Gero Karthaus

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Woche findet das fünfte Weltwasserforum statt, das ganz im Zeichen des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung steht. 20.000 Teilnehmer diskutieren in
Istanbul unter anderem darüber, welche Wege und Möglichkeiten bestehen, dass mehr als 1 Milliarde Menschen endlich Zugang zu trinkbarem Wasser erhalten und dass sauberes Trinkwasser nicht immer mehr zur kostbaren und knappen Ressource und damit auch zu einem geopolitischen Spielball wird. Wasser ist in der Tat ein Weltthema.
Trotz hoher Siedlungsdichte verfügt NordrheinWestfalen mit seinen 18 Millionen Einwohnern über eine Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung auf sehr hohem Niveau. Über 100.000 Arbeitsplätze liegen in unserem Land alleine in der Wasserwirtschaft. Unsere Gewässer sind wichtige Lebensadern in der Landschaft, sie sind Refugien für zahlreiche Pflanzen und Tiere, und nicht zuletzt bieten sie unterschiedlichste Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten.
Im Themenfeld Wasser begegnen sich Ökonomie, Ökologie und Verbraucherschutz so eng wie kaum woanders, und niemand hier wird mir widersprechen, wenn ich sage: Wasser ist gerade für unser Land eine riesige Zukunftschance.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Chance muss man auch aktiv wahrnehmen. Das klappt leider nicht von alleine. Dazu müssen Weichen rechtzeitig gestellt werden.
Darum, sehr geehrte Damen und Herren, geht es in unserem Antrag. Wir fordern Sie als Landesregierung, aber auch als Koalition auf, endlich die Zukunftschance Wasser gestaltend anzugehen, endlich ein stimmiges Konzept vorzulegen, wie die Schlüsselsektoren hierfür weiterentwickelt und verbunden werden können, endlich vom gezwungenen Reagieren zum vorausschauenden Weichenstellen zu kommen. Dafür geben wir Ihnen eine Reihe von guten Rezepten mit auf den Weg. Sie müssen unseren Antrag nur aufmerksam lesen.
Die wenigen Handlungen, die die Landesregierung unternommen hat, sind oft genug nur Reaktionen auf Umweltskandale oder auf die verbindliche Vorgabe der EU-Gesetzgebung gewesen. Ich erinnere nur an PFT oder das Thema Pharmarückstände in Gewässern, wo sie zum Jagen getragen werden musste.
Und, Herr Laumann – Sie müssen ja gleich den Kollegen vertreten; es ist immer schwierig, wenn man für andere den Buckel hinhalten muss –, für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie lassen Sie sich feiern, obwohl das Ihre selbstverständliche Pflicht ist, wenn Sie sich nicht mit Brüssel anlegen wollen. Dass Sie mal schnell den Anteil der als erheblich verändert eingestuften Gewässer von 25 auf über 60% erhöht haben, um die Erfordernis von Maßnahmen zur ökologischen Gewässeraufwertung zu reduzieren, das sagen Sie natürlich nicht gerne.
In der Wasserpolitik werden wesentliche Handlungsfelder völlig außen vor gelassen. Wo bleiben denn die greifenden Konzepte zur Erholung und Freizeitnutzung an und auf unseren Gewässern? Wo bleiben die Lösungen der Konflikte zwischen Naturschutz und Nutzung?
Da ich jetzt schon fünf Minuten darauf warte, lasse ich das gerne zu, Herr Ellerbrock.
Herr Kollege Ellerbrock, zunächst einmal sollten Sie dann auch ausführen, dass von 50.000 km Gewässerstrecke gerade einmal 14.000 km bewertet worden sind und dann hochgerechnet wurde. Nordrhein-Westfalen hat diesen kleinen Zipfel sehr gerne angepackt, um dieser Maßnahmenverpflichtung zu entgehen. – Ja, es ist leider so, dass man diese Prozentzahl in dieser Form mir nichts, dir nichts drastisch heraufgesetzt hat.
Ich wiederhole noch einmal: In der Wasserpolitik werden wesentliche Handlungsfelder außen vor gelassen. Ich habe gerade ausgeführt: Freizeitnutzung, Konflikte zwischen Naturschutz und Nutzung, Fehlanzeige auch bei der effektiven Unterstützung und Vernetzung von Unternehmen, die Wassertechnologie „made in NRW“ in der ganzen Welt anbieten.
Wir vermissen Maßnahmen zur Renaturierung von Mooren als große Wasserspeicher und CO2-Senken und warten immer noch auf ernsthafte Bemühungen, die nachteiligen Einflüsse der Agrarwirtschaft auf die Gewässer zurückzudrängen.
Noch etwas Bemerkenswertes: Initiativen in den Wasserthemen gehen häufig vom Verbraucher
schutz, von Unternehmen, vor allem aber von den Wasserverbänden aus, also ausgerechnet von den Organisationen, denen Sie durch Ihre unsägliche Ideologie „Privat vor Staat“ das Wasser abgraben wollen.
Liebe Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: So wird das nichts.
Was aber ganz entscheidend ist: Ihre Maßnahmen bleiben Stückwerk. Ihnen fehlt das verbindende Konzept, das eine Strategie für den nachhaltigen Erfolg des Wasserlandes Nordrhein-Westfalen bietet. Es ist nun einmal so: Ein Flickenteppich kann nicht als wertvoller Perser verkauft werden.
Ein Gesamtkonzept, das Ökonomie, Ökologie, Forschung, Verbraucherschutz und Freizeitnutzung plausibel miteinander verbindet, haben Sie bis heute nicht vorgelegt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das hat dieses Thema nicht verdient. Die Zukunftschance Wasser kann nur realisiert werden, wenn man sie mit Kompetenz, Engagement und der richtigen Strategie angeht.
Für uns als SPD-Fraktion ist das Handlungsfeld Wasser ein wichtiger Gesichtspunkt für eine erfolgreiche Weiterentwicklung unseres Landes. Daher haben wir mit dem Masterplan Wasser NordrheinWestfalen eine Grundlage erarbeitet, die Ziele und Wege für die Zukunftschance Wasser aufzeigt.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, haben noch die Chance nachzuziehen, wenn Sie unserem Antrag entsprechen. Tun Sie das nicht, bleibt neben dem Slogan eines Wasserverbandes, der gut zur SPD passt, nämlich „Wasser – wir wissen, wie es läuft“, für Sie nur noch das Motto: Still ruht der See. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir wird hier sicherlich niemand widersprechen, wenn ich sage, dass wissenschaftlicher Vorsprung und Innovation in einer modernen Gesellschaft die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg und für zukunftsträchtige Arbeitsplätze darstellen. Sie werden mir auch zustimmen, wenn ich behaupte, dass es im globalen Wettbewerb darauf ankommt, wie schnell und gut ein Erkenntnisvorsprung in einen Wettbewerbsvorsprung übersetzt wird.
Sehen wir uns einmal an, Herr Lindner, wie sich die Situation in unserem Land aktuell darstellt: Das sogenannte Drei-Punkte-Ziel, das sind die Investitionen von 3 % des Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung, wird bei uns in NordrheinWestfalen weiterhin drastisch verfehlt. Bis zum nächsten Jahr, wie es 2002 auf dem EU-Gipfel in Barcelona definiert und vereinbart worden ist, wird dieses Ziel nicht erreicht werden können. Deutschlandweit liegen wir bei 2,5 %, Nordrhein-Westfalen dagegen kommt gerade einmal auf 1,8 % – wie Sie, Herr Minister Pinkwart, gestern anlässlich der Vorstellung des Innovationsberichtes 2008 zugeben mussten.
Ich erinnere daran, dass es CDU und FDP waren, die zu eigenen Oppositionszeiten immer zur Einhaltung dieses Ziels von Barcelona gedrängt haben. Nun sind schon einige Jahre Regierungsverantwortung vergangen, die die CDU mit Frau Ministerin Schavan im Bund innehat und Sie, Herr Minister Pinkwart, in NRW. Ich frage Sie: Wo sind denn da die Fortschritte? Ich kann Ihnen gleich die Antwort liefern: Es gibt hier gar keine.
Im Innovationsbericht wird herausgestellt, dass die Achillesferse der NRW-Innovation das äußerst geringe Engagement der Wirtschaft im Bereich Forschung und Entwicklung mit nur 1,1 % des Bruttoinlandsproduktes bleibt, während beispielsweise Baden-Württemberg mit 3,4 % und Bayern mit 2,3 %
deutlich höhere Werte erzielen. Das RWI bezeichnet den Anteil in NRW sogar als bedenklich niedrig. Das kommt einer Ohrfeige gleich.
