Protokoll der Sitzung vom 14.05.2008

Die Umstände der Einsetzung des ersten Hochschulrats in Paderborn zeigten auch exemplarisch, dass es sich um Fremdsteuerung handelt. Wir erinnern uns: Damals sollte gegen den Willen der Hochschule eine bekannte Publizistin in den Hochschulrat gedrückt werden, die in Paderborn in unguter Erinnerung geblieben war.

An einer Hochschule in NRW geschah aber nun paradoxerweise jüngst Folgendes: Der dortige Hochschulrat übertrug seine Dienstherreneigenschaft auf den Rektor und den Kanzler der Hochschule. Diese sind nun wirklich absolut autonom.

Kann ein Hochschulrat seine Dienstherreneigenschaft auf Nicht-Mitglieder des Hochschulrats übertragen?

Hier bitte ich Herrn Minister Prof. Dr. Pinkwart um Beantwortung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schultheis, eigentlich sollte man diese Anfrage mit einem einzigen Wort beantworten: Nein. Ein Hochschulrat kann seine Dienstherreneigenschaft nicht auf Nichtmitglieder

des Hochschulrats übertragen. Das kann er schon allein deshalb nicht, weil der Hochschulrat gar keine Dienstherreneigenschaft hat.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Ich möchte trotzdem einige klärende Worte anfügen, weil jeder der drei Absätze der Anfrage um eine falsche Behauptung herum aufgebaut ist und diese ärgerliche Melange aus Polemik und Fehlern so nicht stehen bleiben sollte, wie ich meine. Gestatten Sie mir daher zunächst drei Hinweise zur sachlichen Richtigstellung.

Im ersten Absatz wird behauptet, mit dem Hochschulfreiheitsgesetz werde die Dienstherreneigenschaft auf ein neues Gremium, nämlich den Hochschulrat, übertragen. – Das ist falsch. Ich hatte es eben bereits angesprochen.

Richtig ist: Der Hochschulrat als Organ der verselbstständigten Hochschulen Nordrhein-Westfalens hat keine Dienstherreneigenschaft. Die Dienstherrenfähigkeit ist das Recht, eigene Beamte zu haben, und steht ausschließlich juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu. Den verselbstständigten Hochschulen, nicht aber ihren Hochschulräten ist diese Eigenschaft durch das Hochschulfreiheitsgesetz verliehen worden.

Die Hochschulräte nehmen dagegen die Funktion der obersten Dienstbehörde wahr. Das ist das höchste Organ des Dienstherrn, dem zahlreiche, wesentliche, beamtenrechtliche Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung vorbehalten sind.

Im zweiten Absatz wird in offenkundig polemischer Absicht behauptet, die Zusammensetzung der Hochschulräte könnte gegen den Willen der Hochschulen beeinflusst werden. – Das ist falsch. Auch hier geben Sie, Herr Schultheis, die gesetzlichen Vorgaben des Hochschulfreiheitsgesetzes nicht in exakter Weise wieder.

Richtig ist: Die Ernennung von Hochschulratsmitgliedern gegen den Willen der Hochschule ist nach § 21 Abs. 4 Hochschulfreiheitsgesetz durch die Zusammensetzung und die Stimmenverhältnisse im Auswahlgremium ausgeschlossen.

Im dritten Absatz wird behauptet, an einer Hochschule in Nordrhein-Westfalen habe der Hochschulrat seine Dienstherreneigenschaft pauschal auf den Rektor und den Kanzler übertragen. – Auch das ist falsch.

Richtig ist: Der Hochschulrat der Ruhr-Universität Bochum hat auf seiner konstituierenden Sitzung im Januar 2008 einen Beschluss über die Zusammenarbeit mit dem Rektorat der Hochschule

gefasst, der vor Ort zu Irritationen insbesondere beim Personalrat geführt hat.

Zwischenzeitlich hat der Hochschulrat seinen Beschluss dahingehend präzisiert, dass er für Entscheidungen als oberste Dienstbehörde grundsätzlich einen eindeutigen Entscheidungsvorschlag des Rektorats erwarte. Auf dieser Grundlage werde er seine Entscheidungen treffen. Eine Generaldelegation sei nicht beabsichtigt. Der Hochschulrat stehe zu seiner Verantwortung und wolle sie wahrnehmen.

Diese Art der Aufgabenteilung entspricht dem Hochschulgesetz § 21 Abs. 7, der besagt: „Die Hochschulverwaltung unterstützt den Hochschulrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben.“ und ist daher nicht zu beanstanden.

Kein Wunder, dass Sie am Ende dieser etwas schwierigen Herleitung zu einer Frage kommen, die – gelinde gesagt – wenig Sinn ergibt. Richtig gestellt könnte diese Frage nur lauten: Kann ein Hochschulrat seine Zuständigkeit als oberste Dienstbehörde delegieren?

Die Antwort hierauf ist – wie so oft –: Es kommt darauf an! – Zuständigkeiten der obersten Dienstbehörde dürfen nur dann delegiert werden, wenn dies in der jeweiligen Einzelnorm, die diese Zuständigkeit bestimmt, vorgesehen ist. Die Möglichkeit einer Generaldelegation, wie sie in der Fragestellung angedeutet wird, ist dagegen im Hochschulfreiheitsgesetz bewusst nicht vorgesehen.

