Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Wir haben das am Wochenende erleben können – fast exemplarisch. Peter Biesenbach hat eben die Zeitungen zitiert, die um 16:11 Uhr Feierabend machen. Das war eine nette Bemerkung über den journalistischen Beruf. Die Zeitungen haben trotzdem

alle noch am nächsten Morgen titeln können. „Westfalenpost“: Offenbarungseid; „Rheinische Post“: Marketing-Gag; „Neue Rhein Zeitung“: Hilflos appelliert Minister Jäger an die Bürger; „WAZ“: Ohnmächtig gegen Banden; „Westfalen-Blatt“: Kein Konzept. – So wird das, was Sie vortragen, im Land wahrgenommen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Jetzt gibt es die Sendung „WESTPOL“ am Sonntagabend. Da wird die Wirklichkeit geschildert. Ich weiß; wenn man zugeschaltet wird, weiß man nicht immer, wie der Bericht vorher war. Die Ministerpräsidentin wurde nachher zugeschaltet und hat dann gesagt: Wir haben uns das Thema „innere Sicherheit“ vorgenommen; wir haben die richtigen Konzepte. – Weil das aus Berlin war, kann man ihr das in der Tat nicht vorwerfen. Aber der Bericht vorher hat genau das Gegenteil beschrieben: Die Aufklärungsquote ist schlecht. Die Wirklichkeit in Nordrhein-Westfalen ist trister als im Kölner „Tatort“.

Das SPD-Mitglied Fiedler, Vorsitzender des BDK, sagt: „Wir sind so überlastet wie noch nie“, und der Minister erklärt im Innenausschuss, es gebe höchstens situative Überlastungen von Polizeibeamten. – Was die Menschen draußen sagen und was Sie sagen, passt nicht mehr zusammen!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann sagt er weiter: Jetzt will er ein Einbruchsradar machen. Diese Botschaft ist unfassbar. Das geht so überhaupt nicht. Viele Kreispolizeibehörden haben erst aus der Zeitung erfahren, dass es ein Einbruchsradar geben soll. Hier stellt sich die Frage: Wie organisiert man eigentlich die innere Sicherheit in diesem Land?

(Jochen Ott [SPD]: Lächerlich!)

Hinzu kommt die Frage der Videoüberwachung. Wir haben jetzt Köln erlebt und danach einen 15-PunktePlan der Landesregierung bekommen. Das sind alles Dinge, die wir Ihnen schon seit Jahren gesagt haben, die man längst hätte machen können. So, jetzt kommt die Videoüberwachung,

(Britta Altenkamp [SPD]: Sie werden sich schon entscheiden müssen! Ist das jetzt gut oder schlecht?)

aber sie wird nicht auf kriminalitätsbegünstigende Faktoren ausgedehnt. Da gehen Sie nicht den Schritt, den andere Bundesländer gehen.

Wir haben die Frage der Bodycams. Die schwarzgrüne Landesregierung in Hessen setzt sie ein. Auch die Bundespolizei führt sie jetzt ein – mit Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion. Dann machen Sie doch das Gleiche wie Ihre Kollegen in Berlin!

(Beifall von der CDU)

Im Zusammenhang mit der Beschreibung des Innenministers kommt immer das Beispiel: Wir haben in Nordrhein-Westfalen doch so viele Städte. – Schaut man sich die Stadt-Statistik in den anderen Ländern an, sieht man, dass zum Beispiel in München, Nürnberg und Augsburg – alles Städte – die Kriminalität niedriger und die Aufklärungsquote höher ist.

Dann wird argumentiert: Wir haben hier ja Nachbarn; wir haben ja offene Grenzen. – Glauben Sie denn, die offene Grenze von Brandenburg zu Polen, die offene Grenze von Sachsen zu Tschechien und Polen oder die offene Grenze von Bayern zu Tschechien sei eine weniger gefährliche Grenze, was ost- und mitteleuropäische Banden angeht? Die Lage ist in vielem vergleichbar. Aber wir sind immer Schlusslicht. Und das muss sich ändern!

(Beifall von der CDU)

Die Aufklärungsquote bei Kfz-Diebstählen liegt in Bayern bei 80 %, im Bund bei 66 % und in NordrheinWestfalen bei 53 %. So können Sie das durch die ganze Statistik verfolgen.

Jetzt kommt meine letzte Bemerkung, weil die Redezeit gleich zu Ende ist.

(Zuruf von Thomas Stotko [SPD])

Was auch fehlt, Herr Stotko – und das erschüttert ebenfalls Vertrauen –, ist die Wertschätzung für die Polizeibeamten.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Minister Ralf Jäger – Thomas Stotko [SPD]: Sie loben doch gerade die bayerische Polizei, aber nicht die NRW-Polizei!)

