Protokoll der Sitzung vom 03.03.2016

Das mit einem schönen Gruß nach Schleswig-Holstein: Die Werte des Grundgesetzes werden nicht in deutschen Kantinen verteidigt.

(Beifall von der FDP, der CDU und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe hier im Parlament, den Rahmen für Wertevermittlung und für Integration zu setzen und zu zeigen, wo die Leitplanken sind und wie es vorangehen kann.

Wir als Freie Demokraten haben das gemacht. Allein zwischen Mai und September 2015 habe ich einige Punkte herausgearbeitet und gesehen, wie Rot-Grün hier im Hause darauf reagiert hat:

Landesprogramm für Sprach- und Integrationskurse – abgelehnt; Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration zu entwickeln und dem Landtag ein Gesamtkonzept vorzulegen – abgelehnt; Abbau bürokratischer Hemmnisse bei der Arbeitsmarktvermittlung und Erleichterungen bei der Aufnahme von Ausbildungen – abgelehnt; Flüchtlingen ab dem ersten Tag in der Kommune einen kostenlosen und verpflichtenden Sprachkursus zur Verfügung zu stellen – abgelehnt; zusätzlich Lehrer, Kitapersonal und Sozialarbeiter einzustellen, um das Recht auf Bildung von Flüchtlingskindern zu ermöglichen – abgelehnt;

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Integration von Flüchtlingen zu einem Schwerpunkt der Kommunalen Integrationszentren zu machen – abgelehnt; Wertevermittlung schon in den Landeseinrichtungen zu beginnen – abgelehnt.

Meine Damen und Herren, das ist kein konstruktiver Umgang mit Vorschlägen aus der Opposition, die eigentlich unter Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein müssten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

All diese Punkte finden sich jetzt übrigens in Ihrem Konzept wieder. Es geht uns nicht darum, dass wir

jetzt beleidigt sind, dass Sie vor einem halben, teilweise einem dreiviertel Jahr unsere Vorschläge abgelehnt haben. Das Problem ist vielmehr, dass wir alle zusammen in Nordrhein-Westfalen Zeit verloren haben – viel wertvolle Zeit, viele Monate, in denen wir längst die Integrationsarbeit hätten voranbringen können.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die „Rheinische Post“ bringt es heute auf den Punkt, wenn sie schreibt:

„Deshalb ruft jetzt ein breites Bündnis – bestehend aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund, Unternehmer NRW, der Industrie- und Handelskammer, dem Verband Freier Berufe und dem Westdeutschen Handelskammertag – die Landesregierung zum Handeln auf. In einem Appell an die Staatskanzlei, das Schul-, Arbeits- und Wirtschaftsministerium … fordert das Bündnis Maßnahmen, um junge, aber nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge in eine Ausbildung zu bringen. Dabei kommt das Bündnis zu einem verheerenden Urteil: Demnach fehlten ‚bisher systematische und verbindliche Angebote, die den Spracherwerb, die Berufsorientierung und den Erwerb des Schulabschlusses ermöglichen‘.“

Genauso ist es. Wir hätten schon im Sommer gemeinsam so viel auf den Weg bringen können. Aber Sie haben sich unseren Initiativen verweigert, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Jetzt kommen Sie in der Gönnerpose und laden die Opposition zur Mitarbeit ein, dieselbe Opposition, Herr Römer, die Sie hier vor Monatsfrist als Rechtspopulisten geschmäht haben –

(Beifall von der FDP und der CDU)

Rechtspopulismus für Forderungen, die am nächsten Tag von Ihren eigenen Ministerpräsidenten im Bundesrat vertreten wurden, Rechtspopulismus für Forderungen, die jetzt der EuGH bestätigt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind nicht nachtragend, wenn es wirklich um die Sache geht. Es ist aber inakzeptabel, wenn wir nur als Kulisse dienen sollen, wenn es Ihnen gerade gefällt, wenn auf Flüchtlingsgipfeln Gemeinsamkeiten beschworen werden, aber tags darauf jeder konstruktive Vorschlag der Opposition wieder ignoriert wird.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dabei hätte es Ihnen manches erspart, wenn Sie unsere Vorschläge ernst genommen hätten. Wir haben auf dem Flüchtlingsgipfel die speziellen Probleme mit allein reisenden jungen Männern aus Nordafrika angesprochen. Sie haben das abgetan. Die Konsequenzen sind bekannt.

Wir haben Ihnen eine Bundesratsinitiative zur Lösung des Antragsstaus beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeboten. Sie haben das ignoriert.

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

Stattdessen haben Sie uns beschimpft, um von Ihrer eigenen Konzeptionslosigkeit abzulenken.

Herr Römer, ich sage Ihnen ganz ehrlich, für mich wäre es gerade an dieser Stelle guter Stil gewesen, wenn Sie die Größe gehabt hätten, sich hier bei den Oppositionsparteien CDU und FDP für die letzte Plenarwoche zu entschuldigen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es gibt einzelne Abgeordnete aus Ihren Reihen, die diese Größe hatten.

