Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Landesregierung hat Finanzminister Dr. Linssen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist von Dilettantismus und totalem Imageschaden, von Totengräbern, vom Raubzug die Rede. Haben Sie es nicht vielleicht eine Nummer kleiner und etwas seriöser?

(Beifall von CDU und FDP)

Ich meine, der Ministerpräsident tut gut daran, dass er wichtigeren Staatsgeschäften nachgeht, statt sich diese Polemik, die wir permanent hören, anzutun.

(Widerspruch bei der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Ui!)

Meine Damen und Herren, Sie haben vor einer Woche gemeint, wir müssten eine Unterrichtung durch die Regierung vornehmen. Ich weiß nicht, wofür überhaupt. Es gibt Bemerkungen von Frau Kroes, die wir nicht teilen. Es gibt richtige und falsche Anmerkungen. Es gibt unterschiedliche Reaktionen, zum Beispiel auch von Herrn Steinbrück. Wenn Sie sich die einmal durchlesen, wird Ihnen auffallen, dass sie sehr differenziert sind.

(Gisela Walsken [SPD]: Eindeutig!)

Dazu wollen Sie eine Information der Regierung haben? – Ich weiß gar nicht, wo wir uns hier eigentlich befinden.

(Sören Link [SPD]: Im Landtag!)

Sie wollen Ihre Polemik loslassen. Das ist alles, was hier stattfindet.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben uns vor drei Wochen über das Thema Sparkassen unterhalten. Ihre Methode ist offensichtlich die der Wiederholung. Deshalb wiederhole ich auch: Wir haben Ihren Antrag vor drei Wochen ab

gelehnt und werden ihn heute auch ablehnen. Denn es gibt zu diesem Thema seit dem nichts Neues.

Meine Damen und Herren, zu Beginn dieser Debatte möchte ich auf ein paar Beiträge von Frau Walsken und Frau Löhrmann eingehen.

Frau Walsken, der Kollege Weisbrich hat darauf hingewiesen – man kann es nicht oft genug wiederholen –, dass Sie in den Jahren 2002, 2003 und 2004 – also zu Ihrer Regierungszeit – effektive Verluste in Höhe von 4,8 Milliarden € bei der Bank hatten.

(Sören Link [SPD]: Was haben Sie denn da- mals gemacht? Waren Sie nicht beteiligt?)

Wir hatten im vorigen Jahr den bedauerlichen Verlust von 1,2 Milliarden €, und wir haben zurzeit aus den Papieren einen Verlust von 60 Millionen €, der von uns mit 21 Millionen € getragen werden muss. Insgesamt tragen die Eigentümer derzeit 60 Millionen € dazu bei.

Wir haben uns oft genug darüber unterhalten, Frau Walsken, wann die Spread-Geschäfte, die Verluste von 600 Millionen € zu Beginn des Jahres 2007, die Sie angeführt haben, entstanden und unter wem sie gefördert worden sind.

(Gisela Walsken [SPD]: Deshalb habe ich sie ja genannt! Sie haben uns das so freundlich gesagt!)

Ihre Geschichtsaufarbeitung war mehr eine Geschichtsklitterung. Damit will ich mich nicht beschäftigen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ihr beliebtestes Thema ist, darauf hinzuweisen, dass wir im vorigen Jahr besser daran getan hätten, mit der LBBW zusammenzugehen, denn dann sei das Schlimmste doch zu vermeiden gewesen. Ich habe Ihnen damals, am 19. September 2007, vorgetragen – ich darf zitieren –:

Selbstverständlich ist die Partnerschaft mit einer leistungsstarken Landesbank eine interessante Option. Dabei gelten aber zwei Grundvoraussetzungen: Erstens. Das Geschäftsmodell muss stimmen.

Zweitens. Der Finanzplatz Nordrhein-Westfalen muss gestärkt werden.

So weit meine öffentlichen Äußerungen.

Wenn Sie sich die Entwicklung der Papiere in den Privat- und Landesbanken, die jetzt zu entsprechenden Wertberichtigungen führen, genau ansähen, dann wüssten Sie vielleicht – ich sage das mit Vorsicht und auch nicht mit Häme –, dass spätestens seit Montag auch die Landesbank BadenWürttemberg nicht mehr das ist, was sie vor zwei Jahren einmal war. Vielleicht regen Sie sich dann etwas weniger darüber auf, dass wir aus wohlerwo

genen Gründen im vorigen Jahr Nein zu dieser Fusion gesagt haben.

Vielleicht ist Ihnen auch nicht entgangen – vor lauter Tiraden, die Sie hier loslassen –, dass bei den Sparkassenverbänden inzwischen ein Umdenken eingetreten ist,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Seit der Anhö- rung?)

dass man heute nicht mehr so sehr daran denkt, in Deutschland Bilanzsummen zusammenzuschieben. Sie wissen auch, was inzwischen über das berühmte Funding, also die Finanzierung solcher Fusionen, gesagt wird, dass man selbstverständlich über die horizontalen Konsolidierungen nachdenken kann, aber sie in der Priorität weit zurückgetreten sind, dass man auch über vertikale Konsolidierungen nachdenkt, so wie es einige Verbände mit ihren Sparkassen getan haben, wir die aber abgelehnt haben. Das wissen Sie ganz genau. Ich bekenne gerne, dass ich ein Freund des Metropolsparkassenmodells gewesen bin, aber ich habe gelernt, dass es politisch nicht durchsetzbar war. Deshalb steht es nicht im Gesetz, und es kommt auch nicht mehr hinein. Das Gesetz ist so vorgelegt worden, wie Sie es kennen.

