Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

(Armin Laschet [CDU]: Das weiß auch jeder! – Zurufe von der SPD)

Wir wissen doch, wo die Probleme gelegen haben in der Silvesternacht. Die Kolleginnen und Kollegen der Polizei, die in der Silvesternacht vor Ort waren auf der Domplatte, in den Ringen um Köln haben einen hervorragenden Job im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemacht. Gerade den Polizisten

(Unruhe – Glocke)

ist es doch ungemein peinlich, dass sie nicht vor Ort helfen konnten. Das ist doch die Wahrheit, und das gehört zur Aufklärung mit dazu.

Richtig ist: Die Pauschalkritik, Herr Lürbke, die Sie heute Vormittag hier äußern, greift zu kurz. Es ist durchsichtig, was Sie hier machen, nicht nur vonseiten der FDP, sondern auch vonseiten der CDUFraktion. Das ist rein politisch motiviert und für Sie entlarvend. Das liegt doch völlig auf der Hand.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Richtig ist doch, dass die Straftaten in NordrheinWestfalen um 1,1 % angestiegen sind. Richtig ist auch, dass wir seit Jahren bei aufgeklärten Straftaten einen Prozentsatz haben von 49,68 % – annähernd gleich hoch, das ist konstant seit Jahren, auch unter Ihrer Regierungsverantwortung, Herr Laschet. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Ich finde es erfreulich – das hat der Minister eben angesprochen –, dass wir insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen haben. Das zeigt doch, dass die Präventionskonzepte wirken und dem Einhalt geboten wird.

(Beifall von Michael Hübner [SPD])

Klar ist auch, dass Handlungsbedarf besteht, gerade im Bereich der Wohnungseinbrüche. Das wird auch nicht in Abrede gestellt. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass jeder zweite Einbruchsdiebstahl im Versuch steckenbleibt. Das heißt, auch hier greift das Konzept, nämlich „Riegel vor!“

Herr Biesenbach, wenn Sie den Vergleich anstellen zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen, zwischen Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, dann wissen Sie doch genauso gut wie ich, dass dieser Vergleich hinkt. Das Ganze ist ein Problem der Großstädte und insbesondere der Städteregion. Schauen Sie sich das doch an, Herr Laschet.

(Armin Laschet [CDU]: Wir haben auch Groß- städte!)

Gucken Sie sich die Metropolregion Rhein-Ruhr an mit den schnellen Reisewegen und den idealen Tatstrukturnetzen, dem dichten Autobahnnetz! Nordrhein-Westfalen ist eine der fünf größten Metropolregionen Europas. Rund 40 % unserer Städte mit über 200.000 Einwohnern liegen in Nordrhein-Westfalen.

Nach unserer Auffassung reicht es nicht aus, nur mehr Polizei einzustellen, sondern man muss auch Präventionskonzepte machen wie „Riegel vor! Sicher ist sicherer“. Ich habe es angesprochen. Jeder zweite Einbruch bleibt im Versuch stecken. Ich halte das für richtig. Den Einbruchsradar hat der Minister jetzt vorgestellt. Ich finde es richtig, die Menschen aufzuklären und zu sensibilisieren. Wir müssen viel mehr auf unsere Nachbarn achten und sie schützen.

(Marc Lürbke [FDP]: Man sollte lieber die Poli- zeibehörden unterstützen!)

Maßnahmen gegen Taschendiebstahl sind angesprochen worden, aber auch die Präventionsmaßnahmen für unsere jugendlichen Intensivtäter, das Zusammenspiel zwischen Polizei, Justiz und Jugendamt. Ich will hier das Haus der Jugend in Köln, aber auch in Paderborn ansprechen. Beides wirkt, wie ich finde, ganz hervorragend.

(Marc Lürbke [FDP]: Davon gibt es nur zwei!)

Auch die Videobeobachtung haben Sie angerissen. Ja, das bauen wir weiter aus, Herr Laschet. Gerade

in Brennpunkten sind wir bereits in guten Gesprächen.

Mit dem Nachtragshaushalt beschließen wir das 15Punkte-Sicherheitsprogramm. Wir stärken die innere Sicherheit, wir stärken Polizei und Justiz. Und das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Sie reden, und wir handeln. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dahm. – Als nächster Redner spricht für die FDPFraktion Herr Lürbke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dahm, ich bleibe direkt bei Ihnen. Sie haben gerade gesagt, Sie würden handeln und wir würden nur reden. Das ist mitnichten so. Ich bleibe mal bei dem 15-Punkte-Plan. Er wurde hier angekündigt. Wir haben gesagt, vieles davon ist gut. Aber jetzt geht es doch genau darum, dass Sie das auch umsetzen. Bisher ist davon herzlich wenig umgesetzt. Nun ist die Frage, ob Sie das überhaupt so schnell umsetzen können.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Gucken Sie mal in den Nachtragshaushalt!)

