Es war immer gemeinsame Überzeugung hier im Parlament Nordrhein-Westfalen: Es darf keine Zusammenarbeit mit Verfassungsfeinden geben,
weder von der rechten noch von der linken Seite. Dieser Grundkonsens, der die demokratische politische Kultur in Nordrhein-Westfalen über Jahrzehnte ganz wesentlich ausgemacht hat, der wird von Ihnen, Frau Kollegin Kraft, nun infrage gestellt. Das ist nicht in Ordnung.
Wenn Sie sich dann herausreden wollen, indem Sie sagen, die sogenannte Linke sei ja ein Phantom, das noch gar nicht erkennbar sei,
dann ist das doch eine Ausrede wider besseres Wissen. Sechs der acht festen Mitglieder im Vorstand der NRW-Linken kommen aus der DKP oder dem Kommunistischen Bund Westdeutschland.
Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ zitiert den Verfassungsschutz, das sei der Grund, weshalb der gesamte Landesverband NRW der Partei Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei. So das Innenministerium und der Verfassungsschutz. In der Partei bestünden eindeutig extremistische Gliederungen,
Mit solchen Leuten, mit den Sagels dieses Landes, wollen Sie an die Macht kommen, wollen Sie in die Regierungsverantwortung kommen, Frau Kollegin Kraft?
(Ralf Jäger [SPD]: Sie appellieren nicht! Sie sind nervös! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie appellieren nicht! Sie hetzen! – Weitere Zu- rufe von der SPD)
Kehren Sie um! Sie sind auf einem Irrweg! Sie sind dabei, die Sozialdemokraten in eine politische Sackgasse zu führen und den Konsens der demokratischen Parteien, auf dem die positive Entwicklung unseres Landes Nordrhein-Westfalen seit Jahrzehnten beruht, infrage zu stellen. Was, meine sehr verehrten Damen und Herren, würde Johannes Rau, würde der große Johannes Rau zu einer solchen Orientierung seiner Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen sagen?
(Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Der wird froh sein, dass Sie ihm erspart geblieben sind!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Thema Gau, Herr Kollege Stahl, fällt mir vieles ein, unter anderem eine Rede wie diese zu diesem Thema. Auch das ist ein politischer Gau für dieses Land, Herr Kollege Stahl.
Herr Stahl, wir sollten uns erst einmal bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie uns die Gelegenheit geben, hier noch einmal unsere Position zu verdeutlichen.
Wir lassen uns von Ihnen aber nicht diktieren, wann und wo wir Fragen beantworten und diskutieren, die Sie rhetorisch stellen. Wir werden unsere Position markieren, wie wir es überall tun.
Der erste Punkt zum Mitschreiben: Wir wollen und werden die stärkste Fraktion im nächsten Landtag sein.
(Beifall von der SPD – Lachen von CDU und FDP – Ralf Witzel [FDP]: Höchstens aufsei- ten der Opposition!)
Zweite Bemerkung: Wir wollen und werden die Linkspartei aus dem nordrhein-westfälischen Landtag heraushalten. Herr Sagel dreht eine Runde, aber keine zweite.
Wir wollen und werden nicht die Zusammenarbeit suchen, sondern die inhaltliche Auseinandersetzung. Das hätte ich eigentlich auch von Ihnen, Herr Stahl, und von Ihnen, Herr Papke, erwartet. Sie beide haben an diesem Punkt versagt.
(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann müsste Herr Papke sich einmal inhaltlich äußern!)
Was ist das eigentlich Spannende? – Das Spannende steht beispielsweise in der „Rheinischen Post“. Dort steht: CDU verliert massiv Wählerinnen und Wähler. Warum? – Weil Ihnen als Partei sowohl der kulturelle Überbau als auch der geistige Unterbau fehlt. Das ist ein Problem.
Wenn wir uns die Wahlanalysen ansehen, dann – das können Sie uns glauben – macht uns betroffen, dass zwei Drittel der Linkswähler im Grunde unsere Leute sind. Aber ein Drittel sind Ihre. Warum ist das so? –
Das ist so – inhaltlich auseinandergesetzt –, weil die Menschen, die uns vertraut haben, statt Aufstiegschancen zu sehen immer mehr Abstiegsängste haben. Das ist unser Problem. Darauf haben wir Antworten gegeben.
Bei Ihnen sieht die Welt nicht ganz anders aus. Bei Ihnen ist zumindest im CDA-Bereich längst erkannt, dass das Gleichnis „Wenn es den Unternehmen gut geht, geht es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gut“ auch nicht mehr gültig ist. Deshalb hauen die bei Ihnen ab und gehen zur Linkspartei.
nicht dieses Gequake vom Linksrutsch, sondern sie empfinden etwas ganz anderes, nämlich einen gesellschaftlichen, einen sozialen und ökonomischen Rechtsruck weg von der sozialen Marktwirtschaft hin zur radikalen Marktwirtschaft. Diesen Ruck gehen viele Menschen nicht mit.
Deshalb sagen wir – so interessant die Auseinandersetzung mit Ihnen und Ihnen ist –: Unser eigentlicher politischer Gegner in NordrheinWestfalen sind Sie überhaupt gar nicht. Sie haben auch bei der letzten Landtagswahl, absolut gerechnet, keinen Wähler dazu gewonnen.
Das Problem für uns war ein anderes. Wir haben die dritte Volkspartei in Nordrhein-Westfalen im Grunde nicht in den Griff bekommen.
Und diese dritte Volkspartei ist die „Sofa-Partei“ derjenigen, die immer bewusster nicht zur Wahl gehen, weil sie frustriert und enttäuscht sind, und zwar sowohl von Ihnen als auch von uns, Herr Kollege Stahl.
Wir haben eine sehr ernsthafte Antwort darauf zu geben versucht. Ich will daran erinnern: Wir als Sozialdemokraten haben zehn Wahlauseinandersetzungen in ganz Deutschland verloren. Es waren zehn Stück hintereinander weg.
Wir haben dann gesagt: Unsere programmatische Erneuerung fußt im Grunde auf zwei großen Botschaften: Neben der Demokratisierung und der Globalisierung wollen wir erreichen – das haben wir im Hamburger Programm formuliert –, dass der vorsorgende Sozialstaat Wirklichkeit wird. Das heißt, dass Bildung eben nicht mehr Privileg bleibt und im Feudalismus des 19. Jahrhunderts hängen bleibt, wie Sie es immer noch wollen.
Das Zweite ist, dass Sozialstaat Armut bekämpfen muss. Und auch da sind Sie auf dem Holzweg. Denn wir sagen: Es muss des Staates sein, was des Staates ist, aber es muss des Arbeitgebers sein, was des Arbeitgebers ist. Und deshalb brauchen wir im Zweifel staatliche Mindestlöhne und keine Staatssubventionen in die Löhne über Kombilöhne, wie Sie es fordern.