Seitdem spielt das Land auf Zeit. Weder von Ministerpräsident Rüttgers noch vom Verkehrsminister ist etwas in der Sache zu hören. Beide setzen offenkundig darauf, dass die Stadt Köln sich für die Landespläne schon wird erwärmen können, wenn der Druck erst groß genug ist. Das ist verantwortungslos, schlechter Stil und erinnert an Erpressung.
Zum Zweiten belasse ich es bei einem einfachen Rechenbeispiel nach Adam Riese. Sie, Frau Kollegin Brüning, haben gesagt, die Veräußerung der Bundesanteile dürfe nicht dazu führen, dass Private die Mehrheit erhalten. Können Sie mir bitte erklären, wie das gehen soll, wenn der Bund nur 30,96 % der Anteile hat? Wenn er sie verkauft, können Private überhaupt nicht die Mehrheit am Flughafen Köln/Bonn bekommen. Es sollte auch den Rechnerinnen und Rechnern in der CDUFraktion klar sein, dass das schon rein sachlich gar nicht geht.
Zum Dritten spreche ich einige Kollegen aus dieser Runde ganz persönlich an, weil die Schizophrenie im Handeln, die für einige symptomatisch ist, an dieser Stelle besonders deutlich zutage tritt. Gerade heute – auch das ist angeklungen – haben Vertreterinnen von Gewerkschaften und vom Betriebsrat des Flughafens an die Landesregierung etwa 10.000 in nur wenigen Wochen gesammelte Unterschriften übergeben, die sich gegen die Absichten der Landesregierung richten. Diese Unterschriftenliste endet mit dem entscheidenden Appell an die Landesregierung:
Ich fordere die Landesregierung auf, ihre Privatisierungspläne aufzugeben und den Flughafen im Besitz der öffentlichen Hand zu belassen. Köln muss die Mehrheit an seinem Flughafen erhalten!
Wissen Sie, wer das als Erstunterzeichner mit unterschrieben hat? Ihr Kollege Jürgen Hollstein aus Köln. Er ist Parteivorsitzender und er ist Inhaber des Wahlkreises Köln-Porz, in dem das Gelände des Flughafens liegt. Er sagt also mit seiner Unterschrift auf dieser Liste, Köln müsse die Mehrheit an seinem Flughafen bekommen. Jetzt kommt das Schizophrene: Derselbe Jürgen Hollstein antwortete nämlich auf die eben schon von Frau Brüning zitierte Anfrage des „Kölner Stadt
Anzeigers“, die lautete „Unterstützen Sie die Stadt Köln bzw. die kommunale Familie bei ihrer Absicht, am Flughafen eine Mehrheit zu erlangen, oder favorisieren Sie die Landesposition, die eine private Beteiligung in Höhe von 50 % und damit ein Patt unter Gesellschaften durchsetzen möchte?“:
Ich weiß nicht, ob die Stadt Köln sich einen Gefallen damit tut, eine Mehrheit über 50 % zu erwerben. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich eine kommunale Aufgabe ist.
Dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man ganz klar sagen: Es geht nicht an, in Köln den lieben Jürgen zu spielen, und hier im Landtag den Fraktionssoldaten Hollstein, der nur macht, was Rüttgers und seine Leute ihm auftragen. Das werden die Menschen in Köln auch merken.
Nun wende ich mit dem Minister Wittke zu, der hier in einer seltenen Art von Geschichtsklitterung einen Popanz aufgebaut hat. Wenn Sie sagen, Herr Minister Wittke, dass die Grundstücksfrage erst durch die Aktivität dieser neuen Landesregierung in Bewegung gebracht worden sei, dann ist das wirklich Geschichtsklitterung.
Sie wissen ganz genau, dass diese Lösung über die Grundstücksfrage überhaupt erst durch ein Vieraugengespräch zwischen dem Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Herrn Gatzer, und dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Flughafens, Volker Hauff, zustande gekommen ist. Damit haben Sie, Herr Wittke, und Ihre Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung nichts, aber auch gar nichts zu tun. Es ist eine Unverschämtheit und die glatte Unwahrheit, hier das Gegenteil zu behaupten.
