Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/9727

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien Drucksache 16/10811

Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/10882

Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/10883

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/10905

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10908

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10909

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 9. Herr Kollege Vogt von der SPD-Fraktion hat jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der WDR ist wichtig für unser Land und unsere Medienlandschaft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks leisten seit Jahrzehnten einen hervorragenden Beitrag für die publizistische Vielfalt. Wir wollen den Sender für eine immer digitaler werdende Zukunft richtig aufstellen und seine Akzeptanz stärken. Gleichzeitig wollen wir die Medienvielfalt in NRW sichern. Hierzu beraten wir das neue WDR-Gesetz.

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der deutlich zeigt: Der WDR wird transparenter, und die Beteiligung der Gremien wird gestärkt. Das abzustimmende Gesetz beinhaltet eine Reihe von Weiterentwicklungen, die durch eine Onlinekonsultation benannt wurden und in vielen Diskussionen, Gesprächen und Anhörungen erarbeitet wurden. Auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag wurden berücksichtigt.

Wenn wir in die verschiedenen Bundesländer schauen, können wir ganz selbstbewusst sagen: Das, was hier vorliegt, ist das modernste Mediengesetz in Deutschland. Der WDR wird gestärkt. Er erhält auch im Telemedienbereich, also im Internet, einen klaren Auftrag. Dies sichert die Zukunft im digitalen Zeitalter. Auch Kooperationen mit privaten Dritten und anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden in diesem Gesetz geregelt.

Meine Damen und Herren, wichtige Gremien des WDR sind der Rundfunkrat und der Verwaltungsrat. Unsere Gesellschaft verändert sich aber zunehmend schneller. Das erlebt jeder von uns. Um dieser Veränderung gerecht zu werden, sieht das neue Gesetz vor, dass neue Gruppen in den Rundfunkrat aufgenommen und zusätzliche Organisationen und auch Einzelpersonen benannt werden können.

Jetzt gibt es Kritik im Ausschuss seitens der Opposition, der neue Rundfunkrat sei zu groß. Da möchte ich daran erinnern, dass FDP und CDU auch in ihrer Regierungszeit Änderungen am Rundfunkrat und seiner Besetzung vorgenommen haben. Sie haben, wie man sieht, wenn man genau hinschaut, natürlich auch eine Vergrößerung vorgenommen. Auch in Anhörungen mit Experten wurde klar, dass diese Größe ähnlich wie beim ZDF-Fernsehrat durchaus gut arbeitsfähig ist.

Wir haben gleichzeitig mit diesem Gesetzentwurf die Staatsferne ausgebaut. Bisher waren 31 % der Mitglieder staatsnah. Ihr Anteil sinkt auf 22 %. Die Kulturbank wurde gestärkt, und dem wichtigen Thema Europa wird auch eine Stimme im Rundfunkrat verliehen.

Der Rundfunkrat tagt öffentlich. Es kommt zu mehr Transparenz und mehr Information. Beschlüsse müssen veröffentlicht werden – nach unserem Willen auch maschinenlesbar im Sinne von Open Data.

Der Verwaltungsrat wird professionalisiert und soll eine stärkere Rolle bei der Kontrolle des 1,4 Milliarden € großen Etats des WDR haben. Wir haben also eine Stärkung von Rundfunk und Verwaltungsrat.

Eine Änderung des Gesetzes wird derzeit auch medial sehr groß diskutiert. Es geht um die Regelung, in welchem Umfang der WDR Werbung in seinen Hörfunkprogrammen senden darf. Neben der grundsätzlichen Frage der Akzeptanz müssen wir hierbei auch die Hörfunklandschaft in NRW in den Blick nehmen.

Wir haben in NRW eine Radiolandschaft, die wir in keinem anderen Bundesland vorfinden. Wir haben bei uns die sechs Wellen des WDR, die landesweit berichten und senden, und die 45 Lokalradios, die jeweils beschränkt auf ein bestimmtes Gebiet ausstrahlen. Wir wollen diese Vielfalt, die es nur hier gibt, aufrechterhalten. Alle im Landtag vertretenen Parteien haben sich dazu positioniert, dass sie grundsätzlich für eine Reduzierung von Werbung sind.

Wenn wir uns die Vorschläge genau angucken, sehen wir, dass FDP und Piraten eine Komplettabschaffung von Werbung fordern. Eine Komplettabschaffung ist aus unserer Sicht und auch aus Sicht von allen Experten nicht sinnvoll, weil dann der Werbedruck insgesamt für nationale Kampagnen zu gering ist.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Deswegen würde eine Komplettabschaffung der Werbung hier insgesamt das Radiosystem in Nordrhein-Westfalen und auch die Lokalradios gefährden.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Schauen wir uns dann einmal an, was die CDU bisher gefordert hat. Es war doch so, dass von der CDU immer eine Reduzierung oder eine Abschaffung von Werbung gefordert wurde – bis zur letzten Woche. Dann kam Herr Laschet, der sich wahrscheinlich einen vermeintlichen Vorteil davon verspricht.

Jetzt ist die Situation so, dass die beiden medienpolitischen Sprecher, Herr Sternberg und Herr Schick, …

Die Redezeit.

