Ich sage Ihnen ganz klar: Sie verbreiten Angst und Schrecken unter diesen Mieterinnen und Mietern und nicht wir!
Für die SPD – vielleicht können Sie sich das einmal in Ruhe anhören – gilt: Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Politik und nicht die Profitinteressen.
Sie brüsten sich mit einer sogenannten Sozialcharta. Dazu kann ich Ihnen eines ganz genau sagen: Diese Charta ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben ist. Es geht bei der Charta überhaupt nicht um die Mieterinnen und Mieter, um den Schutz von Menschen in NordrheinWestfalen. Die Charta ist das Feigenblatt für das Image der CDU und nicht mehr.
Warum ist diese Charta nicht mehr als ein Feigenblatt? – Ich glaube, es ist notwendig, Ihnen das zu erklären:
Erstens. Whitehall wird die LEG zerschlagen. Sie werden das tun, was sie immer tun, nämlich die Wohnungsbestände zerlegen und versuchen, die besten Filetstücke daraus gewinnbringend zu verkaufen. Den Rest werden sie ihrem Schicksal überlassen. Sie könnten das auch wissen, denn die Berliner haben damit Erfahrungen gemacht. Dass Sie diese Erfahrungen nicht ernst nehmen, sondern hier das Gleiche tun, das werfen wir Ihnen vor.
Die Geschichte wird sich also wiederholen. Die Politik hat wieder einmal nicht gelernt. Das hat die „Zeit“ schon am 5. Januar 2006 befürchtet. Damals hat sie nämlich geschrieben – das will ich Ihnen nicht vorenthalten –:
„Die Investoren gehen stets nach demselben Muster vor. Sie zerlegen den Bestand; die guten Wohnungsbestände, die Filetstücke, verkaufen sie, entweder einzeln an die derzeitigen Mieter oder, sollten die kein Interesse haben, an Fremde. In jenen Wohnungen, die nicht verkauft werden, versuchen die Investoren, einkommensschwache Mieter loszuwerden und durch leistungsstarke zu ersetzen – ,Mieter drehen‘ heißt das im Jargon. Die schlechten Bestände schließlich werden sich selbst überlassen, in sie wird nicht mehr investiert, dort
Das Ergebnis Ihrer Politik: kein Schutz für die Mieter gegen die Zerschlagung. Die schwarz-gelbe Landesregierung wird ihre Hände in Unschuld waschen, und für Mieterinnen und Mieter ist eben nichts gewonnen.
Der zweite Grund, warum Ihre Charta nur ein Feigenblatt ist: Whitehall wird die Mieten erhöhen. Das ist völlig klar. Sie tun so, als seien die Mieterinnen und Mieter mit dieser Charta vor Mietpreiserhöhungen geschützt. Das ist aber nicht so. Die Vereinbarung lautet, dass die Mieten durchschnittlich nur moderat steigen dürfen. Das schützt aber nicht den einzelnen Mieter. Überall dort, wo der Mietspiegel es zulässt, werden die Mieten jetzt auch steigen – und zwar um 20 % in drei Jahren.
Ich habe mir das in Münster sehr genau angeguckt. Bei einer Miete von 500 € sind das 100 € mehr. Im Vergleich dazu bringt ein Straßenbahnfahrer bei einer Gehaltserhöhung um 2,9 % 35 € mehr nach Hause. 100 € mehr Miete! Das ist das, was Ihre Politik bewirkt.
Ergebnis ist auch hier: kein Schutz für die Mieter. Die Mieterinnen und Mieter werden von dieser Landesregierung nicht geschützt. Das ist das, was Ihre Politik bewirkt.
Mein dritter Vorwurf an Sie lautet: Das, was übrig bleibt, wird dann sich selbst überlassen. Wir alle kennen solche Formen der Privatisierung. Bei Whitehall konnten wir das ja schon beobachten. Die Investitionsmaßnahmen bleiben hinter den üblichen Standards zurück. Die Landesregierung hat keinen Hebel für sich eingebaut, um irgendwie noch Einfluss darauf nehmen zu können. Die Filetstücke werden verkauft. Der Rest kann gucken, wohin er kommt.
Auch hier gibt es wieder keinen Schutz für die Mieterinnen und Mieter – vor allen Dingen keinen Schutz für diejenigen, die besonderen Schutz brauchen. Es bleibt dabei: Diese Sozialcharta ist ein reines Feigenblatt ohne Wert.
Ich sage Ihnen ganz klar: Die SPD lehnt die Zerschlagung der LEG ab. Wir sind entsetzt darüber, dass Sie ausgerechnet an Whitehall verkaufen. Wir sind entsetzt darüber, dass Sie dies tun, ob
wohl es Alternativen gab. Sie hätten die Wohnungen auch zunächst einmal an interessierte Kommunen wie zum Beispiel Münster verkaufen können.
Aber nein! Das passt nicht in Ihre Ideologie. Das wollen Sie nicht; an Kommunen wollen Sie nicht verkaufen. Dann wird es auch nicht gemacht.
Nun sind die Kommunen gezwungen, sich bei Whitehall anzustellen, wenn sie diese Wohnungen haben wollen, um günstigen Wohnraum für die Mieterinnen und Mieter zu erhalten. Das bedeutet: Sie müssen nicht nur die Grunderwerbsteuer zahlen, sondern auch noch den Profit für Whitehall drauflegen. – Es wäre Ihre Pflicht als Landesregierung gewesen, so etwas zu vermeiden.
