Thomas Sternberg
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nun liegt der erste Kulturförderbericht vor. Dieser behauptet stolz auf der ersten Seite – Zitat –:
„[Er] zeigt Entwicklungsperspektiven auf, benennt die Bereiche, in denen besondere Schwerpunkte gesetzt werden sollen, und macht nähere Angaben zu den Handlungsfeldern.“
Lieber Kollege Bialas, ganz so grundsätzlich müssen wir deshalb jetzt gar nicht werden. Blicken wir einmal auf diesen Bericht von immerhin stattlichen 62 Seiten. Eigentlich ist er für eine Legislaturperiode gedacht. Jetzt steht hier auf dem Deckblatt, er sei für die Zeit von 2016 bis 2018. Nun schreiben wir heute, wenn ich mich richtig erinnere, den 15. Dezember 2016. Mit 2016 hat es sich also ziemlich bald.
Gut, dann blieben also noch zwei Drittel des genannten Zeitraums. Aber wen bindet eigentlich das, was
da steht, über den Mai 2017 hinaus? Und falls es doch bis 2018 binden sollte – wird dann der nächste Kulturförderplan wieder nicht für eine ganze Legislaturperiode erstellt, sondern nur für drei oder fünf Jahre und wieder über die Legislaturperiode hinaus? Ich habe den Eindruck, dass das nicht ganz geklärt ist.
Dieser Plan hat zudem ein Problem. Er muss sich mit einem Überrollhaushalt beschäftigen, der skandalöserweise über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist. Wenn man bei gleichzeitigem Einfrieren der Mittel eine Schwerpunktsetzung machen will, ist das ein Problem für sich. Deshalb ist der Plan als solcher im Grunde gar nicht möglich.
Jetzt ist der Kulturetat in einigen Punkten durch parlamentarische Initiativen verändert worden; da ist Geld draufgelegt worden. Ist dieser Plan jetzt obsolet geworden, weil die Mittel eine andere Regelung schaffen und andere Richtungen geben? – Aber da gibt es ja einen Entschließungsantrag. Ich weiß gar nicht, warum das ein Entschließungsantrag ist; eigentlich wäre das ein Ergänzungsantrag. Wenn ich den ganzen ersten Teil daraus lese, die erste Seite, dann vermute ich mal, dass das die Rede ist, die die Ministerin hier gleich halten wird. Auf der zweiten Seite steht die Aufforderung, man solle prüfen, ob eine Evaluation kommt. Eine solche Prüfung kann man natürlich fordern. Das ist gar nichts.
Die Vereinfachung des Antragsverfahrens – das ist ein uraltes Thema, an dem wir seit Jahren dran sind. Landeskulturbericht: steht im Gesetz. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: auch ein altes Thema der Kulturpolitik. Ich habe den Eindruck, es geht eigentlich nur um einen Satz in diesem Antrag, nämlich dass der Aufwuchs im Kulturetat zu begrüßen ist. Dafür einen Ergänzungsantrag oder einen Entschließungsantrag zu machen, finde ich etwas zu aufwendig und halte ich eigentlich für überflüssig.
Die wichtigsten Wörter in diesem ganzen Kulturförderplan sind „weiterhin“ und „soll fortgesetzt werden“. Es handelt sich bei dem wortreichen und seitenschindenden Projekt um einen Text, der sich großenteils wie der jährliche Haushaltskommentar oder wie ein Tätigkeitsbericht liest. – Das ist im Grunde auch gut so; denn Kulturpolitik muss in diesem Land nicht erfunden werden. Die starken Impulse aus den Jahren 2005 bis 2010 wirken zudem noch nach.
Wir Kulturpolitiker lesen immer gern mal nach, was Selbstverständlichkeiten der Kulturförderung sind oder sein sollten. Eine gewisse Fortbildung ist angesichts dieses Sammelsurium-Ministeriums vielleicht ganz angebracht. Aber rechtfertigt das wirklich einen parlamentarischen Prozess? Völlig unangemessen ist der Abschnitt über die Aufgaben des Landes im föderalen Bundesstaat geraten. Wenn ich das lese,
finde ich keinen einzigen Hinweis darauf, dass Kultur ureigentlich Landesaufgabe ist. Wenn ich dann sehe, wie der Landesetat mittlerweile zum Bundesetat steht, dann kann ich nur sagen: Das ist wirklich deutlich zu wenig, vor allem im Bereich der Denkmalpflege.
Ich will auch gar nicht zu sehr herummäkeln. Auf eine Sache möchte ich jedoch hinweisen, auf einen groben Fehler. Im Bericht steht tatsächlich allen Ernstes: Viele – vor allem kleinere – Verlage haben in Nordrhein-Westfalen ihren Sitz. – Und das angesichts solcher Verlage wie DuMont Schauberg in Köln, dem Landwirtschaftsverlag und dem Coppenrath Verlag in Münster und vor allen Dingen dem offenbar „kleinen“ Verlag Bertelsmann Group in Gütersloh!
Kleinere Verlage! Damit komme ich auch zu einem anderen Thema. Gütersloh liegt im Osten des Landes. Blicken wir doch mal unter diesem Gesichtspunkt auf den Plan. Das Landesvermessungsamt hat den Mittelpunkt Nordrhein-Westfalens ermittelt; er liegt im Osten von Dortmund, in Applerbeck. Das ist die Mitte von Nordrhein-Westfalen. Viele halten diese Gegend jedoch für den Ostrand Nordrhein-Westfalens, und der Landeskulturförderplan offensichtlich auch. Denn in diesem Plan ist unentwegt die Rede von Unterstützungen im Ruhrgebiet, von Kreativquartieren, dem Ruhr Museum, der ecce GmbH, Urbane Künste Ruhr usw. Auch viele Einrichtungen im Rheinland sind hier genannt.
Was aber kaum vorkommt, sind kulturelle Aktivitäten in Westfalen. Warum eigentlich? – In Westfalen lebt die Hälfte der Einwohner unseres Landes, und auch dort gibt es kulturelle Aktivitäten, die aber offenbar von Düsseldorf aus nicht so gut gesehen werden.
Wo findet sich „Wege durch das Land“? Wo finden sich die Kulturarbeit der Kunsteinrichtungen und Kunstvereine Westfalens? Wo ist das Jazzfestival Münster? Wo sind die Spezialmuseen in Siegen und Herford, das Picasso-Museum in Münster und anderes?
Immerhin findet sich die weltweit bedeutendste Ausstellung für skulpturale Projekte – die Skulptur Projekte Münster, die alle zehn Jahre stattfindet – merkwürdig isoliert und steif als „Format Skulptur Projekte Münster“ im Plan wieder. Offensichtlich ist die Ministerin aus Ostwestfalen auf dem westfälischen Auge blind.
Dabei gäbe es da Ansätze für wirkliche Konzeptionen. – Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende.
Ein Kulturförderplan für 2016 bis 2018? – Nein; denn ab 2017 wird die Kultur in einer CDU-geführten Regierung wieder eine andere Rolle spielen. Es ist gut, dass dieser Bericht nur das Vorhandene beschreibt und außer vagen Andeutungen nichts Weiteres bietet. Wir werden ab 2017 zeigen, wie man Kulturpolitik macht. – Vielen Dank und frohe Weihnachten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das ist der letzte Haushalt, zu dessen Kulturanteil ich hier im Parlament Stellung nehmen darf. Schade, dass er nicht besser geworden ist.
Der vorliegende Etat zeigt die Schlussbilanz einer Regierung, die offensichtlich in allen Feldern am Ende ist.
Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle gesagt: Die einzigen Akzente des Etats sind durch Änderungsanträge der Kolleginnen und Kollegen hineingekommen. Die Regierung hat sich offensichtlich von einer gestaltenden Kulturpolitik verabschiedet.
Leider trifft das auch in diesem Jahr wieder zu. Der vorgelegte Plan zeigt keinerlei Steigerung. Da wurde einfach nur überrollt, wie schon immer seit Beginn dieser Legislaturperiode. Das bedeutet besonders für die Einrichtungen mit hohem Personalkostenanteil eine reale Kürzung – und das bei einem um 5,3 % steigenden Gesamtetat und einer Steigerung im Einzelplan 07 von über 14 %.
Der vorgelegte Plan ist und bleibt ein Skandal. Nun haben die Fachpolitiker der Regierungsfaktionen mit Anträgen nachlegen dürfen, um die Szene zu beruhigen. So ist es nun doch noch eine Steigerung in Höhe von 4 % geworden, was zumindest nicht mehr allzu viel weniger ist als die Steigerung im Gesamtetat.