Herr Löttgen, Sie sprechen von Lesen, aber auch das steht im Innovationsbericht, und das lassen Sie natürlich heraus. Ich frage Sie, Herr Minister, aber auch die Wirtschaftsministerin: Wieso tun Sie hier nichts? Wieso gibt es denn keine merklichen Verbesserungen? Die Zahlen muss man einfach nur lesen.
Nein, gestatte ich nicht.
Wo ist Ihre Strategie? Schließlich lag der Anteil zu Zeiten der SPD-Alleinregierung und der rot-grünen Regierung teilweise deutlich darüber. Mir drängt sich natürlich die Frage auf, ob diese Defizite unter Umständen auch mit einer desolaten Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Frau Thoben zu erklären sind.
NRW zum Innovationsland Nummer eins zu machen, sieht jedenfalls anders aus.
Patentanmeldungen sind ein weiteres Beispiel: Wir haben weiterhin eine Forschungs- und Patentlücke in NRW. Wir kommen einwohnerbezogen längst nicht auf die Patentanmeldungen, die in BadenWürttemberg erreicht werden. Auch in Bayern ist die Zahl doppelt so hoch.
Wir erreichen noch nicht einmal die Hälfte der einwohnerbezogenen Anmeldungen. Hier muss man selbstverständlich abwarten, ob der Patentverbund seine geplante Wirkung überhaupt in vollem Umfang entfalten wird. Ich möchte Ihnen jedenfalls jetzt schon ans Herz legen, lieber Herr Pinkwart, die Zahl der Patentscouts deutlich zu erhöhen, damit wir zumindest in den nächsten Jahren vielleicht doch noch auf einen grünen Zweig kommen.
Lassen Sie mich in weitere Bereiche kurz hineinschauen. Herr Minister, bei den Zahlen fällt auf, dass wir bei der Forschungsinvestition als Land immer weniger auf eigene Akzente setzen. Wir werden immer mehr zum Trittbrettfahrer. Die ausgegebenen Landesmittel werden immer mehr zur Kofinanzierung eingesetzt. Landesprogramme liegen bei 75 Millionen €. Das entspricht 13 % der Forschungsfinanzierung. 135 Millionen € – das sind 23 % – stammen hingegen aus der EU und 64 % aus der Bund-Länder-Finanzierung. Das heißt, wir geben hier Spielraum für eigene Akzente auf. Wir betonen nicht die NRW-Forschungslandschaft mit ihren Besonderheiten, sondern wir vergeben zunehmend eigenständige Profilierungsmöglichkeiten.
Ich wollte eigentlich noch etwas zur Titelgruppe 73 sagen. Das spare ich mir. Da passiert genau das Gegenteil vom sonstigen Regierungshandeln.
Sie können gleich weiterklatschen. Herr Löttgen hat eben gesagt: Der Innovationsmotor NRW läuft rund. – Ich sage Ihnen: In Wahrheit ist das ein Stottermotor mit massiven Zündaussetzern.
Es ist nicht auszuschließen, dass er vielleicht sogar noch einen Kolbenfresser bekommt. – Danke schön.
Herr Minister, Sie haben gerade angekündigt, dass Ihr Konzept in den letzten Zügen liegt und in den nächsten Tagen auch vorgestellt wird. Deshalb ist es vielleicht möglich, dass Sie uns über die Hauptkriterien der Mittelvergabe informieren. Welche Hauptkriterien werden Sie zugrunde legen? Wird eine Mittelzuweisung für die Hochschulen von zugesagten Eigeninvestitionen dieser Hochschulen abhängig sein?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich in diesen Zeiten zwei Minister auf den Fluren des Landtags begegnen, heißt es nicht mehr: Wie geht´s? Was macht die Familie?, oder ähnlicher Small Talk. Nein, der heutige übliche Gruß im Kabinett lautet: Heute schon einen Preis vergeben?
Meine Damen und Herren, früher gab es einmal eine mäßig erfolgreiche TV-Show mit dem Titel „Der Preis ist heiß“. Anscheinend ein ideales Motto für die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung, wenn man sieht, welch drastische Zunahme an Preisen und Auszeichnungen in den letzten drei Jahren zu verzeichnen ist. Damit die Preisverleiher dieser Regierung auf Hochtouren bleiben, steht nun die nächste Auszeichnung an. Diesmal geht es um den ehrenamtlichen Naturschutz, für den nun eine Grundlage für eine formale Belobigung geschaffen werden soll.
Dabei blende ich zunächst einmal aus, dass der im Antrag genannte Adressatenkreis unter anderem Ehrenamt und Hauptamt kräftig durcheinanderwürfelt.
Zurück zum Ziel des Antrages: Es wäre ja wirklich schön, wenn solch ein symbolischer Akt und das tatsächliche politische Handeln zusammenpassen würden. Aber leider passt hier gar nichts. Naturschützer loben und Naturschutz machen sind halt unterschiedliche Angelegenheiten. Da gerät ein Naturschutzpreis schnell zum Placebo, der vom eigenen Versagen ablenkt. Glauben Sie denn wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, der ehrenamtliche Naturschutz hätte die eklatanten naturschutzpolitischen Versäumnisse und Rückschritte dieser Regierung nicht registriert?
Oft genug hat es Nackenschläge und Fußtritte für die Naturschützer gegeben. Sie reichen vom Abbau gesetzlicher Standards, der Kappung von Mitwirkungsrechten – Herr Kollege Ellerbrock –, der drastischen Kürzung finanzieller Mittel der Umweltbildung über den Ausverkauf ökologisch wertvoller Landeswaldflächen und der Flächenreduzierung von Vogelschutzgebieten mit europäischer Bedeutung am Niederrhein bis hin zu Initiativen zur Schwächung des EU-Naturschutzrechts.
Wenn Sie wenigstens ein kleines bisschen Durchblick hätten, dann wüssten Sie, dass in unserem Land im ehrenamtlichen Naturschutz eine vernünftige, die Probleme anpackende und das Ehrenamt unterstützende Naturschutzpolitik viel wichtiger wäre als wohlklingende Worte auf Preisverleihungen.
Wissen Sie, was der Bund für Umwelt- und Naturschutz Nordrhein-Westfalen zu diesem Naturschutzpreis meint? Ich will es Ihnen gerne sagen und zitieren:
Richtig ist, dass der ehrenamtliche Naturschutz eine herausragende Rolle spielt und deshalb unterstützt werden muss. Leider praktiziert die Landesregierung aber zum Beispiel durch die Kappung von Mitwirkungs- und Klagerechten genau das Gegenteil. Die Liste der naturschutzpolitischen Versäumnisse dieser Regierung ist lang. Das lässt sich auch durch einen Preis nicht kaschieren.
So die Aussage des BUND. – Meine Damen und Herren, kräftiger kann eine schallende Ohrfeige nicht ausfallen. Das ist so deutlich, dass ich mir hierzu weitere Kommentare erspare. Mir bleibt nur der Appell: Setzen Sie nicht auf hohle Symbole, sondern würdigen Sie die Arbeit der ehrenamtlichen Naturschützer durch die Gewährleistung dafür geeigneter und guter Rahmenbedingungen.
Ja, bitte.
Herr Kollege, es wäre ja schön, wenn die Berliner Regelungen hier allesamt beachtet würden. Sie haben hier ganz klare starke Einschnitte, die darüber hinausgehen, vollzogen. Die bewährte Praxis in Nordrhein-Westfalen, die nicht zur Verzögerung geführt hat, was oft angemerkt wurde, haben Sie geändert. Sie haben den Naturschutzverbänden diese Mitwirkungsrechte genommen.
Fragen Sie einmal, wie das auf die Naturschützer wirkt. Sie hätten lieber das wieder zurück als neue Preise.
Meine Damen und Herren, es wäre alles andere als gut, wenn wir demnächst in den einschlägigen Lexika unter dem Begriff Preisinflation nicht nachlesen könnten erstens „volkswirtschaftlicher Begriff“, sondern zweitens „ein Phänomen in der 14. Legislaturperiode des Landtags Nordrhein-Westfalen, das sich durch immense Ausweitung der Anlässe für Preisverleihung auf politischen Handlungsfeldern auszeichnete, während gleichzeitig das Handeln von Regierung und Mehrheitsfraktionen den Intentionen der Preise nicht immer entsprach“. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunft der Institute der Titelgruppe 73 war bereits mehrfach Gegenstand unserer Beratungen im Plenum und in den Ausschüssen. Ich will hier nicht die außergewöhnliche Leistungsfähigkeit der Institute ansprechen. Ich will hier nicht darüber sprechen, wie erfolgreich diese einmaligen Einrichtungen arbeiten. Ich will auch nicht daran erinnern, dass es hier nicht eine Fraktion gab, die diesen Erfolg und diese Außergewöhnlichkeit in den letzten Monaten nicht angesprochen hat.