2012 hat die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung eine Woche des Respekts angekündigt.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Die wird auch kommen! Machen Sie sich keine Sor- gen!)

Die wird auch kommen, rufen Sie, Frau Kraft. Sie haben das 2012 angekündigt. 2012 ist es nicht gekommen; 2013 ist es nicht gekommen; 2014 ist es nicht gekommen; 2015 ist es nicht gekommen. Jetzt kündigen Sie es wieder an. Wir hoffen, dass Sie nicht nur reden, sondern dass es 2016 endlich mal kommt!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vier Jahre ist nichts gekommen. Jetzt kann es sein, dass man das nun mal macht. Dann haben Sie uns auch an Ihrer Seite.

Aber Polizeibeamte brauchen grundsätzlich die Rückendeckung ihres Ministers. Sie bewegen sich immer weiter weg. Sie fühlen sich immer mehr verlassen.

Wenn in Ihrem Koalitionsvertrag das Hauptproblem die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte ist und eben nicht die Rückendeckung, dann wissen Sie nicht, wie man in diesen schweren Zeiten Rückendeckung gibt, wie man Respekt erzeugt und wie man die Kriminalität bekämpft. Diese grundfalsche Wahrnehmung, die Sie da haben, ist einer der Gründe dafür, dass die Stimmung in der Polizei so schlecht ist, wie sie ist.

Ich werde heute Nachmittag wieder 16 Polizeikommissare aus Aachen empfangen und ahne jetzt schon, was sie mir schildern werden. Das ist die Lage überall im Land.

Wir fordern Sie auf: Machen Sie einen Kurswechsel – nicht nur mit 15 Punkten, sondern in Richtung der Bekämpfung, damit wir von Platz 16 unter den deutschen Ländern wegkommen. Das ist unser Ziel.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Laschet. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Dahm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu einigen Punkten etwas sagen, die hier angesprochen worden sind, insbesondere von Herrn Lürbke.

Wenn Sie hier ausführen, in Nordrhein-Westfalen sei der polizeiliche Notstand eingetreten; die Sicherheit sei in Nordrhein-Westfalen in Gefahr; die Menschen seien verunsichert, dann sage ich Ihnen: Mit den Ängsten und Sorgen der Menschen in NordrheinWestfalen spielt man nicht. Das machen wir nicht mit. Das lassen wir nicht gelten.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Was mir Angst bereitet, ist, wenn die FDP sich zum Fürsprecher der Gewerkschaften macht und sich hier als Wortführer des BDK, des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, aufspielt, Herr Lürbke.

(Beifall von der SPD)

Das macht mir große Sorgen.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Was für Klischee- vorstellungen haben Sie denn?)

Wenn Sie ansprechen, Herr Lürbke – auch das will ich hier anführen –, dass mit Ihren Konzepten mehr Einbrüche aufgeklärt werden könnten: Ich habe hier kein Wort davon gehört, welche Konzepte Sie haben. Ich habe von Ihnen bisher kein Wort im Innenaus

schuss dazu gehört, welche Konzepte zu mehr Aufklärungsquoten bei Einbrüchen geführt hätten, Herr Lürbke. Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Machen Sie doch einen Vorschlag, wie die Polizei optimaler, effektiver und effizienter aufgestellt werden kann! Dazu haben wir von Ihnen bisher gar nichts gehört. Das gehört auch zur Wahrheit dazu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben den Polizei-Expertenbericht vorliegen. Sie haben kürzlich gesagt: Setzen Sie es um! Von Ihnen ist bisher kein einziger Vorschlag gekommen, der für Sie in Betracht kommt.

Lassen Sie mich einen Satz sagen zu Herrn Laschet. Bei Ihnen und in der CDU-Fraktion muss die Not ja sehr, sehr groß sein, Herr Laschet, wenn bei Ihnen der Fraktionsvorsitzende schon in die Bütt geht.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Herr Laschet, ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich finde es unerträglich, wenn Sie den Vergleich mit Bayern an dieser Stelle heute Morgen anstellen, insbesondere die Vergleiche zur Silvesternacht, und wenn Sie dann noch sagen, wir sollten die Wertschätzung gegenüber unseren Polizisten deutlich machen. Das, was Sie heute Morgen dargestellt haben, ist eine Ohrfeige für unsere Polizei in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Herr Laschet, ich finde es unerträglich, wenn Sie sich hier an das Rednerpult stellen und sagen, die Polizei in Bayern hätte es besser gemacht. Denen wäre das nicht passiert.

(Armin Laschet [CDU]: Das weiß auch jeder! – Zurufe von der SPD)