Das Ganze dient jedoch – wie in anderen Bereichen, die wir hier und heute diskutieren – auch dazu, Wahlgeschenke hübsch zu verpacken und deutlich ins Bewusstsein zu rücken.
In der Sache sind wir gar nicht gegen diese Ergänzungen; denn da werden dringend erforderliche Summen eingestellt, für die auch wir uns seit Jahren einsetzen. Das geht von der Landesmusikakademie bis zum Anbau des Bottroper Museums Quadrat, von der Literaturförderung bis hin zu JeKits.
Bei solchen Aktionen besteht jedoch die Gefahr, dass alle diejenigen, die auf Regelförderung angewiesen sind, in die Röhre gucken, weil ihre Etatpositionen nicht angepasst werden. Sieht man sich die Sache etwas genauer an, dann stellt man fest, dass hier auch Detailsteuerungen vorgenommen werden; da laufen sogar einzelne Produktionen über Haushaltsbeschlüsse. Das ist aber nicht Sache des Parlaments, das ist eigentlich Sache der Exekutive. Aber dieser Regierung ist Kulturpolitik nun einmal nichts wert.
Lesen Sie, wie heute in der „Kölnischen Rundschau“ der Vorsitzende des Kulturrats NRW, Gerhart Baum, fordert, das Land müsse sich endlich einmal in der Kulturpolitik engagieren. Man sieht: Wenn in diesem Lande kulturpolitisch etwas geschehen soll, dann jedenfalls nicht durch die Regierung. Die kümmert sich nämlich nicht um die Weiterentwicklung dieser reichen Szene und übrigens auch nicht um die große
Aufgabe der Integration von Fremden und Einheimischen über kulturelle Formen.
Vom Verfassungsbruch wegen der Streichung der Denkmalpflege will ich gar nicht erst sprechen.
Besonders blamabel ist das im Vergleich zum Bund, wo der Kulturetat einmal mehr um über 6 % steigt.
Für diese Regierung ist die Kultur kein wichtiges Handlungsfeld. Das hat man bereits damals in der Konstruktion des so merkwürdig zusammengestoppelten Ministeriums gesehen. Ganz besonders deutlich wurde es in den unsäglichen Auseinandersetzungen über den Kunstbesitz der WestLB. Auch wenn dieses Kapitel aus kulturpolitischer Sicht ein gutes, von uns immer so gewolltes Ergebnis gefunden hat, sieht es finanzpolitisch – mit dem Kredit einer landeseigenen Bank – nach wie vor abenteuerlich aus. Das ist unsachgemäß und kleinlich und zeigt wieder einmal den Hang zur Verschuldung in Schattenhaushalten, zu dem dieser Finanzminister offensichtlich sogar bei derart kleinen Beträgen neigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kulturetat ist nur scheinbar durch die Ergänzungen repariert worden. Wichtige Aufgaben bleiben unbearbeitet, ein Konzept ist nicht erkennbar. Die Landesregierung belässt es lieber bei Beschäftigungstherapien wie aufgeblasenen Kulturkonferenzen und Förderplandebatten. Man ist offenbar nicht gewillt, den Weg der guten Jahre 2005 bis 2010 weiterzugehen.
Wie hatten es die kommunalen Spitzenverbände formuliert? Zitat:
„Inwieweit und in welchem Umfang im vorliegenden Kulturförderplan zusätzliche Mittel für die aktuellen Planungsschwerpunkte … vorgesehen sind, ist nicht erkennbar.“
All das zeigt Stagnation, Konzeptionslosigkeit, den Unwillen zur Gestaltung und bedeutet die Genehmigung einer Wundertüte rechtzeitig zur Wahl. Das wird nach dem 14. Mai 2017 anders werden, auch wenn ich selbst diese Veränderungen leider nicht mehr mitgestalten kann. Ich wünsche aber den Kolleginnen und Kollegen, die bleiben, und denjenigen, die kommen, eine glückliche Hand und nicht zuletzt eine Regierung, die wieder um den Wert der Kultur weiß.
Der Kulturetat steht im Kontext eines durch und durch unsoliden Haushaltes. Wir lehnen ihn selbstverständlich ab.
Sehr verehrter Herr Kollege, nach so wunderbaren Blumen traue ich mich ja kaum, eine Kritik zu äußern. Aber darf ich doch die Frage stellen, ob Sie mit mir einer Meinung sind, dass der Anteil der Kulturausgaben am Gesamtetat des Landes Nordrhein-Westfalen 2010 höher war als heute?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor anderthalb Wochen, am 29. Mai, hat Nordrhein-Westfalen einen traurigen Jahrestag begangen: Vor 23 Jahren kamen bei einem Brandanschlag in Solingen fünf Menschen türkischer Abstammung ums Leben, 17 weitere erlitten schwere Verletzungen. Bei den Tätern handelte es sich um junge Männer aus der Neonazi-Szene. Der Anschlag war damals der Höhepunkt einer Welle fremdenfeindlicher rassistischer Anschläge auf Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland.
Die damalige Landesregierung hat seinerzeit übrigens ein hektisches Sofortprogramm von 18 Millionen DM, immerhin mehr als 2 Millionen €, für die politische Bildung aufgelegt, die allerdings innerhalb eines knappes Jahres auszugeben waren. So geht offensichtlich Prävention gegen Rechtsradikalismus nicht, denn sie braucht einen verlässlichen Rahmen.
Wir stehen heute, 23 Jahre später, vor keineswegs geringeren Problemen. Wir sehen uns erneut mit der dramatischen Zunahme von Anschlägen konfrontiert. Nach Auskunft des Innenministers hat sich die Zahl der Angriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte in unserem Land im Jahr 2015 mehr als verachtfacht: Von 25 Übergriffen im Jahr 2014 sind sie auf 214 im vergangenen Jahr gestiegen, darunter alleine 28 Gewaltdelikte wie Körperverletzung oder Brandstiftung.
Woher kommt das? – Ich vermute, viele Menschen in diesem Land haben diffuse Ängste und Gefühle von Unsicherheit. Weil Ängste gerne aufgegriffen werden, haben es die leicht, die vorgeben, auf komplexe Fragen einfache Antworten zu haben. Und von solchen Vereinfachern und Demagogen wird ein Generalverdacht geschürt gegen alles, was fremd und unbekannt ist: gegen Muslime und Flüchtlinge, gegen Zuwanderer und Ausländer. Dies geschieht zugleich vor einer bewundernswerten Welle von Hilfsbereitschaft und Engagement in diesem Land.
Ich selbst habe in anderer Funktion in den vergangenen Wochen erlebt, was an Hass und Feindschaft, an Wut und Beschimpfung auch in diesem Land
möglich ist. Wer einmal von Ihnen einen sogenannten Shitstorm erlebt hat, bekommt Zweifel an der Tragfähigkeit des Grundkonsenses in unserer Gesellschaft. Wie dick ist eigentlich der Firnis der Übereinkunft, demokratischer und menschlicher Grundstandards? Was wird da vor allem via Internet hochgespült? Was ist da alles möglich geworden?
Ich denke, wir erlauben hier eine Brutalisierung auch der öffentlichen Kommunikation, der wir uns stellen müssen, und bei der wir fragen müssen, wie wir dagegen antreten können.
Das Internet funktioniert dabei als Brandbeschleuniger. Im Netz findet wirklich auch jede noch so abwegige Behauptung und Meinung ihren Platz. Das Netz hat alles für alle: Fehlinformationen jeder Art. Und bis heute ist es noch nicht gelungen, Hetze und Demagogie zu verhindern, wie das für die klassischen Medien strafbewehrter Standard ist. Jeder gute Wirt schmeißt Hetzer aus seinem Laden. Wann werden wir soweit sein, dass auch die Lokale des Internets soweit sind, dass man das machen kann?
