Das Mammografie-Screening-Programm ist eine Maßnahme der Früherkennung. Das macht deutlich, dass man so früh wie möglich flächendeckend und bei hoher Qualität, weil es wirklich von Experten und Expertinnen durchgeführt wird, Früherkennungsmaßnahmen durchführen kann. Die Grundlage, auf der das Programm gestartet wird, ist die Krebsfrüherkennungs-Richtlinie.
Jetzt kommen die Kosten ins Spiel. Die Krankenversicherung sagt: Wir übernehmen alle zwei Jahre die Kosten für eine Untersuchung, aber wir beschränken den Personenkreis auf 50- bis 69Jährige. – Das ist eine Setzung, die sicher auch etwas mit finanziellen Erwägungen zu tun hat. Ich sage ganz deutlich: Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung ist es völlig unverständlich, diese Grenze einzuziehen.
Denn wir müssen Folgendes wissen: Zwar treten 50 % der Tumore in den Lebensjahren 50 bis 69 auf. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass die anderen 50 % nach dem 69. Lebensjahr auftreten. Da frage ich mich wirklich, mit welchem Recht man sagt: Hier spielen die Früherkennung und eine möglichst schonende Therapie, die sich daraus ergibt, keine Rolle mehr.
Diese Zeit ohne kostenlose Untersuchungen für alle, die zu diesem Personenkreis gehören, bedeutet für mich eine Gefährdung, der ich nicht zustimmen kann. Da sehe ich auch wirklich eine Altersdiskriminierung.
Wir bleiben dabei: Früherkennung kann Leben retten. Statistisch kann man sagen, dass man 16,5 Jahre durch Früherkennung und frühzeitige schonende Behandlung gewinnen kann.
Daher plädieren wir wie auch die FDP dafür, dass die Angebote für Vorsorgeuntersuchungen beibehalten werden müssen. Wir sind gegen Beschränkungen und finden den Antrag insofern richtig, als dass man diese Begrenzung für die Untersuchung in der Tat aufheben sollte.
Dem Änderungsantrag der FDP stimmen wir genauso zu wie dem Antrag, den wir im Ausschuss schon behandelt haben. Daher werden wir diesem Antrag unsere Stimme geben.
Vielen Dank, Frau Kollegin Birkhahn. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Paul.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anhörung hat ein durchaus differenziertes Bild dieser wichtigen Thematik gezeichnet. Es gilt individuell, aber vor allem auch politisch, das Für und Wider der Mammografie-Screenings genau abzuwägen.
Selbstverständlich gibt es auf der Pro-Seite einige Faktoren, die wir auch überhaupt nicht negieren. Da waren wir uns in der Anhörung auch so weit einig. Natürlich geht es hier um die möglicherweise frühere Erkennung und damit bessere und schonendere Behandlung von Tumoren. Das heißt, dass Chemotherapien häufiger verhindert werden können bzw. weniger häufig notwendig werden und dass die Brust bei Operationen häufiger erhalten werden kann. Ziel der Früherkennung ist natürlich auch, die Mortalität zu senken und Brustkrebs besser behandelbar zu machen.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es auch gilt, die Kontra-Seite in den Blick zu nehmen. Verdächtige Befunde können Frauen massiv beunruhigen und verunsichern. Diese Belastungen darf man an dieser Stelle auch nicht außer Acht lassen; denn durch diese Mammografie-Screenings
kommt – das ist in der Anhörung von allen Expertinnen und Experten betont worden – keine geringe Anzahl an sogenannten falsch positiven Befunden zustande, die dann erst durch eine weitere Gewebeentnahme abgeklärt werden können.
Der AKF, der Arbeitskreis Frauengesundheit, hat durch seine Expertin noch einmal darauf hingewiesen, dass Frauen auch durchaus überdiagnostiziert und sogar krank gemacht werden, indem bei ihnen Tumore behandelt werden, die ihnen im Laufe ihres Lebens niemals gesundheitliche Probleme verursacht hätten.
Außerdem können Mammografie-Screenings – darauf möchte ich auch noch hinweisen – die regelmäßige Abtastuntersuchung, also das Untersuchen der eigenen Brust, nicht ersetzen. Frauen sollten mit jeder Veränderung, die sie an ihrer Brust bemerken, zu ihrem Arzt oder zu ihrer Ärztin gehen. Neben den Mammografie-Screenings ist es mir wichtig, genau darauf immer wieder hinzuweisen und Frauen in die Lage zu versetzen, an dieser Stelle auch selber auf sich aufzupassen.