Ich will heute vielmehr darüber sprechen, wie falsch, undurchdacht und zum Teil dilettantisch das Vorgehen der Landesregierung war und ist, diesen Instituten die Eigenständigkeit zu nehmen.
Dieses Thema wurde von meinem Kollegen Karl Schultheis zum ersten Mal am 19. September 2007 im Rahmen einer Mündlichen Anfrage angesprochen, nachdem unsere Fraktion seitens mehrerer Institute auf das fragwürdige Verhalten der Landesregierung hingewiesen worden war. Damals wiegelte der Wissenschaftsminister noch ab. Genau ein Jahr später fand am 11. September dieses Jahres anlässlich der Beratung eines entsprechenden Antrages meiner Fraktion ein Gespräch mit den Instituten im Wissenschaftsausschuss unter Teilnahme des Ministers statt. Erst nach und nach hat sich dann gezeigt, dass es von Anfang an Absicht war,
die erfolgreiche Arbeit der Titelgruppe 73 zu beenden.
Herr Minister Pinkwart, Sie haben das noch bei den Gesprächen mit der Sprechergruppe der Institute in schmückende Worte gekleidet und den Eindruck erweckt, man setze auf Einvernehmen. Ich darf Sie aus der Sitzung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie am 8. November 2007 zitieren, in der Sie gesagt haben:
Die Landesregierung geht von einem freiheitlichen Ansatz aus. Wenn der Weg einer Integration vom Institut nicht gewünscht wird, wird das auch nicht gemacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Halbwertzeit dieser Aussagen war rekordverdächtig kurz.
Was ist vorher geschehen? – Nach unseren Informationen hat es wohl schon im Jahr 2006 ein Treffen im Ministerium zur Zukunft der Titelgruppe 73 gegeben. Bei dieser Gelegenheit wurde festgelegt, dass diese Institute nicht länger dem Landesinteresse dienen. Damals wurde das Ziel verkündet, bis zum Januar 2009 alle Institute entweder in die Universitäten zu integrieren oder in die freie Wirtschaft zu überführen. Ich sage dazu nur: Und wer nicht willig ist, der stirbt.
Wohlgemerkt: Es ging nicht darum, zu klären, was mit den über all die Jahre investierten Millionen geschehen sollte. Es ging hier tatsächlich um Ideologie, nicht um Sachverstand; denn der Minister hatte beschlossen, dass alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen verschwinden sollten. Dann hilft kein Sachverstand mehr, es verpuffen die besten Argumente und der kompetenteste Expertenrat wird verworfen.
Sie hätten eigentlich nur aufmerksam zuhören müssen, welche Argumente die Sprecher der Institute der Titelgruppe 73 gegen eine Änderung ihres gegenwärtigen Status angeführt haben, Herr Minister Pinkwart. Vielleicht hören Sie jetzt einmal zu. Diese Institute sind als Transfereinrichtungen im Zwischenfeld von Hochschulen und mittelständischer Wirtschaft fokussierte, schlagkräftige und vor allem schnell reagierende und agierende Einheiten.
Sie sind also ein Zukunftsmodell und damit genau das, was Sie immer als Ihr Credo herausstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ministerium hat sich mit seinen Aussagen derart selbst unter Druck gesetzt, dass es bereit war, den Hochschulen, die ein solches Institut übernehmen, große Zugeständnisse zu machen.
Die Drittmittel der Institute sollen zum Teil für die zurückliegenden fünf Jahre in der leistungsorientierten Mittelverteilung geltend gemacht werden. Das wäre ein Millionenbetrag. Es wäre absolut absurd. Außerdem sicherte das Ministerium noch zu, die
Zahlung der bisherigen Mittel der Titelgruppe 73 offensichtlich unbefristet fortzusetzen, allerdings nur an die übernehmenden Hochschulen. Diese könnten also Geld abzweigen.
Hinzu kommt, Überlegungen zur Lösung arbeitsrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Fragen gibt es bislang nicht, geschweige denn ein Konzept dazu. So gesehen ist der Zeitpunkt 1. Januar 2009 ohnehin ein Witz.
Die Überführung vieler Institute in eine öffentlichrechtliche Körperschaft wird auch nicht schmerzfrei ablaufen; denn die bisherige Gemeinnützigkeit entfällt. Damit entfallen rückwirkend für mindestens fünf Jahre die Steuervorteile.
Mit anderen Worten: Man macht aus solventen und gut arbeitenden Instituten Insolvenzfälle mit arbeitsrechtlichen Konflikten und Abfindungen. Jahrelanges Arbeiten und Engagement sowie geförderte Investitionen in Millionenhöhe sind damit für die Katz’. Vor allem aber gefährdet man den überaus erfolgreichen Technologietransfer, der hier für unser Land geleistet wird. Das alles können sich nur Dilettanten ausgedacht haben. Sollten Sie Ihr Ziel erreichen, dann ist das mehr als ein Schildbürgerstreich. – Vielen Dank.
Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, die Institute unterstützten dieses Vorgehen und sähen das auch so. Wie bewerten Sie dann die Aussage von Herrn Professor Kurz, der als Sprecher dieser Institute bei dem Gespräch im Wissenschaftsausschuss gesagt hat: Die Universitäten bedeuten für uns Sklaverei, weil wir dort überhaupt keine Handlungsfreiheiten mehr haben? – Dies ist völlig konträr zu Ihren Aussagen. Wie beurteilen Sie das?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der nächsten Woche beginnt in unserem Bundesland die Naturschutzkonferenz der Vereinten Nationen. Dieser Weltnaturschutzgipfel widmet sich vor allem der Vielfalt der Pflanzen und Tierarten samt ihren Lebensräumen als einer wichtigen Grundlage unserer Ökosysteme.
Dass wir Menschen in hohem Maße mit darüber entscheiden, welchem Schicksal diese Arten entgegengehen, ist längst Allgemeingut. Aber wir neigen leider dazu, die Verantwortlichkeit nicht bei uns zu sehen, sondern gerne bei denen, die weit weg sind, zum Beispiel bei den Siedlern im Regenwald Mittelamerikas: Sollen die mal machen! –
Und schon war es das. Keine Betroffenheit, kein Engagement, keine Konsequenzen!
Und sehen Sie, meine Damen und Herren, genau da setzt Umweltbildung an. Sie klärt auf. Sie zeigt eigene Betroffenheit auf. Sie motiviert zum Handeln. Nur was man kennt und schätzt, das schützt man auch. Bildung für nachhaltige Entwicklung und Umwelt ist also von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unserer natürlichen Umgebung und damit selbstverständlich für die Zukunft von uns selbst. Inzwischen bekennt sich auch die Landesregierung zu diesem Sachverhalt.
Aber wie so oft: Zwischen blumigen Lippenbekenntnissen und konkretem Handeln liegen Welten.
So stellt man sich in den nächsten Tagen den Gästen aus aller Welt in Bonn als zupackende Instanz in Sachen Umwelt und Biodiversität dar. Aber wie unangenehm wäre es, wenn die wüssten, dass gerade aus den Kernlehrplänen der Schulen ausgerechnet die Themenfelder „Grundlagen ökologischer Beziehungen in Lebensgemeinschaften“, „Probleme der Luft- und Wasserverschmutzung“ und ähnliche Ökologiethemen gestrichen werden sollen?
Noch viel peinlicher würde es, wenn die Konferenzteilnehmer erfahren würden, dass seit dem Regierungswechsel vor drei Jahren die Mittel im umweltbildungsrelevanten Haushaltsbereich des Umweltministeriums um mehr als 80 % gekürzt worden sind.
Das ist wirklich unglaublich. Dies hat nichts mit Sparen zu tun, sondern das ist eine unverantwortliche Missachtung der Zukunftskompetenz dieses Landes.
Denken Sie daran, Herr Minister Uhlenberg: Wer die Geschichte und die Fehler im Umgang mit unserer Umwelt nicht kennt, der ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Naturschutzverbände, die Biologische Stationen, kleine Vereine und zahlreiche lokale Anbieter und damit Tausende engagierter Menschen haben sich ein Bein ausgerissen, um trotz ausbleibender finanzieller
Unterstützung des Landes qualifizierte Umweltbildung leisten zu können. Nicht alle haben das geschafft. Einige mussten aufgeben.