Hinzu kommt, dass diejenigen, die sich über das Netz informieren, auf ihrem Account in den Suchmaschinen immer mehr von diesem Zeug angeboten bekommen, weil das lernende, personalisierte Systeme sind, die durch die Art der Algorithmen die jeweils ähnlichen Seiten hochranken, übrigens ein Problem der Selbstbestätigung von solchen Gruppen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, und vor diesem Hintergrund wird jetzt nach vier Jahren endlich eine Ankündigung des Koalitionsvertrags wahrgemacht und das Integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorgelegt. Das ist sicherlich ein später, aber auch richtiger Schritt in eine richtige Richtung:
Konsequentes Einschreiten gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus ist eine Notwendigkeit und das eindeutig über alle Parteigrenzen hinweg. Alle demokratischen Kräfte ziehen hier an einem Strang. Und das gilt natürlich auch und besonders für die CDU, die schließlich nicht zuletzt aus einem Widerstand und aus einer Ablehnung gegen den Nationalsozialismus heraus entstanden ist.
Ich glaube, wir fühlen uns dieser Aufgabe auch in besonderer Weise verpflichtet.
Aber was liegt da nun als Handlungskonzept vor? – Da sieht man, wie sich alle Ministerien Gedanken gemacht haben und überlegt haben: „Was können wir aus unserem Haus beisteuern? Was kann man tun?“ – allerdings unter einer Vorgabe: Es darf nichts
kosten. Man sieht im zweiten Teil des Konzeptes geradezu die Flipcharts, den Moderatorenkoffer und die Pinnwand und erkennt deutlich, wie man das hier zusammengetragen hat. Aber insgesamt ist das Ganze ein Konzept ohne neue konzeptionelle Gedanken geblieben – und vor allen Dingen ein kostenfreies Konzept.
Frau Kampmann, Sie können einem fast leidtun, dass die Frau Ministerpräsidentin Sie heute zur Unterrichtung ins Rennen schickt; denn die Entwicklung des Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen ist kein Ruhmesblatt für die nordrhein-westfälische Landesregierung. Ich glaube sogar im Gegenteil: Da lässt eine Regierung Probleme wachsen und wird erst dann aus ihrem Dämmerzustand wach, wenn die Probleme ihr massiv auf die Füße fallen. So ist es im Moment.
Schauen wir uns die Entwicklung des Extremismus in Nordrhein-Westfalen einmal auf der Zeitschiene an. Im Jahr 2010 verzeichnete der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen landesweit 2.890 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität von rechts außen. Fünf Jahre später waren es 4.437. Das heißt: In der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung hat sich die Zahl der rechts motivierten Straftaten um 54 % erhöht.
Ich sage nicht, dass das ein Verschulden der Landesregierung ist.
Aber es ist ein Problem, wie die Landesregierung mit so etwas umgeht und wie man das präventiv verhindern kann.
Im Bereich der rechtsextrem motivierten Gewaltkriminalität sieht die Bilanz noch schlimmer aus. Wir haben zwar immer noch keinen Verfassungsschutzbericht 2015. Aber in dem Verfassungsschutzbericht 2014 heißt es auf Seite 28:
„Die Anzahl der Gewaltdelikte durch rechtsmotivierte Straftäter ist mit 370 Straftaten gegenüber dem Vorjahr um 178 Straftaten (92,7 %) gestiegen und hat im 10-Jahresvergleich den höchsten Stand erreicht.“
Die Zahl der rechtsradikal motivierten Gewalttaten ist in Nordrhein-Westfalen also um 138 % gestiegen. Übrigens, in Klammern: rechtsradikal motivierte Gewalttaten, nicht rechte Gewalt. Rechts und rechtsradikal ist genauso unterschiedlich wie links und linksradikal.
Meine Damen und Herren, was mich allerdings bei der Vorstellung des Integrierten Handlungskonzeptes der Landesregierung etwas irritiert, ist der Umstand, dass Sie das Thema „Rechtsextremismus“ einseitig betrachten. Zur Wahrheit gehört, dass in diesem Land nicht nur der Rechtsextremismus wächst, sondern dass inzwischen verfassungsfeindliche Bestrebungen jeglicher Couleur Hochkonjunktur haben.
Die negativen Beispiele aus der Stadt Leipzig, die negativen Bilder von hohem Polizeieinsatz, kommen übrigens keineswegs daher, dass die Legida in Leipzig so groß wäre. Sie ist sogar relativ klein. Weil es in Leipzig aber gleichzeitig eine sehr große antifaschistische Szene gibt, die sich jedes Mal auf eine unmittelbare Auseinandersetzung einlässt, ist eine so hohe Polizeipräsenz nötig. Das heißt: Extremismus muss man von mehreren Seiten sehen. Gerade das Aufeinanderprallen führt zu Radikalisierung.
Und dazu haben wir von der Landesregierung noch nichts gehört. Da macht der Innenminister lieber Klamauk und Presseaktionen.
Nur ein paar kleine Beispiele: Die Zahl der Salafisten in Nordrhein-Westfalen hat sich seit dem Amtsantritt von Minister Jäger von 500 auf 2.700 mehr als verfünffacht.
600 von ihnen gelten nach Angaben des Verfassungsschutzes als gewaltorientiert und 150 als besonders risikobehaftet.
Beim Linksextremismus sieht es keinen Deut besser aus. Auch die Zahl der Linksextremisten ist um fast 40 % angestiegen.
Aber auch die Ausländerkriminalität politisch motivierter Art wie der türkischen Grauen Wölfe ist stark angestiegen – um sage und schreibe 311,7 %.
Vor diesem Hintergrund frage ich: Muss man nicht integrierte Handlungskonzepte für Extremismusbekämpfung breiter und umfassender sehen?
Frau Ministerin, bei einer Einschätzung Ihres Berichtes folgen wir Ihnen gern. Die Bekämpfung des Rassismus und Extremismus ist in der Tat kein Thema nur eines Politiksachbereichs. Eine ganze Reihe von politischen Handlungsfeldern werden in Ihrem Konzept angesprochen. Ich kann nicht auf alle eingehen; aber einige seien doch erwähnt.
Da ist vor allem der Bereich der Bildung zu nennen. In den Schulen muss eine wertegebundene Bildung vermittelt werden. In den Schulen muss übrigens auch die Schulsozialarbeit gestärkt werden.
Ja.
Die Schulsozialarbeit muss vor allen Dingen finanziert werden.
Ja. – Und sie muss so finanziert werden, dass es anders geht, als Sie es mit Ihren Konzepten machen. Das ist das Entscheidende.
Lassen Sie uns wieder ein bisschen ruhig werden.
Ich glaube, wir kommen auch wieder auf konsensuale Dinge in einem anderen Sinne.
In Bezug auf Bildung muss in einem umfassenden Sinne einer Erziehung und Humanität klar sein, dass Bildung nicht nur etwas ist, was sich auf Qualifikationen bezieht. Da sind wir uns wahrscheinlich alle einig.
Dazu gehört auch der Religionsunterricht der christlichen Konfessionen. Aber genau dieser Religionsunterricht fällt zunehmend aus, nicht zuletzt an Berufskollegs, wo er oft das einzige Refugium nicht anwendungsbezogener Bildung ist.
Dazu gehört auch ein islamischer Religionsunterricht, der sich an den besten Traditionen dieser Religion orientiert und von qualifizierten Lehrenden ausgeübt wird.
Dazu gehören die kulturelle Integration von Kindern, woher auch immer sie kommen, und ihre Beheimatung über Wissen, Gestaltung und Kultur – nicht
nur derer mit einer Migrationsgeschichte, sondern aller.
Mit den Kindern ist die Bildungsaufgabe ja nicht abgeschlossen. Wir brauchen auch für die Erwachsenen Orte und Foren, wo die politische Debatte geführt wird, wo die Information erfolgt und wo durch Kenntnis diffuse Ängste in diskutierbare Besorgnisse umgewandelt werden können. Dass dabei auch die Einrichtungen, Organisationen und Vereine der Kultur und des Sports ihren wichtigen Beitrag leisten, wird zu Recht erwähnt.
Frau Ministerin, mich hat erstaunt, dass Sie als Familienministerin den Bereich der frühkindlichen Erziehung nicht angesprochen haben. Der erste und einzige Integrationsminister dieses Landes, Armin Laschet, hat die Entwicklung der Familienzentren vorangetrieben, die eine niederschwellige Ansprache und Beratung der Eltern erlauben.
Da gibt es solche Modelle, die für einen anderen Politikbereich wie den Bereich des Kindermissbrauchs greifen – etwa das sogenannte Dormagener Modell. Dort werden seit 2006 Kontakt- und Hilfsangebote nach skandinavischem Modell schon im Kleinkindalter angeboten; das beginnt also sehr früh. Wo sind solche Ansätze, die zwar von manchen Kommunen übernommen wurden, aber an deren landesweiter Einführung Minister Laschet durch den Regierungswechsel 2010 gehindert wurde?