… einen Brief an die Verantwortlichen bei den Lokalradios geschrieben haben, in dem steht, dass jetzt keine Reduzierung von Werbung stattfinden soll, aber im Regierungsprogramm 2017. Nach der Regierungsübernahme soll es im WDR eine Abschaffung von Werbung geben. Das haben Sie in der letzten Woche so geschrieben. Von daher …

Die Redezeit.

… sind sich die Parteien hier im Landtag grundsätzlich einig, dass es im Sinne von Medienvielfalt in unserem Land eine Reduzierung von Werbung geben soll.

Herr Kollege Vogt.

Es gibt also unterschiedliche Ansichten zu der Ausgestaltung. Wir sind davon überzeugt, dass es mit dem von uns vorgelegten Vorschlag eine maßvolle Reduzierung gibt, die zeitlich gestreckt ist.

Herr Kollege Vogt.

Dabei haben wir auf der einen Seite die WDR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter im Blick und auf der anderen Seite die lokale Radiolandschaft in diesem Land.

Vielen Dank, Herr Kollege Vogt.

Damit komme ich zum Ende.

(Heiterkeit)

Wir werben für eine Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will das erklären. Die Redezeit wurde um eine Minute und 20 Sekunden überschritten. Das ist bei fünf Minuten schon erheblich. Diese Zeit bekommen natürlich auch die folgenden Rednerinnen und Redner dazu. – Herr Kollege Prof. Dr. Dr. Sternberg hat für die CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kollege Alexander Vogt, herzlichen Dank für die Zeiterweiterung. – Ich beginne aber ein klein wenig anders. Lassen wir das Wortgeklingel, was dieses Gesetz alles sein soll, einmal dahingestellt sein. Denn das ZDF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts betrifft den WDR kaum. Es gibt nämlich auch mit dem gegenwärtig geltenden Gesetz und mit dem Rundfunkrat kaum Probleme einer zu großen Staatsnähe. Mit Staatsnähe ist wohl vor allen Dingen die politische Einflussnahme auf Aufsichtsgremien des WDR gemeint.

Aber Einfluss, meine Damen und Herren, kann man nicht allein über die von den Landtagsfraktionen Gewählten nehmen. Einfluss kann man auch über die politische Ausrichtung der Verbandsvertreter nehmen. Wir erleben hier ein Stück Medienpolitik als Macht- und Personalpolitik.

(Beifall von der CDU)

Unvergessen ist die 28-seitige Tischvorlage mit der Absetzung des LfM-Direktors Brautmeier.

Was geschieht hier? – Der Rundfunkrat wird vergrößert. Wir haben uns von Anfang an gegen diese Aufblähung klar ausgesprochen. Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen legen da noch zwei drauf und erhöhen die Zahl der Mitglieder von jetzt 47 auf 60, also mehr als ein Viertel mehr. Dass das allein mehr als 1.000 € Vergütung für die Mitglieder und 500 € für die jeweiligen Stellvertreter kostet zuzüglich aller sonstigen Kosten wie Fahrt- und Übernachtungskosten, ist offenbar völlig egal. Es geht ja schließlich darum, den Rundfunkrat irgendwie politisch auf die Linie zu kriegen.

Da werden nicht sachgerechte Zusammenfassungen in einem fraglos richtigen Fall aufgelöst: Bühnenangehörige und Filmbüro haben nicht wahnsinnig viel miteinander zu tun. Aber die freien Berufe – Anwälte, Architekten, Ärzte, Ingenieure, Apotheker – mit immerhin 274.000 Betrieben und 730.500 Beschäftigten in unserem Land müssen sich künftig einen Sitz teilen. Das haben sie davon, wenn sie zumindest bisher einen CDU-nahen Vertreter im Rundfunkrat hatten. Das ist die Strafe dafür. Künftig haben die nur noch einen halben Sitz.

(Beifall von der CDU)

Ordnungspolitisch wird dabei überhaupt nicht mehr gedacht. Denn eigentlich wäre die Frage: Welche gesellschaftliche Gruppe muss einer Vertretung der Gesellschaft angehören? Wie wird der Querschnitt der Gesellschaft am besten gespiegelt? – All das zählt nicht mehr. Stattdessen machen wir künftig hier im Landtag einen Vergabewettbewerb für alle, die an die Futtertröge des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems wollen: eine große Zahl von Muslimen in Nordrhein-Westfalen – egal, im ZDF-Fernsehrat hat man das übrigens geschafft –, Vertreter von neuen Medien und deren Organisationen – egal –, weitere Vertreter von Jugendorganisationen, weil das ein großes Problem im WDR ist – egal. Rundfunkratsmitgliedschaft wird zu einem Spiel um Pfründe und zu einem SPD-Personalgeschacher.

(Beifall von der CDU)

Dass die Grünen dieses durchsichtige Spiel mitmachen, wundert mich sehr.

Die Kompetenzen im Verwaltungsrat höher anzusetzen, ist richtig. Bei einem Unternehmen mit 1,4 Milliarden Bilanzsumme braucht man eine fachlich versierte Aufsicht. Aber so wie im Gesetz? Über

Formalqualifikationen werden ungeliebte Mitglieder rausgeworfen.