Hochschulräte in Nordrhein-Westfalen sind sich ihrer Verantwortung als oberste Dienstbehörde durchaus bewusst und nehmen ihre Aufgaben mit großem Engagement und großer Sachkompetenz wahr. Sie werden die vom Gesetzgeber vorgegebene Kompetenzordnung nicht rechtswidrig umgehen.

Herr Abgeordneter Schultheis hat sich für eine Frage gemeldet. Bitte, Herr Kollege Schultheis.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, ich wäre an Ihrer Stelle nicht so schnell bei der Hand, Fragen als polemisch zu charakterisieren. Denn unsere bzw. meine Frage beruht darauf, dass innerhalb der Ruhr-Universität Bochum entsprechende Mitteilungen in die Hochschule hinein weitergeleitet worden sind.

Mir liegt ein Schreiben des Rektors und des Kanzlers vor, das beide unterschrieben haben. Dort heißt es explizit:

„Sehr geehrte Damen und Herren, der Hochschulrat hat auf seiner Sitzung am 19. Januar 2008 seine Kompetenzen als oberste Dienstbehörde auf den Rektor und Kanzler übertragen.“

Nicht mehr und nicht weniger! – Das ist eine eindeutige Aussage, die es zu bewerten gilt. Insofern frage ich Sie noch einmal: Ist diese Aufgabenübertragung durch die oberste Dienstbehörde, von der Sie selbst gesagt haben, der Hochschulrat übernehme statt des Ministeriums die Eigenschaft als oberste Dienstbehörde, zulässig oder nicht?

Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Schultheis! Das kann ich ganz klar noch einmal beantworten. Das ist nicht zulässig.

(Karl Schultheis [SPD]: Insofern war das nicht polemisch, was ich gefragt habe!)

Der Kollege Dr. Karthaus hat sich für eine Frage gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Minister, Sie haben mehrfach die Ruhr-Universität Bochum erwähnt. Der dortige Hochschulrat hatte beschlossen, seine erste Klausurtagung in Venedig durchzuführen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung? Halten Sie ein solches Verhalten für angemessen?

Herr Minister, bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich erfahre dies von Ihnen und werde prüfen, ob es zutreffend ist.

Vielen Dank, Herr Minister. – Als Nächster hat sich noch einmal der Kollege Schultheis gemeldet.

Ich habe eine Frage zur Funktion der obersten Dienstbehörde: Wer ist eigentlich Einigungsstelle im Sinne des Landespersonalvertretungsgesetzes in einer solchen Situation wie der an der Ruhr-Universität Bochum, wo – das entnehme ich Ihrer Antwort – zumindest zum

Teil Aufgaben der obersten Dienstbehörde auf Rektor und Kanzler übertragen werden können?

Herr Minister, bitte, Sie haben die Gelegenheit zur Beantwortung.

Frau Präsidentin, so wie ich es Ihnen eben dargestellt habe, sind diese Aufgaben nicht delegiert worden, sondern bleiben im konkreten Fall beim Hochschulrat, weil es in der Generaldelegation nicht zulässig war.

Frau Kollegin Gebhard, Sie hatten sich auch zu Wort gemeldet.

Zum letzten Komplex, der Kompetenzübertragung durch die oberste Dienstbehörde: Sie haben gerade gesagt, dass das nicht zulässig ist. Der konkrete Vorgang war im Januar. Sie haben dargestellt, dass sich der Hochschulrat offensichtlich korrigiert habe.

Heißt das, dass Sie ganz konkret als Rechtsaufsicht dort interveniert haben? Oder wie ist der Meinungswandel in der Hochschule zustande gekommen?

Herr Minister.

Frau Präsidentin, Frau Gebhard, wir haben bei der Universität aufgrund der Fragestellung, die hier Gegenstand war, die Information eingeholt, die ich Ihnen vorgetragen habe.

Frau Kollegin Boos.

Herr Minister, ich habe eine Frage zur Aufwandsentschädigung beim Hochschulrat. Bei der TU Dortmund hat man sich pro Sitzung 1.000 € selbst genehmigt. Mich interessiert, wie die Landesregierung dieses Verhalten einschätzt.

Herr Minister, Sie haben die Gelegenheit zur Beantwortung.

Frau Präsidentin, ich bin immer gerne bereit, auch Randfragen – auch sehr weit entfernte Randfragen – mit zu beantworten. Wir sollten aus dieser

Fragestunde jetzt aber keine Generalveranstaltung zum Thema Hochschulrat machen. Wenn Sie entsprechenden Informationsbedarf haben, bitte ich, dieses Thema einmal separat auf die Tagesordnung zu setzen. Dann können wir es in toto aufrufen.

(Beifall von CDU und FDP – Marc Jan Eu- mann [SPD]: Haben Sie denn trotzdem eine Meinung?)

Herr Kollege Schultheis hat noch eine weitere Zusatzfrage. Das ist dann auch seine letzte. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Herr Minister, ich sage Ihnen zu, dass wir dieses Thema wieder in den Ausschuss einbringen werden; denn mittlerweile gibt es sehr interessante Facetten dieser Entwicklung, und unsere Kritik am Hochschulrat und dessen Funktion bestätigt sich Mal für Mal.