In der Sozialarbeit sind für uns die angekündigten Kooperationen verschiedener Träger und Initiativen wichtig. Spezialprogramme wie die Beratungsstelle HAYAT mit dem Deradikalisierungsprogramm verdienen Unterstützung, in der Justiz so etwas wie das Violence Prevention Network, im Strafvollzug und andere mehr. Solche Initiativen werden angesprochen, und wir finden es auch gut, dass Sie die im Handlungskonzept ausdrücklich als etwas erwähnen, was sich nicht allein auf Regierungshandeln beschränkt, sondern wodurch eine Vernetzung verschiedener Initiativen möglich gemacht werden soll.
Viele Ihrer Ministerkollegen, Frau Ministerin Kampmann, sind angesprochen. Ich hoffe, dass in diesen Häusern das Handlungskonzept nicht nur als Werbebroschüre liegenbleibt, sondern dass das Prinzip des gemeinsamen Auftretens gegen Rechtsradikalismus in allen Häusern seinen Wert behält. Wir werden auf jeden Fall unbeirrt nachfragen, was aus den wenn auch nicht bezifferten Ansätzen wirklich geworden ist.
Alle Analysen zu Radikalisierung, meine Damen und Herren, zeigen aber auch eines: Es ist vor allem die soziale Lage, die Jugendliche in die Armen von Radikalen treibt. Deshalb ist Sozialpolitik die beste Präventionspolitik. Da sind in unserem Land in den vergangenen Jahren viel zu viele Kinder zurückgelassen worden.
Wie an diesem Ort die Ministerpräsidentin vor fünf Jahren, am 31. März 2011, versuchte, notwendige und fraglos wichtige Bildungsausgaben, die immer wieder und für jedes neue Kind anfallen, mit einmaligen Investitionen zu verwechseln, um ihre Schuldenpolitik zu legitimieren, das hat nicht nur dreimal das Verfassungsgericht, sondern inzwischen auch die Misserfolgsanalyse als Täuschungsmanöver entlarvt.
So gehören auch die Wirtschaftspolitik und die Wirtschaftsförderung in das Feld von Extremismusprävention. Die wirtschaftliche Lage vor allem im Ruhrgebiet mit Hartz-IV-Karrieren bis in die dritte Generation ist ein Nährboden für Radikalisierung.
Menschen, die sich abstiegsbedroht oder abgehängt fühlen, sind anfällig für Hetzparolen und Menschenhass. So kommen auch die Infrastruktur und die Verhinderung von Gewerbeansiedlungen, Hemmnisse für die Entwicklung von Handwerk und Gewerbe, in den Blick –
vom LEP bis zu einem absolut gesetzten Naturschutz.
Wir müssen in unserem Land Kindern und Jugendlichen Chancen eröffnen und ihnen Selbstbestimmung und Partizipation durch selbstbestimmte Arbeit ermöglichen. Prävention gelingt nicht alleine über ein so flaues Konzept.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einem anderen Gedanken schließen, der uns noch einmal alle angeht. Vor wenigen Tagen wurde in Frankreich eine Studie veröffentlicht, die seit 1947 einen jährlichen Bericht zum Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit darstellt. Das ist ein Rapport mit einer völlig unangefochtenen Methodik.
Die soeben erschienene Studie hat 2015 in einem besonderen Abschnitt die besondere und wichtige Rolle der politischen, sozialen und medialen Eliten für radikale Einstellungen bzw. für den Abbau von radikalen Einstellungen herausgestellt. Öffentliche Meinung entsteht nämlich nicht im luftleeren Raum.
Man erlebt zunehmend, wie im Bereich der politischen Kommunikation mit scharfen Worten allzu großzügig umgegangen wird. Aus vielleicht auch berechtigtem Ärger über zu viel Political Correctness spielt man mit Begriffen aus dem Arsenal der Radikalen. Da sind dann auf einmal Tabuverletzungen möglich, die normalerweise eingeleitet werden mit der Bemerkung: „Man muss es ja mal sagen dürfen“.
Das ist nicht etwa das Problem nur einer politischen Gruppe; das findet sich unter Anhängern aller politischen Richtungen und droht hoffähig zu werden. Nicht nur wir als Politikerinnen und Politiker tragen hier Verantwortung für das, was wir sagen. Das gilt für alle Menschen, die in Führungsverantwortung stehen, ob in der Politik, in der Wirtschaft, in Kultur oder Medien, in Vereinen oder Clubs. Wir sind aufgerufen, nicht verbal zu zündeln, nicht Panik zu machen, nüchtern zu bleiben. Nicht zuletzt sind die Medien hier angesprochen, die mir durch den Lügenpresse-Vorwurf manchmal regelrecht verunsichert erscheinen.
Jeder und jede muss sich selbst der Präventionsarbeit stellen. Wir müssen auch die positiven Bilder gelingenden Zusammenlebens vermitteln, Menschenfeindlichkeit bloßstellen und gemeinsam und unnachgiebig gegen alles menschenverachtende Gerede eintreten. Wehren wir uns gemeinsam gegen Rechtsextremismus und gegen jeden menschenverachtenden Radikalismus! – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vielem von dem, was wir gerade gehört
haben, kann ich nur zustimmen. Vielleicht gestatten Sie mir aber dennoch eine kritische Bemerkung, Frau Kollegin: In diesem Land war der Finanzminister allen Ernstes bereit, einen wichtigen Kunstschatz zu verhökern; wichtige Werke wurden unter rein ökonomischen Gesichtspunkten verkauft. – Das aber nur am Rande.
Eine kleine Geschichte: Vor ein paar Tagen traf die Leiterin des Stadtmuseums Münster, Frau Dr. Rommé, auf einen syrischen Jungen, der mit seinem Vater – es waren offensichtlich Flüchtlinge – dort war. Er sagte in seinem gerade erst gelernten Deutsch zu der Leiterin: War schon hier, jetzt Papa. – Er hatte also seinen Vater sozusagen hereingeholt.
Das war das Ergebnis einer Aktion in Münster, bei der die Grundschulen das Stadtmuseum besucht haben, um über das Stadtmuseum zu zeigen, was das eigentlich für eine Stadt ist, in die diese Menschen gekommen sind. Das Beispiel ist geradezu anrührend und zeigt, wie sehr Integration auch durch solche Einrichtungen passiert.
Das Stadtmuseum in Münster erhebt seit seiner Gründung keinen Eintritt, und es hat sehr hohe Besuchszahlen. Ähnliches habe ich übrigens zu Zeiten meines Studiums in Münster erlebt.
Das Westfälische Landesmuseum erhob Ende der 70er-Jahre keine Eintritte für die Sammlungsbesuche, und wenn man in der Uni eine Freistunde hatte, dann ging man rüber ins Museum, setzte sich in einen Raum, sah sich eine Sache an und ging wieder raus.
Heutzutage, wo man 8 € Eintritt bezahlt, überlegt man sich, wie man das abarbeiten kann, was man investiert hat. Man rennt durch die ganze Sammlung und versäumt es, einen kurzen Halt bei den Stücken einzulegen, die diese als Sammlung zu so etwas wie einem Besitz der Öffentlichkeit werden lassen.
Diese Sammlungen haben es besonders schwer; denn sie brauchen eine ruhige Vermittlung. Aber Kunst braucht insgesamt Zeit, Muße und Wiederholung sowie das Bewusstsein, dass ein Werk wirklich zu einer Stadt gehört.
Wir haben ein Problem in unseren Museen, und zwar bei den Sammlungsbesuchen. Im Museum Folkwang in Essen kann es Ihnen passieren, dass Sie ein Werk in einem Raum mit viel Platz und Luft über Wochen in aller Ruhe betrachten können, wohingegen Sie es in einer Sonderausstellung nur aus der fünften Reihe und nach langem Warten besichtigen können. In der Ausstellung findet es die großen Massen, in der Sammlung jedoch kaum. Wir brauchen aber auch eine Motivation für diese Sammlungsbesuche, also für den Kernbestand der Museen.
Dieses Zeitnehmen bei Museumsbesuchen, der freie Museumsbesuch, das betrifft vor allen Dingen Menschen, die es nicht gewohnt sind, ins Museum zu gehen, also nicht die geübten Museumsbesucher. Aber da wir uns auch dort an die Pest der Quotenbeurteilung gewöhnt haben, sind auch die Museen darauf angewiesen, mit Blockbustern möglichst große Massen in die Sonderausstellungen zu locken. Es ist aber viel wichtiger, dass die Museen auch ihre Sammlungspflege wichtig nehmen und die Sammlungen frei anbieten.