Ich sage Ihnen: So etwas dürfen wir uns nicht mehr leisten. Das muss ein Ende haben. Für Nordrhein-Westfalen ist eine Umweltbildung unverzichtbar. Wir müssen die bestehenden Umweltangebote stärken, sie mit neuen Initiativen ergänzen und ihnen vor allem eine vernünftige finanzielle Grundlage geben. Sorgen Sie dafür, dass motivierte und verantwortungsbewusste Menschen, die Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten, nicht automatisch zum Bettelorden dieses Landes werden.
Wir haben Ihnen in unserem Antrag die erforderlichen Inhalte für eine wirklich nachhaltige und qualifizierte Umweltbildung in Nordrhein-Westfalen aufgezeigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP und in der Regierung, nehmen Sie diese Chance wahr und geben Sie unserem Land damit ein Stück Zukunft zurück! Nicht zuletzt könnten Sie so den Umweltexperten auf der Bonner Tagung endlich ohne Scham gegenübertreten, wenn Sie von ihnen auf das Thema Umweltbildung angesprochen werden. – Ich danke Ihnen.
Herr Minister, stimmen Sie mir angesichts der Aufzählung, die Sie gerade vorgetragen haben, zu, dass diese Institutionen überwiegend von der alten Landesregierung ins Leben gerufen worden sind und Sie damit deren
Leistungen übernommen haben, es also keine Neugründungen sind, wie man es vielleicht meinen könnte?
Herr Kollege Ellerbrock, Sie sind ja ein belesener Mann. Ich setze deshalb voraus, dass Sie mindestens die Lehrbücher der Sekundarstufe I kennen, in denen die exponentielle Steigerung der Aussterberate immer schön dargestellt ist. Insofern denke ich, dass damit die von Ihnen selbst gestellte Frage beantwortet ist. Wenn das Schulministerium dies als Unterrichtsmaterial für unsere Schüler zulässt, sollte man annehmen, dass das den Tatsachen entspricht.
Meine Frage lautet: Ist Ihnen bekannt, in welcher Deutlichkeit und in welcher drastischen Entwicklung zurzeit die Arten der sogenannten Kulturlandschaft, insbesondere im ländlichen Raum, in ihren Individuenstärken zurückgehen? Ist Ihnen bekannt, dass bei den üblichen Feld- und Wiesenvögeln in den letzten Jahren eklatante Bestandsrückgänge zu verzeichnen sind? Das geht schon seit 10, 15 oder 20 Jahren so, aber unverändert, ungebremst. Insofern würde das Ihre eigene Frage mit beantworten.
Frau Präsidentin, es ist so wichtig, dass ich noch einmal nachfragen muss. Es ist ein Unterschied zwischen 1.000 und 100.000 Individuen. Ist Ihnen der Flaschenhalseffekt bekannt, der besagt, dass auch bei vielen Tierarten 1.000 Individuen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen schon die MVP, die kleinste überlebensfähige Population, darstellen können?
Herr Minister, Sie haben mehrfach die Ruhr-Universität Bochum erwähnt. Der dortige Hochschulrat hatte beschlossen, seine erste Klausurtagung in Venedig durchzuführen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung? Halten Sie ein solches Verhalten für angemessen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Erinnerung ist das so eine Sache. Wir alle wissen, an was man sich erinnert, vor allem, welche Gefühle man dabei empfindet und welche Folgerungen für das eigene Handeln daraus resultieren. Dies alles kann wirklich sehr unterschiedlich ausfallen. Persönliche Einstellungen, eigene Betroffenheit und Erfahrungen, aktuelle Lebensumstände, diese und weitere Faktoren wirken sich auf die Beurteilung eines nahezu gleichen Sachverhaltes völlig unterschiedlich aus und führen unter Umständen zu ganz differierenden Einschätzungen.
Von daher ist es richtig, durch die Bereitstellung und die Aufarbeitung von Materialien, Zeitzeugnissen und Informationen eine Grundlage für ei
nen sachlichen und reflektierten Umgang mit den geschichtlichen Ereignissen in unserem Land zu schaffen. Erst recht gilt das für Zuwanderungs-, Migrations- und Integrationsgeschichte in Nordrhein-Westfalen. Ich habe gerade ganz bewusst die drei Begriffe zusammen genannt, da mit ihnen jeweils ein durchaus sehr heterogener Kontext verbunden werden kann.
Wir halten daher den Antrag für ein sehr positives Anliegen und haben dies in den Ausschussberatungen stets deutlich gemacht.
Herr Minister Laschet hat heute Morgen in der Aktuellen Stunde zum Thema des interkulturellen Dialogs herausgestellt, wie bedeutsam ihm eine gemeinsame Positionierung aller Fraktionen im Bereich Integration ist. Herr Solf hat ebenfalls heute Morgen die Notwendigkeit einer „Einmütigkeit“ bei der Integration betont. Wieso, so frage ich Sie, lässt man dann genau dies außen vor und verzichtet bewusst auf eine fraktionsübergreifende Meinungsbildung?
Und das bei einem Thema, wo man die große Schnittmenge doch kennt.
Meine Herren Laschet und Solf, es müssen doch wohl nur Lippenbekenntnisse gewesen sein, die Sie von sich gegeben haben. Der Alleingang der Fraktionen von CDU und FDP spricht nämlich eine andere Sprache. Deshalb wirkt es auch wenig glaubwürdig, wenn Frau Freimuth im Ausschuss und eben noch meint, es sei schade, nicht zu einem gemeinsamen Votum gekommen zu sein. All das zeigt wunderbar auf, zur Integration muss man erst einmal selbst bereit sein.
Auch inhaltlich bleibt für uns in diesem Antrag einiges sehr unbestimmt und zum Teil missverständlich. Ich greife einmal einen Gesichtspunkt heraus. Wenn in dem Antrag von der Suche nach einem geeigneten Standort für die Sammlung die Rede ist, wird gleichzeitig der Ausbau der größten bestehenden Sammlung im DOMiD in Köln gefordert. Wieso nicht gleich dieses Dokumentationszentrum als Entwicklungspunkt für mehr nehmen?
Vieles weitere müsste konkreter und weiterführender überlegt werden. Jammerschade, dass Sie wieder einmal die Chance nicht wahrnehmen, im Dialog ein wirklich gutes und umfassendes Konzept gemeinsam zu entwickeln. Das Thema hätte es verdient. Ich denke, Sie haben Verständnis da
für, dass wir uns daher bei der Abstimmung enthalten werden. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich war das Thema abgeschlossen,
aber gestatten Sie mir die Bemerkung: Als Biologe kann man soviel Blödsinn nicht im Raum stehen lassen.
Deshalb ganz kurz dazu. Lieber Kollege Deppe, wenn man so einfach von Ausgleichen redet – der Mensch müsse hier eingreifen –, dann begibt man sich in wissenschaftlichem Sinne auf sehr viel Glatteis, und auf dem sind Sie eben ganz heftig ausgerutscht.
So einfach kann man es sich nicht machen. Wir haben in unserem Entschließungsantrag Kompromisse aufgezeigt, und zwar gerade, Herr Minister, hinsichtlich der Fischereiverbände. Hier
muss man gemeinsam Konzepte entwickeln, hier muss man gemeinsam darüber reden und muss vor allen Dingen gemeinsam Lösungen finden. Man sollte es nicht so stehen lassen, dass Sie hier den Eindruck erwecken, wir wollten Konfrontation aufbauen. Das Gegenteil ist der Fall.
Lassen Sie mich abschließend anmerken: Ich halte es für eine sehr unglückliche Verquickung, über Biodiversität in Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit dem unseligen Thema Kormoran zu sprechen. Wir werden mit Sicherheit noch darauf zurückkommen.
