Die Situation „niedrige Zinsen und schlechte Infrastruktur“ ist historisch gesehen nicht so oft vorhanden. Das heißt: Sehr schnell das Geld, das investiert werden wird, für das Gemeinwohl einsetzen. Davon profitieren die Menschen, davon profitieren die Arbeitsplätze, davon profitieren die Rentenfonds, die ihr Geld anlegen wollen. Seien Sie doch einmal kreativ, wie das andere Bundesländer sind. Dann kommen wir in Nordrhein-Westfalen auch wieder auf die Beine.
Ich verstehe doch, dass bei Ihnen so mancher denkt: Wir könnten mehr für Arbeitsplätze tun. So ein Mist! Der Laschet sagt genau das, was wir denken. – Und dann wird man unruhig.
(Heiterkeit und Beifall von der CDU – Lachen von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Marc Herter [SPD])
Herr Herter, ich nenne Ihnen noch ein anderes Beispiel, und zwar zum Thema „Aufstieg durch Bildung“, das vielen Ihrer Kollegen wichtig ist.
Ich weiß, dass es vielen Ihrer Kollegen wichtig ist, dass Menschen, deren Eltern nicht studieren konnten, ein Studium machen können. Mein Vater hat auch nicht studiert, der war Bergmann. Ich aber konnte studieren.
Ja, vielleicht finden das Teile der Sozialdemokraten auch schon lustig. Ich finde es nicht lustig. – Für diese Menschen ist es wichtig, dass man Prioritäten setzt und an den Hochschulen einen guten Schlüssel im Betreuungsverhältnis von Dozenten zu Studierenden hat.
sierte Elternhäuser hatten, packen das vielleicht leichter. Für jemanden aber, der sich hart hochgearbeitet hat, sind gute Studienbedingungen, gute Tutoren und ein guter Schlüssel beim Betreuungsverhältnis wichtig.
Ich wundere mich, dass Sie selbst bei diesem Thema nicht zu den alten sozialdemokratischen Werten stehen. Es wundert mich zutiefst!
Als die Regierung Rüttgers mit ihrer Arbeit anfing, lag der Betreuungsschlüssel – also das Verhältnis von Dozenten zu Studierenden – bei 10,6 %. Nachdem CDU und FDP unter Wissenschaftsminister Pinkwart, der sich um diese Dinge gekümmert hat, regierten, lag er bei 8,8 %. Da wurde hart gearbeitet, um Studienbedingungen an den Universitäten zu verbessern.
Es fällt schwer, Politik gegen die Statistik zu machen. Das Statistische Bundesamt sagt, dass Nordrhein-Westfalen an seinen Universitäten das
schlechteste Betreuungsverhältnis aller Länder hat. Wir wollen, dass Nordrhein-Westfalen das beste Betreuungsverhältnis aller Länder hat. Das ist der Unterschied!
Die starken Hochschulen, die wir haben, schwächen Sie. Sie wissen genau, dass das Hochschulfreiheitsgesetz selbst von SPD-Rektoren und grünen Kanzlerinnen kritisiert worden ist. Sie kämpfen nicht um die Spitzenwissenschaft, die wir haben. Das Care-Institut in Münster ist inzwischen nach Bayern abgewandert. Und Sie unternehmen nichts, um das Fujitsu Forschungs- und Entwicklungszentrum in Paderborn zu halten. Dafür aber haben Sie inzwischen dreizehn Professuren für Genderforschung.
Gleichberechtigung ist eine wichtige Angelegenheit, Frau Beer. Es gibt aber unzählige andere wichtige Fragen. Ich habe über Prioritäten gesprochen. Ich habe gelernt, dass Physik die Lehre ist, wie sich Materie und Energie sowie deren Wechselwirkungen in Raum und Zeit ergeben. Das ist Physik. Dass jetzt aber Genderforschung bei experimenteller Physik gemacht wird, hat doch nichts mit Männern und Frauen zu tun. Das sind naturwissenschaftliche Vorgänge!
Nehmen wir uns doch all diese Spielwiesen in dem Moment vor, in dem wir keine anderen Sorgen haben. Jetzt aber sollten wir erst einmal sagen, welche Priorität wir setzen müssen. Das ist sicher nicht Genderforschung in der experimentellen Physik. Bei aller Liebe nicht!
Meine Damen und Herren, wir stehen vor der großen Aufgabe der Integration von 300.000 Flüchtlingen – das ist Ihre Schätzung, Herr Innenminister –, die in diesem Jahr nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind. Diese Zahl ist, wie Sie alle wissen, höher als die Zahl der Flüchtlinge, die Deutschland in vielen Jahren überhaupt aufgenommen hat. Das ist eine Aufgabe, zu der uns die letzte „WESTPOL“Umfrage glücklicherweise gesagt hat: Die große Mehrheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen hat keine Angst vor Flüchtlingen. Sie sieht sie parteiübergreifend als eine Bereicherung an.
(Beifall von der CDU und der SPD sowie Mi- nister Michael Groschek – Stefan Zimkeit [SPD]: Da klatscht Ihre Fraktion eben nicht so richtig!)
Deshalb glaube ich, dass wir versuchen sollten, hier zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung zu kommen. Ich hätte mich gefreut, wenn man bei der Kabinettsumbildung gesagt hätte – wir haben kritisiert, dass das nicht geschehen ist –: Jetzt brauchen wir einen starken Integrationsminister, der alle Ressorts koordiniert und sich dieser Aufgabe widmet! – Das ist eine Frage von Prioritäten. Frau Kraft hat das anders entschieden.
Letztes Jahr habe ich von diesem Pult aus erklärt, dass wir eine Regierungserklärung zur Digitalisierung bräuchten. Eins und eins und eins und eins ist vier, aber noch lange nicht 4.0. Deshalb bin ich froh, dass im Januar dieser Anregung gefolgt wurde.
Ich würde heute empfehlen beziehungsweise die Bitte äußern – bitte, übermitteln Sie sie der Ministerpräsidentin –: Machen Sie das Thema „Integration“ im Jahr 2016 zu Ihrer Priorität. Beginnen Sie die Jahresauftaktpressekonferenz mit nichts anderem als diesem Thema. Das ist das Thema, was wir jetzt brauchen. Wir erwarten von Ihnen nach der Notaufnahme, die wir geleistet haben, eine große Integrationsidee, wie das alles denn in den nächsten Jahren funktionieren soll. Das ist meine Bitte für das kommende Jahr.
Das heißt, dass wir, wenn wir darüber reden, fragen müssen: Wie sind wir denn vorbereitet? – Natürlich ist ein Land besser vorbereitet, das über genügend U3-Plätze verfügt. Es ist nicht gut vorbereitet, wenn
Das muss man ja noch einmal sagen dürfen. – 25 % der Kinder in Nordrhein-Westfalen können einen U3-Platz bekommen. Nirgendwo in Deutschland sind es so wenig wie bei uns. Und jetzt kommt die Integrationsaufgabe für die Flüchtlinge hinzu.
Die umgekehrte Rechnung ist übrigens: 75 % werden immer noch familiär betreut, weil die Plätze fehlen.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist doch falsch! Sie haben keine Ahnung! – Weiterer Wider- spruch von der SPD)
Ich sage Ihnen: Diese 75 % der Eltern, 100.000, die in Nordrhein-Westfalen Betreuungsgeld beantragt haben, haben nicht Ihre Häme für die Arbeit verdient, die sie in den Familien leisten.