Protokoll der Sitzung vom 14.05.2008

(Zuruf von Helmut Stahl [CDU])

Ich höre immer – das wird so sein –, wenn wir die Vollauktionierung ohne Benchmarks machen, wird der Anteil des Gases zunehmen müssen mit all den Ergebnissen, die Sie in der gemeinsamen Entschließung beklagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich hätte mich übrigens sehr gefreut, wenn Sie dargestellt hätten, auf welchen Kraftwerkmix nach Primärenergieträgern sich Grüne und Rote verständigt hätten. Da bleiben Sie etwas undeutlich.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, unsere Energie- und Klimaschutzstrategie für Nordrhein-Westfalen hat ein ambitioniertes Ziel. Das bestreite ich nicht.

Wir leisten in Nordrhein-Westfalen erstens einen wesentlichen Beitrag, damit die von der Bundesregierung verabschiedeten Beschlüsse bei uns umgesetzt werden. Wir sind überproportional im Bereich der Kraftwerkserneuerung beteiligt. Das stimmt.

Wir ersetzen wir übrigens weitgehend Braun- und Steinkohlekraftwerke. Dabei gehen wir davon aus, dass insgesamt 21 Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von zusammen 17.000 MW durch neue Kraftwerke ersetzt werden. Das ist ein Anteil von rund 50 % der installierten Kraftwerksleistung. Wenn jemand behauptet, da bliebe für neuere technische Entwicklungen auf absehbare Zeit kein Platz mehr – das ist doch Unsinn!

Zusätzliche mögliche Einsparungen sind zum Beispiel zu erreichen, wenn wir darüber hinaus noch die Vortrocknung der Braunkohle einbeziehen. Auch das ist ein Aspekt, den wir bisher bei unserer Schätzung noch gar nicht berücksichtigt haben.

Darüber hinaus nehmen wir uns landesspezifische Maßnahmen vor. Das muss ich vielleicht nicht alles nochmals vortragen.

Eines ist auch wahr: Lassen Sie uns doch bei einzelnen Maßnahmen, die Sie im nächsten Antrag beim nächsten Tagesordnungspunkt ziemlich unsortiert ohne jede Quantifizierung, ohne jede Spezifizierung zusammengetragen haben, einmal prüfen, in welchen Punkten wir längst übereinstimmen. Die Debatte, die hier stattfindet, ist doch eine Scheindebatte. Wir müssen doch über Sachverhalte reden, die unserem Land, den Menschen, der Wirtschaft und dem Klima nutzen.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt – ich wäre froh, wenn das gemeinsame Überzeugung wäre –: Wirtschaftswachstum und Klimaschutz schließen sich nicht aus. Aber wir haben uns auch um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, die Versorgungssicherheit und die Nachhaltigkeit zu kümmern. Wir sind sicher, wir sind mit unserem Konzept auf einem guten Weg. Weitere Anregungen nehmen wir gerne an.

Wir sind auch in der Technologie offen. Wir bilden uns nicht ein, wir wüssten genau, wie die Energiewirtschaft 2020, 2030 oder 2040 aussieht. Wer sich das einbildet, verspielt die Zukunft. Diese Of

fenheit brauchen wir. Außerdem werden wir uns über einen Energie- und Klimarat als beratendes Gremium weiterhin beraten lassen.

Herr Römer, wenn Sie Kontakte haben, die wir nicht haben sollten, wäre ich für Hinweise dankbar. Ihren Ausführungen konnte man nicht entnehmen, dass Sie die Sachverhalte kennen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin Thoben. – Für die SPD spricht nun Herr Kollege Stinka.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit meiner Rede beginne, komme ich zu den Ausführungen von Herrn Brockes über Irrlichter in der Entwicklungspolitik und in irgendwelchen Strukturdebatten und zur Kernenergie für Schwellenländer. Das hat mir noch einmal deutlich gemacht, dass Sie, gerade wenn es darum geht, Exporte in Nordrhein-Westfalen zu generieren und unser Land groß zu machen, überhaupt keine Ahnung und keine Vorstellung haben, wie man Energiepolitik zukunftsorientiert gerade in diese Schwellenländer tragen kann.