Was hier zum Thema Siebengebirge – auch von der Koalition – gesagt worden ist, geht fachlich drüber und drunter. Wenn Sie von Vielfalt reden, müssen Sie wissen, dass die Förderung der dortigen Lebensgemeinschaften im Sinne des Nationalparkgedankens eben nicht die Vielfalt der Kulturlandschaft befördert, sondern die Entwicklung der speziellen Arten. Das Thema „Kulturlandschaft Siebengebirge“ ist gut und richtig, aber darüber werden wir uns auch noch eingehend unterhalten. – Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon bei der ersten Lesung deutlich gemacht, dass die SPD-Fraktion eine neue und eigene gesetzliche Grundlage für die nordrhein-westfälischen Kunst- und Musikhochschulen begrüßt und unterstützt. Dass es hier eine besondere Ausrichtung der Lehre und der wissenschaftlichen Arbeit gibt, ist selbstverständlich. Nicht zuletzt – das darf man nicht vergessen – machen aber auch die Auswirkungen des Hochschulfreiheitsgesetzes diese Lösung zwingend erforderlich. Wir brauchen diesen eigenen Rahmen, damit die Kunst- und Musikhochschulen überhaupt eine nachhaltige Chance haben, ihre erfolgreiche und international anerkannte Arbeit fortzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Expertenanhörung hat – da darf ich Herrn Kollegen Sternberg durchaus bestätigen – große Übereinstimmung in vielen inhaltlichen Themen gezeigt. Sie hat aber auch berechtigte Anliegen der Beteiligten verdeut
licht und verschiedene Erfordernisse für Verbesserungen aufgezeigt. Diese Erfordernisse haben Ausdruck in den Änderungsanträgen von CDU und FDP sowie meiner Fraktion gefunden.
Wir bedauern außerordentlich, dass es trotz sehr großer Schnittmengen nicht möglich war, eine gemeinsame Linie zu finden. Während fast alle inhaltlichen Vorschläge der Regierungskoalition im Ausschuss eine konstruktive Diskussion erfuhren und letztendlich auch die Unterstützung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erhielten, kündigte zumindest die CDU kategorisch an, unseren Änderungsantrag abzulehnen. Schade, dass es wieder einmal keine Bereitschaft zur ernsten fachlichen Diskussion gegeben hat
und dass bis heute ein ernsthafter Wille fehlt, in dieser Angelegenheit einen parlamentarischen Konsens zu erreichen.
Gestatten Sie mir deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch mal deutlich darauf hinzuweisen, dass Sie hier und jetzt abschließend die Möglichkeit haben, an weiteren Verbesserungen des Gesetzentwurfes mitzuwirken, indem Sie unseren Änderungsantrag unterstützen.
Die SPD-Fraktion wird sich trotz der von der Regierungskoalition aufrechterhaltenen Rituale nicht verweigern. Wir werden den Teilen des Gesetzes, die inhaltlich voll unsere Unterstützung finden, zustimmen. Wir möchten durch unser weiteres Abstimmungsverhalten aber auch deutlich machen, wo wir der Meinung sind, dass es weiteren Handlungs- und Verbesserungsbedarf gibt. Insofern beantragen wir, die Artikel dieses Gesetzes einzeln abzustimmen. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Potenziale für Geothermie in Nordrhein-Westfalen optimal nutzen“, so hieß ein gemeinsamer Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen, der in der Plenarsitzung
am 26. Januar 2007, also vor einem Jahr, einstimmig beschlossen worden ist. In ihm wurde die Landesregierung unter anderem dazu aufgefordert, eine verstärkte Nutzung der klimafreundlichen Erdwärme zu unterstützen. So weit, so gut. Es ist in der Tat bemerkenswert, wenn der Landtag über alle Fraktionsgrenzen hinweg wichtige umwelt- und energiepolitische Aussagen einvernehmlich bestätigt.
Das, was dann kam, war aber alles andere als im Sinne dieses richtungsweisenden Landtagsbeschlusses. Fast unbemerkt erhöhte das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit einem Erlass vom 30. März 2007 die Genehmigungsgebühren für Wärmepumpen drastisch – und das ohne jeglichen Hintergrund. Weder kommunale Spitzenverbände noch der Landesrechnungshof hatten Gebührenerhöhungen gefordert. Dennoch wurde die Genehmigungsgebühr für eine große Wärmepumpenanlage mit einer Leistung von 500 Kilowatt um astronomische 15.000 % – ich habe mich nicht versprochen, meine Damen und Herren – heraufgesetzt. Für kleinere Wärmepumpen mit einer Leistung von 10 kW wurde die Gebühr verdreifacht. Selten haben wir in unserem Land in den letzten Jahren im Gebührenbereich etwas Verrückteres erlebt.
Die Landesregierung hat sich damit nicht nur offen gegen die einstimmigen Beschlüsse des Landtags gestellt. Sie hat ihre eigenen Absichtserklärungen zum Klimaschutz zur Makulatur werden lassen und nicht zuletzt genau das Gegenteil von dem gemacht, was sie sonst unter dem Begriff „Bürokratieabbau“ geradezu monstranzartig vor sich herträgt. Und die Handwerksbetriebe verstanden die Welt nicht mehr, hatte man ihnen doch vorher versichert, diese umweltfreundliche Heizungstechnologie würde vom Land unterstützt.
Das war es aber noch nicht, Kolleginnen und Kollegen. Mit der Neufassung des Landeswassergesetzes war geplant, mit jedem Antrag auf Genehmigung einer Erdwärmepumpe ein gesondertes Sachverständigengutachten erforderlich zu machen. Ein erheblicher zusätzlicher Aufwand und weitere Kosten für Investitionswillige wären die Folge gewesen. Sieht so die Förderung der Geothermie in Nordrhein-Westfalen aus? Gestaltet sich so die Unterstützung der Landesregierung für eine umweltfreundliche Energiegewinnung? Wird so eine effektive Mittelstandspolitik mit dem Fokus auf technologisch versierte Handwerksunternehmen betrieben? Ich meine, meine Damen und Herren, dies ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie
groß der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit sein kann.
Mit zwei Kleinen Anfragen, einem Antrag und dem heute vorgelegten Änderungsantrag hat die SPD eindringlich auf die groben Schnitzer und die Erfordernisse bei der Genehmigung von Erdwärmepumpen hingewiesen. Und, siehe da: Alle unsere Forderungen wurden aufgegriffen und umgesetzt. Das ist wahrlich nicht alltäglich. Dafür mein ehrlicher Dank an die Verantwortlichen! Es zeigt aber auch, dass eine hellwache und sachorientierte Oppositionsarbeit gut für die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft in unserem Land ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, Sie können unseren Antrag heute gerne ablehnen, denn das Ergebnis unserer Initiative ist entscheidend. Und das Ergebnis lautet, dass die umweltfreundliche Erdwärmenutzung in Nordrhein-Westfalen von dem zwischenzeitlichen Abstellgleis zurück auf die Erfolgsspur gebracht worden ist. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Sie haben heute Morgen wahrscheinlich genauso wie ich den Wasserhahn geöffnet, ohne irgendwelche Gedanken daran zu verschwenden, ob das herausströmende Wasser nicht von bester Qualität ist und ob es völlig unbedenklich zu verwenden ist. Mit Recht dürfen wir einem Trinkwasserstandard vertrauen, der uns höchste Sauberkeit garantiert und dafür sorgt, dass belastende Stoffe ein gewisses Maß nicht überschreiten.
Aber was wäre Ihre Reaktion gewesen, wenn uns dargestellt worden wäre, dass ein Cocktail – wenn auch nur in Spuren – an Antibiotika, Entzündungshemmern, Antiepileptika, Lipidhemmern, Östrogenen und Röntgenkontrastmittel in diesem Wasser nicht ganz auszuschließen wäre? Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die von der Trinkwasserkommission empfohlene Obergrenze an Pharmawirkstoffen wird aktuell nicht erreicht, und das ist gut so.
Aber schon in unseren Flüssen und Seen und in unseren Kläranlagen sieht das ganz anders aus. Meine Damen und Herren, nach dem aktuellen Bericht des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz werden im Grundwasser bisher 25, im Trinkwasser 15 Humanarzneistoffe nachgewiesen. Ein Großteil davon wird als umweltrelevant, wie es heißt, eingestuft.
Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs, denn die meisten der insgesamt 2.700 in Deutschland zugelassenen Humanpharmaka wurden in ihrem Vorkommen in der Ressource Wasser noch gar nicht untersucht, ganz zu schweigen von der fehlenden Kenntnis darüber, wie sich diese Stoffe in der Umwelt anreichern, welche Wirkung auf Or
ganismen von ihnen ausgehen und in welcher Weise sie überhaupt abgebaut werden. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig, dass es bei dieser Unsicherheit nicht bleiben kann und darf.
