Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Das ist erst Ende Februar dieses Jahres vom EUParlament beschlossen worden, wenn auch relativ knapp. Der Beschluss ist gefasst; das heißt, der Ministerrat ist nicht aufgefordert worden, diese Schadstoffgrenzen deutlich abzusenken. Das ist leider auch wieder von der Großen Koalition, der Bundeskanzlerin und dem Verkehrsminister unterstützt worden.

Somit zeigt sich: Da werden überhaupt keine Konsequenzen aus dem VW-Skandal und aus den anderen Skandalen der deutschen Automobilindustrie gezogen. Schließlich wurde längst nachgewiesen, dass nicht nur VW bei den Abgaswerten von Diesel-Pkw geschummelt hat, sondern auch viele andere Autokonzerne. BMW, Mercedes und auch andere haben ihre Modellklassen ebenfalls entsprechend manipuliert.

Der Schluss, den die Bundesregierung zieht, besteht darin, keinen Schluss daraus zu ziehen. Es gibt keine entsprechende Verschärfung, es gibt keine Gesetzesänderung. Die Aufklärung ist entsprechend sehr nachlässig. Das wird für die Luftbelastung in den Innenstädten leider keine Verbesserung bedeuten.

Der Antrag ist aus unserer Sicht eine gute Grundlage, eine Diskussion im Ausschuss zu führen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat vieles auf den Weg gebracht.

Ich weiß, dass die Redezeit abgelaufen ist. Mein letzter Satz daher: Es gibt ein Programm der Landesregierung zur Förderung von E-Bussen. In Köln sind die ersten acht vom Land geförderten Elektrobusse gerade vor vier Wochen vorgestellt worden. Das, was die Piraten hier im Antrag fordern, ist längst in einem Förderprogramm berücksichtigt. Man könnte da sicherlich noch mehr tun. Aber auf jeden Fall sind hier die Weichen in Richtung Zukunftsmobilität gestellt. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auch wenn es fünf Sätze waren, lieber Herr Klocke, herzlichen Dank. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Hafke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Elektromobilität ist ein spannendes, innovatives Thema, das

uns in Zukunft beschäftigen wird und mit dem wir uns auch heute schon beschäftigen. So jedoch, wie die Piraten das Thema angehen, ist das populistisch aufgezogen, bewegt sich nah an einer extremen Schmerzgrenze. Das wird meiner Meinung nach dem Thema nicht gerecht.

Das möchte ich Ihnen erklären und erläutern. Wenn Sie hier einfach 15.000 Tote mit den Schadstoffen aus Verbrennungsmotoren in Verbindung bringen, halte ich das für einen extrem populistischen Ansatz.

Ein weiterer Punkt, den ich absolut perfide finde, ist, wenn Sie die Luftverschmutzung in einen Zusammenhang mit Terrorismustoten bringen. Sie vergleichen das ja auch; Sie schreiben im Antrag: Allein in Nordrhein-Westfalen sterben Jahr für Jahr mehr Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung, als weltweit Opfer von Terroranschlägen werden. – Ich finde Ihre Formulierung absolut unverschämt, vor allem, wenn sie mit einem solchen Thema in Verbindung gebracht wird.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das Thema „Feinstaub“ ist sicherlich ein ganz zentrales Thema unserer Zeit, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Aber Sie müssen doch auch ein bisschen die Fakten zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von den PIRATEN: Die Fakten sind auch ekelig!)

Noch nie war die Luft so sauber wie in der heutigen Zeit. Das sind einfach Fakten, die man so zur Kenntnis nehmen muss. Die Lebenserwartung in unserem Land steigt jedes Jahr an.

(Zuruf von den PIRATEN: Ihr historisches Ge- dächtnis kommt aber auch über 200 Jahre nicht hinaus!)

In Mecklenburg-Vorpommern – hören Sie mal zu! – gibt es die sauberste Luft überhaupt. Trotzdem ist für die Männer die Lebenserwartung so gering wie in keinem anderen Bundesland.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Sie wissen auch, woran das liegt!)