(Dietmar Brockes [FDP]: Blödsinn!)

Natürlich kann NRW die Welt nicht retten, aber ich hätte mir von der FDP, einer Partei, die sich früher Wirtschaftspartei genannt hat, doch etwas mehr Selbstbewusstsein gewünscht, dass unser starkes Land, das wir immer als Energieland Nummer eins bezeichnen, einen Beitrag dazu leisten kann, diese Welt vor dem Klimawandel zu retten, Herr Brockes.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ihre Ausführungen zeigen, dass ich genau den Punkt getroffen habe.

In einer modernen Klimaschutz- und Energiekonzeptpolitik – ich betone für die SPD: moderne Klimaschutzpolitik, weil für uns die Akzeptanz der Bevölkerung wichtig ist, und Kernenergie hat keine Akzeptanz, Herr Brockes – sind die erneuerbaren Energien mit einer zentralen Rolle zu versehen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Sie müssen mal Ih- re Scheuklappen ablegen!)

Hier muss allerdings ganz klar vor Ort hingesehen werden, welche Potenziale bestehen, welche Stärken es zu nutzen gilt und welche ökologischen Risiken in diesen Bereichen der regenerativen Energien liegen.

Auch im Bereich der erneuerbaren Energien gilt der von Norbert Römer genannte Dreiklang. Sie können es nicht besser, Sie dürfen es nicht besser, und Sie wollen es nicht besser, Herr Brockes. Sie können es nicht. In der sogenannten Klimaschutzstrategie findet man eine einfache Dreisatzrechnung, mit der das Potenzial der erneuerbaren Energien abgeschätzt werden soll. Eine Potenzialanalyse, von der Frau Thoben gerade geistreich gesprochen hat, sucht man vergeblich.

Genau solche Potenzialanalysen sind aber wichtig und sind Regierungshandeln, meine Damen und Herren. An ihnen hätte man konkret arbeiten müssen, um folgende Fragen zu beantworten:

Erstens zum Bereich der Biomasse: Wie groß ist das Potenzial der Biomasse, und welche Fördersysteme werden benötigt, a) um Haushaltsmittel nicht zu verbrennen und b) Menschen langfristig mit kostengünstigen Rohstoffen zu versorgen? Ein lapidares „Es kann gesteigert werden“ auf Seite 35 Ihres Konzepts reicht nicht. Der Blick nach Baden-Württemberg würde Sie eines Besseren belehren.

Zweitens. Welches Potenzial besteht bei der Wasserkraft? Es hilft auch nicht, wenn Sie in die „Meseberger Beschlüsse“ hineinschauen, meine Damen und Herren. Man muss sich die Gewässer gerade in unserem Bundesland genau ansehen und Potenziale sehr deutlich ermitteln.

Drittens. Wie groß ist das Potenzial bei Windkraft? Wir sehr wird es durch Höhengrenzen und durch Abstandsregelungen willkürlich beschnitten?

Das wäre die Arbeit gewesen, die gutes Regierungshandwerk ausgemacht hätte. Sie können es aber nicht. Am Beispiel Windkraft wird klar: Sie wollen auch nicht, und das bisschen, was Sie wollen, dürfen Sie nicht.

Ich erinnere an die Ausgangslage. Im Jahr 2006 waren in Nordrhein-Westfalen ca. 2.500 Windräder mit einer Nettoleistung von 2.400 MW installiert. Nach einem starken Zubau von 2001 bis 2004 sind die Zubauten nun zurückgegangen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Wir haben im Jahr 2007 nur eine einzige Anlage repowert. NRW fällt, was den Ausbau von Windrädern angeht, im Ländervergleich unter allen Ländern massiv zurück. In der sogenannten Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung wird auf Seite 9 klar gesagt, dass die Höhenbegrenzung, die durch den Windkrafterlass eingeführt wurde, nicht verändert werden darf.