Meine Damen und Herren, Sie haben sicher gelesen, dass das Museum Folkwang bei seinem Experiment mit dem freien Eintritt eine erhebliche Steigerung der Besucherzahlen zu verzeichnen hatte. Ende des letzten Jahres war die Zahl der Besucher, die sich die Sammlung angeschaut hatte, dreimal so hoch, Anfang dieses Jahres sogar fünfmal so hoch. Das zeigt also eine große Wirkung.
Nun stellt sich die Frage, wie man diese Einnahmeausfälle wieder ausgleichen kann. In Essen ist das zum Beispiel durch eine Sonderzuwendung der tragenden Stiftung geschehen. Man kann das aber auch zum Beispiel in Form einer Spendenbox machen. Ich habe gehört, dass mit einer solchen Spendenbox ziemlich erhebliche Prozentsätze dessen eingenommen wurden, was durch Eintritte erzielt worden wäre.
Es ist ja keineswegs so, dass alle Besucher einer Sammlung auch den vollen Eintrittspreis zahlen würden. Das Institut für Museumsforschung geht davon aus, dass aufgrund von Sonderregelungen und Ähnlichem nur etwa 50 % der Besucher den vollen Eintritt bezahlen. Außerdem stellt dasselbe Institut fest, dass mit der Einführung von Eintritten ein Rückgang der Besucherzahlen in Höhe von 60 % bis 75 % einhergeht. Das sind alles gewichtige Argumente, die dafür sprechen, zu sagen: Dieser Schatz, dieser Reichtum, der bei uns lagert, sollten wir auch wirklich vermitteln.
Des Weiteren liegen die Einnahmen der Sammlungen bei geradezu allen Museen im einstelligen Prozentbereich. Das muss man auch in Relation zu den Kosten sehen, die ein Museum verursacht.
Wir haben es vorhin schon gehört: Am 25. November letzten Jahres habe ich eine Kleine Anfrage gestellt. Am 21. Dezember 2015 wurde diese Anfrage beantwortet, und darin heißt es vonseiten des Ministeriums durchaus zu Recht:
„Weil sich die Mehrzahl der Museen in NordrheinWestfalen in kommunaler Trägerschaft befindet“
genauer gesagt: in der Trägerschaft der Kommunalverbände –
„hat das Land Nordrhein-Westfalen keine Möglichkeiten, die Eintrittsregelungen generell zu beeinflussen.“
Trotzdem stehen uns Möglichkeiten der Beeinflussung zur Verfügung, und deshalb sind wir der Meinung, dass von hier eine Anregung ausgehen kann.
Bezeichnenderweise erschien am 8. März 2016 – der Tag, als Ihr Antrag einging – in den „Westfälischen Nachrichten“ ein Artikel, in dem es hieß, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und das Westfälische Landesmuseum einen solchen Versuch sehr gern starten würden.
Ich komme zum Schluss. Wir werden uns zu Ihrem Antrag enthalten. Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, der das regelt, was man jetzt schon tun kann, nämlich die Einführung eines Landespasses, den das Land umsetzen kann. Ich freue mich auf die Abstimmung und würde mich freuen, wenn unser Entschließungsantrag Zustimmung findet. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir legen hier heute den Entwurf für ein wichtiges Spartengesetz aus dem Kulturbereich vor.
Ein bisschen zum Hintergrund: Die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages hatte 2007 Empfehlungen verabschiedet – übrigens fraktionsübergreifend –, dass ein solches Bibliotheksgesetz in den Ländern notwendig sei. Mittlerweile haben sechs Länder ein solches verabschiedet. Ein siebtes Land ist gerade dabei, wir könnten also das achte werden.
SPD und Grüne haben das 2010 in ihr Wahlprogramm geschrieben, allerdings erst, nachdem wir ganz am Schluss jener Legislaturperiode, in der Kulturpolitik noch etwas galt, einen Bibliotheksgesetzentwurf vorgelegt hatten. Das sollte dann alles im Kulturfördergesetz, KFG, geregelt werden; das war die Ansage.
Im Ergebnis sieht das anders aus. Das Kulturfördergesetz hatte zwar den Anspruch, die komplexen Belange des Bibliothekswesens zu regeln, aber geblieben ist der schmale § 10. Im Kommentar zum Gesetz heißt es dann auch zu § 10: Das allgemeine KFG kann nicht zugleich die Funktion eines speziellen Bibliotheksgesetzes übernehmen. – Zitat Ende.
Ja, so ist es. Das kann es tatsächlich nicht. Bereits in der Beschränkung allein auf öffentliche Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft und die Landesbibliotheksaufgaben ist es dem Anspruch umfassender bibliotheksrechtlicher Regelungen nicht gerecht geworden, und es thematisiert die immensen Herausforderungen des digitalen Wandels nur durch sehr allgemeine Aussagen.
Jetzt gibt es einen Verweis auf Förderrichtlinien des Landes. Das soll also durch eine Förderrichtlinie geregelt werden. Das halten wir für falsch. Denn wesentliche Leitlinien der Kulturpolitik gehören ins Parlament und müssen vom Parlament beschlossen werden, nicht durch Förderrichtlinien.
Es geht schließlich nicht um irgendeine Kultureinrichtung. Bibliotheken haben in diesem Land mehr Besucher als alle Spiele der 1. und 2. Bundesliga zusammen.
Wir legen deshalb in Ergänzung des Kulturförderungsgesetzes nach dem ersten Anlauf 2010 erneut einen Entwurf für ein Bibliotheksgesetz vor. Dieser enthält grundlegende strukturelle Aussagen, benennt Zielpunkte für künftige Entwicklungen und sieht einige rechtlich notwendige, aber immer versäumte Bestimmungen im Bereich des Datenschutzes und Gebührenrechtes vor.
Insgesamt ist es ein übersichtlicher Gesetzentwurf, der das nordrhein-westfälische Bibliotheksrecht bündelt. Es handelt sich somit nicht um zusätzliches Recht, sondern um eine Bündelung.
Vier Punkte des Gesetzentwurfes möchte ich herausstellen.
Erstens: Bibliotheken als dritter Ort. Als niederschwellige und meistbesuchte Kultureinrichtungen haben Bibliotheken trotz ihrer Informationsmöglichkeiten über das Internet eine große Bedeutung als konkrete Orte der Begegnung und Bildung. Öffentliche Bibliotheken stehen für kulturelle Bildung, selbstbestimmtes Lernen, demokratische Teilhabe und auch gesellschaftliche Integration.
Aber die Aufgaben wandeln sich. Durch Kooperationen mit anderen Einrichtungen kann der Wandel gestaltet werden. Solche dritten Orte geben den Kommunen die Möglichkeit, ihre Verantwortung für Kultur und Bildung mit Blick auf ihre spezifischen lokalen Bedürfnisse zu gestalten.
Übrigens haben wir letztes Jahr bei unserem Kulturausschussausflug nach Spanien in Bilbao ein solches Kulturzentrum gesehen. Wie wenig das in Deutschland durch die verschiedenen Zuständigkeiten möglich ist, ist eine andere Frage – aber dass sich so etwas zu Orten mit unterschiedlichen Funktionen entwickelt, ist meines Erachtens wichtig.
Zweitens: die Initiierung und Projektierung einer Landesspeicherbibliothek. Die gedruckten Bestände verlieren in den Bibliotheken mittlerweile an Bedeutung. Sie werden zu Begegnungsorten umgebaut, und dabei fallen klassischen Magazin- und Regalflächen weg. Seit unserem damaligen Antrag im Jahr 2010 sind nach Aussage der Bibliotheksstatistik in unserem Land über zehn Millionen Medieneinheiten in den Bibliotheken ausgeschieden worden.
Das ist ein Prozess, den man in einer kulturstaatlichen Verantwortung gestalten muss und nicht einfach passieren lassen kann. Unsere Lösung ist die Initiierung einer Landesspeicherbibliothek, in der die Medien auch physisch bewahrt und konserviert werden, die aber gleichzeitig die einzelne Bibliothek entlastet. Wie das funktioniert, kann man im Moment übrigens in der Schweiz im Kanton Luzern ganz gut beobachten, wo eine solche Speicherbibliothek für die gesamte Schweiz mit der Zielgröße von 14 Millionen Einheiten entsteht.
