Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

trags noch zurück. Aber immerhin hat doch das Herausgehen von Herrn Dr. Linssen und Herrn Dr. Papke ein bisschen geholfen zur Abstimmung dessen, was Herr Papke hier vortragen darf, damit die Unstimmigkeiten in der Koalition nicht zunehmen.

(Heiterkeit von Gisela Walsken [SPD])

Auch darauf komme ich aber noch zurück.

Herr Stahl, zu Ihrem Beitrag: Ich weiß ja nicht, wen Sie so geküsst haben in letzter Zeit.

(Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers: Sei- ne Frau!)

Bei der Vorbereitung dieser Rede hier war es auf jeden Fall nicht die Muse. So viel will ich hier zunächst einmal feststellen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Mich hat Ihr Beitrag eher an das Niveau des Plakats erinnert, das da draußen an der Zufahrt hängt. Wenn eine Partei und eine Fraktion sich so sicher ist, dass sie alles richtig macht und dass sie alles im Griff hat, dann finde ich das relativ niveaulos. Dann spricht das nicht für das Selbstbewusstsein, das Sie hier versuchen zur Schau zu stellen – angesichts der Herausforderungen, die wir auch weiterhin in unserem Land meistern müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Diese Haushaltsberatungen stehen wahrlich nicht unter einem guten Stern. Gut drei Jahre nach dem schwarz-gelben Regierungsantritt haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen merklich verschlechtert, und die Koalition streitet sich, was das Zeug hält, anstatt endlich die Dinge anzupacken, die jetzt notwendig sind. Man merkt eines immer wieder: Sie haben keinen Plan für Nordrhein-Westfalen. Sie haben keine Vision, keine Vorstellung vor Augen, wie dieses Land in 10, 20 Jahren aussehen soll. So wirtschaften Sie, und so haushalten Sie auch.

Das zeigt sich auch im Entwurf des Landeshaushalts für das letzte Jahr von Schwarz-Gelb: ohne Kontur, ohne Ehrgeiz, ohne Wärme.

Meine Damen und Herren, natürlich komme auch ich darauf zurück: Einer tut so, als sei es ihm zu wenig, nämlich FDP-Fraktionschef Papke. Da hat er letzte Woche einmal wieder den dicken Max gemacht.

(Heiterkeit von der SPD)

Er forderte schon für 2010 einen ausgeglichenen Haushalt. Dabei lehnte er sich so weit aus dem

Fenster, dass FDP-Chef Pinkwart ihn rabiat zurückziehen musste, damit er nicht abstürzt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Selbst auf der gestern eiligst einberufenen Pressekonferenz wurde dieser offene Streit trotz allen Bemühens richtig deutlich. Papke schlägt sich, Pinkwart verträgt sich.

(Heiterkeit von Gisela Walsken [SPD])

Meine Damen und Herren, so war’s, aber nehmen wir doch den kleinen Koalitionspartner einmal beim Wort. Herr Papke, wir hätten Ihre Anträge ja wenigstens gern einmal gesehen, mit denen Sie 1,5 Milliarden € einsparen wollten.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Sie wissen doch genau, dass Haushaltsberatungen in einer Koalition nicht über öffentliche Anträge lau- fen! Das ist doch Quatsch!)

Zeigen Sie sie! Bringen Sie sie ruhig ein, Herr Papke! Schlagen Sie das wenigstens einmal konkreter in der Öffentlichkeit vor! Aber alles heiße Luft! Wie gesagt, wir prüfen das noch einmal nach. Keine Vorschläge in Sicht!

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das ist Unsinn!)

Es ist ja auch keine einfache Aufgabe, die Sie sich da gestellt haben. 1,5 Milliarden € – das sind Tausende von Lehrkräften, das Dreifache der Elternbeiträge für die Kitas im Land, eine Menge Holz, die Sie da schultern wollten, Herr Dr. Papke.

Aber es hat sich ja mit Ihnen entpuppt wie immer, wie in den gesamten drei Jahren seit Ihrem Regierungsantritt. Im Zweifel wirft er sich wie bei der Steinkohle auch, bei der Schließung der Bergwerke, dann hinter den Zug, der schon längst abgefahren ist.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ich prophezeie Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Herr Papke wird mit dieser Quengelei nicht aufhören, bis er endlich da sitzt, wo Herr Wolf jetzt sitzt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist nämlich sein Ziel. Da will er hin. So lange er das nicht erreicht hat, wird er rumquengeln, so lange wird er keine Ruhe geben.

(Gisela Walsken [SPD]: Genauso ist es!)

Meine Damen und Herren, Herr Finanzminister, eines ist zumindest sehr interessant: dass es nicht mehr nur die Opposition ist, die Ihnen vorwirft, nicht ernsthaft den Haushalt zu konsolidieren.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja!)

Die Kritik kommt von Jahr zu Jahr heftiger aus den eigenen Reihen. Kein Wunder, Herr Linssen! Denn Sie wollten bei den Personalkosten massiv einsparen. Passiert ist so gut wie nichts. Per Saldo gab es fast keinen Abbau, im Gegenteil, neue Stellen auch in der Verwaltung.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Haben Sie nicht zugehört?)

Ich habe sehr gut zugehört. Sie haben ja den Stellenabbau im Bewusstsein Ihres Schulprogramms versprochen. Man muss das doch immer wieder deutlich machen,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

dass Sie alles nach vorne gerichtet versprochen haben. Außerdem wollten Sie sämtliche Steuermehreinnahmen zum Abbau der Nettoneuverschuldung verwenden.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Nein! Das ha- be ich nie gesagt!)

Doch wie schrieb diese Woche der Bonner „General-Anzeiger“? Ich zitiere: „Bis zum Ende der Legislaturperiode wird der Landesfinanzminister 14,5 Milliarden € an neuen Schulden aufgenommen haben.“

(Minister Dr. Helmut Linssen: Wo ist die Zahl denn her?)

„Wenn man berücksichtigt, dass er 9 Milliarden € an Steuermehreinnahmen hatte, fällt seine Bilanz nicht besser aus als die der abgewählten rotgrünen Landesregierung.“

(Beifall von den GRÜNEN)

Wer noch genauer hinschaut, meine Damen und Herren, stellt fest, dass Rot-Grün in Wahrheit angesichts der Haushaltslagen einen wesentlich schärferen Konsolidierungskurs gefahren ist als die Regierung Rüttgers.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Jawohl!)

Sie sind doch zu all den Demonstrationen, die stattgefunden haben, hingegangen,

(Beifall von der SPD)

und wir wissen doch, was wir hier an Einsparungen verkraften mussten und vorgeschlagen haben.

Ihre Bilanz sähe noch schlechter aus, werter Finanzminister, wenn Sie nicht den Kommunen so schamlos in die Taschen greifen würden, wie Sie es nach wie vor tun. Dann sähe Ihre Bilanz noch

viel schlechter aus. Echte Konsolidierung ist das nämlich nicht.

Ihre Bilanz sähe außerdem schlechter aus, wenn Sie Ihre Versprechen gegenüber den Landesbeschäftigten eingehalten hätten. Da haben Sie sich nämlich auch noch einmal kräftig bedient.

Das ist ein dreifacher Wortbruch, meine Damen und Herren. Das muss hier immer wieder gesagt werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)