Dass Guido Westerwille das ständig macht, leuchtet mir ja ein; von ihm erwarte ich nichts anderes. Aber man muss ein bisschen seriöser damit umgehen, gerade wenn man selbst in der Bundesregierung ist. Sie wissen auch, dass Frau Merkel und die Kollegen nicht den Raum haben, um bei den Energiesteuern maßgeblich herunterzugehen.
Herr Weisbrich, reden Sie sich doch nicht heraus! Sie sind Profi genug und wissen, dass die CDU in der Regierung auch nicht den Raum hat, um die Energiesteuern drastisch zu senken. Wir können mit Geld vernünftiger umgehen und gucken, ob wir Tarifstrukturen schaffen können, die sparsamen Verbrauch, aber nicht Verschwendung belohnen. Über diesen Punkt reden wir hier. In dieser Sache war Ihr Beitrag überhaupt nicht hilfreich. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, war rein populistisch. Die Frage ist, ob das, was Sie in der letzten Woche in der Presse gesagt haben, einen Kern von Substanz hat. Ansonsten müssten Sie sagen: Die Presseerklärung war ein Ausrutscher, wir haben das alles nicht gemeint. Oder Sie gestehen ein, dass Sie Politik nicht handelnd gestalten wollen.
Die Unternehmen machen das nicht freiwillig, das wissen wir doch ganz genau. Wir wissen auch, dass die Tarifstrukturen und die Grundgebühren so, wie sie jetzt sind, nicht gottgegeben sind.
Letzter Satz: Die Tarifstrukturen sind nicht gottgegeben, sondern über das Energiewirtschaftsgesetz vorgegeben. Natürlich sind wir frei und eigentlich auch verpflichtet, über diese Strukturen zu diskutieren. Ich fand den Vorstoß von Horst Seehofer richtig. Wir greifen nicht dergestalt in die Preisgestaltung ein, dass wir den Unternehmen die Preise in Cent pro Kilowatt vorschreiben. Das sollten wir auch nicht tun. Aber wir sollten ein Tarifsystem einführen, in dem in bestimmten Klassifizierungen Tarifstrukturen vorgegeben werden, auf deren Grundlage die Unternehmen dann ihren Wettbewerb machen können.
Das ist ein Stück weit unsere sozialpolitische Verantwortung. Das haben die sozialdemokratischen Kollegen begrüßt, die CSU trägt es jedenfalls in Gestalt ihrer prominenten Vertreter mit. Es ist schade, dass die CDU an dieser Stelle ihren eigenen Pressemitteilungen nicht folgt. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Forderung der Opposition fällt wieder einmal in die Kategorie hinein – das haben wir hier schon häufiger erlebt –: Problem erkannt, Lösungsansatz jedoch völlig ungeeignet, ja sogar für Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft gefährlich.
SPD und Grüne benehmen sich dabei bildlich wie ein Arzt, der mit einer großen schmerzstillenden Spritze kommt, aber die Ursachen für die Schmerzen weder untersucht noch erkannt hat und durch die Medikamente sogar noch schlimmere Symptome hervorruft. Mit anderen Worten: Zu einem maßgeblichen Teil ist Ihre verfehlte Energiepolitik für die Strompreisentwicklungen der vergangenen Jahre verantwortlich, meine Damen und Herren von SPD und Grünen.
Natürlich sind auch die Rohstoffpreise in den vergangenen Jahren gestiegen. Das bestreitet niemand. Aber der Strompreis besteht inzwischen zu
über 40 % aus Steuern und Abgaben. Seit 1998 hat sich der Staatsanteil auf inzwischen 13 Milliarden € versechsfacht. Das ist Ihre Politik, das ist Ihre verfehlte rot-grüne Politik.