Ich sage aber auch dazu, wir wissen alle, wie schwer es ist, Fehler zuzugeben. Das geht, glaube ich, uns allen so. Deswegen haben wir in Ihrem Antragstext eine sehr bemerkenswerte Zeile gefunden, in der Sie die gute Integrationsarbeit und die gute Integrationspolitik von CDU und FDP in den Jahren 2005 bis 2010 ausdrücklich hervorheben. – Wenn Sie dann mit einer solchen Aussage kommen, werten wir das einfach mal als Entschuldigung für das, was in der letzten Plenarwoche gewesen ist. Wir nehmen die Entschuldigung an und sagen Ihnen: Wir sind bereit, gemeinsam an einer Konzeption zu arbeiten.

Meine Damen und Herren, wir als FDP haben daher, weil es uns um die Sache geht – Frau Altenkamp ist ja dankenswerterweise auch darauf eingegangen –, noch einmal all die Punkte aufgeschrieben, die uns wichtig sind. Ich will Ihnen ganz klar sagen: Es gibt da auch für uns Prioritäten. Wir setzen Prioritäten auf Sprache, Bildung, Ausbildung, Arbeitsmarktintegration und Wertevermittlung. Das ist das, was wir in den Vordergrund rücken wollen. Darüber wollen wir auch mit Ihnen sprechen und fachlich debattieren.

Frau Kollegin Velte und Frau Kollegin Altenkamp haben angekündigt, dass sie unseren Argumenten gegenüber offen sind. Ich hoffe, dass dies kein Lippenbekenntnis ist. Wir werden Sie beim Wort nehmen. Wenn wir ernsthaft gemeinsam darüber diskutieren, was wir für die Menschen und die Kommunen, aber vor allem auch für die Flüchtlinge vor Ort an Integration leisten können, haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn Sie allerdings in die Diktion der letzten Plenarwoche zurückfallen, dann machen Sie bitte Ihr Konzept alleine. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Kampmann.

(Zuruf: Ministerin Löhrmann!)

Frau Ministerin Kampmann ist gemeldet. Ich kann nur das wiedergeben, was man uns vonseiten der Landesregierung mitteilt.

(Ministerin Sylvia Löhrmann: Ich dachte, das wäre angekommen!)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stamp, es gibt – damit möchte ich an Ihre Ausführungen anschließen – ein sehr schönes Zitat, das ich, glaube ich, als Lieblingszitat sogar mit Herrn Pinkwart gemeinsam habe. Es stammt von Victor Hugo und lautet:

„Es gibt nichts Mächtigeres als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“

Vielleicht ist ja heute – die Debatte stimmt mich eigentlich zuversichtlich – in Anknüpfung an die Integrationsoffensive von 2001 die Zeit in NordrheinWestfalen reif. Auch die damalige Integrationsoffensive ist durch unterschiedliche Konstellationen gewachsen. Vielleicht können wir heute hier den Startschuss geben – wissend, dass wir nicht bei null anfangen –, dass dieses Parlament und diese Landesregierung gemeinsam einen zukunftsfähigen Integrationsplan für Nordrhein-Westfalen ausarbeiten. Vielleicht ist die Zeit dafür reif. So habe ich die meisten der Rednerinnen und Redner auch verstanden. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bedanken.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir alle haben wahrscheinlich am Sonntagabend intensiv Fernsehen geguckt. In diesem Zusammenhang möchte ich einen Gedanken der Kanzlerin aufgreifen, der mir neben dem Satz aufgefallen ist, den Ministerin Kampmann gestern schon zitiert hat – das war eigentlich mein Lieblingssatz –:

„Man ist nicht Politiker, dass man die Welt beschreibt und sie katastrophal findet.“

Die Kanzlerin hat aber auch noch einen anderen erwähnenswerten Satz gesagt:

„Wir schaffen das, und wo uns etwas im Weg steht, muss es überwunden werden.“

Das finde ich auch; denn dadurch wird deutlich, dass die Aufgabe, mit der wir im Moment konfrontiert sind, groß ist. Wir sollten uns doch alle davor hüten, zu sagen, dass wir jetzt schon ganz genau wissen, was zu jedem Zeitpunkt an welcher Stelle zu tun ist. Dass wir das nicht können, sollten wir ehrlichweise einräumen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Landesregierung – Herr Kuper, das will ich noch einmal an Ihre Adresse gerichtet sagen – hat immer

offen gesagt: Wenn es Fehler gibt, dann räumen wir sie ein, und dann arbeiten wir daran, damit sie sich nicht wiederholen. – Das haben wir im administrativen Verfahren getan. Außerdem wird das, bezogen auf die Silvesternacht, parlamentarisch aufgearbeitet.

Ich wünsche mir und wir wünschen uns aber – deswegen bin ich auch für die Wendungen dankbar, die die Debattenbeiträge genommen haben –, dass wir uns doch in einem hoffentlich einig sind, und zwar darin, dass die Integration von Anfang an das Gebot der Stunde ist. Das haben alle Fraktionen deutlich gemacht. Das soll hier heute das Signal sein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)