Nicht einmal in der Haushalts- und Finanzpolitik, also in dem Feld, für das Sie sich ständig für überkompetent erklären, haben Sie einen Plan für die Zukunft Nordrhein-Westfalens.
Dass Sie keinen Plan, kein Ziel, kein Bild für unsere Schulen haben, müssen wir leidvoll mit ansehen, und das müssen leidvoll die Beteiligten, die Kinder, die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer ertragen. Dass Sie planlos, ziellos und fantasielos durch das Energieland NRW stolpern, erleben wir fast täglich. Und auch beim Haushalt wird immer klarer: Sie haben auf fast allen Feldern den Mund zu voll genommen und den Menschen das Blaue vom Himmel versprochen. Jetzt merken Sie, dass Sie an Ihre Grenzen kommen, meine Damen und Herren.
Diese gebrochenen Versprechen stehen der Mehrwertsteuererhöhung der Großen Koalition in Berlin in nichts nach.
Die Relativierungen – ich habe sehr genau zugehört, Herr Dr. Linssen –, die Sie heute erstmals vorgenommen haben, es würde ein bisschen schwieriger und man wisse nicht so genau, haben wir in den letzten Jahren nicht gehört. Damals haben Sie sich den Hinweis auf die Konjunktur und auf die Wirtschaftsdaten verkniffen und so getan, als hätten Sie das alles in den letzten zwei Jahren bewerkstelligt. Jetzt, wenn es anders wird, drehen Sie dieses Muster herum. Das haben wir erkannt, und das werden wir bei jeder Beratung deutlich machen.
Wenn jemand so wenige Vorstellungen von einer guten Zukunft unseres Landes wie diese Landesregierung hat, verwundert das Motto „Privat vor Staat“ auch nicht mehr. Wer keine Ideen hat, wie das Land gestaltet werden kann, braucht keinen starken Staat, sondern überlässt es lieber den Privaten.
Meine Damen und Herren, auch wenn es manche nicht hören wollen: Spätestens seit der Bundestagswahl 2005 ist klar: Für die marktradikalen Ansätze in der Politik gibt es in unserer Bevölkerung keine Mehrheit. Das bestätigen Ihnen auch Politikwissenschaftler von Karl-Rudolf Korte bis Franz Walter. Das ist ein Paradigmenwechsel, Herr Stahl, der stattgefunden hat!
Das weiß im Grunde auch der Ministerpräsident. Deswegen formuliert er in Interviews, in Aufsätzen und in Reden vor Bundesparteitagen, dass das alles nicht mehr so sei und holt sich prompt bei Herrn Papke die nächste Watsche ab. In einer Ausgabe vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der letzten Woche nennt Sie Ihr Koalitionspartner in einem Atemzug mit Oskar Lafontaine und wirft Ihnen verzerrte Realitätswahrnehmung vor.
Aber Herr Ministerpräsident, Sie lassen Herrn Papke nicht nur gewähren, sondern Sie bleiben in der konkreten, von Ihnen verantworteten Politik in Nordrhein-Westfalen an die Privat-vor-StaatIdeologie Ihres Koalitionspartners gekettet. Das ist wichtig für die politische Auseinandersetzung in Nordrhein-Westfalen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen als Antwort auf die Globalisierung und ihre Herausforderungen einen handlungsfähigen Staat, der den Rahmen setzt, in dem sich alle Akteure bewegen können und müssen, und der mit diesem Rahmen dafür sorgt, dass das Klima wirkungsvoll geschützt wird, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen und dass wir endlich mehr Chancengerechtigkeit erreichen. Dafür muss der Staat sorgen; dafür brauchen ihn die Menschen.
Wenn wir diesen Anspruch aufgeben, verlieren der Staat und die Politik zunehmend an Legitimation. Dann haben es neue Parteien mit gewagten Sprüchen und populistischen Ansätzen ohne Substanz leichter, die politische Bühne zumindest zeitweise erfolgreich zu betreten.