Hier hat die FDP, Herr Brockes, Verbesserungen verhindert. Zunehmend setzt sich jedoch in der CDU – Herr Lienenkämper hat sich dazu schon in der Presse geäußert – die Erkenntnis durch, dass Wind unter den erneuerbaren Energien die größte Rolle in Nordrhein-Westfalen spielt. Wenn künftig Windräder höher gebaut werden dürfen, sind weniger Anlagen notwendig, und die Bürger, die auch uns sehr wohl am Herzen liegen, werden weniger belästigt. Gleichzeitig steigt die Effizienz der Anlagen, von der hier häufig gesprochen wird. Offensichtlich hat die FDP aus ideologischen Gründen lieber einen Castortransport als einen vernünftigen Windkrafterlass.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Damit ist aber auch klar: Die Milchmädchenrechnung von Frau Thoben für den Ausbau erneuerbarer Energien geht schon bei der Biomasse und bei der Wasserkraft nicht auf, weil für NordrheinWestfalen die Potenziale konkret ermittelt werden müssen, die auch für die Wirtschaft Planungssicherheit schaffen sollen. Bei der Windkraft würde selbst die Ermittlung dieser Potenziale nicht helfen.

Die schwarz-gelbe Landesregierung verhindert ideologisch motiviert, dass die vorhandenen Potenziale genutzt werden. Mit dem Antrag, den wir heute noch diskutieren werden, nehmen wir Herrn Lienenkämper und Herrn Uhlenberg beim Wort. Gemeinsam können wir die Windenergie nach vorne bringen und gleichzeitig den berechtigten Schutzansprüchen der Anwohner gerecht werden.

Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, allein die Verleihung eines Innovationspreises auf Ihrem Zukunftskongress in Düsseldorf an Frank Asbeck, der sich unter anderem mit individuellen Windkraftlösungen beschäftigt, reicht nicht, um ein ambitioniertes Energie- und Klimaschutzziel zu haben. Hier ist wieder viel Showeffekt geleistet worden, was den Menschen im Lande nicht gerecht wird.

(Beifall von Svenja Schulze [SPD])

Wenn Sie die Nagelprobe bestehen wollen, um hier im Land eine moderne Energie- und Klimaschutzpolitik zu etablieren, muss mehr kommen, dann müssen Potenziale erfasst werden. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Stinka. – Für die CDU-Fraktion spricht Kollege Kemper.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es reizt mich, noch kurz auf zwei Vorredner einzugehen. Während Herr Priggen zumindest noch eine eigene Konzeption hat, die sich natürlich von der der CDU unterscheidet, nimmt Herr Römer eigentlich nur Zuflucht bei Zeitungszitaten – und nicht mal von der eigenen Fraktion. Das ist für mich doch ein bisschen konzeptionslos.

(Lachen von Svenja Schulze [SPD])

So kann man der Klimaschutzdebatte nicht begegnen.

Die Energie- und Klimaschutzstrategie der Regierungsfraktionen und der Ministerin Thoben stellt eine ehrgeizige, aber durchaus realistische Zielsetzung dar, um die energie- und klimapolitischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Im Energiepapier der CDU steht: Die CDU-Fraktion unterstützt insbesondere die Zielsetzung eines Energiemixes – das ist die Realität –, der breit gefächert ist und die Energieversorgung so einerseits auf eine sichere, wirtschaftlich-politisch kalkulierbare Grundlage stellt und andererseits gleichzeitig die klimapolitischen Ziele verfolgt.

Das ist der wesentliche Grund. NRW muss natürlich seinen Anteil zur Erreichung der international vereinbarten Klimaschutzziele erbringen. Die Landesregierung legt dazu jetzt einen integrierten Ansatz vor, der ein breites Spektrum an Maßnahmen enthält. Die Energie- und Klimaschutzstrategie besteht aus mehreren Elementen. Ich nenne einige, zunächst die wichtigsten:

Die Reduzierung des Energieverbrauchs hilft allen Energiearten.

Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien bringt uns weg von den fossilen Energien – ein wenig.