Das Ergebnis Ihrer Politik ist: Das Land Nordrhein-Westfalen bereichert einen privaten Investor. Die Kommunen bleiben mit den Mieterinnen und Mietern auf den sozialen Folgen und den Folgekosten sitzen. Die Gewinne werden hier wieder einmal privatisiert. Die Kosten werden in diesem Fall kommunalisiert.
Ihre Ideologie „Privat vor Staat“ führt dazu, dass Sie die Interessen der Mieterinnen und Mieter mutwillig mit Füßen treten. Sie laden die Folgen Ihrer Politik bei den Menschen in NordrheinWestfalen ab und schieben die Kosten zu den nordrhein-westfälischen Gemeinden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben den Menschen in Nordrhein-Westfalen versprochen, dass die LEG nicht an eine Heuschrecke verkauft wird. Das waren Ihre Worte. Sie haben es versprochen.
Sie haben Whitehall als Investor gewählt. Sie haben an eine Heuschrecke verkauft. Versprechen gebrochen! – Danke.
Koalition sowie den Reden der Minister zu diesem Thema in den letzten Wochen aufmerksam zugehört hat, muss den Eindruck gewinnen – im Gegensatz zu Mieterinnen und Mietern, die an vielen Stellen andere Erfahrungen machen –, dass diese Koalition aufgrund von Selbstsuggestion tatsächlich der Meinung ist, es sei eine soziale Wohltat, Wohnungen an eine Heuschrecke zu verkaufen.
Sie scheinen sich nicht ernsthaft die Frage zu stellen, warum jemand diesen Preis für einen Wohnungsbestand bezahlt, der dann ja offensichtlich irgendwie mit Gewinn bewirtschaftet werden kann, während Sie als öffentliche Hand ihn nicht mit gleicher Kompetenz bewirtschaften können wie diese Heuschrecke. Schon allein daran, dass Ihnen die Fantasie fehlt, sich vorzustellen, dass das möglich sein könnte, wird deutlich, wie weit Sie an der Wirklichkeit dieses Landes und der Mieterinnen und Mieter vorbeigehen.
Meine Damen und Herren, es ist nicht nur an der Börse und im allgemeinen Leben, sondern auch hier so: Immer dann, wenn einer Gewinn macht – und diese Gesellschaft verspricht sich Gewinn –, wird ein anderer dafür bezahlen. In diesem Fall sind es die Mieterinnen und Mieter sowie die Kommunen, die bezahlen.
Wir haben Ihnen im Februar dieses Jahres mit einem Antrag hier im Parlament die Gelegenheit gegeben, dann, wenn Sie schon verkaufen – genau das war die Bedingung: wenn Sie schon verkaufen; wir haben Ihnen immer gesagt, dass das aus vielerlei Gründen falsch ist –, zumindest das zu tun, was die kommunalen Spitzenverbände und viele Kommunen von Ihnen gefordert haben, nämlich aus sozialer Verantwortung und aus Verantwortung für den Städtebau, den Wohnungsbau, das Quartiersmanagement und all die Prozesse, bei denen die öffentliche Hand dringend gebraucht wird und sich betätigen muss, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, zu kaufen.
Das haben Sie nicht getan, weil Sie einen möglichst hohen Erlös für den Landeshaushalt erzielen wollten und die Bedingung gestellt haben, dass die Kommunen, wenn sie kaufen wollen, nur alles zusammen kaufen können. Wie wir alle wissen, hat es eine Reihe von Bemühungen großer kommunaler Wohnungsbauunternehmen gegeben, in einem Konsortium auch diese Aufgabe zu stemmen. Letztlich sind sie aber an Ihrer Bedingung gescheitert. Das haben die nicht zustande bringen können. Sie kommen heute in die Situati
on, die wir damals beschrieben haben, nämlich dann, wenn sie sich aus sozialer Verantwortung um diese Wohnungsbestände kümmern wollen, von dieser Heuschrecke Whitehall zu kaufen.
Meine Damen und Herren, auch hier stelle ich wieder die Fragen: Glauben Sie ernsthaft, dass die 1:1 weiterveräußern? Glauben Sie ernsthaft, dass die dann nicht mit Gewinnaufschlag an die Kommunen veräußern? Glauben Sie ernsthaft, dass, wenn eine dieser Gesellschaften Gewinn macht, der Gewinn aus dem Nichts entsteht, sozusagen aus einer besonderen Effizienz der Privatwirtschaft? Oder müssten Sie nicht auch, wenn Sie hinschauen, glauben, dass die öffentliche Hand, dass die Kommunen und in der Folge auch die Mieterinnen und Mieter dafür bezahlen? Selbstverständlich ist das so.
Meine Damen und Herren, ich verweise auf den Kollegen Rasche, der sozusagen als Sinnbild des „Privat vor Staat“ in diesem Haus dort sitzt. Herr Schulte hat Ähnliches gesagt. Als wir damals dieses Szenario entwickelt haben und Ihnen geraten haben, wenigstens hilfsweise den anderen Weg zu gehen, hat Herr Rasche wörtlich gesagt:
„Der Inhalt dieses Antrags der Grünen, meine Damen und Herren, ist absurd. Er besteht zum größten Teil aus Behauptungen, aus Spekulationen. Mit Sachlichkeit hat dieser Antrag nichts zu tun.“