Lebensgestaltungskompetenzen – das ist in der Tat der Begriff, der deutlich macht, worum es uns geht, wenn wir darauf dringen, dass die Ernährungs- und Verbraucherbildung einen festen Platz in der Allgemeinbildung erhält. Ein Bereich davon ist die gesundheitsfördernde Ernährung. Alle meine Vorredner/-innen haben darauf hingewiesen: Das Ernährungsverhalten manifestiert sich in der Regel bereits im Kindesalter. Einmal erworbene Ernährungsmuster werden oft ein Leben lang beibehalten.
Daher kommt der frühzeitigen und nachhaltigen Vermittlung von Wissen über Lebensmittelzusammensetzung und Esskultur, über Ernährungsphysiologie und Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit sowie eben auch der Vermittlung von Kompetenzen im Umgang besonders mit frischen Lebensmitteln eine besondere Bedeutung zu. Wir müssen zudem konstatieren, dass in den Elternhäusern schon sehr viel an Kompetenz verloren gegangen ist.
Deswegen muss Ernährungs- und Verbraucherbildung altersgerecht schon in der Kita beginnen. Es geht darum, dass Schülerinnen und Schüler die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit reflektieren und eine gesundheitsförderliche Ernährung für sich und auch für andere gestalten können. Es geht auch darum, dass sie ein positives Selbstkonzept durch Essen und Ernährung entwickeln. Die wachsende Rate von Essstörungen bei Mädchen und Jungen mahnt uns dabei beständig.
In der Ernährungs- und Verbraucherbildung geht es aber auch um finanzielle Allgemeinbildung bei einem bewussten, reflektierten, nachhaltigen Lebensstil. Junge Menschen sollen die notwendigen Kompetenzen entwickeln, um individuell und sozial verantwortlich vorausschauend handeln und die Folgen ihres Handelns dann auch abschätzen zu können. Das gilt unter anderem im Haushalt, in der Budgeteinteilung, in der Schuldenproblematik wie in der sozialen Vorsorge.
Das Inhaltsfeld Ernährungs- und Verbraucherbildung liefert viele Beispiele für anwendungsbezogenes Lernen: in den Naturwissenschaften, in der Mathematik, in der Sozialwissenschaft und gerade auch im Fach Deutsch. Man braucht schon erhebliche Lese- und Verstehenskompetenz, wenn es um das Kleingedruckte in Verträgen geht.
Wir haben uns in unserem ursprünglichen Grünen-Antrag ausdrücklich auf die Ergebnisse der Forschung zu REVIS – Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen – bezogen. Mit REVIS wurde erstmals auch ein Referenzrahmen vorgelegt, der Orientierung für die Bildungsprozesse in der schulischen Ernährungs- und Verbraucherbildung bietet. Es liegt ein Kerncurriculum mit Bildungszielen, Kompetenzbeschreibung und didaktischen Grundlegungen vor.
REVIS ist inzwischen Grundlage internationaler Diskussion. Darüber hinaus ist in der Diskussion, einen einheitlichen Referenzrahmen im deutschsprachigen Raum, DAC – Deutschland, Austria und Schweiz –, auf der Grundlage von REVIS zu beschreiben. Wir sollten uns darüber freuen, dass quasi die REVIS-Zentrale in NRW angesiedelt ist, und zwar an der Universität Paderborn in der Fachgruppe Ernährungs- und Verbraucherbildung.
Auch die Verbraucherzentralen in Bund und Land waren intensiv an den REVIS-Entwicklungen beteiligt. Minister Uhlenberg arbeitet unter anderem erfolgreich in der Schuldenprävention mit den dortigen Fachvertreterinnen und Fachvertretern zusammen. Frau Ministerin Sommer hat sich vor Ort schon selbst von REVIS überzeugt. Die CDUKolleg(inn)en aus der Enquetekommission „Chancen für Kinder“ waren in Paderborn und haben sich über die Arbeit in der Fachgruppe ein Bild gemacht. Die Projekte sollen als Best-PracticeBeispiele in den Bericht der Enquetekommission eingehen.
Das REVIS-Konzept setzt auch Impulse für die Gestaltung des Lebensraums Schule, zum Beispiel das Essen und Trinken in der Schule, damit Lerninhalte auch im Alltagsleben und in der Schulkultur erfahrbar werden.
Schließlich ist REVIS in der Bundesrepublik sehr erfolgreich in Lehrerausbildung und Schule. In Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg und Bayern hat es längst Eingang gefunden.
Die Anforderung an die Landesregierung in diesem Antrag lautet, die Ernährungs- und Verbraucherbildung bei der Weiterentwicklung der Bildungsvereinbarung zu berücksichtigen und im schulischen Bereich in Kooperation mit der Lehrerausbildung weiterzuentwickeln.
Der letzte Ausbildungsstandort für die Lehrerausbildung in Sachen Hauswirtschaft, Ernährungs- und Verbraucherbildung in NRW für die allgemeinbildenden Schulen ist die Universität Paderborn. Mit diesem Antrag ist die Kooperation genau da, wo sie hingehört: im REVIS-Team. Ich finde, das ist ein schönes Ergebnis.
Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich für die Zusammenarbeit und bitte das Plenum, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Jetzt hat für die Landesregierung Frau Ministerin Sommer das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens seit der Anhörung im vergangenen November liegt uns ein guter Überblick zu den unterschiedlichen Problemlagen und den Chancen der Ernährungs- und Verbraucherbildung vor. Es ist gut, dass alle Fraktionen bei diesem Thema eine gemeinsame Position vertreten.