Heute sieht man Konsolidierung eher unter funktionalen Gesichtspunkten und man überlegt, ob man nicht vielleicht Schwerpunkte bilden kann, zum Beispiel – die berühmten Überlegungen – das Kapitalmarktgeschäft von Deka und WestLB zusammenschieben und die Immobilienseite vielleicht irgendwo anders in eine normale Verbundbank schaffen. Das ist das, was auch bei unseren Miteigentümern im Moment im Vordergrund steht.

Dass diese Gespräche mit Nachdruck und hoher Intensität geführt werden, liegt insbesondere an dem Zeitdruck, den die Kommission aufgebaut hat, der recht außergewöhnlich ist – auch das darf ich Ihnen sagen – und zu Konsequenzen bei den Eigentümern geführt hat. Deshalb brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, dass wir nicht eine sehr aktive Rolle bei der Konsolidierung der Landesbanken, so wie Sie es in dem Titel Ihres Antrags geschrieben haben, spielen.

Meine Damen und Herren, die Forderungen der Kommission muss man sicherlich als kommunizierende Röhren sehen. Das heißt, wenn wir bei der Bilanzsummenreduzierung nicht den Wünschen der Kommission entsprechen – also 27 % Reduzierung der Bilanzsumme und 36 % Reduzierung der Risikoaktiva, die man eigentlich als das entscheidende Datum sehen müsste –, dann haben die Eigentümer in ihrer Erklärung gegenüber der EU – auch mit dem Bekenntnis, dass wir uns aus der Kontrollmehrheit zurückziehen wollen, wenn wir einen Partner finden – angedeutet, dass wir die Bilanzsummenfrage sicherlich noch einmal neu anpacken. Man kann nicht vorher bestimmte Aktivitäten aufge

ben, wenn man nicht weiß, wer der Partner ist, der vielleicht mehr das Immobiliengeschäft oder mehr das Kapitalmarktgeschäft liebt. Ich brauche das nicht näher zu erörtern. Sie wissen, worüber ich spreche.

An dem dritten Punkt, den Frau Kroes zum Anlass genommen hat, sehr kräftig zu formulieren, hat mich schon einiges aufgeregt, vor allen Dingen wenn man von Anfang der 90er-Jahre an 12 Milliarden € als Subventionen aufaddiert, die so nicht geflossen sind.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Wir hatten zu der Zeit genehmigte Beihilfen wie zum Beispiel die Wfa-Integration in die damalige Girozentrale WestLB. Mit den Kapitalerhöhungen, die auch zu Ihrer Zeit besprochen wurden, haben wir sicherlich das getan, was man tun muss, nämlich den sogenannten Market-Investor-Test nachgewiesen. Das heißt, wir hatten damals eine Kondition, die ein ganz „normaler“, am Markt agierender Investor auch gehabt hätte.

Herr Minister.

Das ist etwas, was schmerzt. Aber ich sage Ihnen auch: Wir müssen in konstruktiven Gesprächen bleiben. Diese werden auf der Arbeitsebene sehr intensiv geführt, denn das Schicksal, das wir beispielsweise hinsichtlich Anstaltslast und Gewährträgerhaftung hatten, wird Sie lehren, dass es wenig Zweck hat, nur in Polemik gegen Brüssel zu verfallen, sondern wir müssen konstruktiv an einer Lösung des Problems arbeiten. Das tun wir, seien Sie dessen gewiss.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Linssen. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir angesichts der Ereignisse in den letzten 14 Tagen erheblich mehr Aufklärung seitens der Landesregierung und seitens der Koalitionsfraktionen über ihre Absichten im Hinblick auf die Westdeutsche Landesbank gewünscht. Was Sie vorgetragen haben, bringt uns, meine Damen und Herren, in der Sache nicht weiter, denn es werden abstruse Behauptungen aufgestellt.

(Zurufe von der CDU)

Herr Dr. Linssen, wenn es eine Diskussion über den Zeitpunkt der Anschaffung von Risikopapieren bei der Bank gibt, dann legen Sie doch die Karten auf den Tisch!

(Gisela Walsken [SPD]: Genau!)

Sagen Sie uns, zu welchem Zeitpunkt welche Papiere von wem erworben worden sind und ergehen Sie sich nicht in inhaltsleeren Andeutungen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zur Rede vom Kollegen Weisbrich: Lieber Kollege Weisbrich, es ehrt Sie, dass Sie Klassiker zitiert haben. Lassen Sie mich daran anknüpfen: Si tacuisses, philosophus mansisses; wenn Sie geschwiegen hätten, Herr Kollege, hätte man Sie weiter für einen Philosophen halten können.

(Heiterkeit und Beifall von SPD und GRÜNEN – Gisela Walsken [SPD]: Genial!)

Darüber hinaus bekomme ich ein Gefühl der Beklemmung, wenn Konservative in Parlamenten an den Patriotismus sozialdemokratischer Oppositionsfraktionen erinnern, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)