Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Äußerungen von Ministerpräsident Mappus aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen würde aus dem Länderfinanzausgleich Geld erhalten und damit Studiengebühren senken sowie ein beitragsfreies Kindergartenjahr zulasten von Baden-Württemberg einführen, sind billiger Populismus eines Wahlkämpfers – nichts anderes.
Das kann aber in der Sache überhaupt nichts damit zu tun haben, dass wir versprochen haben, im Herbst 2011 die Studiengebühren abzuschaffen. Das müsste jedem einleuchten.
Insofern ist das schon kausal gar nicht möglich und an der Stelle nur nachvollziehbar, wenn man weiß, was am 27. März in Baden-Württemberg passiert.
Die Qualität der Behauptung spricht im Übrigen auch für die Politik, die Herr Mappus im letzten Jahr gemacht hat.
Es ist nichts anderes als die Panik eines Wahlkämpfers kurz vor der verlorenen Wahl. Roland Koch hat damals gemeint, er könne sich mit Ausländerpopulismus retten. Mappus meint, er könne mit Populismus punkten, indem er zulasten von NordrheinWestfalen gegen uns Stimmung macht. Ich glaube nicht, dass diese Rechnung aufgehen wird.
An die Adresse von CDU und FDP sage ich: Es ist bedauerlich, dass Sie dem, was er da sagt, nicht sachlich entgegentreten. Im Prinzip billigen Sie damit diese Kritik und heißen sie gut. Sie meinen, Sie hätten kurzfristig einen Vorteil davon. Aber es wird Nordrhein-Westfalen nichts nützen, sondern schaden, wenn Sie das unwidersprochen lassen.
Statt mit uns gemeinsam deutlich zu machen, dass in den Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neue Regelungen unbedingt notwendig sind, und damit die Landesinteressen zu vertreten, schweigen Sie, obwohl Sie es besser wissen.
Wir haben in einem gemeinsamen Antrag ausgedrückt, dass der Bund einen höheren Anteil an den Soziallasten der Kommunen übernehmen muss, und wissen, dass, auch wenn die Kommunen sehr engagiert sparen, ihre Situation so verzweifelt ist, dass sie es nicht anders schaffen. Im Übrigen ist bemerkenswert, dass Baden-Württemberg für die Kosten der Unterbringung vom Bund einen Anteil von 28,5 % bekommt, wir 24,5 %. Das ist eine Sonderregelung, mit der Herr Mappus überhaupt kein Problem hat, obwohl die baden-württembergischen Kommunen keine höheren Kosten haben als unsere. Das müssten Sie an der Stelle deutlich kritisieren.
Wir waren uns einig, dass der Bund zukünftig einen Anteil von 50 Prozentpunkten übernehmen muss, damit die Kommunen überhaupt eine Chance haben. Das sollten wir zusammen weiter vertreten. Wir dürfen uns nichts vormachen. Wir müssen es in unseren jeweiligen Parteien durchsetzen; wir müssen es in Berlin durchsetzen. Das ist eine lange, harte Wegstrecke. Da nützt es nichts, wenn Sie aus Gründen des Populismus Herrn Mappus den Rücken stärken, statt diese Position weiter vorzutragen.
Ich möchte einen weiteren Punkt anführen. Wir haben einen Konsens, dass die Mittel, die wir in Bildung investieren – angefangen von der U3Betreuung über Kindergärten, Schulen bis hin zu den Hochschulen –, deutlich erhöht werden müssen. Wir wissen, dass wir mehr Geld für Bildung brauchen, weil Ausbildung der wichtigste Rohstoff ist, den wir haben. Wir werden einen zunehmenden Fachkräftemangel haben. Je besser wir ausbilden, je mehr Geld wir da investieren, umso besser ist das für unser Land. Das wissen wir.
Ich sage für meine Fraktion: Wir sollten zusammen überlegen, wie wir den Solidarzuschlag Ost, der richtig war, der viel geholfen hat, der dazu geführt hat, dass zum Teil die Hochschulen im Osten besser aussehen als unsere, perspektivisch in einen Bildungszuschlag umwandeln, damit die Länder mehr Geld bekommen, um das, was wir für Bildung, für Hochschulen brauchen, finanzieren zu können.
Es ist in der Sache unumstritten, dass wir das brauchen. Dazu gehört natürlich auch, dass das Kooperationsverbot fallen muss, denn es ist unsinnig, es behindert.