Sie haben zur Chronik ausgeführt – das war Ihre eigene Mitteilung, Herr Minister Wittke –, Private sollten nicht die Mehrheit am Flughafen bekommen, aber auch die Kommunalen sollen keine Mehrheit am Flughafen bekommen. Dazu sage ich Ihnen: Setzen Sie ganz einfach die Gespräche wieder an den Stand zurück, an dem Sie ausgeschieden sind – auch hier ist nämlich gerade die Unwahrheit beschrieben worden; das Land ist sehr wohl aus mehreren vereinbarten Terminen ohne Angabe von Gründen ausgestiegen –, und verkaufen Sie schlicht Ihre Landesanteile nicht! Wenn Sie sie nämlich behalten, dann haben weder die Kommunen noch Private die Mehrheit. Damit wäre allen gedient, und Sie hätten die gro
Des Weiteren haben Sie, Herr Minister Wittke, den Popanz von Rot-Grün-Rot an die Wand gemalt. Darauf antworte ich Ihnen zweierlei: Zum einen bekennt sich der künftige Oberbürgermeister von Köln, Jürgen Roters …
Hören Sie einmal zu; das Spannende kommt ja noch. Das ist für Sie ja keine Neuigkeit. Aber das Spannende ist doch Folgendes: Der künftige OB Jürgen Roters bekennt sich auf dem Nominierungsparteitag der Kölner Grünen ausdrücklich zum Flughafen Köln/Bonn und auch zum Nachtflug und bekommt trotzdem über 90 % für seine Nominierung als gemeinsamer Oberbürgermeisterkandidat. Das ist doch eine Aussage. Vor diesem Hintergrund hier einen solchen Popanz aufzubauen, ist geradezu lächerlich.
Zum anderen zitiere ich gern aus einer Rede des Fraktionsgeschäftsführers der FDP im Kölner Rat vom 24. Juni dieses Jahres. Er sagt – ich darf zitieren –: Der Sozialdemokratischen Fraktion und auch Ihnen, Herr Börschel, vertraue ich. Als es damals aber um die Existenz des Flughafens Köln/Bonn und die Nachtflugregelung ging, haben wir auch andere Erfahrungen gemacht. Was wir damals mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Prof. Bietmann erlebt haben – und übrigens auch damals seinem Fraktionskollegen Möbius –, der zusammen mit den Grünen versucht hatte, die Nachtflugregelung auszuhebeln, das – jetzt endet das Zitat – geht auf keine Kuhhaut. Das sind doch die wahren Gegner, die Sie überzeugen müssen, die Bietmänner und Möbiusse dieser Welt, die aus Partikularinteressen gegen den Nachtflug sind, übrigens nicht nur in Köln, sondern auch hier; denn die Fraktion der CDU hat ja seinerzeit einem entsprechenden Antrag zugestimmt.
Herr Minister Wittke, wenn Sie das Problem der Eigenkapitalausstattung des Flughafens Köln/Bonn ansprechen, dann sprechen Sie ein richtiges Problem an, übrigens ein Problem, dem sich bislang sowohl Bund als auch Land und Kommunen nicht ausreichend gestellt haben. Sie können aber getrost davon ausgehen, dass die kommunale Familie, wenn sie ein Interesse an der Mehrheit des Flughafens Köln/Bonn artikuliert, den ersten Schritt nicht beabsichtigt, ohne den zweiten Schritt zu bedenken. Machen Sie sich, Herr Kolle
ge und Minister Wittke, um die Eigenkapitalausstattung des Konzerns Stadt Köln und der kommunalen Familie keine Sorge. Den zweiten Schritt werden wir nach dem ersten gehen. Da können Sie sicher sein. Da müssen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben machen. Dazu fordere ich Sie eindringlich auf.
Ich möchte nun, gewandt an den Kollegen Rasche und die Kolleginnen und Kollegen der FDPFraktion, auf meinen letzten Punkt zu sprechen kommen. Sie haben ja noch einmal darauf hingewiesen, dass Sie sich eine 50/50-%-Regelung wie am Flughafen Düsseldorf vorstellen können. Hierzu möchte ich wieder den FDP-Fraktionsgeschäftsführer im Kölner Rat aus der schon eben genannten Sitzung zitieren:
Wir haben hier über den Düsseldorfer Flughafen und die 50/50-Lösung gesprochen. Nach Meinung der FDP-Fraktion wird es damit Probleme geben, denn in der Wirtschaft werden eher selten Gesellschafterverträge mit 50/50 abgeschlossen. Wir halten diese Regelung für nicht gut, weil ein Gesellschaftervertrag von 50/50 nur bei gutem Wetter taugt.
Ich kann nur hoffen, dass die Landesregierung noch auf den richtigen Weg kommt und weiterhin ihre Anteile hält.
Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal der Kollege Becker zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Minister Wittke bedanken, der eindrucksvoll beschrieben hat, dass er sowohl vor irgendwelchen rot-rot-grünen Mehrheiten in Köln als auch vor schwarz-grünen Mehrheiten im Kreistag Rhein-Sieg Angst hat.
Er hat nur eines verkannt: Er hat verkannt, für was wer zuständig ist. Zuständig – ich sage es gerne noch einmal – für eine aus unserer Sicht falsche Genehmigung für den Flughafen Köln/Bonn ist der Minister hier gewesen im Einklang mit dem Bundesfachminister. Zuständig ist eben nicht der Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat ist für die Herstellung eines Interessenausgleichs an anderen Stellen in der Region zuständig. Er ist unter anderen dafür zuständig, dass keine falsche Geschäftspolitik zu
Lassen Sie mich etwas dazu sagen, wie was gelaufen ist. Der Kollege Börschel hat ja völlig Recht: Mitte Juni hat der Staatssekretär im Aufsichtsrat gesagt: Der Koalitionsausschuss hat mich beauftragt, hier mitzuteilen, es muss eine private Mehrheit am Flughafen Köln/Bonn geben. – Dann sind Sie auf die 50/50-Regelung zurückgerudert und haben versucht, zu erklären, warum 50/50 ähnlich wie in Düsseldorf funktionieren müsse und könne.
