Herr Kollege Groth, ich komme zu Ihren Ausführungen zum Nachtragshaushaltsgesetz. Ich habe mir gerade einmal den Kommunalrundbrief Ihrer Fraktion gegriffen. Unterschrieben wurde er damals noch von Frau Löhrmann und Rüdiger Sagel. Es ging um die Kommission, die Frau Prof. Färber geleitet hat. Darin schlagen Sie eindeutig vor, dass im Personalbereich massiv gespart werden muss. Sie wollten 20.000 Stellen abbauen. Sie wollten bei Versorgungsleistungen kürzen. Und jetzt kommen Sie mit solchen populistischen Dingen daher! Das geht nicht.
Frau Kollegin Kraft ist jetzt auch anwesend. Das veranlasst mich noch zu einer Bemerkung. Frau Kollegin Kraft, Sie haben am 20. Februar in voller Kenntnis des Rettungspaketes für die WestLB an dieser Stelle folgende Erklärung abgegeben:
„Wir bleiben für diese Gespräche offen. Wir wissen, dass es eine schwierige Situation ist. Aber es geht um unser Land. Daher muss es meines Erachtens möglichst gemeinsam an einem Strang ziehen.“
„Wir haben eine kurzfristige Rettungsaktion, die wir auch mittragen werden, mittragen müssen genauso wie die Anteilseigner, die Landschaftsverbände, die Sparkassen, aber auch die indirekt mitbetroffenen Kommunen.“
Also, Frau Kollegin Kraft: Versprochen – gebrochen. Die Verbände werden das aufmerksam registrieren; wir natürlich auch.
Eines kann ich Ihnen sagen: Mit einem solchen Zickzackkurs gewinnt man keine Sympathien. Wenn Sie so weitermachen, können Sie sich bald die 18 auf die Schuhsohlen pinseln. Davon bin ich fest überzeugt.
Ich komme zu dem, was Kollege Börschel vorhin gesagt hat. Ich muss es ganz kurz und holzschnittartig machen; ich habe nicht mehr Zeit. Herr Kollege Börschel, Sie haben gesagt, wir wollten an den Patriotismus der Opposition appellieren. Nach Ihrem Verhalten kann ich dazu nur eines sagen: Dass Sie keine Patrioten sind, haben Sie unter Beweis gestellt.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Als Nächster spricht der fraktionslose Abgeordnete Kollege Sagel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Manchmal wünscht man sich, dass bestimmte Mehrheiten zum Tragen kommen. Leider kommen sie nicht zum Tragen.
Herr Weisbrich, nur zur Erinnerung: Das war ein Kommissionsbericht und kein Fraktionsbeschluss. Mein Name steht auch nicht darunter. Von daher erzählen Sie wieder ziemlichen Unsinn.
Zur Sache: Wenn man den Finanzminister erlebt, der die Opposition als schizophren beschimpft, merkt man, wie groß die Nervosität auf der Regierungsbank bei diesem Thema mittlerweile ist. Es gibt keine Transparenz. Deswegen gibt es auch keinen Konsens, mit mir nicht, mit der Linken nicht, offensichtlich mit den anderen Fraktionen im Landtag auch nicht.
Herr Klein, ich kann Ihnen nur sagen: Die Bank ist noch lange nicht aus dem Feuer. Wir erleben die Situation, dass jetzt das Land finanziell bluten muss. Bluten müssen auch die Kommunen. Wir erleben, dass Milliarden im Landeshaushalt nachgeschossen werden sollen.
CDU und FDP, Sie reden davon, dass das beispielhaft sei, was jetzt passiere. Da kann ich nur sagen: Wenn Sie das, was Sie in den letzten drei Jahren, seitdem Sie an der Regierung sind, ver
schludert haben, als beispielhaft bezeichnen, wenn hier Milliarden auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verzockt werden, dann ist das abenteuerlich, was Sie hier behaupten.