Die Wirksamkeit der Screenings kann nur durch eine Evaluation wirklich beurteilt werden. Das können wir im politischen Raum nicht so herausarbeiten. Diese Evaluation wird derzeit erarbeitet. Sie braucht aber auch einen bestimmten Zeitraum; denn erst nach einem Zeitraum von zehn Jahren können wir ernsthaft absehen, ob die Mortalität tatsächlich gesenkt werden konnte und ob erfolgreichere und schonendere Behandlungen durch die Screenings befördert werden konnten. Warten wir doch zunächst einmal diese Evaluation ab, die im Moment erfolgt und die, wenn ich richtig informiert bin, überhaupt erst im Jahre 2022 abgeschlossen sein wird.
Zentral ist aus meiner Sicht die Information der Frauen; denn wichtig ist doch, dass die Frauen in die Lage versetzt werden müssen, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sie an diesen Screenings teilnehmen wollen oder auch nicht. Für diese informierte Entscheidung sollten sie auch wissen, welche weiteren Vorsorgemaßnahmen und welche weiteren frühdiagnostischen Maßnahmen es gibt. Außerdem ist es wichtig – ich habe es gerade schon erwähnt –, sie darauf hinzuweisen, die eigene Tastuntersuchung konsequent durchzuführen.
Die überarbeiteten Einladungsschreiben, die ab diesem Jahr versandt werden, und die ihnen beigefügten Merkblätter werden diesem Anspruch schon sehr viel besser gerecht. Das ist ja auch Gegenstand der Anhörung gewesen.
Jetzt komme ich dazu, warum wir diesem Antrag im Endeffekt nicht zustimmen können. Dem differenzierten Austausch, den wir sowohl in der Anhörung als auch in der Auswertung hatten, wird der Antrag der FDP nämlich nach wie vor nicht gerecht. Wenn die einzige Erkenntnis, die aufseiten der FDP nach dieser Anhörung bleibt, ist, dass es sich bei den
Mammografie-Screenings nicht um ein Mittel der Prävention, sondern um ein Mittel der Früherkennung handelt, ist das zwar immerhin erfreulich; denn Sie haben sich korrigiert und haben die offensichtlich falsche Annahme, die schon Bestandteil Ihrer Überschrift war, berichtigt. Einzig und allein die Überschrift zu ändern, ist uns aber doch zu undifferenziert. Dementsprechend können wir diesem Antrag nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben gerade vonseiten der Grünen wieder viele ideologisch motivierte Bedenken gegenüber der Mammografie gehört. Aus Sicht der FDP sollten wir uns aber viel mehr an den Fakten orientieren und an dem, was zum Wohl der Patientinnen sinnvoll ist.
Brustkrebs ist ein Thema, mit dem sich jede Frau auseinandersetzen sollte. Jedes Jahr erkranken in Deutschland über 70.000 Frauen daran. Mit 17.500 Sterbefällen im Jahr ist Brustkrebs eine der häufigsten Todesursachen bei Frauen in Deutschland. Darüber hinaus handelt es sich um die mit Abstand am häufigsten vorkommende Krebsart bei Frauen – noch deutlich vor Lungen- und Darmkrebs.
Trotz gestiegener Neuerkrankungszahlen sterben heute aber weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren.
Schneider, entschuldigen Sie, dass ich Sie so schnell unterbreche. Frau Kollegin Kopp-Herr würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Schneider, dass Sie die Frage zulassen. Es geht auch ganz schnell. Halten Sie die von Frau Paul mehrmals erwähnte und beschriebene Selbstuntersuchung der weiblichen Brust für eine grüne ideologische Maßnahme?
Liebe Frau Kopp-Herr, die Selbstuntersuchung der Brust stellt die FDP überhaupt nicht infrage. Darüber informieren wir. Schließlich sagt Ihnen jeder Frauenarzt, dass das regelmäßig erfolgen sollte.
Auch dem, was Frau Paul hinsichtlich der Selbstbestimmung der Frauen gesagt hat, widerspreche ich nicht. Wir haben nirgends geschrieben, die Frauen müssten sich mammografieren lassen. Wir möchten, dass die Frauen dieses Angebot bekommen und nicht gezwungen werden, zu ihrem Arzt zu gehen, der dann einen unklaren Tastbefund diagnostiziert, was dazu führt, dass die Frauen sowieso eine Mammografie bekommen. Das ist unsäglich. Das ist auch der Frauen nicht würdig.
