Es geht nicht darum, bestimmte Förderungen von Produktionen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern darum, dass die Bauern am Markt auf gleicher Augenhöhe mit den Abnehmern handeln können. Der Minister muss endlich darlegen, wie das für Nordrhein-Westfalen geregelt werden soll, gerade für die benachteiligten Mittelgebirgsregionen. Da ist in der Vergangenheit eher das Gegenteil passiert. Das Festmistprogramm wurde abgeschafft, die Grünlandförderung deutlich reduziert. Wie soll die Zukunft für die mittelständische bäuerliche Landwirtschaft gerade in NordrheinWestfalen aussehen? Ist die Perspektive tatsächlich die Aufforstung dieser gewachsenen Kulturlandschaft, wenn die Betriebe dann letztlich verschwinden? Darauf gibt der Minister keine Antwort.
Die Aktionen der Milchbauern zeigen, dass wir eine Diskussion über die Neuordnung am Agrarmarkt brauchen. Die Kappung der Beihilfen gerade für Großbetriebe ist ein erster richtiger Schritt. Angesichts der gestiegenen Agrarpreise können die Großbetriebe ohne staatliche Unterstützung, ohne Subventionen leben. Wir brauchen aber auch endlich eine ehrliche Debatte darüber, was wir und welche Leistungen die öffentliche Hand von der Landwirtschaft fordern, welche Unterstützung wir den Bauern geben, um am Markt bestehen zu können. Genau das will der Umweltminister offensichtlich nicht.
Wir fordern Sie heute auf: Herr Uhlenberg, seien Sie kein Minister für bestimmte Teile der Bauern, sondern ein Landwirtschaftsminister für alle Bauern!
Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die zweite antragstellende Fraktion, die SPD, hat Frau Watermann-Krass das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorgestern konnte ich mir auf der Kundgebung des BDM, des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, selbst ein Bild davon machen, wie die Stimmung bei den Milchbauern und der Molkerei Humana im Kreis Warendorf ist. Dieser bislang einmalige Milchstreik hat es geschafft, in allen Medien auf das Problem unserer Bauern aufmerksam zu machen. Selbst Herr Möllers, Vorsitzender des Deutschen Landwirtschaftsverbands, hat dies den Bauern auf der Kundgebung anerkennend zugestehen müssen.
Nur zögerlich hat sich der Bauernverband dieser Forderung des BDM angeschlossen. Deshalb war der Applaus für den Verbandsvertreter auf der Veranstaltung auch sehr verhalten.
hat zu dieser Aktion noch gar nichts gesagt, sondern am 29. April eine gemeinsame Presseerklärung mit den beiden Landwirtschaftsverbänden zur linearen Verteilung der Milchquote herausgebracht. Als eines der ersten Bundesländer war NRW für die Abschaffung der Milchquote. Als der Preis dann im letzten Jahr stieg, wurde die Milchquote erhöht. Diese Erhöhung durch die EU ließ die Preise fallen. Dieser Mechanismus treibt die
Bauern in den jetzt herrschenden Streik. Die deutschen Milchbauern, vor allem die zu 48 % beim BDM organisierten Bauern schätzen ihre Lage richtig ein. Helfen können sie sich nur selbst.
Bevor ihre Existenz in Gefahr ist, sehen die Milchbauern nur noch eine Möglichkeit, den Milchstreik. Sie wollen mit ihrer Milch die Molkereien und den Handel unter Druck setzen. Sie wollen, dass die Milch nun knapp wird und dass dadurch die ersten Gespräche mit Molkereien und Lebensmittelhandel stattfinden. Diese haben inzwischen stattgefunden.
Herr Uhlenberg, hier sind Sie nun gefordert. Wo stehen Sie? Wollen Sie dem Konflikt weiter zuschauen? Sie betonen immer wieder, dass Sie im ständigen Dialog mit den Landwirten stehen. Aber was haben Sie dabei schon erreicht? Sie können nicht in die Märkte eingreifen, aber Sie können sich als Vermittler und Moderator anbieten. Was haben Sie unternommen? Hier ist endlich eine klare Position des Landwirtschaftsministers gefordert.
Milch ist keine Cola. Milch ist ein Naturprodukt mit Reinheitsgarantie. Es ist das Produkt einer Kuh.
Je schonender der Landwirt bei der Herstellung dieses Produktes verfährt, desto teurer ist seine Produktion, desto teurer ist am Ende der Liter Milch. Dagegen ist das Erfrischungsgetränk eine Mischung aus Zuckerwasser und Geheimrezeptur, nur ein Gegenstand, mit dem eine Menge Geld verdient wird.