In gleicher Weise sollten wir uns alle dafür einsetzen, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel – wir reden über 10 bis 12 Milliarden € jährlich, von denen Nordrhein-Westfalen 5 Milliarden € nach Berlin schicken wird – wieder in die Länder zurückfließen, die diese Einnahmen beim Bund verursachen, damit die Länder die Programme, die wir gemeinsam wollen, umsetzen können. Das heißt Emissionsreduktion über Gebäudesanierung und Energieeinsparung. Auch da sind es 10 bis 12 Milliarden €, die in Berlin landen, für die – das will ich gar nicht verhehlen – alle viel Verwendung haben. Auch wir müssen bei unseren Leuten dafür kämpfen, dass das in relevanten Teilen wieder nach NRW kommt, damit wir an der Stelle Maßnahmen durchführen, die zwischen uns ja gar nicht strittig sind. Das wäre auch eine Aufgabe, die wir uns zusammen vornehmen sollten, statt an der Stelle billigen Populismus, Wahlkampf zulasten von Nordrhein-Westfalen zu machen.
Ich hoffe, dass die Diskussion nach dem 27. März mit einer anderen Landesregierung in BadenWürttemberg auf einer solidarischeren Basis weitergeführt werden kann. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Priggen. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Weisbrich das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da haben Sie sich für heute früh wirklich ein schönes Thema ausgesucht.
(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Endlich mal! – Weitere Zurufe von der SPD: Richtig! Ja!)
Die Schuldenkönigin der Nation und ihr Griechenland-Beauftragter, diese beiden wollen einfach nicht sparen. Kritik an Ihrer hemmungslosen Verschuldungsorgie wird von den Koalitionsfraktionen sofort in Majestätsbeleidigung umgedeutet.
Frau Ministerpräsidentin, Herr Finanzminister, so einfach können Sie sich die Sache nicht machen. Niemand zweifelt den Länderfinanzausgleich im Grundsatz an. Die Kritik gilt ausschließlich der missbräuchlichen Ausnutzung von Ausgleichszahlungen für Konsumzwecke und damit dem Unterlassen von möglicher Selbsthilfe. Der Länderfinanzausgleich ist ein klassischer Fall von Solidarität der Starken mit den Schwachen. Damit er dauerhaft Bestand haben kann, bedingt er auf der Nehmerseite ein gesundes Verhältnis zur Subsidiarität. Ausgleichszahlungen dürfen immer nur Hilfe zur Selbst
Meine Damen und Herren, was ich mit dem richtigen Verhältnis von Solidarität und Subsidiarität meine, lassen Sie mich einmal an einem ganz einfachen Beispiel erklären. Ich wurde während des Weltkrieges in Oberschlesien geboren und habe als kleiner Junge die endlosen Flüchtlingstrecks mitgemacht. In jedem dieser Züge gab es eine Karre, die von den Stärksten gezogen wurde, auf die sich die Schwachen, die Fußkranken, die Alten, die zu Jungen draufsetzen durften. Doch wenn sich irgendjemand von den Leistungsstarken getraut hätte, sich selbst zu verletzen, um für sich einen Platz auf der Karre in Anspruch zu nehmen, dann wäre er von der Gemeinschaft geächtet worden. Das ist die Situation im Länderfinanzausgleich.
Meine Damen und Herren, nichts anderes als Selbstverstümmelung betreibt die rot-grüne Minderheitsregierung. Sie schwächt den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen durch Industriefeindlichkeit. Ich sage nur Datteln.
Sie unterlässt es damit, eigene Steuereinnahmen im möglichen Umfang zu generieren. Stattdessen nutzt sie für den durchsichtigen Versuch, mit Wahlgeschenken Wählerstimmen zu kaufen, das in anderen Ländern erwirtschaftete Geld.
Meine Damen und Herren, Bayern fährt zum sechsten Mal einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung. Bayern und Baden-Württemberg muten ihren Bürgern Kindergarten- und Studienbeiträge zu. Doch Sie, Herr Finanzminister, bezeichnen die Schuldenbremse als ein Stück Selbstentmündigung. Das ist keine Selbstentmündigung, sondern ein Stück aus dem Tollhaus. Frau Ministerpräsidentin, das ist keine Präventions-, sondern Kängurupolitik. Sie haben nichts im Beutel, aber Sie wollen große Sprünge machen.
Mit dem Konzept des vorsorgenden Sozialstaats ist schon Johannes Rau gescheitert. Er hat nicht nur die Ausgaben für Wissenschaft und Bildung, sondern zur Gegenfinanzierung auch die Finanzverwaltung explosionsartig aufgebläht. Er hat beitragsfreie Kindergärten versprochen, aber dieses Versprechen niemals eingehalten. Übrig geblieben ist nichts als eine Verschuldung, die Nordrhein-Westfalen na
hezu in den Ruin und den damaligen Finanzminister Diether Posser in den Amtsverzicht getrieben hat, weil Herr Posser den Marsch in die Finanzwirtshaft einer Bananenrepublik nicht länger verantworten wollte und konnte.
Sie haben mit dem Hinweis, Kollege Römer, dass Nordrhein-Westfalen viele Jahre zugunsten von Bayern in den Finanzausgleich eingezahlt hat, recht.