nun haben wir als erste Maßnahme das Programm „13 plus“ an Gymnasien und anderen weiterführenden Schulen erheblich ausgeweitet. Wir denken nicht leise im stillen Kämmerlein, sondern, um zu verdeutlichen, dass es uns ernst ist, laut über den vollen Ganztag nach, wo immer er an weiterführenden Schulen, also auch an Realschulen und an Gymnasien, notwendig ist und gewünscht wird.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Und da wagen Sie es noch zu meckern,

(Sören Link [SPD]: Schauen Sie mal in Ihren eigenen Haushalt! Da steht nichts über den Ganztag!)

wo wir tatsächlich alle Anstrengungen unternehmen!? Nie habe ich eine so engagierte Vorgehensweise in diesem Land gesehen.

(Zurufe von der SPD)

Dabei habe ich schon ein gewisses Alter, um die Entwicklung verfolgen zu können. Noch nie ist eine Regierung so beherzt darangegangen, den Ganztag an den weiterführenden Schulen auszubauen, wie FDP und CDU. Und verlassen Sie sich darauf: Es wird weitergehen!

(Lebhafter Beifall von FDP und CDU – Wi- derspruch von der SPD)