Drittens: Wissenschaftliche Bibliotheken gehören dazu. Lange Zeit gab es in Nordrhein-Westfalen mit Bonn, Köln, Münster und Aachen nur vier Hochschulbibliotheken. Inzwischen sind es über 30. Es liegt auf der Hand, dass diese Bibliotheken für die Informationsversorgung im Land ein ganz wichtiger Bestandteil sind. Deshalb muss man sie hier auch kulturpolitisch mit vorsehen und einbinden. Wir wollen das korrigieren und diesen engen Zusammenhang nicht
durch die Zuständigkeit von zwei Ministerien aus dem Blick fallen lassen.
Viertens: Wir sprechen uns für ein Landesbibliothekszentrum als Dienstleister für alle Bibliotheken im Land aus. Das hat vor allen Dingen mit der Digitalisierung zu tun; denn die betrifft alle Bibliothekssparten und stellt unsere Bibliotheken vor eine große Herausforderung, die bewältigt werden muss. Dazu ist eine moderne Fachstellenarbeit notwendig. Ob man das an einer Fachstelle macht oder, wie wir es früher einmal vorgeschlagen hatten, an den zwei Einrichtungen der Landschaftsverbände, ist im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch zu analysieren und zu klären.
Ich denke, wir haben hier einen Impuls gesetzt, der die Lähmung bzw. Stagnation der Kulturpolitik in diesem Land aufbrechen kann, und ich freue mich auf die Beratungen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kollege Alexander Vogt, herzlichen Dank für die Zeiterweiterung. – Ich beginne aber ein klein wenig anders. Lassen wir das Wortgeklingel, was dieses Gesetz alles sein soll, einmal dahingestellt sein. Denn das ZDF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts betrifft den WDR kaum. Es gibt nämlich auch mit dem gegenwärtig geltenden Gesetz und mit dem Rundfunkrat kaum Probleme einer zu großen Staatsnähe. Mit Staatsnähe ist wohl vor allen Dingen die politische Einflussnahme auf Aufsichtsgremien des WDR gemeint.
Aber Einfluss, meine Damen und Herren, kann man nicht allein über die von den Landtagsfraktionen Gewählten nehmen. Einfluss kann man auch über die politische Ausrichtung der Verbandsvertreter nehmen. Wir erleben hier ein Stück Medienpolitik als Macht- und Personalpolitik.
Unvergessen ist die 28-seitige Tischvorlage mit der Absetzung des LfM-Direktors Brautmeier.
Was geschieht hier? – Der Rundfunkrat wird vergrößert. Wir haben uns von Anfang an gegen diese Aufblähung klar ausgesprochen. Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen legen da noch zwei drauf und erhöhen die Zahl der Mitglieder von jetzt 47 auf 60, also mehr als ein Viertel mehr. Dass das allein mehr als 1.000 € Vergütung für die Mitglieder und 500 € für die jeweiligen Stellvertreter kostet zuzüglich aller sonstigen Kosten wie Fahrt- und Übernachtungskosten, ist offenbar völlig egal. Es geht ja schließlich darum, den Rundfunkrat irgendwie politisch auf die Linie zu kriegen.
Da werden nicht sachgerechte Zusammenfassungen in einem fraglos richtigen Fall aufgelöst: Bühnenangehörige und Filmbüro haben nicht wahnsinnig viel miteinander zu tun. Aber die freien Berufe – Anwälte, Architekten, Ärzte, Ingenieure, Apotheker – mit immerhin 274.000 Betrieben und 730.500 Beschäftigten in unserem Land müssen sich künftig einen Sitz teilen. Das haben sie davon, wenn sie zumindest bisher einen CDU-nahen Vertreter im Rundfunkrat hatten. Das ist die Strafe dafür. Künftig haben die nur noch einen halben Sitz.
Ordnungspolitisch wird dabei überhaupt nicht mehr gedacht. Denn eigentlich wäre die Frage: Welche gesellschaftliche Gruppe muss einer Vertretung der Gesellschaft angehören? Wie wird der Querschnitt der Gesellschaft am besten gespiegelt? – All das zählt nicht mehr. Stattdessen machen wir künftig hier im Landtag einen Vergabewettbewerb für alle, die an die Futtertröge des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems wollen: eine große Zahl von Muslimen in Nordrhein-Westfalen – egal, im ZDF-Fernsehrat hat man das übrigens geschafft –, Vertreter von neuen Medien und deren Organisationen – egal –, weitere Vertreter von Jugendorganisationen, weil das ein großes Problem im WDR ist – egal. Rundfunkratsmitgliedschaft wird zu einem Spiel um Pfründe und zu einem SPD-Personalgeschacher.
Dass die Grünen dieses durchsichtige Spiel mitmachen, wundert mich sehr.
Die Kompetenzen im Verwaltungsrat höher anzusetzen, ist richtig. Bei einem Unternehmen mit 1,4 Milliarden Bilanzsumme braucht man eine fachlich versierte Aufsicht. Aber so wie im Gesetz? Über
Formalqualifikationen werden ungeliebte Mitglieder rausgeworfen.
Nach diesen Anforderungen können nicht nur viele Mitglieder dieses Hauses, sondern auch Vorstandsvorsitzende deutscher DAX-Konzerne nicht Mitglied des Rundfunkverwaltungsrates werden.
Aber jetzt zum Thema „Werbung“, das der Hauptstreitpunkt war: Da greift uns der Fraktionsvorsitzende der Grünen gestern in einer Presseerklärung massiv an, wir hätten uns einem Konsens verweigert. Dabei war das ein besonders mieses Spiel. Ich habe das schon im Ausschuss sehr deutlich gesagt. In allen strittigen Punkten zieht man ohne jede Rücksicht und ohne Nachfrage die eigene Position durch. Nur in der einen etwas heiklen Frage soll es die Opposition richten.
Ob Werbereduzierung Ja oder Werbereduzierung Nein, immer soll es die Opposition gewesen sein. Offenbar sollen wir den Koalitionsfraktionen ein Alibi für fehlenden Gestaltungswillen verschaffen und ihnen helfen, den eigenen Koalitionsvertrag umzusetzen.
Aber wenn man ein WDR-Gesetz verabschiedet, muss die zweite Säule unseres Rundfunksystems mit bedacht werden. Die 45 Lokalradios in diesem Land stehen unter einem enormen Kostendruck, der bis an die Grenze des Überlebens reicht. Für diese sind die zunehmend regional ausgerichteten Werbezeiten des WDR ein erhebliches Problem.
Wir stehen für den lokalen Rundfunk wie für den WDR ein. Wir stehen für die Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein. Dabei folgen wir den grundsätzlichen Bemerkungen von Paul Kirchhof in seinem Gutachten zur Umstellung vom Gebühren- aufs Beitragssystem, nachdem der Bezahlrundfunk sich durch diese Einnahmeart vom werbefinanzierten privaten Rundfunk absetzen soll. Wir haben Konzepte dafür, wie das ohne übermäßige Belastung unseres WDR möglich ist. Aber bitte erwarten Sie nicht von uns, dass wir Ihnen die Kohlen einer nach da oder da unpopulären Maßnahme aus dem Feuer holen!
Und nun das: gestern Nachmittag die Pressemitteilung der Fraktionsvorsitzenden und heute Morgen hier in der Sitzung nach Sitzungseröffnung endlich der Antrag. Wir kennen das schon vom Landesmediengesetz. In letzter Minute kommen die spannendsten Sachen auf den Tisch. So sieht Kooperation nicht gerade aus. Seit gestern sieht man: Geht doch! Sie müssen als Regierungsfraktion liefern und das verantworten, was Sie mit Ihrer Mehrheit beschließen.
Wir werden unsere Position für Werbefreiheit in unser Wahlprogramm für 2017 aufnehmen und werden es nach der Landtagswahl im nächsten Jahr umsetzen.
Sicherlich wird die heutige Regelung nach dem NDR Folgewirkungen für andere Landesmediengesetze haben. Ganz zu lösen ist die Frage nur über einen Rundfunkstaatsvertrag, auf den dann auch das Gremium für die Ermittlung der Finanzzuweisungen, die KEF, reagieren kann.
Meine Damen und Herren, Ihr Antrag hinterlässt neben der Eile der Einbringung auch Fragen. Wie soll die Reduzierung auf welche Wellen des WDR aussehen? Können die Wellen jährlich oder auch noch öfter gewechselt werden?