Unsere Kenntnisse reichen einfach nicht aus, abschließend zu beurteilen, welches Risiko von diesen Pharmarückständen nicht nur für aquatische Lebewesen, sondern gerade auch für die menschliche Gesundheit ausgeht. Die demografische Entwicklung, das heißt, der weitere Anstieg des Medikamentenverbrauchs, den wir zu erwarten haben, aber auch der Zuwachs an neuen Wirkstoffen müssen wir dabei zusätzlich berücksichtigen. Sie werden dieses Problem immer dringlicher machen.
Meine Damen und Herren, nicht zuletzt der PFTSkandal hat gezeigt, dass Wasser als unser Lebensmittel Nummer eins jederzeit neuen Gefährdungen ausgesetzt sein kann. Wir möchten deshalb beim Thema Pharmaka nicht warten, bis uns unliebsame Überraschungen einholen. Der Bericht des LANUV und die Aussagen des Sachverständigenrats für Umweltfragen dürfen nicht so einfach im Raum stehen bleiben. Es darf kein Abwarten geben. Lassen Sie uns daher gemeinsam eine Forschungsinitiative starten, die Licht in das Dunkel der Umweltrelevanz von Pharmastoffen bringt.
Lassen Sie uns gemeinsam ein Warnsystem einrichten, das uns die Belastung unserer Gewässer für diese Wirkstoffe aufzeigt. Lassen Sie uns gemeinsam die Entwicklung von Technologien made in NRW vorantreiben, um Pharmarückstände aus den Abwässern zu entfernen. Das sind wir den Menschen, unserer Umwelt, den Chancen unserer Wirtschaft und letztlich unserer Zukunft als Trinkwasserproduzent schuldig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Notwendigkeit, jetzt zu handeln, ist unabweisbar. Deshalb sage ich Ihnen, lieber Herr Minister Uhlenberg, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: Kommen Sie mir bitte nicht mit dem üblichen „stimmt doch so nicht“, „ist doch anders“, „machen wir doch schon“, „wollen wir in anderer Form“. Bitte überlegen Sie sich das. Wasser ist eine unverzichtbare Lebensgrundlage. Sie eignet sich nicht zum Taktieren, erst recht taugt sie nicht zur ideologischen Abgrenzung. Denken Sie daran, wenn
Sie unseren Antrag hier kommentieren und im Ausschuss beraten. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchten wir uns bei der Landesregierung, insbesondere bei Ihnen, Herr Minister Pinkwart, herzlich bedanken, nämlich dafür, dass Sie in der Einführung zum Gesetzentwurf ausdrücklich feststellen, dass die differenzierte Kunsthochschullandschaft in NordrheinWestfalen auf ihren jeweiligen Feldern international ein durchweg hohes Ansehen genießt und hohe Qualitätsansprüche gewährleistet sind.
Ich finde, das ist ein schönes Kompliment für unsere Hochschulpolitik. Sie hat nämlich den Rahmen dafür gesetzt, die unseren Kunst- und Musikhochschulen die Grundlage für ihr internationales Renommee gegeben hat.
Meine Damen und Herren, ganz klar: Kunst und damit auch die künstlerische Lehre unterscheiden
sich wesentlich von der klassischen wissenschaftlichen Forschung und Lehrtätigkeit.
Aber nicht das Hochschulgesetz aus dem Jahre 2005 macht es notwendig, das Kunsthochschulrecht neu zu regeln; nein, es ist die Folge des neuen Hochschulfreiheitsgesetzes. Denn kleine Hochschulen wie die Kunst- und Musikhochschulen haben in der Konsequenz, insbesondere im Wettbewerb um die finanziellen Ressourcen, keine Chancen.
Man muss einfach festhalten: Während unserer Regierungszeit waren solche Schutzzäune, Herr Minister, schlicht nicht nötig.
Wenn wir schon einmal bei der Notwendigkeit für dieses Gesetz sind: Haben Sie, Herr Minister Pinkwart, die Universität Wuppertal sowie die Fachhochschulen Münster, Aachen und Dortmund, die als Design-Hochschulen von Frau Thoben im Kulturwirtschaftsbericht in die Rubrik Kunst- und Musikhochschulen eingeordnet werden, vergessen? Sie sind nämlich nicht Adressaten dieses Gesetzes, obwohl im Kulturwirtschaftsbericht ausdrücklich gefordert wird, sie wie Kunst- und Musikhochschulen zu behandeln.
Meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf ist statt eines Hochschulrates ein sogenannter Kunsthochschulbeirat vorgesehen, der mit international renommierten Experten besetzt werden soll. Er soll im Gegensatz zu den Hochschulräten lediglich Empfehlungen geben, hat also keine eigenständigen Befugnisse.
Die Außensteuerung entfällt also. Die Gruppenuniversität bleibt in diesem Fall somit erhalten. Das ist gut für die Studierenden. Das ist gut für die Lehrenden. Das ist auch gut für die Hochschule und erst recht gut für unser Land.
Was gut für unser Land ist, sollte auch für die anderen Universitäten gelten. Warum also nicht bei allen Hochschulen?
Die Doppelnatur der Kunst- und Musikhochschulen als Körperschaften des öffentlichen Rechtes und als staatliche Einrichtungen im Gegensatz zu den Fachhochschulen und Universitäten, die mit dem Hochschulfreiheitsgesetz zu alleinigen Körperschaften des öffentlichen Rechtes wurden, ist eine deutliche Abweichung von der Prämisse „Privat vor Staat“. Wir begrüßen das ganz klar. Das ist ebenfalls gut für Personal, für die Studierenden, das ist gut für die Hochschule und ebenfalls
für unser Land. Auch hier gilt: Warum nicht bei allen Hochschulen so?
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, abschließend noch einmal auf die Kreativwirtschaft zurückkommen. Hier fehlt jeglicher Bezug im Gesetzentwurf. Dabei hat die Landesregierung im letzten Kulturwirtschaftsbericht den Kunst- und Musikhochschulen dazu sogar ein eigenes Kapitel gewidmet und deren Bedeutung dafür besonders betont.
Das Grundproblem ist dabei aber wahrscheinlich, dass dieser Bericht von Frau Thoben kam. Und Frau Thoben und Herr Prof. Pinkwart reden bekanntlich eher übereinander als miteinander.
Herr Minister, es genügt nicht, den Kunst- und Musikhochschulen nur die Freiheit zu geben, mit ihrem Körperschaftsvermögen aktiv zu werden. Freiräume dürfen nicht zu Leerräumen verkommen. Um entsprechende Vorhaben realisieren zu können, bedarf es einer klaren Positionierung und vor allem auch der entsprechenden Mittel. Letzteres darf man nicht vergessen. Denn auch das beste Gesetz kann diese Notwendigkeit nicht ersetzen. – Ich danke Ihnen.
Frau Ministerin, dann stehen ja noch 1,2 Millionen € aus. Bis zum Ende des Jahres, also in den nächsten zwei Wochen müssten diese abgerechnet werden. Es bleiben dann noch Mittel übrig gegenüber dem Ansatz 2006, wobei ich annehme, dass die Abwasserabgaben etwa die gleiche Höhe erreicht haben.
Mich interessiert dann natürlich: Wo gehen die übrigen Mittel aus dieser Abwasserabgabe hin, wenn denn, wie zu erwarten ist, eben doch nicht die gleiche Höhe wie im letzten Jahr erreicht wird?
Also können sich einige Institute schon über Weihnachtsgeschenke
freuen, wenn in den nächsten zwei Wochen noch so viele Aufträge kommen.
Frau Ministerin, mich interessiert auch: Wurde bei der Initiative Wasserwirtschaft gekürzt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die durch den Orkan „Kyrill“ verursachten katastrophalen Waldschäden kennen wir alle. Wir haben deshalb zur Kenntnis zu nehmen: Der bisherige sogenannte forstwirtschaftliche Wald hat ausgedient.
Ja, er hat kaum noch Chancen, da wegen des Klimawandels zukünftig verstärkt von Sturmereignissen auszugehen ist. Das ist sicherlich kein Geheimnis. Klar ist ebenso, dass flachwurzelnde, hochwachsende Fichten auf Dauer keine Chance mehr haben, aber auch, dass zunehmend altholzreiche Laubwaldbestände von Sturmereignissen betroffen sind. Daher ist es zwingend notwendig, meine Damen und Herren, über alternative Waldformen nachzudenken, zu überlegen, wie wir auf Dauer neben ökologischen Gesichtspunkten auch ökonomisch von unseren Wäldern profitieren können.
