Ich erinnere daran, dass sich die Milchpreise auch mit der Quote in fast allen Jahren auf einem niedrigen, teilweise ruinösen Niveau befanden. Ich glaube und hoffe, dass die jetzige Aktion der Landwirte endlich einmal der Abnehmerseite die Augen öffnet. Wenn Molkereien und Handelsunternehmen Nahrungsmittel immer wieder als Lockmittel zu Dumpingpreisen anbieten, ist das der eigentliche Skandal.
Dieses Signal ist schon jetzt durch den Lieferboykott in der Öffentlichkeit angekommen. Dieser Erfolg darf nicht unterschätzt werden. Die Medien und die Verbraucher sind mehrheitlich aufseiten der Bauern. Ich hoffe, sie werden das auch bei ihren Kaufentscheidungen sein. Ein Skandal ist, dass es in Deutschland europaweit die niedrigsten Lebensmittelpreise bei gleichzeitigen Milliardengewinnen von ALDI, Lidl usw. gibt. Das ist unmoralisch gegenüber Erzeugern und Verbrauchern.
Die Balance scheint aus dem Ruder geraten zu sein. Es kann und darf nicht sein, dass ein ganzer Berufsstand vor die Hunde geht, weil der Handel den Milchüberhang für die Ausweitung seiner Gewinnspanne rigoros ausnutzt. Milcherzeuger, Molkerei und Handel sollten diesen Protest nutzen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle kämpfen mit hohen Energiepreisen. Wir haben über EEG, KraftWärme-Kopplung und Ökosteuer diskutiert. Die Landwirte sind doppelt betroffen: nicht nur direkt in ihren Betrieben, sondern auch bei den Düngemitteln, auf die sich diese hohen Energiepreise auswirken. Ich kann den Frust der Landwirte verstehen, dass keine leistungsgerechten Preise gezahlt werden. Das ist unbefriedigend und kann so nicht weitergehen. Ich habe Verständnis für die Forderung der Landwirte nach leistungsgerechten Preisen.
Meine Damen und Herren, es gibt drei Partner: die Landwirte, die Molkereien und der Handel. Für die FDP kann ich sagen: Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Gespräche jetzt erst zögerlich anfangen, bislang aber ohne Ergebnis geblieben sind.
Mich erstaunt, dass der Handel erst jetzt gesprächsbereit ist. Mich erstaunt mehr noch, dass die Molkereien Termine verschieben. Mich erstaunt noch mehr, dass die Geschäftsführer der Molkereien, die auf der Gehaltsliste der Milchbauern stehen, die Gespräche verschieben.
An dieser Stelle sind die Milchbauern aufgefordert, mit ihren eigenen Angestellten eine deutliche Sprache zu sprechen und dem Geschäftsführer der Molkerei zu sagen, wo die Milchkanne steht, von der er abhängig ist. Das müssen die Milchbauern tun und machen sie, glaube ich, auch.
Meine Damen und Herren, die Öffentlichkeit ist durch die Demonstrationen problembewusst geworden. Das ist gut so. Die Bevölkerung hat auch Sympathie für die Landwirte. Das ist noch besser. Aber – das sage ich auch ganz bewusst gegenüber den Landwirten, die draußen demonstrieren –: Vorsicht, nicht den Bogen überspannen! Das könnte nämlich die Solidarität zwischen den Verbrauchern und den Landwirten existenziell gefährden.
In diesen Tagen beginnt die UN-Welternährungskonferenz. Dort wird darüber diskutiert, wie 850 Millionen Menschen, die hungern, in Brot ge
bracht werden können. Meine Damen und Herren, es ist einfach nicht zu vermitteln, dass Landwirte Lebensmittel vernichten, während anderswo Hunger herrscht. Das ist einfach eine Tatsache.
Die Landwirte sind schlecht beraten, wenn sie auf PR-Manager hören und von einer tollen Aktion sprechen. Ich halte es für unverantwortlich und letztendlich für unmoralisch, wenn Lebensmittel vernichtet werden. Das muss aufhören!