Wir wissen, Fehlernährung beeinträchtigt die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Wir wissen auch, dass Fehlernährung zu Folgeerkrankungen führt. Die Kosten werden in die Milliarden gehen. Aber von diesem volkswirtschaftlichen Schaden einmal abgesehen, stehen vor allem unsere Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt.
Meine Damen und Herren, eine Schule, die im Unterricht die Botschaft „Viel Obst und Gemüse essen!“ aussendet, aber andererseits zum Beispiel nicht für frisches Obst im Angebot des Schulkiosks sorgt, wird unglaubwürdig. Ich denke vor allem auch an das erheblich gesundheitsförderliche Potenzial, das in unseren Ganztagsschulen steckt, unter anderem auch dadurch, dass man den Schulalltag rhythmisieren kann.
Die Schülerinnen und Schüler benötigen für ihr Schulleben einen ausgewogenen Wechsel von Entspannung, Bewegung und geistiger Anspannung. Geistige Beweglichkeit gibt es nur bei einer guten und ausgewogenen Ernährung im Wechsel mit ausreichender Bewegung.
Die Landesauszeichnung „Bewegungsfreudige Schule NRW“ zeigt uns, wie viele Schulen in unserem Land die Leitidee der guten gesunden Schule nicht nur aufgegriffen haben, sondern bereits konkret im Schulalltag leben. Das neue Lan
desprogramm „Netzwerk Bildung und Gesundheit“ wird Anfang 2009 starten und exakt die Themenfelder gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung aufgreifen.
Für die schulische Ernährungs- und Verbraucherbildung hat uns die Wissenschaft bereits Ergebnisse und Vorschläge geliefert.
Beispiele: Die Wissenschaft sagt, dass oft nur ein kleiner Teil der Schülerinnen und Schüler die Mittagsverpflegung in Anspruch nehmen. Darum fordert sie, dass die schulische Mittagsverpflegung in den Schulalltag integriert sein muss und als pädagogische Chance verstanden werden soll. Die Wissenschaft sagt auch, dass die Bewegung in allen Schulformen und Schulstufen durch das Fach Sport abgedeckt ist, jedoch der Bereich der Ernährung oft nicht in den Lehrplänen verankert sei. Darum fordert sie, dieses in die Lehrpläne aufzunehmen.
Die Wissenschaft sagt uns, dass die Qualität der Schulbücher und Unterrichtsmaterialen noch nicht zufriedenstellend sei. Darum fordert sie, dass veraltete Inhalte und fehlerhafte Darstellungen oder Aussagen in den verwendeten Materialien korrigiert werden müssen.
Es gibt viele gut funktionierende Modelle, Beispiele und Programme. Das Modell „Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung“ in allgemeinbildenden Schulen – Frau Beer hat darauf hingewiesen –, kurz REVIS, hat auf unterschiedlichen Ebenen innovative Hilfestellungen und Weiterentwicklungen für Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen erarbeitet.
Aus den REVIS-Ergebnissen und den Ergebnissen der EiS-Studie lassen sich Bildungsziele und Kompetenzen ableiten, wie wir sie bei uns künftig anwenden wollen. Es fehlt nicht an Strategien für eine gute und vernünftige Ernährungs- und Verbraucherbildung.
Was ist zu tun? Was sollten wir tun? – Ausbau der schulischen Mittagsverpflegung bzw. Teilnahme an der Mittagsverpflegung steigern, Ernährung und Bewegung als Bildungsthemen installieren, Umgang mit Ernährung und Bewegung im frühen Kindesalter im Elternhaus auch fördern, Rahmenbedingungen schaffen, die ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Kitas, Kindergärten und Schulen gewährleisten, Kindern und Jugendlichen die Zubereitung von gesundem Essen vermitteln. Dies habe ich zum Beispiel auch schon mit dem Fernsehkoch Horst Lichter gemacht. Kinder und Jugendliche sollten so gefördert werden, dass die gesunde Ernährung und
Ich denke, meine Damen und Herren, wir können viel dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche in Zukunft bewusstes Leben lernen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/6884, den Antrag Drucksache 14/2106 – Neudruck – anzunehmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Damit hat der Landtag dies einstimmig beschlossen.
Die Fraktionen haben sich interfraktionell darauf verständigt, dass heute nur Fünf-Minuten-Beiträge geliefert werden, und zwar von den Fraktionen wie auch von der Landesregierung. Dafür werden wir dann am Freitag bei der dritten Lesung, die fristgerecht von der SPD-Fraktion beantragt worden ist, einen sogenannten Block II vereinbaren. Dann wird also etwas ausführlicher gesprochen.
Meine Damen und Herren, das sind die Rahmenbedingungen. Und jetzt fünf Minuten für jeden Redner. Es beginnt Herr Lux von der CDUFraktion. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der breiten Diskussion anlässlich der Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfs und angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des Hinweises des amtierenden Präsidenten möchte ich mich kurz fassen, auch weil die wesentlichen Argumente be
Von den Oppositionsbeiträgen war wirklich keiner so substanziell, dass man heute näher darauf eingehen müsste. Außer den hinlänglich bekannten apokalyptischen Katastrophenszenarien war da nichts.