Übrigens, Herr Ministerpräsident: Ihr Presseauftakt nach der Sommerpause war auch schon einmal besser. Das hat viel mit Frau Sommer zu tun, aber nicht nur. Herr Rüttgers, der Unterschied zwischen Konjunkturprogramm und Antirezessionsprogramm ist ungefähr so groß wie der Unterschied zwischen einer Kontamination und einer Vergiftung des Grundwassers. Das eine lehnen Sie ab, für das andere tragen Sie die politische Verantwortung. So ist es, wenn man beim Meister
Schauen wir genauer auf Ihre Vorschläge. Da steht zum Beispiel: Wiedereinführung des Abzugs von Steuerberatungskosten oder vereinfachte Spendenbescheinigungen. – Super, Herr Ministerpräsident! Das ist mal ein Programm, mit dem der Staat unsere Wirtschaft so richtig ankurbeln wird – hier und sofort aus Nordrhein-Westfalen.
Ich sehe die blühenden Landschaften schon wachsen – dank vereinfachter Spendenbescheinigungen und absetzbarer Steuerberatungskosten!
Er hat ausnahmsweise Recht, wenn er sagt, dass er das niedlich fände. Es ist aber im Grunde lächerlich und grotesk. An anderer Stelle ist es schlicht grob fahrlässig. Wenn der Ministerpräsident über den künftigen Energiemix spricht und ihm die erneuerbaren Energien nicht einmal einen Halbsatz wert sind, spricht das Bände. Stattdessen redet er immer öfter der Atomenergie das Wort, ebenso wie Herr Stahl.
Wir Grünen, meine Damen und Herren, werden den Atomausstieg mit Zähnen und Klauen verteidigen. Diese Risikotechnologie ist aus vielerlei Gründen unverantwortlich. Wenn ich heute lese, wie leichtfertig Ministerin Thoben angesichts der Unfälle mit Chemiegasen davon spricht, man müsse möglicherweise ein gewisses Restrisiko in Kauf nehmen, mag ich mir eine solche Haltung, Frau Thoben, mit Blick auf die Atomenergie überhaupt nicht mehr ausmalen. Das finde ich unverantwortlich!
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich weiß, wie schwer es Ihnen fällt, auf uns zu hören. Aber nehmen Sie doch wenigstens die Mahnungen die Kirchen ernst. Sie wollen diesen Eingriff in die Schöpfung nicht. Präses Alfred Buß warnt vor den unbeherrschbaren Gefahren der Kernenergie und sagt zur ungeklärten Endlagerfrage – ich zitiere –: „Wir sind im Flugzeug losgeflogen, aber wir wissen noch nicht, wie wir landen sollen.“ – Ich bin erschrocken, Herr Stahl, wie leichtfertig Sie über
Bei den Alternativen, Herr Rüttgers, waren Sie bei Ihrer letzten USA-Reise schon einmal weiter. Da wussten Sie schon, dass zum Beispiel in der Windenergie die Zukunft liegt. Außer Landes gibt es gewisse Anflüge von Einsicht, aber wenn es konkret darauf ankommt, sehen wir das im politischen Handeln leider nicht.
Wenn Sie und Ihre Landesregierung durch den unsäglichen Windenergieerlass NRW von der Entwicklung der Windenergie abschneiden, müssen Sie sich doch nicht wundern, wenn es in unserem Land Jahr für Jahr mit den Windenergieinvestitionen bergab und nicht bergauf geht. Gerade bei der Energiepolitik zeigt sich, wer die Herausforderungen der Zukunft erkannt hat und die Weichen richtig stellt. CDU und FDP tun das ganz offensichtlich nicht.
Ganz konkret spürbar wurde das für jede Einzelne und für jeden Einzelnen durch die Preissteigerungen beim Öl und als Folge davon durch die Preissteigerungen beim Gas. Diese Preissteigerungen werden erhebliche soziale und gesamtwirtschaftliche Probleme verursachen. Die Probleme sind offenkundig; man kann sie nicht mehr leugnen. Die hohen Preise treffen insbesondere Familien, die von ihren knappen Einkommen einen immer größeren Teil allein für Energie ausgeben müssen. Dann bleibt natürlich weniger Geld für andere Güter übrig. Dieser Abfluss von Kaufkraft hin zur Energie ist dramatisch.