In der Einkaufspraxis der großen Lebensmittelketten und Discounter und auch mancher großer Molkereien wird dieser Unterschied zwischen diesen Produkten auch nicht gesehen. Es geht um Mengen, Margen und Märkte. Deshalb sind die Preise, die die Milchbauern zurzeit für das Produkt ihrer Milchkühe bekommen, nicht kostendeckend.
Wir müssen klar machen: Was ist uns der Liter Milch wirklich wert? Sind die jetzt geforderten Milchpreise für alle Standorte, auch für die Mittelgebirgslagen, ausreichend? Oder braucht eine flächendeckende Landwirtschaft dafür gezielte Landesförderprogramme? Welche Perspektiven haben Sie für die Milchwirtschaft in NordrheinWestfalen?
ger ist die Forderung der Bauern, 43 Cent pro Liter Milch, verständlich. Für eine vierköpfige Familie wäre dies eine Belastung von 1 € pro Woche. Eine Flasche Cola weniger, und der höhere Preis für die Milch wäre bezahlt. Dies wäre für die Familie gesünder und für die Bauern existenzsichernd.
Die Forderungen der Milchbauern nach fairen Preisen sind berechtigt. Die Verbraucher und Verbraucherinnen haben ein großes Interesse daran, dass ihre Milch von mittelständischen Bauern produziert und regional verarbeitet wird. Und sie sind bereit, die Landwirte dafür zu entlohnen, dass sie zum Erhalt der Kulturlandschaft beitragen. Modellprojekte wie die Ihnen sehr wohl bekannte Molkerei Upländer zeigen eindeutig, dass Verbraucher bereit sind, einen Preisaufschlag zu zahlen, wenn dieser direkt bei den Milchbauern ankommt.
Wir erwarten von Ihnen, Herr Minister, dass Sie sich in diesen Fragen als wirklicher Landwirtschaftsminister positionieren und auch agieren. Wir fordern ein Rezept für eine nachhaltige Milchproduktion in Nordrhein-Westfalen. Dies gilt vor allem auch wegen der neuen Reformvorschläge der EU-Kommission. Die Milchbauern in Nordrhein-Westfalen brauchen eine Perspektive, wie die Milchproduktion nach einem Wegfall der Milchquote im Jahr 2015 gesichert werden kann. Denn eins ist klar: Der Übergang in den freien Milchmarkt braucht unsere ganze Aufmerksamkeit und auch kritische Begleitung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Watermann-Krass. – Für die CDUFraktion erhält das Wort der Herr Abgeordnete Ortgies.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als gelernter Landwirt – vor vielen Jahren hatte ich auch einmal einen Milchvieh haltenden Betrieb – verstehe ich sicherlich den Zorn und die Aufregung meiner Berufskollegen, der Milchviehhalter. Einen derartigen Proteststurm hat es lange nicht gegeben, einen Proteststurm, der im wahrsten Sinne des Wortes an die Substanz, an die Existenz der Betriebe geht. Und die spontane Reaktion der hier anwesenden Landwirte – wir haben gerade vor der Tür des Landtages mit einigen Betroffenen diskutiert – zeigt auch die Entschlossenheit der Milchviehhalter.
Wir hatten im letzten Jahr ein kurzfristiges Hoch bei den Milchpreisen. Ich erinnere an Äußerungen aus den Reihen der Opposition, als Sie sich damals große Sorgen um die Versorgung der Bevölkerung machten, damit auch lange noch billige Nahrungsmittel zu kaufen seien. Wir haben damals gehofft, dass die Zeit der billigen Nahrungsmittel nun endlich vorbei ist und dass die Landwirte dauerhaft einen kostendeckenden Preis erhalten. Das hat sich leider nach nur wenigen Monaten als Fehlschluss erwiesen.
Der Handel hat die erstbeste Gelegenheit genutzt, aufgrund höherer Anlieferung die Preise rigoros zu drücken. Kann sich jemand hier im Raum vorstellen, was es heißt, dass quasi über Nacht die Milchpreise um ca. 30 % gedrückt wurden? Molkereien senkten den Abgabepreis um 16 Cent. Der Handel hat 12 Cent weitergegeben an die Verbraucher, 13 Cent hat er sich schon einmal in die Tasche gesteckt. Das bedeutet nicht eine Einkommensminderung um 30 %, das bedeutet schlichtweg für die meisten Betriebe einen Rückgang auf null oder sogar ins Minus. Die Betriebe verdienen nichts mehr. Die Landwirte können ihre Familien kaum noch ernähren, und sie können auch nicht mehr investieren. – Und das bei einer täglichen Arbeit im Stall und im Melkstand an 365 Tagen im Jahr – auch an Heiligabend, Weihnachten und Neujahr!