Es ist geradezu schizophren, welches Spiel Sie hier treiben. Auf der einen Seite fordern Sie gebetsmühlenartig und an Populismus nicht mehr zu überbieten, es müssten Spartarife oder Sozialtarife, wie auch immer Sie es nennen mögen, eingeführt werden. Auf der anderen Seite setzen Sie durch Ihre Politik den Kurs der Preissteigerungen unverändert fort. Ich möchte dies mit drei Beispielen konkretisieren:
Als Erstes nenne ich die Vollauktionierung der CO2-Zertifikate, die laut Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages den Strompreis mit etwa 10 Milliarden € belasten wird. Was meinen Sie denn, wer das am Ende zahlt? Das wird natürlich 1:1 auf den Strompreis aufgeschlagen. Dazu will ich hier aber nicht noch tiefer ausführen, denn schließlich steht dieses Thema morgen auf der Agenda. Ich sage nur eines: Über eine Vollauktionierung würde sich niemand in diesem Lande freuen, außer Peer Steinbrück.
Zweitens. Die übertriebenen Subventionen für erneuerbare Energien, insbesondere der Wind- und Fotovoltaikindustrie, verursachen nicht nur enorme Kosten für den Verbraucher über das umlagefinanzierte Erneuerbare-Energien-Gesetz, sondern erfordern auch eine Vervierfachung der Reserveleistung konventioneller Kraftwerke bis 2020. Das ist übrigens eine Schätzung der Deutschen Energieagentur, wo ja auch Herr Minister Gabriel im Aufsichtsrat sitzt. Das heißt also, Sie wollen den Ausbau von nicht grundlastfähiger Energiegewinnung durch Sonne und Wind extrem forcieren, stellen sich aber jeder konventionellen Grundlastsicherung aus Kohle und Kernenergie grundsätzlich ablehnend gegenüber.
Damit komme ich zum dritten Punkt, dem gleichzeitigen Ausstieg aus der CO2-freien Kernenergie und dem Kohlestrom. Frau Ypsilanti lässt grüßen. Damit verfolgen Sie eine völlig utopische und noch dazu gefährliche und klimaschädliche Vision. Ein Ausstieg aus der klimafreundlichen Kernenergie bei gleichzeitiger Abschaltung der Kohlekraftwerke würde uns entweder hoffnungslos abhängig von Importen machen oder unseren Industriestandort empfindlich gefährden.
Meine Damen und Herren, die Vision der Opposition, diese Stromlücke mit erneuerbaren Energien zu decken, ist unrealistisch. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut hat errechnet, dass wir auf eine Stromlücke von 15,5 % des Gesamtbedarfs im Jahr 2020 zulaufen würden. Dabei wurden der massive Ausbau der regenerativen Energien sowie eine deutlich höhere Energieeffizienz schon mit eingerechnet.
Wir brauchen also dringend neue hocheffiziente Kohlekraftwerke mit CO2-Abscheidung und eine Verlängerung der Laufzeiten für die CO2-freien Kernkraftwerke. Jedes neue hocheffiziente Kohlekraftwerk spart ein Viertel des CO2-Ausstoßes eines alten Kohlemeilers ein. Mit der Erneuerung unseres Kraftwerkparks können wir die wichtigen Ziele, nämlich Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Klimaschutz, gleichzeitig erreichen.
Meine Damen und Herren, die Blockadehaltung, die gerade vor Ort vor allem von den Grünen bestärkt wird, führt uns geradezu in diese Stromlücke hinein, die laut Berechnungen der Deutschen Energieagentur zu weiteren massiven Preissteigerungen für die Verbraucher führen wird. Importstrom ist nun einmal teuer. Im Übrigen ist es doch geradezu grotesk, dass wir unsere sicheren Reaktoren in Deutschland abschalten und dann Strom aus Kernenergie aus Frankreich oder gar aus Osteuropa zu horrenden Preisen zukaufen müssen.
Und nun fordern Sie, um diese selbstverursachten Preistreibereien zu vernebeln, einen vorgeschriebenen Stromtarif, den Sie medienwirksam Spartarif nennen. Das ist nichts anderes als die planwirtschaftliche Festlegung des Strompreises.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Was wir nicht brauchen, sind weitere bürokratische Monster und Umverteilungsmaschinerien, die am Ende Strom unbezahlbar machen, Frau Löhrmann.
