Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

(Andrea Asch [GRÜNE]: Die Rede ist doch eher eine Bewerbung!)

möchte ich Sie ermutigen, weil das bisher noch nicht gelungen ist. Sie sind jetzt Vorsitzender der Deutschen Integrationsministerkonferenz. Nordrhein-Westfalen ist seit 2007 bis heute das einzige Land, das verpflichtende Sprachtests für Vierjährige hat – übrigens gegen den energischen Kampf der damaligen Opposition aus SPD und Grünen.

(Christian Möbius [CDU]: Genau so! – Wider- spruch von den GRÜNEN)

Doch, Sie haben dagegen gekämpft, dass das im Schulgesetz steht, dass das Lehrer machen müssen, weil es nur so verpflichtend ist.

(Zuruf von Gunhild Böth [LINKE] – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Frau Kollegin Böth, es reicht nicht, wenn Sie die Kinder in den Kitas testen. Denn das Problem sind die, die gar nicht erst in der Kita sind. Die erreichen Sie nur, indem Sie den Sprachtest verpflichtend machen.

(Beifall von der CDU und von Ingrid Pieper- von Heiden [FDP])

Das war der Kerngedanke, und ich würde Sie ermutigen, die anderen Länder dazu anzuregen, das Gleiche zu tun. Sonst werden wir alle paar Wochen wieder neue Sarrazins haben. Und alle fangen dann wieder an und sagen: Ja, jetzt müssen wir was tun.

(Gunhild Böth [LINKE]: Der Test ändert doch überhaupt nichts! Die Förderung ist das Problem!)

Liebe Frau Kollegin Böth, zwei Dinge sind wichtig: erstens das Fördern.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Gut, sehr gut!)

CDU: 7 Millionen, nachher 28 Millionen; Berliner Senat, Rot-Rot: gekürzt bei der Sprachförderung. Das ist der erste Unterschied.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Das stimmt so auch nicht!)

Das Zweite ist aber: Sie müssen die Kinder auch erreichen. Das kriegen Sie nur durch die Verpflichtung, zum Sprachtest zu kommen, hin.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das hat Ihr Landes- parteitag abgelehnt!)

Genau das haben wir 2007 eingeführt. Gegen das Geschrei von Frau Asch, gegen Rot-Grün haben wir es durchgesetzt. Das ist der Unterschied.

(Lebhafter Beifall von der CDU und von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Insofern ist Integrationspolitik immer konkret.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Lassen Sie dem- nächst lieber Herrn Laumann reden!)

Ich habe die Hoffnung, insbesondere nach dem Wortbeitrag des Kollegen Yüksel, dass wir in den Fraktionen zu einem Konsens kommen und die Integrationsoffensive so fortsetzen können.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Jetzt auf einmal doch!)

Im Konkreten sind wir nah beieinander.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Ach!)

Aber wir müssen auch die Debatte mit denen, die populistisch reden, führen, ob die von der Linken kommen oder ob die Sarrazin heißen. Wir müssen sie führen und dürfen uns nicht wegducken.

(Lebhafter Beifall von der CDU und von der FDP – Bärbel Beuermann [LINKE]: Wir las- sen uns nicht in einen Topf werfen! Jetzt ist es aber gut!)

Meine Damen und Herren, das war der Abgeordnete Laschet für die Fraktion der CDU. – Für die Fraktion der SPD hat nun Frau Abgeordnete Altenkamp das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Gestern hat der Herr Fraktionsvorsitzende der CDU bei seiner Reaktion auf die Regierungserklärung von Frau Ministerpräsidentin Kraft gesagt, es gebe drei Themenfelder, bei denen die CDU anbieten würde, dass es nicht zu parteilichen Auseinandersetzungen

kommt. Das eine war das Thema Inklusion, und das andere war das wichtige Thema Integration.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Genau!)

Deshalb, Herr Laschet, bin ich umso verwunderter, dass Sie diese Aktuelle Stunde, die Sie beantragt haben, in Ihrer Rede dazu nutzen, es sich ganz einfach zu machen und zu sagen: Sarrazin ist eben auch für Die Linke ein Problem. Erst im zweiten Teil Ihres Wortbeitrags haben Sie gesagt, dass wir alle darüber diskutieren müssen. Aber zunächst einmal sind Sie in einen parteitaktischen und parteistrategischen Reflex verfallen, vor allem weil von der Linken Zwischenrufe kamen.