Sie sagen, wir bringen 500 Polizeibeamte jetzt zusätzlich auf die Straße. Dann frage ich im Innenausschuss nach, und dann kann uns der Innenminister

(Zurufe von der SPD)

noch nicht einmal glaubhaft sagen, wie das denn überhaupt funktionieren soll – etwa mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Das ist an der Stelle dann auch nicht glaubhaft, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Da werden Sie auch dem Anspruch nicht gerecht.

Herr Dahm, Sie haben gesagt – und das ärgert mich wirklich ganz persönlich –, Sie hätten von uns keinen einzigen Vorschlag gehört. Da frage ich mich: Wo waren Sie denn die letzten Jahre im Innenausschuss?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir haben doch mehrfach Anträge in dieser Richtung gehabt. Wir haben ein sehr umfassendes Programm „Beute zurück“ – vielleicht erinnern Sie sich – in die parlamentarische Diskussion eingebracht. Wir haben mit den Sachverständigen darüber diskutiert.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ja, ich kann mich an die Anhörung erinnern!)

Die große Zahl der Sachverständigen hat gesagt: Das ist genau der richtige Weg.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das habe ich an- ders in Erinnerung!)

Ihr müsst die Beute, ihr müsst auch die Absatzwege austrocknen. – Passiert ist bis heute an dieser Stelle nichts.

Es geht aber auch darum, nicht nur die Absatzwege auszutrocknen, sondern auch die Infrastruktur. Ja, klar müssen wir auch die gute Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen im Blick haben. Deswegen fordern wir doch seit Jahren – ich habe es persönlich mehrfach im Innenausschuss auf die Tagesordnung setzen lassen –, dass wir entsprechend schlagkräftige Ermittlertrupps auch auf den Straßen, auch auf den Autobahnen haben, dass wir sie vor Ort haben.

Ich meine, das gehört doch alles zur Wahrheit dazu. Das muss man hier einmal sagen, Herr Minister.

(Beifall von der FDP)

Ich werfe Ihnen das wirklich vor. Sie rühmen sich für „MOTIV“, für „Mobile Täter im Visier“. Das Programm wäre auch gar nicht schlecht, wenn man es wirklich umsetzen würde. Aber ich werfe Ihnen vor, dass Sie nicht sicherstellen, dass solche vorhandenen Konzepte vor Ort in den Behörden auch umgesetzt werden können.

(Beifall von der FDP)

Wir haben das doch parlamentarisch abgefragt: Wie personalstark sind denn die Einsatztrupps der Autobahnpolizei? Ihre Antwort war: Sie haben kaum Personal. Wir haben nachgefragt, wie viele spezialisierte Ermittler Sachfahndungen nach Beute in NordrheinWestfalen betreiben. Kein Einziger, lautete Ihre Antwort. Wir haben nachgefragt, wie oft denn Schwerpunktkontrollen gegen Einbrüche in Nordrhein-Westfalen stattfinden. Da mussten Sie, Herr Minister, mir im Innenausschuss peinlich gestehen, dass selbst in Einbruchshochburgen wie Köln nur ein einziger Schwerpunkteinsatz gegen Einbrecher pro Halbjahr stattfindet.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: So ist das!)

So sieht nämlich die Realität aus, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Bleiben wir doch mal beim Realitätscheck, Herr Minister; ich glaube, das waren Ihre Worte.

(Minister Ralf Jäger: Ja!)

Ich meine, man kann sich Problemen wirklich nur dann stellen und sie lösen, wenn man sich dieser Probleme erst einmal auch bewusst wird, wenn man sie anerkennt. Wir haben heute oft gehört, Nordrhein-Westfalen sei ein sicheres Land. Es gibt sicherlich auch Erfolge in der Kriminalitätsstatistik; jemand hat die Jugendkriminalität angesprochen. Das ist sicher ein guter Erfolg.

(Minister Ralf Jäger: Und Gewaltdelikte, Kör- perverletzung!)

Aber die Wahrheit ist doch: In zentralen Kriminalitätsfeldern hinkt Nordrhein-Westfalen hinterher. Nehmen Sie die Rockerkriminalität. Unter Ihrer Amtszeit hat sich die Anzahl der Delikte verdreifacht. Nehmen Sie die Straftaten im Zusammenhang mit Salafisten. Unter Ihrer Amtszeit hat sich die Anzahl vervierfacht.

(Minister Ralf Jäger: Das ist Extremismus und nicht Kriminalität!)

Die Menschen haben Sorge. No-go-Areas und Familienclans sind in Nordrhein-Westfalen auf Expansionskurs. Auch das gehört hier zur Wahrheit hinzu.