Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

(Beifall von der CDU)

Aber wir tragen das Geld zu den Banken als Zinsen für Ihre Schulden. Das ist leider das Problem des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Sie haben gesagt, wir möchten doch bitte die Polizeizulage ruhegehaltsfähig machen. Sie haben doch diese Ruhegehaltsfähigkeit unter Rot-Grün abgeschafft, Herr Groth. Dann erzählen Sie doch nicht so etwas hier. Das können Sie doch nur Leuten erzählen, die keine Ahnung haben.

Sie haben beklagt, dass 1.000 Stellen weg sind. Das sind die kw-Stellen, die Sie eingerichtet haben, weil Sie, als Sie an der Regierung waren, die höhere Einsicht hatten, dass durch Arbeitszeitverlängerung das Arbeitsvolumen vergrößert würde und deshalb diese Stellen entbehrlich seien. RotGrün hat dies so eingerichtet. Und wir vollziehen das, was Sie eingerichtet haben. Herr Groth, so einfach dürfen Sie es sich wirklich nicht machen. Sie sind hier doch nicht in irgendeinem Ignorantenstadl, sondern Sie haben hier Leute, die ein bisschen was davon verstehen. Das können Sie draußen, wo Sie nie irgendjemand erwischt, erzählen, aber hier werden Sie erwischt.

Herr Minister, Herr Groth hat eine Zwischenfrage.

Aber gerne.

Herr Groth, bitte schön.

Meine erste Frage, Herr Minister: Sind die Personalausgaben gerade im Finanzamtsbereich nur Kosten, oder bringen diese Menschen auch etwas für die Einnahmenseite des Landes Nordrhein-Westfalen? Jetzt aber mal ehrlich, Herr Minister!

Natürlich tun sie was für die Einnahmen. Das ist doch völlig klar. Heute haben Sie erzählt, dass wir bitte sofort 1.000 Leute mehr einstellen müssten. In Ihrem Antrag haben Sie noch weitere 1.000 Betriebsprüfer gefordert. Warum haben Sie das alles nicht getan, als Sie an der Regierung waren?

(Beifall von der CDU)

Mal sind die Anträge zu kurz, mal sind sie zu lang. Heute ist der Antrag zu lang. Beim ersten Nachtragshaushalt war er viel zu kurz, als wir über die Risikoabschirmung der WestLB debattiert haben. Da haben wir 100 Seiten zusätzlich geliefert. – Herr Groth, ein bisschen mehr Substanz würde ich mir wirklich wünschen. Dann macht das auch mehr Spaß.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Gehen Sie doch mal zur Finanzverwaltung!)

Herr Minister, es gibt noch eine zweite Frage von Herrn Groth und eine Frage von Frau Walsken.

(CDU): Aber gerne.

Zunächst Herr Groth und danach Frau Walsken.

Herr Finanzminister, sind Sie denn bereit zuzugeben, dass wir zur rotgrünen Regierungszeit in Nordrhein-Westfalen die Gesetzgebungskompentenz für die Ruhegehaltsfähigkeit nicht hatten; die haben Sie jetzt. Nun müssen Sie handeln. Das ist der erste Punkt.

Und das Zweite ist, dass zu unserer Regierungszeit die Steuereinnahmen aus konjunkturellen Gründen jährlich heruntergegangen sind, sie bei

Ihnen aber jährlich steigen. Deshalb haben Sie eine besondere Verantwortung angesichts Ihrer Versprechen, die Sie bereits gegenüber dem Personal abgegeben haben.

Ich komme gleich selbstverständlich zu den einzelnen Punkten des Antrages.

Aber das haben Ihre Leute doch schließlich in Berlin beschlossen. Natürlich hat die Funktionalreform das auf die Ebene hier verlagert. Trotzdem sollten Sie die Konsequenzen kennen. Sie wissen, dass das 55 Millionen € kostet. Sie hätten das besser bei den Haushaltsberatungen und nicht so zwischendurch vorgeschlagen und einen Deckungsvorschlag für 55 Millionen € gemacht. Herzlich gerne! Wir werden dann darüber diskutieren.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Bei dem Nachtrags- haushalt, den Sie machen, werden wir das noch tun!)

Sie haben ja bald Gelegenheit, das nachzuholen.

Frau Walsken, Entschuldigung.

Ich weiß ja, Herr Minister, Sie machen das besonders gerne. Deshalb möchte ich gerne Ihre Aussage aufgreifen, Sie hätten uns erwischt oder ertappt.

Herr Kollege Groth hat gerade klargemacht: Wir hatten in derselben Zeit, in der Sie jetzt 7 Milliarden und mehr zusätzliche Steuereinnahmen haben, fast dieselbe Summe weniger.

Der zweite Punkt ist: Haben Sie eigentlich noch in Erinnerung, wie Sie sich damals als Opposition aufgestellt haben, als Sie gesagt haben, all das sei nicht nötig, und wie Sie nach draußen gegangen sind, als demonstriert worden ist, und gesagt haben, all das würden Sie rückgängig machen? Darf ich Sie fragen, ob Sie sich jetzt auch erwischt und ertappt fühlen?

Nein, Frau Walsken. Ich fühle mich nicht ertappt, weil ich weder den Beamten draußen irgendetwas versprochen noch sonst irgendetwas gesagt habe;

(Gisela Walsken [SPD]: Ah!)

denn sonst hätten Sie hier die Zitate mit Sicherheit längst ausgepackt.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Ich zeige Ihnen die Plakate!)