Meine Damen und Herren, ich habe Verständnis für die Blockade von Molkereien, um Zorn zu zeigen. Das darf aber nicht in Nötigung ausarten. Es gibt nämlich viele Leute, die anliefern wollen, vielleicht auch aus ethischen Gründen, weil sie nicht hinnehmen wollen, Lebensmittel zu vernichten. Man muss zugestehen, dass solche Blockaden einen schweren Eingriff in die Berufs- und Bewegungsfreiheit bedeuten. Solche Art von Gewalt ist nicht Art der Landwirtschaft. Ich bin froh, dass die Landwirte selbst das erkannt haben.
Als Verbraucher müssen wir uns fragen, ob es richtig sein kann, Menschen um ihr Lebensmittel Milch in Unruhe zu versetzen, dass Familien Angst haben, Milch zu bekommen. Kann es – das empfinde ich als noch gravierender – richtig sein, dass Versorgungsengpässe für Schulmilch konstruiert werden? Schulkinder sind doch die Kunden von morgen.
Ich habe auch wenig Verständnis dafür, dass Landwirte selbst Regale leer kaufen und dann zeigen, dass die Regale leer sind, während man natürlich auch sagen muss, dass viele Landwirte die so in den Supermärkten gekaufte Milch an Tafeln spenden und Kindergärten weitergeben. Das ist zwar eine gute Sache; wir müssen aber vorsichtig sein und dürfen den Bogen an dieser Stelle nicht überspannen.
Meine Damen und Herren, für die FDP sage ich: Unser Leitbild ist der unternehmerische Landwirt. Wir sagen Nein zu einem dirigistischen Eingriff, wie ihn Frau Höhn jetzt etwa mit dem EUMilchausgleichsfonds fordert. Wir wissen alle noch um die Milchseen und Butterberge. So etwas soll doch keine fröhlichen Urständ feiern.
Wir sagen: Landwirte solidarisiert euch, ihr seid eigenverantwortlich handelnde Unternehmer! Schließt euch zusammen! Ihr habt das Recht, mit dem Handel und vor allen Dingen mit den Molkereien auf Augenhöhe zu verhandeln. Klärt aber zuerst das eigene Gebiet ab! Klärt die Angelegenheit mit den Molkereien! Es kann nicht richtig
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe den Unmut unserer Milcherzeuger und unterstütze ausdrücklich die Forderung nach einem fairen Preis, um die Existenz unserer Milchviehbetriebe in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus zu sichern.
Im Laufe der letzten Jahre war es Praxis der Discounter, Milch verbilligt abzugeben, sozusagen als Lockmittel unter Einstandspreis einzusetzen, um über diesen Weg andere Produkte zu verkaufen. Der Milchpreis wurde künstlich nach unten gedrückt, um die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Geschäfte zu holen. Dieser Weg ist nicht akzeptabel.
Ich sehe, was die Preisdiskussion angeht, ein breites Verständnis bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die heimische Landwirtschaft wollen. Die Menschen wissen, dass dies nur dann gewährleistet ist, wenn unsere Bauern ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte, die zurzeit geführt wird, ist nicht nur für unsere Bauern in Nordrhein-Westfalen wichtig, sondern genauso wichtig für 18 Millionen Verbraucher in Nordrhein-Westfalen. Wenn die 8.000 Milchviehbetriebe in Nordrhein-Westfalen zusammenbrechen und es bei uns keine Milchproduktion mehr gibt, sind auch die Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Verliererseite.
Deshalb gibt es – das geht aus allen Umfragen hervor – für einen sinnvollen Protest die entsprechende Unterstützung von Verbraucherseite.
Wir müssen aber auch sagen, meine Damen und Herren: Politik kann und will keine Preise vorgeben. Das ist Sache der Marktpartner. Meine Aufgabe ist es, vernünftige Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln zu schaffen und mich für den fairen Umgang miteinander einzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es dürfte auch jetzt im Interesse aller Beteiligten liegen, schnell zu einem guten Verhandlungsergebnis zu kommen. Ich sehe nämlich auch die Gefahr, dass durch den Streik für unsere Milcherzeuger und Molkereien erheblicher Schaden angerichtet wird, auch für unsere Bauern selber in den Betrieben, die auf die Milcheinnahmen dringend angewiesen sind.
