leidet der Agrarstandort Nordrhein-Westfalen. Deswegen sind diese notwendigen Entscheidungen umgesetzt worden.
Meine Damen und Herren, die Botschaft ist klar und eindeutig: Die Landesregierung lässt die Milcherzeuger auch in dieser Situation nicht im Stich. Ich befinde mich in einem permanenten Gespräch mit allen Beteiligten. Auch morgen findet wieder ein gemeinsames Gespräch mit allen Beteiligten statt.
Insbesondere die Rede des Herrn Abgeordneten Remmel ist schon etwas abenteuerlich. Herr Abgeordneter Remmel, Ihnen geht es doch nun wirklich nicht um die Landwirte.
Das haben Sie durch viele Reden in den vergangenen drei Jahren im Landtag deutlich gemacht. Sie waren gegen jeden Antrag, bei dem es um die Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft ging. Ihnen geht es um blanke Polemik und um nichts anderes. Sie bekämpfen die Politik der Landesregierung. Deswegen sind Sie für mich auch in dieser Frage kein verantwortlicher Gesprächspartner. Ihnen geht es um die Polemik und nicht um die Milchbauern in Nordrhein-Westfalen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal die Chance nutzen, dem Bund Deutscher Milchviehhalter zu danken: Sie haben etwas geschafft, was für die Diskussion unglaublich wichtig ist, denn Sie haben eine Diskussion darüber in Gang gebracht, welchen Preis qualitativ hochwertige Lebensmittel haben müssen. Sie haben deutlich gemacht, dass Milch eben nicht im Supermarkt wächst, sondern dass dahinter Strukturen stehen, die es zu erhalten gilt und die man fördern muss. Dafür an dieser Stelle erst einmal herzlichen Dank.
In dieser Diskussion sind mir zwei Sichtweisen wichtig: Auf der einen Seite müssen wir uns um die Verbraucherinnen und Verbraucher kümmern, die die Sicherheit brauchen, dass das hochwertige Lebensmittel Milch verfügbar ist und dass es nicht zu leeren Regalen kommt. Der BDM hat sehr verantwortungsbewusst gehandelt; bis jetzt musste noch niemand auf Milch verzichten.
Trotzdem ist der Druck angekommen – das ist die zweite Sichtweise. Er ist nötig, weil es einen massiven Preisdruck auf dem Lebensmittelmarkt gibt, der nicht durch die lebensmittelproduzierenden Landwirte erzeugt wird, sondern von ganz wenigen großen Akteuren des Lebensmittel- und Einzelhandels. Sie bestimmen die Preise und nicht diejenigen, die die Lebensmittel produzieren.
Das führt zu keinem guten Ergebnis für die Verbraucherinnen und Verbraucher und auch nicht für die Landwirte. Das permanente Bestreben nach „billig, billig und nochmals billig“ führt zwangsläufig zu weniger Qualität. Denn Qualität macht auch aus, wie ein Produkt hergestellt wird, wie es mit dem Erhalt regionaler Arbeitsplätze und dem Erhalt der Kulturlandschaft aussieht. Das kann nur gewährleistet werden, wenn für dieses Produkt ein angemessener Preis gezahlt wird.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit, angemessene Preise zu zahlen. Es gibt ein schönes Beispiel, nämlich die Upländer Bauernmolkerei. Herr Jacobi ist nicht verdächtig, Sozialdemokrat zu sein.
(Minister Eckhard Uhlenberg: Er ist Christ- demokrat! – Minister Karl-Josef Laumann: Ein kluger Mann!)
Er hat einmal untersuchen lassen, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit wären, fünf Cent mehr für seine Milch zu zahlen. Alle haben ihm gesagt, dass bei dieser Erhöhung ungefähr 20 % der Leute abspringen würden. Er hat den Preis für seine Milch trotzdem um fünf Cent für den Einklang mit der Natur, damit wirklich ordentlich gearbeitet werden kann, und für die Stärkung der heimischen Wirtschaft erhöht. Im Ergebnis hatte er nicht verloren, sondern 30 % mehr Kundinnen und Kunden gewonnen. So etwas muss unterstützt werden. Wir brauchen noch mehr Vielfalt. Das ist der richtige Weg.
Darüber hinaus ist mir wichtig, dass wir auf faire Preise für die Landwirte achten. Milchbauern arbeiten hart, das ist eben schon dargestellt worden. Sie verdienen eine gerechte Entlohnung für ihre Arbeit. Sie leisten eine auch für die Gesellschaft wertvolle Arbeit, weil sie Naturlandschaften erhalten.