Das haben Sie noch nicht getan, weil Sie keine Zitate finden.

Jetzt darf ich Ihnen – und dem Publikum – noch etwas zu den Steuermehreinnahmen sagen: Sie wissen ganz genau – wir haben Ihnen und auch den Journalisten die Zahlen vorgelegt –, Sie hatten Steuermehreinnahmen im Zeitraum zwischen 1995 und 2000; die Daten habe ich gerade vorliegen. Seinerzeit haben Sie in der Koalitionsvereinbarung vorgetragen, jetzt würde konsolidiert und Sie würden 2000 keine neuen Schulden machen. Das Gegenteil war der Fall: Sie haben zwar rund 4 Milliarden mehr Steuereinnahmen gehabt in der Zeit von 1995 bis 2000, aber Sie haben noch mehr Neuverschuldung gemacht. Sie haben also das Geld nicht wie wir zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung verwendet – das ist ja der große Konsolidierungserfolg hier im Land, der Ihnen so weh tut –, sondern Sie haben im Gegenteil die Steuermehreinnahmen noch um 400 Millionen erhöht und noch mehr neue Schulden draufgelegt.

(Beifall von der CDU)

Damit Sie hier nicht nur Geplänkel, sondern auch zu den wichtigen Punkten des Antrages von der Regierungsseite etwas hören, möchte ich zunächst mit der Vereinfachung der Administrierbarkeit von Steuergesetzen beginnen. Das hat hier einen breiten Raum eingenommen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist richtig!)

Wir neigen – und das ist aus meiner Sicht hier richtig vermerkt worden – in Deutschland dazu, jedem einzelnen Fall gerecht werden zu wollen. Im deutschen Steuerrecht führt dies zum Ergebnis, dass die Grundsätze kaum noch erkennbar sind und der Vollzug immer schlechter funktioniert. Sinnvoll und geboten ist es deshalb, das Steuersystem wieder konsequent auf seine eigentliche Funktion zurückzuführen. Sie besteht darin, die notwendigen Staatseinnahmen sicherzustellen.

Unter der Last der komplexen Steuergesetzgebung leiden alle Betroffenen, die Finanzämter wie die Steuerpflichtigen. Sie leiden vor allem unter der unsteten Gesetzgebung. Allein das Einkommensteuergesetz, dazu hat vorhin Frau Freimuth etwas gesagt, ist in dieser Legislaturperiode bereits mehr als zehn Mal umfangreich geändert worden.

So sind die Regelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten auf vier unterschiedliche Bereiche zersplittert worden. Die Fahrt zur Arbeit ist teilweise Privatvergnügen. Die Kosten für den Rat beim Steuerberater sind nur

noch absetzbar, wenn sie dem Betrieb oder dem Beruf zugeordnet werden können. Ich könnte Ihnen noch zahlreiche weitere Beispiele nennen.

(Zuruf von Hans-Theodor Peschkes [SPD])

Sie wissen, wie ich mich einlasse, Herr Peschkes.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Wer regiert da denn?)

Ich habe Ihr Lob schon völlig vermisst, Herr Groth.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Entschuldigen Sie bitte, wenn ich mich als Landesfinanzminister dagegen wehre und mich nicht durchsetzen kann, können Sie mir das nicht vorwerfen.

Von den Betroffenen wird natürlich all dies als ungerecht empfunden. Massenrechtsbehelfe sind die Folge. Die Rechnungshöfe beklagen immer größer werdende Defizite im Vollzug der Steuergesetze. Eines ist klar: Die Vereinfachung des Steuerrechts ist dringender denn je erforderlich. Damit meine ich eine grundlegende Vereinfachung.

Bereits im Herbst des vergangenen Jahres habe ich aus diesem Grunde ein Gesetzescontrolling von der Basis aus angestoßen. Die Oberfinanzdirektionen haben daraufhin gemeinsam mit den Beschäftigten in den Ämtern nicht mehr oder nur unzulänglich vollziehbare Regelungen konkret benannt und Vorschläge zur Verbesserung gemacht. Sie kennen die Liste. Die erstellten Berichte enthielten mehr als 100 Vorschläge zur verbesserten Administrierbarkeit von Steuergesetzen und zur Steuervereinfachung. Sie sind durch die Steuerabteilung meines Hauses im Hinblick auf eine steuerpolitische Weiterverfolgung ausgewählt worden.

Ich darf mir die Bemerkung erlauben: Sie kennen meine Einlassungen zum geplanten Erbschaftsteuergesetz. Ich würde mich freuen, Frau Walsken, wenn Sie mich an der von Ihnen sicherlich besonders geschätzten Stelle in Berlin unterstützen würden.

Die Vorschläge zum verbesserten Steuervollzug durch Steuervereinfachung habe ich an meine Länderkolleginnen und -kollegen weitergegeben. Auf diese Initiative hin hat sich die Finanzministerkonferenz im April dieses Jahres mit der Thematik beschäftigt. Dabei ist es gelungen, ein Beratungsergebnis herbeizuführen, nachdem die Finanzministerkonferenz die Abteilungsleiterinnen

und Abteilungsleiter „Steuern“ der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gebeten hat, Vorschläge für einen verbesserten Steuervollzug durch Steuervereinfachung herauszuarbeiten und der Finanzministerkonferenz im Herbst dieses Jahres vorzulegen. Es sind also alle aufgefordert, nicht nur Nordrhein-Westfalen, Vorschläge zu machen.