Entscheidet über die Festlegung der Rundfunkrat? Es bleiben einige Fragen.
Aber weil Ihr Antrag durchaus einen gangbaren Weg aufweist, werden wir diesen Antrag nicht ablehnen, sondern uns enthalten.
Meine Damen und Herren, ich schließe: Ich freue mich auf die Abstimmung nachher und auf weitere Beratungen hier. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute meldet die Presse die neuen Superzahlen für Museen in Deutschland. 118 Millionen Besucher! Das sind 3 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Eigentlich sind es sogar noch mehr; denn man kann ein Museum auch digital besuchen.
Vielleicht kennen Sie das Museum Kunstpalast hier in Düsseldorf. Man kann mit dem Google Art Project wie bei Street View durch die Räume gehen und sich die Kunstwerke einzeln ansehen. Es ist eine von 670 Institutionen, die Google Art Project im System hat. In Deutschland sind es allerdings nur 33 Institutionen, zwei davon aus Nordrhein-Westfalen. Neben dem Kunstpalast ist es noch das Lehmbruck Museum in Duisburg.
Das heißt, ein Museumsbesuch ist heute viel leichter. Man ist nicht mehr auf Kataloge angewiesen, sondern kann sich in exzellenter Qualität Digitalisate
ansehen, kann sich digitale Abbildungen ansehen. Das kann man nicht nur mit Google, sondern das kann man vor allen Dingen auch mit Wikipedia.
Wikipedia macht seit vielen Jahren ein Projekt. Die Gruppe, die das macht, heißt mittlerweile GLAM. Sie machen das mit einem sogenannten Wikipedian in Residence. So etwas gab es in Deutschland zum ersten Mal 2012 im Deutschen Archäologischen Institut. Sie haben für ein halbes Jahr einen solchen Wikipedian in Residence eingestellt. Das war Marcus Cyron. Damit ist man dem Beispiel des British Museums in London und dem Louvre in Paris sowie vielen anderen gefolgt, die sich heute beteiligen.
Aber damit sind wir bei einem heiklen Problempunkt. Wikipedia-Artikel sind grundsätzlich unter freier Lizenz. Wer etwas bei Wikipedia zur Verfügung stellt, muss es allen zur Verfügung stellen. Damit sind wir beim Urheberrecht. Das Deutsche Archäologische Institut hat 2009 die Freigabe von 100.000 ausgesuchten Fotos und 60.000 Dateien sowie von Stichen aus der Barockzeit durchgeführt. Warum? Es muss alles älter als 70 Jahre sein; denn alles, was jünger als 70 Jahre ist, unterliegt dem Urheberrecht. Das erweist sich selbst bei Objekten als Hemmnis, deren Eigentum im Museum niemand anzweifelt.
Das Problem ist schon einmal angegangen worden. Wir erinnern uns daran. Wir haben hier den Antrag der Piraten zu den verwaisten Werken debattiert. Bei den verwaisten Werken ist es angekommen. Der Bundestag hat ein Verfahren geschaffen, nachdem man bei verwaisten Werken etwas weniger Einzelfallprüfungen durchführen muss, auf Treu und Glaube abhebt und auf die Veröffentlichungszustimmung bei der Übergabe eines solchen Objekts ins Museum. Aber die rechtlichen Hürden sind trotzdem noch zu hoch.
Nun haben sich vor vier Wochen 17 namhafte Juristen und Museumsleute zusammengetan und einen kurzen Text veröffentlicht, der sich „Hamburger Note zur Digitalisierung des kulturellen Erbes“ nennt. Das war natürlich auch der unmittelbare Anlass für unseren Antrag. Damit machen sie auf rechtliche Aspekte aufmerksam.
Anforderung und Ziel ist es, die umfangreichen Rechteklärungsprozesse zu erleichtern und die digitale Zugänglichkeit von Kulturgut im größeren Umfang als bisher zu ermöglichen. Es heißt da – Zitat –: „Wenn die Chancen der Digitalisierung genutzt werden sollen, bedarf es aber gesetzlicher Rahmenbedingungen, die für alle öffentlichen Gedächtnisinstitutionen eine rechtliche Einzelfallprüfung entbehrlich machen und grundsätzlich eine Sichtbarmachung von Beständen im Internet ermöglichen.“ –
Die warnen sogar vor einer Verzerrung unseres Geschichtsbildes, wenn man das nicht machen würde.
Meine Damen und Herren, Digitalisierung findet sich sogar im Kulturfördergesetz. In § 8 Abs. 2 heißt es:
„Das Land unterstützt Kultureinrichtungen bei der Digitalisierung von analogem Kulturgut, bei der Übernahme von originär digitalem Kulturgut, bei der Bereitstellung der Digitalisate für die öffentliche Nutzung sowie bei der digitalen Landzeitarchivierung.“
Bei der Digitalisierung stehen nämlich diese Institutionen – Archive, Bibliotheken, Museen – vor technischen, administrativen und rechtlichen Herausforderungen, die einen hohen Einsatz verlangen, um dieses Kulturgut wirklich der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wir möchten mit diesem Antrag ein Programm für die Digitalisierung im Sinne des Kulturfördergesetzes, um die Digitalisierung voranzutreiben. Wir wollen das Bemühen um praxistaugliche Anpassungen des Urheberrechtes – ganz wichtig –, und wir möchten die Träger der Einrichtungen drängen, ihre Bestände grundsätzlich kostenfrei und digital öffentlich nutzbar zu machen und schließlich den Aufenthalt von solchen Wikipedien in Residence zu fördern.
Meine Damen und Herren, vielleicht ist dann ein erstes Kennenlernen eines nordrhein-westfälischen Museums im Internet oder das Nacherleben eines Besuches etwas ganz Normales und die Arbeit an Objekten auch aus den Depots etwas ganz Leichtes und Einfaches. Vielleicht werden auch Sie sich dann, wenn Sie nicht heute oder morgen oder in den nächsten Tagen noch Gelegenheit haben sollten, im Kunstpalast vorbeizuschauen, im Internet bei Google Art Project das Bild von Schnorr von Carolsfeld „Flucht nach Ägypten“ von 1828 ansehen und damit eine Einstimmung auf unsere politischen Themen, Großthemen und auf Weihnachten zugleich haben.
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall schöne Weihnachten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den kleinen Summen mit der großen Wirkung. Denn das, worüber wir jetzt reden, ist ein kleiner Anteil dieses Einzelplans. Ganze 5,6 % machen die 184 Millionen € aus, um die es hier geht. Auf den Etat insgesamt bezogen, reden wir über 0,28 %. Das sei betont, weil gelegentlich der Fraktionsvorsitzende der
Grünen so tut, als könne man mit Kulturausgaben alles retten und als sei die Schuldenpolitik dieses Landes einzig auf die Kulturpolitiker zurückzuführen.
Meine Damen und Herren, der Haushalt, den wir jetzt vorliegen haben, zeigt keine Akzentsetzung. Wir haben es mit einem Überroll-Etat zu tun. Insofern könnte ich meine Rede vom vergangenen Jahr heute genauso wiederholen: keine Bewegung, keine Initiativen, keine Akzente.
Nach dem Entwurf steigt der Haushalt der Kulturförderung um 3,5 Millionen €. Die machen bei diesem kleinen Etat bereits 2 % aus. Bei Lohnsteigerungen von deutlich über 2 % ist das aber real eine Kürzung. Im Bund – nur zum Vergleich – wird der Kulturetat um 115 Millionen € auf 1,4 Milliarden € aufgestockt. Das sind 4 %. Wenn man den Königsteiner Schlüssel anlegte, dann wären das für Nordrhein-Westfalen 280 Millionen €, also fast 100 Millionen € mehr, als unser Kulturetat ausmacht.