Ich erwähnte gerade, dass die Zahl der Todesfälle zurückgeht. Fortschritte bei Früherkennung und Therapie haben die Überlebenschancen deutlich verbessert. Das Mammografie-Screening-Programm trägt seinen Teil dazu bei; denn es gilt: Je früher Brustkrebs behandelt wird, desto besser und vor allem desto schonender für die Patientin lässt er sich behandeln.
Ich kann die anfängliche Skepsis gegenüber dem Screening Programm durchaus nachvollziehen, bei der es darum ging, ob es bei einer Reihenuntersuchung nicht zu viele falsch positive Verdachtsfälle gäbe, die die Frauen verunsichern. Aber, liebe Damen, seien wir doch einmal ehrlich: Was ist uns denn lieber, ein übersehener positiver Befund oder ein falsch-positiver Befund, bei dem wir ein paar Tage später hören, dass doch nichts war? – Das dürfen Sie selber entscheiden.
Es sollte doch klar im Vordergrund stehen, dass Frauen durch rechtzeitig erkannte Tumore deutlich bessere Überlebenschancen haben. Ihre Brust kann öfter erhalten werden. Sie werden auch weniger durch Chemotherapie belastet.
In der Anhörung haben sich die Experten dazu eindeutig geäußert. Ich möchte nur Prof. Dr. Heindel zitieren, der die ersten Studienergebnisse von Auswertungen des Screeningprogramms vorgestellt hat. Er sagt:
„Das heißt, wenn eine Frau erkrankt und sie wiederholt am Screening teilgenommen hat, dann ist ihre Chance, dass der Tumor, der gefunden wird, ein günstigeres Stadium hat, signifikant besser, als wenn sie nicht teilgenommen hätte.“
Das ist die entscheidende Aussage: weniger fortgeschrittene, metastasierende Tumorstadien und damit bessere Heilungschancen durch das Mammografie-Screening.
Ein Teil der Landesregierung scheint das auch so zu sehen. So gratulierte erst im November letzten Jahres die SPD-Wissenschaftsministerin Schulze dem Referenzzentrum Mammographie Münster für zehn Jahre Mammografie-Screening in NRW und betonte dabei die Relevanz der wissenschaftlichen Begleitung und den belegten Nutzen für die Teil
nehmerinnen. Dabei hat sie auch dazu aufgerufen, noch mehr Frauen vom Mammografie-Screening zu überzeugen.
Diese Position teilen wir. Das MammografieScreening ist die wissenschaftlich am besten evaluierte Methode zur Früherkennung. Wir wollen in Nordrhein-Westfalen für das Screening-Programm eine Teilnahmequote von 70 %. Wir wollen aber auch die individuelle Vorsorge fördern, zum Beispiel die Vorsorgetastuntersuchung, selbst oder durch den Frauenarzt vorgenommen. Die gewonnene Lebensqualität der betroffenen Frauen ist alle Anstrengungen wert.
Wir wollen aber auch ältere Frauen nicht länger vom Screening ausschließen. Mithilfe einer Aufhebung der Altersgrenze wollen wir auch Frauen über 69 Jahren die Teilnahme ermöglichen. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ist für Frauen ab 70 Jahren signifikant höher als für Frauen im Alter von 50 Jahren. In der Anhörung haben sich die Professoren Heindel und Ertan beide dafür ausgesprochen, die Altersgrenze auf mindestens 74 Jahre anzuheben.
Unser Lebensbild geht davon aus, dass Frauen auch mit über 70 Jahren ihr Leben selbstbewusst gestalten und Einschränkungen ihrer Lebensqualität durch Krankheit oder gar einen frühzeitigen Tod aufgrund eines zu spät erkannten Tumors vermeiden wollen.
Sie aber verweigern sich diesen Frauen. Gegen die Mehrheitsmeinung der Experten und gegen die Position der Wissenschaftsministerin haben sich in der Koalition die innovationsfeindlichen Grünen durchgesetzt, wenn Sie unseren Antrag ablehnen. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schneider, es ist schon erstaunlich, dass Sie sich hier vorne hinstellen, den Grünen irgendetwas von ideologischen Verbohrtheiten vorwerfen und dann eine Rede abliefern, die an ideologischer Verbohrtheit wirklich kaum mehr zu überbieten ist. Schade!
Ich kann mich relativ kurz fassen. Frau Kollegin Paul hat vorhin in der Tat schon das Wesentliche zu diesem Thema gesagt. Sie, liebe FDP-Fraktion, haben, wie Frau Paul eben erwähnt hat, aus der Anhörung offenbar etwas gelernt, nämlich, dass das