Herr Laschet, solange Sie das nicht unterlassen, wird Ihnen niemand das Angebot wirklich abnehmen, dass Sie über Integrationspolitik eben nicht parteistrategisch diskutieren wollen, sondern mit allen gemeinsam. Denn auch Die Linke ist ein Teil dieses Parlaments.

(Armin Laschet [CDU]: Sie wollen doch nicht Die Linke verteidigen!)

Und die linken Wählerinnen und Wähler sind ein Teil der deutschen und nordrhein-westfälischen Gesellschaft, ob Ihnen das gefällt oder nicht.

(Beifall von der SPD und von der LINKEN)

Deshalb können Sie nicht Integrationsdiskussionen führen, indem Sie zunächst einmal Exklusion im politischen Raum betreiben.

(Armin Laschet [CDU]: Doch!)

Das funktioniert nicht, Herr Laschet, und ist auf keinen Fall glaubwürdig.

(Beifall von der SPD und von der LINKEN)

Ihre Strategie ist heute überaus deutlich geworden. Wenn es dann einen langen Applaus Ihrer Fraktion gibt, wird doch deutlich, was hier passiert. Hier wird innerparteilicher Wahlkampf gemacht. Ich verstehe das; das ist auch alles in Ordnung.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Das dicke Pfund, das Sie als Person Armin Laschet haben, der für den Parteivorsitz der NRW-CDU kandidiert, ist, dass Sie glaubwürdig Integrationspolitik gemacht haben. Das ist das dicke Pfund, und auf diesem Parkett wollten Sie heute auch in Richtung der eigenen Partei tanzen. Aber das, Herr Laschet, macht natürlich durchsichtig, worum es Ihnen bei der Aktuellen Stunde gegangen ist. Es ist eine Aktuelle Stunde, beantragt von der CDU für die CDU. Das, Herr Laschet, macht aber wiederum eines deutlich: Es geht Ihnen nicht wirklich um eine Integrationsdiskussion, sondern es geht Ihnen im Moment darum, in die Überschriften und in die Artikel zu kommen.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Dann, Herr Laschet, musste ich, die ich mit Ihnen über viele Jahre Seit an Seit bei der Integrationspolitik auch gestritten habe, lesen, dass Sie der Auffassung sind, dass Herr Sarrazin nicht aus der SPD ausgeschlossen werden sollte.

Ich will Ihnen erklären, warum ich und viele andere in meiner Partei anderer Auffassung sind. Denn es geht nicht darum, dass Herr Sarrazin Diskussionen über Integrationspolitik geführt hat, sondern die Grundthese von Herrn Sarrazin ist, dass Intelligenz vererbbar ist, sodass es an bestimmten Stellen überhaupt keinen Sinn macht, Bildung an die Migrantinnen und Migranten der zweiten und dritten Generation zu bringen, weil da sowieso Hopfen und Malz verloren ist, da sie unterprivilegiert und vor allen Dingen dumm sind. Das, Herr Laschet, ist der Grund, warum wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die wir uns in unserer Parteigeschichte dafür eingesetzt haben, dass Aufstieg durch Bildung möglich wird, der Auffassung sind, dass Herr Sarrazin in unserer Partei nichts mehr verloren hat.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Denn ein Mensch, der so denkt, hat mit der sozialdemokratischen Grundhaltung und den Grundwerten nichts zu tun und im Übrigen auch mit dem christlichen Menschenbild nicht. Das ist der Punkt.

(Beifall von Heike Gebhard [SPD])

Jetzt will ich Ihnen noch einen kurzen Satz zu dem Thema sagen, dass Bildung der Schlüssel ist. Ja, das stimmt. Aber was hat denn Schwarz-Gelb in den letzten fünf Jahren gemacht? Sie haben das KiBiz eingeführt. Das ist hochselektiv: Arme Eltern haben nicht die Möglichkeit, ihr Kind so lange in die Kita zu schicken, wie es nötig wäre.

(Beifall von der SPD und von der LINKEN)

Darüber hinaus haben Sie diese Sprachtests eingeführt. Aber Sie haben sich nie eine Sekunde darum gekümmert, ob die Kinder erstens nach dem Test tatsächlich eine bessere Sprachförderung bekommen und ob sie zweitens auch besser deutsch sprechen. Das hat Sie nie interessiert.

(Armin Laschet [CDU]: Doch!)