Ganz kurz möchte ich den Antrag „Naturnahe Wälder statt Holzplantagen“ der Grünen streifen. Aus unserer Sicht sind nicht die Douglasien das Hauptproblem, da die Förderung an den Laubwald gekoppelt ist. Aus unserer Sicht ist die schwer getroffene Forstverwaltung das Problem, die mit immer weniger Mitarbeitern nach „Kyrill“ das alles leisten soll. Hier liegen die hausgemachten Probleme des Ministeriums, die Verantwortlichkeit. Das muss man dabei berücksichtigen. Es geht nicht nur um Inhalte, sondern auch um die Struktur.
Aber zurück zum Niederwald. Sie wissen, dass dieser aus bäuerlicher Nutzung entstanden ist nach dem Motto: viel Holz in kurzer Zeit. Wir brauchen dazu leistungsfähige, ausschlagsfähige Baumarten wie die Hainbuche oder die Eiche. Alle 15 bis 25 Jahre wurde hier genutzt. So ist die Nutzung über Jahrhunderte gewesen, früher nicht immer unter nachhaltigen Gesichtspunkten. Wenn man das auf heute überträgt, erkennt man verschiedene Eigenschaften, die sehr wertvoll sind: Dieser Wald ist sturmfest, dieser Wald ist kulturhistorisch interessant, er hat einen hohen Naturschutzwert, und er erlangt ökonomisch inzwischen eine vollkommen neue Bedeutung.
Die „Allgemeine Forstzeitschrift“ – die wirklich nicht verdächtig ist, ein reines Umweltblättchen zu sein – führt aus, dass im Holz eines Niederwaldbestandes von 1 ha Größe 61.000 l Heizöl als Energieäquivalent stehen. Meine Damen und Herren, das sind zwei volle Tanklastzüge, die 25 Einfamilienhäuser ein Jahr lang mit Heizöl versorgen könnten. Ich führe weiter aus, was die „Allgemeine Forstzeitschrift“ hierzu schreibt:
„Durch den Niederwald lässt sich eine gute Wertschöpfung in optimaler Weise mit landschaftsgestalterischen und naturschützerischen Aspekten verbinden.“
Auch die Landesregierung führt in ihren Empfehlungen für die Wiederbewaldung der Orkanflächen NRW – im Juni 2007 erst vorgelegt – aus und bestätigt, dass eine erhöhte wirtschaftliche Attraktivität für die Ernte von Forstbiomasse gilt, wenn Baumarten gewählt werden, die durch genügende Substanzproduktion in den ersten beiden Lebensjahrzehnten gekennzeichnet sind.
Meine Damen und Herren, dafür steht der Niederwald. Er ist eine Chance für zahlreiche Kleinwaldbesitzer – allein in meinem Heimatkreis, im Oberbergischen Kreis, sind es 19.000 – und gerade für schwierige Lagen, wo keine Weichholzplantagen möglich sind, die maschinell beerntbar sind. Niederwald ist eben eine Form des Energieholzanbaus.
Bei der Diskussion im Umweltausschuss hat man gemerkt, wie händeringend nach Argumenten gesucht wurde, die diesem Antrag fachlich entgegenzusetzen seien. Daher noch mal zwei, drei Aspekte:
Das LANUV selbst hat ausgeführt: Die Nährstoffbilanzverhältnisse sind überraschend gut im Niederwald.
Im Unterschied zur Standardaufforstung geht es nicht nur darum, einfach Bäume einzusetzen wie
bei einer normalen Laubholzaufforstung, sondern auch darum, die Ausschlagsfähigkeit der Gehölze zu berücksichtigen.
Selbstverständlich soll es den Waldbesitzern überlassen bleiben, wie sie sich entscheiden. Wir möchten ihnen nur eine zusätzliche Alternative bieten.
Und, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, es ist kein neues Förderprogramm notwendig. Wir brauchen eigentlich nur wenige textliche Ergänzungen. Förderung heißt beispielsweise auch Beratungen für Flächen, die sich wirklich dafür eignen.
Dieser Antrag stellt fachliche Gesichtspunkte, Chancen und Vorteile für Wald, Waldbesitzer und Natur gleichermaßen in den Vordergrund – weitab jeglicher Ideologie. Dieser Antrag wird von Förstern, Waldbesitzern und aus dem Naturschutz sehr positiv begleitet.
Sie brauchen gar nicht über Ihren Schatten zu springen. Sie brauchen nur zu zeigen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, dass Sie gute, fachlich fundierte Initiativen, die eine Chance darstellen, …
… auch wenn sie von der SPD kommen, im Interesse unseres Landes unterstützen. – Danke schön.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Darstellung, die Sie zu den Niederwäldern hier vorgetragen haben, die ja weitgehend den Beschreibungen unseres Antrags entspricht, im Zusammenhang mit der Darstellung von Herrn Pick, dass dies völlig substanzlos sei?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder von uns in diesem Saal, jeder in diesem Landtagsgebäude verbraucht in seinem Leben etwa 100 t Kalkstein, etwa 460 t Sand und Kies. Das stammt fast ausschließlich aus NordrheinWestfalen. Jährlich werden hier 70 Millionen t Lockergestein gefördert.
Meine Damen und Herren, das sind beeindruckende Zahlen. Jetzt haben wir nur ein Problem: Mineralische Rohstoffe werden bekanntlich in geologischen Zeiträumen gebildet, das heißt, sie sind nicht vermehrbar und selbstverständlich nur sehr begrenzt verfügbar. Sie stellen eine äußerst wertvolle Ressource in einem rohstoffarmen Bundesland dar.
Dieser Sachverhalt zieht sich wie ein roter Faden durch alle Aussagen und alle Antworten zur Großen Anfrage „Perspektiven für einen nachhaltigen Rohstoffabbau in NRW“. Ich treffe sicherlich auf keinen Dissens bei der Feststellung, dass wir uns – das ist ja auch bei meinen Vorrednern angeklungen – in Nordrhein-Westfalen sehr genau über unsere Strategie klar werden müssen, wie wir behutsam und nachhaltig mit diesen Ressourcen umgehen.
Bei der Gewinnung dieser Rohstoffe treffen wir zum Teil auf tiefe Konflikte mit anderen Ansprüchen der Daseinsvorsorge, zum Beispiel Gewässerschutz, sprich Trinkwasser, Bodenschutz, Natur- und Umweltschutz, aber auch die Landwirtschaft.
In der Antwort auf die Große Anfrage führt die Landesregierung aus – das habe ich heute schon vom Kollegen Ellerbrock gehört –: Abgraben heißt Nutzung auf Zeit. – Meine Damen und Herren, das ist zu einfach, denn bei Abgrabungen entstehen durchaus sehr persistente, also dauerhafte Folgewirkungen.
Ich möchte Ihnen das einmal am Beispiel des Grundwassers bzw. der Trinkwassergewinnung aufzeigen. Die Landesregierung stellt in der Antwort gerade diese Problematik besonders heraus. Sie sagt nämlich, es komme durch die Abgrabung zur irreversiblen Aufhebung der Pufferfunktion und der Aufbereitungsfunktion der Böden. Durch die Offenlegung des Grundwassers, also „Thema Baggersee“, gibt es drastische Änderungen in den Grundwasserständen. Wir haben ungehinderte Einträge von Schadstoffen aus der Atmosphäre, aber auch Abschwemmungseffekte und Veränderungen des Wasserchemismus in ganz deutlicher Form. Wir haben Summationseffekte. Gerade wenn Abgrabungen nebeneinander liegen, schaukeln sich die Veränderungen des Chemismus dadurch auf.
Ich weiß nicht, wo Herr Ellerbrock steckt, aber vielleicht sollte er sich das einmal anhören: Baggerseen sind nicht automatisch ökologisch hervorragende und funktionierende Gewässer. Das kennen wir nicht zuletzt aus dem Bereich der Ville mit kleineren Folgeseen aus Abgrabungen. Daraus können sich riesige Probleme im Wasserchemismus ergeben. Eine Seenplatte Niederrhein mit dem Ijsselmeer zu vergleichen, mit völlig anderen aquatischen Verhältnissen, ist schon abenteuerlich.
Ich kann es mir nicht erklären. Ich habe den Kollegen Ellerbrock sonst immer als wissenschaftlich eingeschätzt. Aber das ist eine spinnerte Idee.
Wollen wir denn den halben Niederrhein abgraben, um dort segeln zu können?
Dazu kommt noch eine weitere interessante Aussage, auch der Antwort der Landesregierung zu entnehmen. Darin steht nämlich – Zitat der Landesregierung –, dass zukünftige Grundwasserentnahmen im Niederrheingebiet zu erheblichen Nutzungskonflikten mit der Kiesindustrie führen oder umgekehrt. Andere Trinkwassergewinnungsgebiete stehen nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung. – Wir haben dort zum Teil hohe Nitratbelastungen.