Ich begrüße es daher sehr, dass am Montagabend die Gespräche zwischen dem Bauernverband, dem BDM, dem Milchindustrieverband und dem Handel aufgenommen worden sind. Selbst wenn bisher noch keine konkreten Ergebnisse bekannt geworden sind, so zeichnet sich doch eine gewisse Bereitschaft des Handels zu neuen Preisverhandlungen ab. In der jüngsten Stellungnahme des BDM, der ein Spitzengespräch mit dem WLV geführt hat, ist dort nachzulesen, dass der LEH, also der Lebensmitteleinzelhandel, in der Pflicht ist und es in der Hand hat, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Engpässe bei der Versorgung mit Milchprodukten befürchten müssen und die Situation nicht weiter eskaliert. Deshalb fordern sie ein Konzept, damit das wirklich auf den Punkt gebracht wird, dass man aufeinander zugeht und möglichst schnell zu einem Ergebnis kommt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Position – das sind nur die wesentlichen Punkte – habe ich in den letzten Tagen auch bei vielen Gesprächen im Land vertreten. Bereits am Sonntag habe ich die Veranstaltung unserer NRWMilchwirtschaft zum Internationalen Tag der Milch genutzt und Gespräche mit den Landwirtschaftsverbänden, den Molkereien und natürlich auch mit den Vertretern der Landwirte – dem WLV, des RLV und des BDM – geführt. Am Montag habe ich mich mit meinen Länderkollegen und mit Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer auf einer Sonderagrarministerkonferenz zur Lage in Berlin beraten und in einer Pressekonferenz die Strategie der B-Länder dargelegt.
Im Übrigen kümmert sich der Landwirtschaftsminister – für die Worte des Abgeordneten Ortgies darf ich mich recht herzlich bedanken – seit seinem Amtsantritt um die Belange der Milcherzeuger in Nordrhein-Westfalen. So habe ich mich zum Beispiel schon vor einigen Wochen mit einem Schreiben an die großen Discounter gewandt und den Handel gemahnt, seine Strategie noch einmal zu überdenken und mit der Rolle als Bindeglied zwischen Verbrauchern, Molkereien und
Erzeugern bei den Verhandlungen sehr verantwortlich und kooperativ umzugehen. Dass ich solche Briefe nicht gleich an die Öffentlichkeit gebe, unterscheidet sicherlich unseren Politikstil, Herr Abgeordneter Remmel.
Schon im letzten Jahr habe ich in NordrheinWestfalen einen Milchgipfel mit dem Berufsstand veranstaltet, um die Probleme der Milchviehhalter zu analysieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Am Ende haben wir mit den Verbänden ein gemeinsames Positionspapier verabschiedet. Es geht uns darum, dass es in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft eine flächendeckende Landwirtschaft gibt und sie insbesondere an den Grünlandstandorten, an den schwierigen Standorten in Nordrhein-Westfalen, in den Mittelgebirgslagen, erhalten bleibt.
Das können Sie herunterreden, weil es Ihnen politisch nicht in den Kram passt. Aber es ist schon eine besondere Leistung, dass wir gemeinsam mit Bundesminister Seehofer ein Schulmilchprojekt in Höhe von 9 Millionen € in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht haben,
um den Schulmilchabsatz zu fördern. Wenn Milch verkauft wird, wirkt sich das auch positiv auf die Preise aus. Dass Sie dagegen sind, Herr Remmel, dass wir in die Schulen gehen, haben Sie gerade deutlich gemacht. Dafür tragen Sie die Verantwortung; das ist nicht meine Position.
Im Bergischen Land arbeite ich mit der Kreisbauernschaft, der Biologischen Station und dem Naturpark an einem Projekt mit dem Arbeitstitel: Milch macht Landschaft. Hier soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern vermittelt werden, dass die Milchviehhaltung gerade in den Mittelgebirgsregionen zum Landschaftserhalt beiträgt und die Milch ihren Preis wert ist.
Noch einmal: Wir haben den Vorrang für die Milchbauern bei der einzelbetrieblichen Förderung in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Ich bleibe dabei, dass dies wichtig ist, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe in Nordrhein-Westfalen zu stärken.