Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

Es ist gefragt worden, was die Landesregierung konkret machen will. Wir werden unser Integrationsgesetz sehr frühzeitig einbringen und zur Diskussion stellen. Wir werden so schnell als möglich Religionsunterricht für Moslems ermöglichen. Dazu sind ganz konkrete Vorarbeiten im Schulministerium schon geleistet. Wir werden den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst steigern, zum Beispiel über das Projekt der anonymisierten Bewerbung.

Das alles sind sehr konkrete Maßnahmen, die uns weiterhelfen – jedenfalls mehr als eine losgelöste Diskussion über einen Buchautor. Wir könnten uns wunderbar über diesen Mann an anderer Stelle auseinandersetzen. Ich glaube, er gehört nicht ins Parlament.

Einige Anmerkungen zur Vergangenheit muss ich schon machen. Als die Konservativen noch darüber diskutiert haben, ob dieses Land ein Einwanderungsland ist, und als das noch eine tabuisierte Frage war, haben Sozialdemokraten Sprachförderung eingeführt.

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Wo denn?)

Man kann das wunderbar nachvollziehen. Da lassen wir uns auch nichts anhängen.

(Michael Solf [CDU]: Das war unser Antrag, den die SPD abgelehnt hat! – Weitere Zuru- fe)

Schauen Sie einmal weiter zurück, dann werden Sie sehen, was wahr und was nicht wahr ist.

(Michael Solf [CDU]: Herr Schneider, wir hatten den Antrag gestellt! – Unruhe)

Wenn Herr Laschet zum Beispiel den Vorschlag für einen Vorschulunterricht gemacht hat, muss ich Sie fragen: Warum haben Sie ihn denn nicht bis zum 9. Mai 2010 eingeführt?

(Beifall von der SPD und von der LINKEN – Fortgesetzt Unruhe)

Auch in diesem Politikfeld werden Sie solche Fragen immer wieder zu hören bekommen.

Noch eine Bemerkung hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit meiner, unserer Staatssekretärin. Ich glaube, in der Tat ist es schon ein Unterschied, ob man Diskriminierung und Stigmatisierung am eigenen Leib erlebt hat oder ob man davon intellektuell zur Kenntnis genommen hat.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Das ist schon ein großer Unterschied. Es ist nämlich ein Unterschied, ob Sie am Hochofen waren oder ob Sie das nur studiert haben. Und ich nehme mich da gar nicht aus.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Deshalb sollte man solche Äußerungen nicht so hoch schrauben. Einmal spüren und erleben ist besser als tausend Mal hören und sehen. Ich sage Ihnen jetzt nicht, von wem das Zitat ist; denn dann komme ich wieder eine bestimmte politische Ecke.

Ich biete Ihnen noch einmal die Zusammenarbeit in diesem zentralen Bereich der Integrationspolitik an. Herr Laumann hat gestern bemerkenswerte Äußerungen zu diesem Thema gemacht.

(Zustimmung von der LINKEN)

Warum vergiften Sie also am heutigen Vormittag das Klima in diesem Zusammenhang?

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Ich kann es mir schon denken. Darauf ist ja hingewiesen worden.

Noch einmal: Die Landesregierung und die sie tragende Koalition sind zur Zusammenarbeit bereit, ohne politische Unterschiede zu übertünchen. Aber das Thema ist zu wichtig und zu wertvoll, um es auf diesem Niveau und in diesem Stil abzuhandeln. Das reicht nicht für eine ordentliche parlamentarische Beratung. – Danke schön.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Minister Schneider.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Gute Rede, Gunt- ram!)

Als nächste Wortmeldung liegt nun eine des Abgeordneten Laschet für die Fraktion der CDU vor, der hiermit das Wort erhält. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Wortbeitrag eben war völlig eindeutig.

(Rüdiger Sagel [LINKE] und Hans-Willi Körf- ges [SPD]: Leider! – Weitere Zurufe)

Hört doch einmal zu! – Die Integrationspolitik geht weiter. Übrigens hat das mit Landesvorsitz überhaupt nichts zu tun; denn bei jeder Regionalkonferenz sagen Norbert Röttgen und ich im gleichen Tonfall, dass das, was hier der Sozialdemokrat Sarrazin geschrieben hat, nämlich über Gene Menschen zu definieren,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Jetzt diskriminie- ren Sie den Norbert Röttgen nicht auch noch!)

mit christdemokratischem Denken nicht vereinbar ist. Das sagen wir klipp und klar auf jeder Regionalkonferenz.

(Beifall von der CDU – Karl Schultheis [SPD]: Zur Sache! – Weitere Zurufe)

Aber wir sagen dazu genauso – das hat mich an der Äußerung des Ministers oder an der Debatte gestört –, dass man, wenn ein Mann, egal wer er ist, wo er herkommt oder was auch immer, in Deutschland ein Buch schreibt, das 400.000 Leute in zehn Tagen kaufen, wahrscheinlich aber keiner liest, und wenn der „Spiegel“ und der „Focus“ in der gleichen Woche das Buch zum Titelthema machen, nicht sagen kann: Ich springe nicht über jedes Stöckchen. Man darf den Namen gar nicht erwähnen. Wir reden nicht darüber. – Vielmehr muss man das ernst nehmen. Und das war das, was ich hier klipp und klar vorgetragen habe.

(Beifall von der CDU)

Und dann wird es schärfer, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn eine Partei wie Die Linke, die mit diesem Herrn Sarrazin jahrelang an einem Kabinettstisch gesessen hat,

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Jetzt hören Sie doch endlich auf! Was ist denn mit Herrn Koch? Reden Sie über Ihre eigene Partei! – Özlem Alev Demirel [LINKE]: Haben Sie keine ande- ren Argumente, Herr Laschet! – Karl Schultheis [SPD]: Reden Sie zur Sache! – Weitere Zurufe)

dann am lautesten über Rechtskonservatismus und Ähnliches redet.

(Beifall von der CDU – Bärbel Beuermann [LINKE]: Dann müssen Sie den Mund halten!)

Sie haben das geringste Recht; denn Sie haben diesen Mann jahrelang als Partner gehabt. Das war die Aussage. Das müssen Sie sich dann auch gefallen lassen.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Dann müssen Sie auch nicht darüber reden!)

Lieber Herr Sagel, ich rede, worüber ich möchte. Das passt Ihnen nicht, wenn Sie sich hier so hinstellen und über den Rechtskonservativismus, den Rechtspopulismus und den Kapitalismus reden und gleichzeitig zugeben müssen, dass Sie regiert ha

ben, dass Sie gekürzt haben, dass Sie nichts für Bildung in Berlin gemacht, dass also da, wo Die Linke regiert, die Migranten die schlechtesten Bedingungen haben.

(Beifall von der CDU – Karl Schultheis [SPD]: Kommen Sie zur Sache!)

Das ist die Berliner Situation. Das passt Ihnen nicht, aber das ist so.

(Gunhild Böth [LINKE]: Keine Ahnung!)

Deshalb, lieber Herr Kollege Schneider, würde ich Sie bitten, an dem einen Thema …

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Das ist wieder so ei- ne Spalter-Rede!)

Ja, mit Ihnen möchte ich mich gerne spalten, weil ich mit Ihnen nicht in einem Boot sitzen will. So einfach ist das.

(Beifall von der CDU – Rüdiger Sagel [LIN- KE]: Sie spalten die Gesellschaft! Das ist der Unterschied! – Fortgesetzt Unruhe)

In einem, lieber Herr Minister Schneider,

(Andrea Asch [GRÜNE]: Die Rede ist doch eher eine Bewerbung!)