Das heißt, wenn wir kein Trinkwasserrisiko in Nordrhein-Westfalen eingehen wollen – wir sind uns sicherlich einig, dass das saubere Trinkwasser einer unser wertvollsten und Hauptrohstoffe der Zukunft ist –, dann dürfen wir keinen Gedanken an solch eine verrückte Idee verschwenden,
größere Seen miteinander zu vernetzen. Das würde ein riesiges Risiko ergeben und uns die Trinkwassergewinnung unmöglich machen, denn man muss wissen: Offene Abgrabungsflächen, also Baggerseen, sind keine Trinkwassergewinnungsbereiche. Dort bildet sich Grundwasser nicht neu, sondern der Abstrom ist in der Regel größer als die Neubildungsrate. Sonst wäre das ziemlich einfach. Aber das muss man dabei natürlich wissen.
Selbstverständlich.
Herr Kollege Kuschke, ich kann es mir nur so erklären: Vielleicht ist er begeisterter Segler. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Meine Damen und Herren, die Konflikte sind deutlich, allein was das Trinkwasser und Grundwasser angeht.
Jetzt möchte ich noch kurz das Thema „natürliche Schutzgüter“ streifen. Wir haben erhebliche Konflikte, wenn wir uns die Lagerstätten anschauen, das heißt, potenzielle Abgrabungsbereiche bei Festgesteinen. Immerhin 20 % dieser Flächen entfallen auf Naturschutz-, FFH- oder Vogelschutzgebiete nach der EU-Richtlinie. Bei Lockergesteinen sind es 11 %. Hier werden noch einige Konfliktfelder auf uns zukommen.
Bei den tatsächlichen Abgrabungsbereichen gibt es sowohl bei Kalk- und Dolomitgesteinen – das ist insbesondere der Bereich Hellweg –, aber auch am Niederrhein bei Kiesen und Sanden erhebliche Konflikte mit hochsensiblen, hochgefährdeten und unersetzlichen Biotopen. Ich möchte nur beispielhaft Kalkmagerrasen, Kalkbuchenwälder, Sandmagerrasen und Feuchtheiden nennen. Das sind Bereiche, die man eben nicht in der Kompensation an anderer Stelle neu bilden kann, das sind uralte Kulturlandschaftslebensräume. Wenn die weg sind, sind sie weg.
Deshalb ist es zu einfach, zu sagen: Der ökologische Ausgleich funktioniert. – So einfach ist das nicht. Die Vollzugsdefizite sind zum Teil eklatant, wenn ich an die Zustands- und Erfolgskontrolle denke.
Allein der Blick in diese beiden Fachbereiche macht deutlich, dass es nicht weiterhilft, wenn wir in der Antwort butterweiche, unverbindliche Aussagen lesen wie – ich darf zitieren –: „Es werden raumverträgliche Konzepte zur Nutzung der Rohstoffpotenziale angestrebt, wobei ökologisch besonders sensible Bereiche vor einer Inanspruchnahme möglichst bewahrt werden sollen.“ Das reicht nicht aus.
Wir brauchen fundierte Konzepte mit klaren Vorgaben, die auf einer fairen und fachlich versierten Abwägung beruhen. Wir brauchen entsprechende Ausrichtungen im Landesentwicklungsplan bzw. Landesentwicklungsprogramm. Frau Ministerin, ich bin sehr gespannt, was uns dort aufgrund Ihrer Ankündigung erwartet. Wir werden – davon dürfen Sie ausgehen – diese Fachlichkeit einfordern und den Prozess kritisch, aber auch konstruktiv begleiten. – Danke schön.
Herr Kollege Schulte, habe ich das jetzt richtig verstanden? Sie schlagen also eine umfassende Prospektion in Nordrhein-Westfalen in Richtung Metallsuche – also Zink; natürlich zählen auch Blei, Kupfer und Mangan dazu – vor? Habe ich das so richtig verstanden?
Darf ich noch eine Nachfrage stellen? – Ihnen ist aber bekannt, dass die Lagerstätten natürlich längst erfasst sind und kartenmäßig vorliegen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NordrheinWestfalen ist ein Land mit einer reichhaltigen Natur und einem reichhaltigen Kulturerbe. Landschaften, die ihren ländlichen Charakter dem komplexen Zusammenwirken des bäuerlich wirtschaftenden Menschen mit den natürlichen
Standortbedingungen verdanken, wechseln ab mit stärker industriell geprägten Gebieten.
Die Eigenarten unserer Landschaften spiegeln gleichfalls die Traditionen der dort lebenden Menschen wider. So ergibt sich das abwechslungsreiche Bild unseres Landes mit seinen abgrenzbaren Regionen wie dem Bergischen Land, der Eifel, dem Niederrhein oder dem Münsterland. Daneben gibt es aber auch noch – das ist gut und sehr wichtig – Landschaftsteile, deren Natürlichkeit in hohem Maße erhalten geblieben ist. Aus unterschiedlichen Gründen hat sie der Mensch nur wenig beeinflusst und wenig verändert.
Diese relativ ungestörten Gebiete bewahren einen großen Anteil am natürlichen Erbe – insbesondere Tierarten und Pflanzengesellschaften, die Bestandteil der Natur sind, die sich ohne wesentliche Eingriffe des Menschen entwickeln. Schon hieraus ergibt sich: Solche Gebiete sind ökologische Schätze. Sie sind in einem dicht besiedelten, intensiv genutzten Land selten.
Es war sinnvoll und richtig, dass Rot-Grün, dass die alte Landesregierung konsequent den Nationalpark Eifel ins Leben gerufen hat. Hier sind neben den eben erwähnten Kriterien auch weitere entscheidende Gesichtspunkte erfüllt, nämlich Großflächigkeit und viel Potenzial zur Entwicklung der – merken Sie sich bitte dieses Stichwort – natürlichen Dynamik. Wir können heute sagen: Der Nationalpark Eifel ist auf einem guten Weg. Er sichert ein Stück unseres Naturerbes und bietet gleichzeitig ein umfangreiches Angebot an Naturerlebnissen und Umweltbildung.
Nun aber hat eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Landesministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz festgestellt, dass es einen weiteren Bereich in unserem Land gibt, der sich als Nationalpark eignet: das Siebengebirge.
Man müsste sich eigentlich uneingeschränkt freuen, Herr Minister, wenn in Ihrem Hause endlich bemerkt würde: Nordrhein-Westfalen verdient in der Tat mehr Naturschutz. Nordrhein-Westfalen muss Mut zu weiteren Nationalparks haben. Aber leider, meine Damen und Herren, erfolgt die Ernüchterung sogleich, wenn man sich die Einzelheiten näher anschaut.
Das insgesamt 1.000 Quadratmeter große Siebengebirge besitzt eindrucksvolle landwirtschaftliche sowie geologische Merkmale und beherbergt fast 1.600 Pflanzenarten. Das ist viel, jedenfalls mehr als in anderen Bereichen. Das Siebengebirge ist in der Tat ein Hotspot der Artenvielfalt. Ich
durfte selbst als Biologe dort einige Gutachten erstellen. Ich kenne das eigentlich sehr genau.
Ein wichtiger Grund liegt aber darin – jetzt hören Sie bitte genau zu –, dass diese Region eine uralte Kulturlandschaft ist. Sie zeigt jahrhundertelange menschliche Nutzung und Bewirtschaftungssysteme in allen Facetten: Weinberge, Gärten, Obstwiesen, Steinbrüche, Bergbau, Landwirtschaft und historische Waldnutzungsformen – all das in einer mosaikartigen Nutzung ergänzt durch Laubwälder. Das ist ein Hauptgrund für diese Artenvielfalt und damit auch für die ökologische Bedeutung des Siebengebirges. All das besitzt in der Tat Naturschutzqualität, und es gibt auch viele Naturschutzgebiete.
Das hat dazu geführt, dass es hervorragende Konzepte und Initiativen zur Pflege und Entwicklung dieser Kulturlandschaft gibt. So ist im Masterplan der Regionale das Siebengebirge mit dem Pleiser Ländchen als wertvoller Kulturlandschaftsbereich ausgewiesen, und im Zentrum steht dabei die Klosterlandschaft Heisterbach, eine der kulturhistorisch am besten untersuchten Bereiche im gesamten Rheinland.