Allein das Denkmalschutz-Sonderprogramm der Kulturstaatsministerin Grütters umfasst 20 Millionen €. Und damit bin ich beim Elend der nordrheinwestfälischen Denkmalförderung: Das Thema
Denkmalförderung ressortiert zwar nicht hier, aber sei als besonders eklatantes Beispiel für die Kulturfeindlichkeit der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen mal genannt. Die Streichung dieses wichtigen Bereiches, wenn ehrenamtliche Initiativen, Eigentümer oder Heimatpfleger keine Zuschüsse mehr für ihre Arbeit erwarten können, ist und bleibt ein Skandal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wegen des Zeitmangels nur ein Punkt. Mit diesem Etat wird die Staatshaftung abgeschafft. Dabei handelt es sich bei der Staatshaftung um ein ausgesprochen wirkungsvolles Mittel für die Ermöglichung von großen Ausstellungen mit sehr kostbaren Exponaten. Ersetzt wird sie durch eine Summe für klassische Versicherungen. Meine Damen und Herren, das ist ein Versicherungsförderungsprogramm, was da vorliegt. Jetzt wird der Etat solcher Ausstellungen mit hohen Versicherungsbeträgen aufgebläht, wenn sie überhaupt zu versichern sind. Und die Haushaltssumme von 240.000 € wird rasch verbraucht sein. Ich glaube, der Wegfall der Staatshaftung ist eine Preisgabe ohne jeden Sinn.
Meine Damen und Herren, wo gibt es Kulturpolitik? Wo wird gestaltet? Stattdessen gibt es jetzt den Entwurf eines Kulturförderplans, der lediglich das zusammenstellt, was gemacht wird und der vielleicht künftig die Kulturpolitik in diesem Haus ersetzen soll. Die einzigen Akzente des Etats werden durch Änderungsanträge der Kolleginnen und Kollegen hier im Hause gesetzt. Die Regierung hat sich offensichtlich von einer gestaltenden Kulturpolitik verabschiedet.
Meine Damen und Herren, der Kulturetat steht im Kontext eines durch und durch unsoliden und nicht
verantwortbaren Etats. Wir lehnen ihn ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung bringt einen Gesetzentwurf ein, von Staatssekretär Eumann offensichtlich jetzt schon weiß, wie er verabschiedet werden wird. Denn am 3. September erläuterte er beim Medientreff in Köln, was nach der Verabschiedung des neuen WDR-Gesetzes Sache ist. Allerdings kommt der Gesetzentwurf heute ins Parlament, und das Gesetz wird hier und nirgendwo anders verabschiedet. Nicht noch einmal so eine Überrumpelung wie damals beim Mediengesetz!
Herr Kollege Vogt, ob dieser Entwurf wirklich auf die neue Medienwirklichkeit reagiert – daran habe ich doch erhebliche Zweifel. Zumindest die Ersetzung des Wortes „Programm“ durch „Angebot“ ist dafür ein bisschen dürftig.
Wenn man einen Blick auf das ZDF-Urteil wirft, stellt man fest: Es hat die Besetzung des WDRRundfunkrates kaum berührt. Denn auch nach dem geltenden Gesetz gibt es da kein Problem mit zu großer Staatsnähe.
Der Rundfunkrat wird aber deutlich vergrößert. Meine Frage: Sind 47 Mitglieder nicht ohnehin schon sehr viel? Warum soll das aufgebläht werden auf 58? Oder soll damit dessen Entmachtung kaschiert werden? Übrigens entstehen allein durch diese Aufblähung Kosten von etwa einer Viertelmillion Euro pro Jahr.
Es gibt viele Fragen zu der Besetzung, die da jetzt vorgesehen ist. Diese werden wir im Ausschuss diskutieren. Das gilt zum Beispiel für die Frage, was die neuen Kombinationen sollen. Mich hat besonders die Kombination von Bühnenangehörigen und Filmbüro amüsiert. Wie man auf diese aparte Kombination gekommen ist, weiß ich auch nicht. Anderes hingegen ist durchaus sinnvoll.
Ferner können sich sieben neue Verbände beim Landtag bewerben. Wird das Ganze dann wirklich politikferner als bisher? Zwei Mitglieder soll der Rundfunkrat auf Bewerbung hinzuwählen können. Wen repräsentieren die eigentlich? Oder ist das alles eher ein modischer Gag?
Erstaunt hat mich, dass eine Vertretung der vielen Muslime in diesem Land offenbar weniger wichtig ist und nicht vor die Klammer gezogen wurde.
Aber der Entwurf zeigt: Aufblähen, um das Entmachten zu verdecken. Das ist Methode. Denn nur noch für Programmfragen ist diese riesige Vertretung von 58 Personen dann zuständig. Alle Aufsichtsfunktionen liegen künftig beim Verwaltungsrat. Wollen Sie das wirklich? Die gesellschaftlichen Gruppen im Rundfunkrat haben dann nicht mehr die Aufsicht über den WDR. Dafür sind künftig nicht die die Gesellschaft repräsentierenden Gremien zuständig, sondern ein professionalisierter Verwaltungsrat.
Dass der Verwaltungsrat professionalisiert werden soll – why not? Das kann man bei einem Kontrollgremium für ein Unternehmen mit immerhin 1,5 Milliarden € Jahresetat durchaus einsehen. Aber warum diese Anforderungen für alle? Wenn das so festgelegt wird, dann hätte zum Beispiel der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Telekom, René Obermann, keine Chance. Der dürfte dann nicht Verwaltungsratsmitglied werden.
Oder werden hier wieder Tricks angewandt, um personalpolitische Absichten zu verfolgen, wie wir das bei der Tischvorlage zum Mediengesetz über eine scheinbar harmlos neue Voraussetzung für die Vertragsverlängerung mit der Absetzung des Direktors der LfM, Dr. Brautmeier, erleben mussten?
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zur Frage nach der Werbefreiheit, die offenbar nicht nur mich erstaunt hat. Gerade die Werbefreiheit kann zur Unterscheidbarkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks beitragen.
Die Fraktionen von SPD und Grünen haben am 16. Juni dieses Jahres einen Antrag eingebracht, zu dem wir uns enthalten. Es gibt in dieser Frage offenbar einen politischen Konsens. Aber wie wollen Sie Ihre vollmundige Formulierung im Antrag „Es ist nun Zeit zum Handeln“ im Gesetz umsetzen?
Wir dürfen den WDR weder überlasten, noch dürfen wir ihn schlechter stellen als andere ARD-Sender. Der neue Intendant setzt sich bewundernswert für echte Einsparungen ein. Vielleicht finden wir eine Formulierung, mit der das Ziel der Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks WDR ohne momentane Zusatzbelastungen genannt und erwähnt werden kann. Ich denke, da werden wir zu reden haben.
Kommen wir zu einer weiteren Ungereimtheit. Das Grimme-Institut soll künftig direkte Zuweisungen vom WDR erhalten. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Da wird ein inzüchtiges System aufgebaut. Der WDR zahlt an ein Institut und holt sich das Investment über die Grimme-Preise wieder zurück. Aber der neue Aufsichtsratsvorsitzende ist zugleich auch Fernsehdirektor beim WDR. Das ist schon sehr in sich bezogen.
Die Mediennutzung befindet sich auch beim WDR in einem rasanten Umbruch. Eine Formulierung, die das Gesetz auf neue Sachverhalte hin zukunftsfest
machen würde, ist ein Desiderat im Gesetz. Bei jedem WDR-Gesetz, das wir verabschieden, geht es um einen Sender, der in seinem öffentlichrechtlichen Anspruch gestärkt zu werden verdient.
Auch im WDR hat sich über viele Jahre der sich selbst eingeredeten Konkurrenz zu den Privaten eine Orientierung an der Quote durchgesetzt, die wie ein Gift das Denken von Machern und Redaktionen bestimmt. In dieser Situation ist es unsere Aufgabe, deutlich zu machen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Legitimation nicht aus der Bespaßung möglichst vieler bezieht, sondern aus der Erfüllung seiner Kultur- und Bildungsaufgaben.
Dieses Gesetz wird bei einer Antwort zu dieser Kernfrage keine Hilfe sein. Es dient auch nicht größerer Staatsferne, sondern es ist ein weiterer Baustein in dem Versuch, die Medienlandschaft im Griff der Landes- und Parteipolitik zu halten. Wir werden im Ausschuss zu diskutieren haben.
Bevor ich schließe, noch ein Dank an die zuständige Ministerin Frau Dr. Schwall-Düren. Sie haben in der Zusammenarbeit immer die Rollenverteilung von Exekutive und Legislative beachtet – ich wünschte mir das übrigens auch von Kollegen, die vorhin geredet haben, in dieser Weise. Das möchte ich ganz besonders loben und hervorheben. In Ihrer noblen und zurückhaltenden Art haben Sie zwischen Sachauseinandersetzung und persönlichem Respekt immer zu unterscheiden gewusst. Auch von uns vielen Dank und alle guten Wünsche. Ad multos annos! – Vielen Dank!