Meine Damen und Herren, das, was Sie gerade hier vertreten haben, fällt auf Sie selber zurück und wird in der Region selbstverständlich Widerhall finden. Und es wird nicht nur in Köln, sondern auch im Rhein-Sieg-Kreis Widerhall finden. Ich bin mir sicher, es wird auch bei manchem Parteifreund in Ihrem bundesweit größten Kreisverband nicht auf Vergnügen stoßen.
Lassen Sie mich noch etwas zu der Frage sagen, was falsche Politik oder was schäbig ist. Dieses Wort ist ja aus verschiedenen Mündern gefallen. Insofern möchte ich Ihnen gerne sagen, was ich persönlich schäbig finde. Ich finde es schäbig, dass Sie alle Ihre Hand dafür heben, dass der Landtag ein nächtliches Passagierflugverbot fordert, sich dieser Minister aber wenige Wochen danach herausstiehlt und an einem runden Tisch sagt, er denke überhaupt nicht daran, diesen Landtagsbeschluss umzusetzen, ihn dann auch tatsächlich nicht umsetzt, sondern eine Genehmigung bis 2030 erteilt, und der Fraktionsvorsitzende der FDP nach dieser Genehmigung, vor der er nicht gesehen und gehört wurde, im „StadtAnzeiger“ im Rhein-Sieg-Kreis erklärt, er sei nachdrücklich dafür, man müsse endlich einmal zusammenarbeiten, um das nächtliche Passagierflugverbot durchzusetzen. Das, meine Damen und Herren, finde ich schäbig.
Ich finde es auch schäbig, wenn hier einige so tun, als sei der Flughafen davon abhängig, dass Sie hier eine zum Nachtflug, insbesondere zum nächtlichen Passagierflug, aus meiner Sicht falsche Entscheidung treffen. Nein, der Flughafen ist davon abhängig, dass er in der Region anerkannt wird, auch bei den Menschen, die darunter zu leiden haben, was dieser Flughafen verursacht. Er muss von allen anerkannt werden und ein guter Nachbar sein. Dann wird er in der Tat weiter wachsen und gedeihen.
Aber Ihre Behauptung, dass andere den Flughafen bekämpfen würden, und zwar außerhalb der Probleme, die wir beschreiben und von denen Sie
nichts wissen wollen, die die Menschen aber jede Nacht erleben, ist falsch. Das wird auch nicht besser, wenn Sie diese jedes Mal wiederholen. Insofern danke ich Ihnen herzlich für die jeweils protokollarischen Nachweise darüber, wer die Interessen dieser Menschen überhaupt nicht im Kopf hat und wen sie überhaupt nicht interessieren.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal zusammenfassen, worum es heute geht und worum es nicht geht. Es geht heute nicht um die Nachfluggenehmigung. Diese Genehmigung zu treffen, war falsch. Das wird beklagt, und man wird sehen, wie das am Ende ausgeht. Es geht heute auch nicht darum, dass der Stadtrat von Köln oder der Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises, wie Sie sagen, unter meiner Führung – ich bedanke mich für die Ehre – eine aus Ihrer Sicht falsche Genehmigung erteilt.
Heute geht es darum, dass diejenigen, die vor Ort den Interessenausgleich sicherstellen müssen, um den Sie sich einen feuchten Kehricht scheren, in die Lage versetzt werden, im Aufsichtsrat dann, wenn der Bund und das Land ihre Anteile verkaufen wollen, ihre Rechte wahrzunehmen, und zwar genau dann. Von uns fordert niemand, dass Sie Ihre Anteile verkaufen. Aber wir fordern, dass die Anteile in öffentlicher Hand bleiben, wenn Sie verkaufen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als Nächster spricht für die Landesregierung Herr Finanzminister Dr. Linssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Ich wollte mir und vielleicht auch Ihnen am Ende dieser Debatte eine kleine Freude machen. Die Landesregierung hat nämlich noch ein paar Minuten Redezeit.
Ich habe mir einmal – wir stehen ja alle auf den Schultern unserer Altvorderen – die Freude gemacht, mir aus der Debatte im Jahre 1997 um die Privatisierung des Landesanteils am Flughafen Düsseldorf Zitate herauszuholen. Ich kann Sie auswendig; deshalb brauche ich nicht die Zitatensammlung hervorzukramen. Herr Becker, Herr Börschel und wer sonst noch ein vitales Interesse am Flughafen hat, tun Sie sich doch den Gefallen und lesen Sie das einmal nach!
Damals gab es die Auseinandersetzung, ob Harpen oder HOCHTIEF den Zuschlag bekommt. Harpen hatte 308 Millionen DM geboten. Angeb