Nur scheibchenweise kommt ans Licht, wie hoch die Verluste bei der WestLB in Wirklichkeit sind. Erst war von einem dreistelligen Millionen-Betrag die Rede; dann sollte es eine Milliarde sein. Mittlerweile ist es ein Risikoschirm von 5 Milliarden €. Wenn hier mit Bilanztricks – „Bilanztricks retten die WestLB“, hat das „Handelsblatt“ geschrieben – die Bank gerettet werden soll, indem man das Ganze ins Ausland verlagert, dann macht das nur eines deutlich: Das ist Flucht vor der deutschen Finanzaufsicht. Das steckt dahinter.
Wir haben erlebt, dass innerhalb der letzten sieben Jahre mit Herrn Stuhlmann der sechste Vorstandsvorsitzende der WestLB gehen musste. Das ist das, was wir hier bei der WestLB erleben. Das sagt auch etwas über die Kontinuität. Wir haben erlebt, dass der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Emmerich gehen musste. Wir haben erlebt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende, Rolf Gerlach, gehen musste, übrigens alles CDULeute. Das ist schon abenteuerlich, was hier passiert.
In Deutschland erleben wir, dass der Ministerpräsident in Sachsen, Milbradt, mittlerweile gehen musste; wir erleben, dass Herr Huber in Bayern als Finanzminister und CSU-Vorsitzender wackelt. Hier erleben wir ein Linssen-Grinsen auf der Regierungsbank. Herr Linssen tut so, als wäre nichts gewesen, obwohl gerade Milliarden verzockt worden sind – und das im Beisein der Regierung. Das ist das, was wir hier erleben.
auf die Kommunen Millionen-Ausfälle zukommen. Wir erleben auch, dass wir drastische Rückgänge bei den Gewinnausschüttungen haben. Wir erleben jetzt, dass die Landesregierung ein neues Sparkassengesetz durchsetzen will, bei dem sie einen Teil des Geschäfts der Sparkassen an sich zieht. Auch das erleben wir hier. Und wir erleben, dass das alles immer wieder zulasten der Kommunen gemacht wird.
Ich komme zum Schluss. – Von daher kann ich Ihnen nur sagen: Das, was Sie hier gemacht haben, ist alles andere als eine tatsächliche Lösung und als Transparenz – im Gegenteil: Es ist abenteuerlich. Es ist ein Desaster, was Sie hier angerichtet haben, und das alles zulasten der Steuer
Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Als Nächster hat sich noch einmal Herr Kollege Groth von Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, wenn Sie behaupten, wir hätten ein Interesse daran, dass das Risiko schlagend wird, dann ist das eine Unverschämtheit. Das weise ich mit Abscheu und mit Entschiedenheit zurück.
Das wäre ungefähr so, als wenn Familienväter aufstehen würden und sagen würden: Ich freue mich darüber, wenn die Kindergartenbeiträge steigen, oder ich freue mich darüber, wenn Bahne und Busse teurer werden, wenn die Schulen und Universitäten noch schlechter werden in Nordrhein-Westfalen und die Studiengebühren steigen. – Das ist Unsinn, Herr Finanzminister. Das wollen Sie der Öffentlichkeit einreden.
Wir werden sehr genau darauf achten, Herr Finanzminister – damit komme ich zum Schluss –, dass im weiteren Verfahren nicht wieder durch Zögern und Zaudern von Ihnen ein vernünftiges Restrukturierungskonzept vermasselt wird, dass uns am Ende die EU vorschreibt, dass wir die Bank verkaufen müssen und dass am Ende für den Verkauf der Bank nichts in der Landeskasse ist und wir das ganze Asset verloren haben.
Herr Finanzminister, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, darauf werden wir achten. Wir lassen uns die Sparkassen nicht kaputtmachen. Wir reden auch diese Bank nicht schlecht. Sie haben sie vor den Abgrund geschoben, nicht wir.
Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Dr. Linssen zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das letzte Wort von Herrn Groth war: Wir lassen uns die Sparkassen nicht kaputtmachen. – Ja, wenn Sie dem Schirm nicht zustimmen und dieses Parlament mit seiner Mehrheit nicht zustimmen würde,
Ich habe mich gemeldet, weil ich noch ein paar Worte zu Herrn Börschel verlieren möchte, weil er das Thema Cayman Islands und Dublin hier noch einmal vorgeführt hat – nach dem sehr billigen Motto: Darauf werden die Leute schon abfahren, denn man weiß, Cayman Islands ist ein Steuerparadies. Herr Börschel, Sie wissen ganz genau – wir haben zigmal versucht, Ihnen das zu erklären –, dass es deshalb passiert ist, weil die Kompetenz und die Expertise, so wie es Ihnen die Experten auch erklärt haben, in Dublin oder sogar auf den Cayman Islands zuhause sind und deshalb auch die Bundesregierung die Verbriefung der Postpensionen in Dublin hat vonstatten gehen lassen. Das wissen Sie alles sehr genau, denn so klug sind Sie, Herr Börschel. Trotzdem versuchen Sie hier, mit dieser ganz billigen Methode irgendwelche Emotionen zu erregen.
Sie haben auch Herrn Bartsch aus dem Protokoll nicht vollständig zitiert. Es tut mir leid: Wenn Sie etwas vortragen, tragen Sie es bitte in Zukunft geschlossen vor, damit sich das Parlament auch die richtige Meinung über die Zitate bilden kann!
Im Übrigen muss Sie doch schließlich überzeugen, selbst wenn Herr Bartsch gesagt hat, da haben Sie die BaFin vor der Tür – so haben Sie das zitiert –: Das ist deshalb so, weil sich die BaFin wegen der Bankeigenschaften von solchen Gesellschaften sehr schwer tut. Da gibt es einschlägige Urteile. Ich glaube, das wissen Sie auch. Und Herr Sanio – fragen Sie ihn bitte! – hat uns den guten Rat gegeben: Geht entweder auf die Cayman Islands oder geht nach Dublin, weil ihr es mit der Expertise in der Schnelligkeit nirgendwo anders hinbekommt!
Sie haben dann erwähnt, wir müssten eine eigene Einheit etablieren. Ja, bei 23 Milliarden muss man sehr sorgfältig aufpassen. Es ist angekündigt, dass wir selbstverständlich die Gesellschaft, die das managt, auch durch eigene Leute kontrollieren lassen.
Dann haben Sie als weiteren Punkt angeführt, im Nachtragshaushaltsentwurf heiße es: keine Kosten. Und Herr Groth hat auch wieder gesagt, es werde sicherlich noch ein zweiter Nachtrag vorgelegt werden müssen. – Den haben wir mit der Vorlage des ersten Nachtragshaushalts angekündigt, weil wir Ihnen genau erklärt haben – Sie wissen es, und trotzdem tragen Sie etwas anderes vor –,
dass PIMCO Allianz als Asset-Manager dabei ist, das Portfolio zu strukturieren und zu modellieren, und wir dann zuverlässiger sagen können, ob und gegebenenfalls mit welchem Betrag wir haushaltsmäßig Vorsorge treffen müssen.
Herr Börschel, Sie haben versucht zu insinuieren, dass der Schirm nicht das Einzige sei, sondern Unheil auch über andere Dinge auf die Sparkassenlandschaft zukäme. Sie haben das Sparkassengesetz erwähnt. Ich erwähne das Geschäftsmodell, die Restrukturierung, den Konsortialvertrag, das neue Management – alles, was wir in den letzten Wochen nach vorne gebracht haben. Natürlich ist es im Interesse des Landes, das einen solchen Schirm gibt – 3 Milliarden € über die quotale Beteiligung anderer hinaus –, auch andere Punkte zu regeln. Wir tun es im Konsens – Sie werden es erleben – mit den von Ihnen Zitierten.
Wenn Sie das aufregt und Sie deshalb glauben, nicht zustimmen zu können, dann ist das schade. Wir werden damit leben müssen, und wir werden diese Unterstützung den Kommunen und den Sparkassen geben. – Herzlichen Dank.