1999 hat Deutschland per Saldo für 18 Milliarden € Erdöl und Erdgas importiert. Für 2008 sagt die Bundesbank etwa 85 Milliarden € voraus. Das ist fast eine Verfünffachung seit 1999 und hat ganz konkrete Folgen: soziale Probleme und erhebliche Belastungen für private und öffentliche Haushalte, Einschränkungen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, weniger verfügbares Einkommen und entsprechendes Sparverhalten.
Die daraus folgende Konsumflaute ist bereits im Tourismus, in der Gastronomie und vor allem im Handel spürbar. Die Menschen kaufen eben auch weniger ein. Dann ist es auch zum Abbau von Arbeitsplätzen nicht mehr weit. Wenn einzelne Branchen weniger umsetzen, werden sie Menschen entlassen. Die Pleiten von SinnLeffers, Wehmeyer und Hertie sprechen eine deutliche Sprache. Das hat natürlich konkret mit der wirt
Wir müssen und können gegensteuern. Wir haben einen Vorschlag gemacht, den ich hier noch einmal wiederholen möchte; wir werden ihn noch öfter diskutieren, weil er so überzeugend ist: Wenn wir beispielsweise massiv in die energetische Gebäudesanierung einsteigen, folgen daraus weniger Kosten für Öl- und Gasimporte, mehr Geld für die heimische Bauindustrie und die Zuliefergewerke und mehr Geld im Portmonee der Menschen. Das bedeutet neue Arbeitsplätze im Baugewerbe sowie weniger Arbeitsplatzverluste in der Textil- und Konsumindustrie.
Es geht darum, hier eine Wende einzuleiten und eine Win-win-Situation massiver Art auszunutzen. Ich verstehe nicht, warum Sie sich hier verweigern.
Frau Ministerin Thoben hat in Reaktion auf die gemeinsame Pressekonferenz von Frau Kraft und mir gesagt, dass 30.000 Wohnungen pro Jahr saniert werden. – Der Altbaubestand beläuft sich auf 6,3 Millionen vor 1984 errichteter Wohnungen. Haben Sie einmal ausgerechnet, wie lange Sie für die Altbausanierung benötigen, wenn Sie in diesem Schneckentempo weitermachen? Es sind mehr als 100 Jahre, meine Damen und Herren.
Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung bei der Gebäudesanierung zur Einsparung von Öl- und Gasimporten. Nicht kleckern, sondern klotzen muss hier die Devise sein – auch im Landeshaushalt.
Das ist ein wirkliches und vernünftiges Antirezessions- und Konjunkturprogramm. Einfache Spendenbescheinigungen oder die Absetzbarkeit von Steuerberatungskosten reichen nicht aus.
Es geht also um den Wirtschaftsstandort NRW. Es geht aber auch und vor allem um die Menschen, die sich teure Energie schlicht nicht leisten können. Es geht selbstverständlich auch um Klimaschutz.
Meine Damen und Herren, eine weitere ganz zentrale Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung in NRW ist die Bildungspolitik. Um im globalen Wettbewerb mithalten und von der Globalisierung profitieren zu können, müssen wir die Ergebnisse unseres Bildungssystems radikal verbessern. Die Stärke von NRW müssen die Menschen sein: gut ausgebildete und hochqualifi
Aber auch hier bewegen Sie sich mit Rekordgeschwindigkeit in die Sackgasse. Die Landesregierung zementiert ein Schulsystem, das auf Selektieren und Aussortieren setzt. Das ist bestenfalls „50er-Jahre“, eher noch „vorletztes Jahrhundert“.
Das Ganze geschieht mit einer Führungscrew im Schulministerium, die nicht einmal in der Lage ist, die politisch unstrittigen Reformprozesse einigermaßen vernünftig umzusetzen. Es ist eine Crew, die die Schulen in unserem Land mit einer nie dagewesenen Erlassflut überzieht. Das ist Bürokratiewahn pur, meine Damen und Herren.