Für die SPD gilt: Für gute Arbeit und für gute Qualität muss es auch einen fairen Preis geben. Das fordern wir nicht nur in Bezug auf den Mindestlohn, sondern auch für die Landwirte. Wer gute Arbeit leistet, der muss davon leben können.
Deswegen wollen wir faire Preise für die Landwirte und faire Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Da, Herr Minister Uhlenberg, ist der entscheidende Unterschied. Sie sagen immer wieder „Wachse, wachse, wachse oder weiche!“. Alle müssen weltmarktfähig werden, und wer das nicht schafft, der verschwindet halt vom Markt. Das fördern Sie. Das ist eben hier vor der Tür deutlich geworden. Diese Philosophie wird vom Bund Deutscher Milchviehhalter eben nicht mehr geteilt. Sie wollen nicht um jeden Preis wachsen. Sie wollen vernünftige Qualität zu fairen Preisen herstellen und sich nicht nur auf den internationalen Weltmärkten tummeln. Dafür haben Sie kein Verständnis, das unterstützen Sie nicht. Das ist das zentrale Problem in Ihrer Politik, Herr Uhlenberg.
Was mich dabei generell wundert, ist Folgendes: Sie sind hier als Bauernbefreier angetreten. Ausgerechnet von diesem Bauernbefreier hört man in dieser Auseinandersetzung gar nichts. Man hört von Ihnen nur Symbolpolitik. Sie diskutieren wieder über dieses Schulmilchprojekt. Man hört von Ihnen Unterstützung für die Großagrarier und für diejenigen, die auf dem Weltmarkt schon alleine klar kommen. Aber für die Milchbauern, die hier reale Probleme haben, die vor der Tür stehen und Ihre Solidarität einfordern, hört man von Ihnen überhaupt nichts. Da eiern Sie herum, anstatt einmal eine klare Position zu beziehen. So kann man mit Landwirten nicht umgehen. Sie sind nicht für diese Landwirte da. Das ist noch einmal sehr deutlich geworden.
Deswegen von dieser Stelle noch einmal meine Aufforderung an Sie: Kümmern Sie sich auch um die Milchbauern, kümmern Sie sich auch um diejenigen, die der Bauernverband vielleicht nicht so im Blick hat! Auch diese Landwirte brauchen Ihre Unterstützung, sie brauchen jetzt vor allen Dingen politische Unterstützung. Sie haben hier eine Diskussion angefangen, die sinnvoll ist, nämlich über die Qualität von Lebensmitteln und die Preise, die man dafür braucht. Für diese Diskussion brauchen sie Unterstützung. Die Politik muss dafür Unterstützung geben.
Herr Uhlenberg, wir haben uns schon daran gewöhnt, dass Sie als Minister für Umwelt und Naturschutz abgetaucht sind und dass man Sie da leider nirgendwo sehen kann. Ich meine, Sie dürfen jetzt nicht auch noch als Bauernminister ausfallen. Deswegen möchte ich Ihnen zum Schluss ein Zitat mitgeben von dem Limburger Bischof,
den ich sehr gut kenne, weil er nämlich aus Münster kommt. Franz-Peter Tebartz-van Elst hat laut „FR“ vom 2. Juni 2008 gesagt:
„Wenn die Preise zu niedrig sind, Discounter und Konzerne fette Gewinne einstreichen und für die Bauern praktisch kein Verdienst mehr zu machen ist, dann muss etwas getan werden.“
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dass die Bauern so zusammenhalten und konsequent streiken, das hat es noch nie gegeben. – Das sagte mir gestern ein junger Milchbauer aus meinem Wahlkreis. Der junge Mann ist 25 Jahre alt. Auch ich habe in meinem eigenen, mittlerweile 40-jährigen Berufsleben als Landwirt so etwas noch nie erlebt. Daran können wir aber auch erkennen, dass die Milchproduzenten tatsächlich und nicht nur scheinbar mit dem Rücken zur Wand stehen.
Die Produktionskosten für die Milchbauern sind in den vergangenen Monaten um 7 Cent je Liter Milch gestiegen; denn das Futter für die Kühe, der Strom für den Stall und der Diesel für die Maschinen haben dessen Produktion verteuert. Etwas überspitzt formuliert könnte man sogar sagen: Seit geraumer Zeit zahlen die Landwirte Eintrittsgeld, wenn sie ihre Ställe betreten. Denn bei einem Stall mit 50 Kühen schüttet der Landwirt momentan täglich Milch in einem Wert von etwa 300 € in den Güllebehälter. Dies macht er deshalb, um seiner Forderung nach gerechten Erzeugerpreisen den nötigen Nachdruck zu verleihen.