Ein hoher Energieverbrauch geht in der Regel nicht mit einem hohen Einkommen einher. Das Gegenteil ist der Fall! Familien mit Kindern, sozial Schwächere und Rentner haben eben nicht das Geld, sich die verbrauchsärmsten Geräte sofort anzuschaffen.
Gerade diese durch eine Umlage für den höheren Verbrauch noch zusätzlich zu bestrafen, ist in höchstem Maße sozial ungerecht und kann doch nicht ernsthaft Ihr Ziel sein.
Interessant wäre auch, wer den Tarif festlegen soll. Vielleicht Herr Gabriel? Das wird ja heiter, meine Damen und Herren.
Wir dagegen wollen die Ursachen an den Wurzeln des Übels bekämpfen und nicht wie Rot-Grün an den selbstverursachten Symptomen herumdoktern. Wir brauchen ein langfristig tragfähiges Konzept, das in seiner Abwägung die drei Aspekte Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Umweltverträglichkeit vereint. Das erfordert, dass wir langfristig zu einem ausgewogenen Energiemix kommen, der zusätzlich zu den oben beschriebenen Zielen auch einseitige Abhängigkeiten vermindert. Darin müssen Kohle, Kernenergie und erneuerbare Energien eine angemessene Anwendung finden.
Auch wir wollen die Energieversorger ermuntern, mit neuen flexiblen Preisgestaltungen ein Mehr an Wettbewerb zu schaffen. Der Verbraucher muss ermutigt werden, sich für den für ihn persönlich günstigsten Anbieter zu entscheiden und dann auch zu wechseln.
Meine Damen und Herren, wir brauchen ein Mehr an Wettbewerb. Das würde den Familien und Mittelständlern deutlich mehr bringen als staatliche Gängelung, Bürokratie und planwirtschaftliche Vorschriften, wie die Opposition es will.
Neue Technologien wie ein intelligenter Stromzähler können dabei eine entscheidende Rolle spielen. Der Verbraucher muss in die Lage versetzt werden, seinen individuellen Stromverbrauch exakt nachzuvollziehen und somit ineffiziente Geräte zu identifizieren. Die Energieversorger können hierbei noch so einige kreative Ideen einbringen und damit für mehr Transparenz sorgen – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat wieder einmal die Stromspartarife auf die Tagesordnung gesetzt. Diese Thematik war bekanntlich bereits Gegenstand der letzten Plenarwoche im Juni. Dort wurde der Antrag „Soziale Folgen explodierender Energiepreise – Politik muss reagieren“ beraten.
Dieser Antrag ist an die Ausschüsse überwiesen worden. Die Antragsteller streben eine Expertenanhörung in diesem Hause an. Das ist vernünftig. Offenbar reicht dieser normale Gang der Dinge den Antragstellern, zu denen sich jetzt auch die Fraktion der SPD gesellt hat, aber nicht mehr.
Beide Fraktionen knüpfen an Äußerungen an, durch die sie sich in etwas bestätigt fühlen, was sie immer schon vertreten haben. Was hat Minister Seehofer denn wirklich gesagt? – Sein Haus prüft die Einführung eines einheitlichen Stromspartarifs. Prüfung bedeutet, dass eine Entscheidung ja wohl noch nicht gefallen sein kann. Außerdem – das ist ganz wichtig – werden diese Regelungen gemäß § 39 des Energiewirtschaftsgesetzes auf Bundesebene getroffen. Das dürften Sie wissen, Herr Priggen. Ich warte auf entsprechende Anträge Ihrer Fraktion im Bund.
Sozial- oder Stromspartarife entsprechen nicht der Kostenverursachungsgerechtigkeit. Sie stellen insofern eine Subventionierung dar. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, die bei einem Teil der Stromkunden bestehenden finanziellen Probleme der Gesamtheit der Stromverbraucher zuzurechnen. Diese hat weder mit der finanziellen Lage noch mit dem Verbrauchsverhalten der sozial bedürftigen Stromkunden etwas zu tun.