Wer von uns, welcher Beschäftigte würde sich so etwas gefallen lassen? Eine 40-Stunden-Woche und sechs Wochen Urlaub sind für Landwirte traumhafte Vorstellungen. Deswegen wundere ich mich über die Tendenz der Anträge von Rot-Grün, die heute beraten werden. Das wichtigste Anliegen der Grünen scheint zu sein, dem Umwelt- und Landwirtschaftsminister wieder einmal etwas ans Zeug zu flicken. Das stand obenan. Ich werde das gleich noch vertiefen.
Die größte Sorge der SPD ist anscheinend, dass die Verbraucher zu viel für Milch bezahlen sollen und dass die Versorgung nicht gesichert sei. Sie argumentieren völlig an den eigentlichen Interessen vorbei.
Meine Damen und Herren, die Politik kann nicht – erst recht nicht die Landespolitik – landwirtschaftliche Erzeugerpreise bestimmen. Das wissen alle Beteiligten; das wissen auch die Menschen, die heute demonstrieren. Wir können die Rahmenbedingungen verbessern und wir wollen uns dafür stark machen, dass diese Verbesserung der
Dieser Landwirtschaftsminister hat in den ersten drei Jahren seiner Regierungszeit mit der Unterstützung der Fraktionen von CDU und FDP die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichen Betriebe verbessert. Wir haben erst einmal dafür gesorgt, dass die ideologische Verblendung der Vorgängerregierung – besonders der ehemaligen Ministerin – seit drei Jahren der Vergangenheit angehört.
(Beifall von CDU und FDP – Svenja Schulze [SPD]: Dann wird jetzt demonstriert, weil sich alles verbessert hat?)
Frau Schulze, es hat keine Zukunft, an Idealvorstellungen der guten alten Zeit festzuhalten, wie sich das manche wünschen und wie das in Kinderbüchern der 60er-Jahre steht. Das passt nicht zusammen.
Wir haben uns immer zu einer unternehmerisch arbeitenden Landwirtschaft bekannt. Wir haben dafür – ich komme zu unseren Unterstützungsmaßnahmen für die natürlichen Grünlandgebiete, für die Mittelgebietsbereiche und für die benachteiligten Gebiete – besondere Fördermaßnahmen ohne Scheuklappen beschlossen.
Wir sind massiv – ich betone das ausdrücklich unter dem Eindruck der Diskussion, die wir eben vor der Tür geführt haben – gemeinsam gegen die Quotenerhöhung der EU angegangen, die letztlich der Auslöser der jüngsten Preissenkungen war. Leider hat sich eine andere Mehrheit durchgesetzt. Die Befürchtung eines Preisrückganges, die viele hatten, ist wahr geworden.
Ich begrüße ausdrücklich, dass sich der Landtag heute mit dem Milchbauernstreik befasst. Allerdings sind die Vorwürfe an den Minister absurd. Den Vorwurf von Herrn Remmel, wir wünschten eine Marktbereinigung, halte ich schlichtweg für eine Unverschämtheit.
Kein Minister hat sich so für den landwirtschaftlichen Berufsstand eingesetzt wie Eckhard Uhlenberg. Herr Remmel, ich erinnere mich noch an Ihre hämischen Kommentare vor ein bis zwei Jahren, in denen der Minister vor allen Dingen als
Meine Damen und Herren, die Fraktionen von CDU und FDP haben volles Verständnis für den Lieferboykott, der den Betroffenen nicht helfen wird. Das wissen sie; vielleicht können das auch manche Kolleginnen und Kollegen schon nicht mehr hören.
Ich glaube: Erzeuger, Verbände und Politik müssen zusammen versuchen – das unterstreiche ich ausdrücklich –, das Mengenproblem in den Griff zu bekommen: zu viel Milch, in anderen Bereichen zu viel Fleisch, ein zu hohes Angebot ist ein Hindernis für angemessene Preise. Hieran muss solidarisch gearbeitet werden. Es gibt interessante Vorschläge aus den Reihen der Milchviehhalter. Es wird schwer; das weiß ich.
Noch einige Worte zur viel diskutierten Milchquote, die ab 2014/2015 abgeschafft werden soll: Ich glaube nicht, dass diese Diskussion hilft, wenn sich einige große und sehr große Milchproduzenten nicht dafür interessieren.
Ich erinnere daran, dass sich die Milchpreise auch mit der Quote in fast allen Jahren auf einem niedrigen, teilweise ruinösen Niveau befanden. Ich glaube und hoffe, dass die jetzige Aktion der Landwirte endlich einmal der Abnehmerseite die Augen öffnet. Wenn Molkereien und Handelsunternehmen Nahrungsmittel immer wieder als Lockmittel zu Dumpingpreisen anbieten, ist das der eigentliche Skandal.