Vor diesem Hintergrund ist es absolut nicht einzusehen, dass ein so wertvolles Produkt, insbesondere von den Discountern, zu Schleuderpreisen verramscht wird. Wie steht es so schön in den Werbeprospekten der Lebensmittelketten? „Dauerhaft billig“ oder „Preise gesenkt“. Die Milch jedoch soll weiterhin aus dem Kuheuter fließen. Ein Überangebot an Produkten gibt es nämlich nicht, auch wenn der Handel etwas anderes behauptet. Denn die Zeiten der Butterberge und der Milchseen gehören der Vergangenheit an. Das möchte ich deutlich machen. Deshalb ist die Forderung der Milchbauern nach einem Auszahlungspreis in Höhe von 43 Cent aus meiner Sicht absolut ge
rechtfertigt. Wir dürfen nicht zulassen, dass Lebensmittelspekulanten mit einem qualitativ hochwertigen Nahrungsmittel derart leichtfertig umgehen. Es passt doch nicht zusammen, wenn ein großes schwedisches Möbelhaus Butter zu Dumpingpreisen anbietet, um damit Käufer zu locken.
Natürlich berührt es nicht nur mich, sondern auch die betroffenen Landwirte, dass ein so hochwertiges Lebensmittel nicht dem Kreislauf der Nahrungsmittelversorgung zugeleitet wird. Trotzdem haben die Landwirte Recht, wenn sie mit großer Geschlossenheit sagen: Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir haben die Nase voll.
Mit Befriedigung stelle ich fest, dass der Lieferboykott große Resonanz in Politik, Medien und bei den Verbrauchern findet. Der gesamte landwirtschaftliche Berufsstand erklärt sich mit den Milchbauern solidarisch. Auch Minister Uhlenberg hat heute Morgen seine Unterstützung für die Position der Milchbauern verdeutlicht. Ich finde es löblich, dass der Minister mehr an einer problemorientierten Lösung interessiert ist als an rein öffentlichkeitswirksamen Statements.
Diese Zeiten, meine Damen und Herren, gehören der Vergangenheit an seit dieser Umweltminister im Amt ist.
Man muss jedoch die Frage stellen, wie es weitergeht, wenn keine Milch mehr zur Verfügung steht. Werden sich die Molkereien und Handelsketten nach anderen Milchlieferanten innerhalb und außerhalb der EU umsehen? – Ich meine, das ist keine Alternative. Denn bei einem so schnell verderblichen Produkt ginge dies auf Kosten der Qualität. Daher müssen lange Wegstrecken vom Produzenten zu den Molkereien unbedingt vermieden werden.
Darüber hinaus besitzen wir in NordrheinWestfalen und in der gesamten Bundesrepublik Deutschland die besten Umwelt- und Hygienestandards in der gesamten EU. Diese dürfen wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht muss das Problem im Interesse der Landwirte, Molkereien und insbesondere der Verbraucher gemeinsam gelöst werden. Deshalb ist es dringend geboten, möglichst schnell faire Verhandlungen mit dem Ziel eines gerechteren Erzeugerpreises für Milch aufzunehmen.
auch an die Molkereien kann deshalb nur lauten: Gehen Sie auf die Milchbauern zu! Übernehmen auch Sie einen Teil Ihrer volkswirtschaftlichen Verantwortung! Die Milchbauern, aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher werden es Ihnen danken.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Einigkeit besteht unter den Parlamentariern in diesem Hohen Hause im Verständnis für die Proteste der Milchbauern. Das ist auch gut und richtig so. Dennoch gibt es in den heutigen Tagen Bilder, die Menschen erschrecken. Auch mich hat heute ein Bild in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschreckt, das zeigt, wie Milch mit einem Güllefass auf einem Feld verteilt wird.
Dieses Bild hat mich erschreckt und nachdenklich gemacht. Ich hoffe, dass solche Bilder nicht von hier aus um die ganze Welt ziehen, in Länder, wo ein Liter Milch Luxus ist, den sich kaum ein Mensch leisten kann. Milch aus dem Güllefass darf kein Bild werden, das Menschen aus anderen Ländern mit Deutschland verbinden.