Es gibt keinen ursächlichen Zusammenhang. Die Grünen echauffieren sich immer so. Wenn Sie aber die Luftverschmutzung verhindern wollen, dann müssten Sie mal in ganz anderen Bereichen anfangen. Wenn Sie über Feinstaub sprechen, müssten wir doch mal auch über Raucher reden.

(Lachen von den PIRATEN)

Wollen Sie das Rauchen jetzt noch komplett verbieten? Rauchen verursacht eine extrem hohe Feinstaubbelastung. Jeder, der zu Hause einen offenen Kamin hat, wird durch Feinstaub belastet. Was wollen Sie mit denen machen?

Ihr Kollege hat es gerade angesprochen: Jeder hier hat einen Drucker in seinem Büro. Wollen Sie die in Zukunft auch verbieten, um die Luftverschmutzung zu reduzieren? Und was machen Sie mit den Menschen, die an einer Straße wohnen, auf der Elektrofahrzeuge fahren? Denn der Abrieb von Reifen und Bremsen verursacht ebenfalls Feinstaub.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass Sie das Thema vollkommen falsch angehen. Wenn man es mit der Elektromobilität ernst meint und das Ganze nach vorne bringen möchte – was ich grundsätzlich für richtig erachte, weil es eines der wichtigen Zukunftsthemen ist –, dann sollte man etwas an der Infrastruktur in unserem Land tun. Da hätten Sie die Landesregierung kritisieren können.

(Zuruf von den PIRATEN: Haben wir im vor- letzten Jahr gemacht!)

Bislang gibt es kein vernünftiges Programm, eine flächendeckende Infrastruktur für Elektromobilität zu schaffen. Bislang stehen den E-Autos nur private Einfamilienhäuser oder Garagen zur Verfügung. Es gibt zum Beispiel keine flächendeckende Infrastruktur von öffentlichen Stromanschlüssen.

Die Forschung wird nicht in der Form weiter vorangebracht, wie es gemacht werden müsste. Sie bringen keine Änderung der Bauordnung auf den Weg, damit zum Beispiel bei jedem neuen Bauvorhaben auch Parkplätze für Elektrofahrzeuge Pflicht werden.

Wir können über Steuervorteile oder über eine vernünftige Aufklärung sprechen, damit Bürgerinnen und Bürger wissen, wo Elektromobilität heutzutage schon funktionieren kann. Das wären Kritikpunkte, die Sie hier hätten anführen können – das haben Sie allerdings nicht gemacht.

Dann haben Sie in Ihrem Antrag das Thema „ÖPNV“ angesprochen. Außer den allgemeinen Punkten, die Sie dort angeführt haben, haben Sie meines Erachtens nichts weiter dazu gesagt. Ich komme aus der Stadt Wuppertal mit einer extrem anspruchsvollen Topografie. Da können Sie nicht mal eben so beispielsweise Elektrobusse einsetzen.

(Oliver Bayer [PIRATEN]: Aber Elektroseil- bahnen!)

Sie müssen Wahlfreiheit ermöglichen und können das Ganze nicht als Pflicht verordnen.

Ich halte deswegen Folgendes für ganz zentral und wichtig: Wenn man es mit der Elektromobilität ernst meint, sollte man sie nicht mit dem Thema „Gesundheit“ verknüpfen, sondern damit, dass wir uns in Zukunft emissionsfrei bewegen möchten, dass wir neue Mobilität erkunden und umsetzen wollen, dass wir innovative und umweltfreundliche Antriebsarten auf den Weg bringen wollen. Sie dürfen nicht mit der Angst der Menschen im Zusammenhang mit dem Thema „Gesundheit“ spielen.

Meine lieben Kollegen von den Piraten, fassen Sie sich bitte einmal selber an die eigene Nase. Wenn ich nachher in die Tiefgarage gehe, sehe ich wieder die Wagen der Piraten: Audi TT und Ford Mustang. Das sind die Fahrzeuge, die die Piraten fahren. Angesichts dessen muss man hier im Parlament nicht großartig solche Anträge stellen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Christof Rasche [FDP]: Wasser predigen und Wein trinken!)

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hafke, mit der Nase, an die man sich fassen sollte, ist das so eine Sache.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist ja durchaus berechtigt, Kritik an der Wortwahl des Piratenantrages zu üben, wenn es um den Vergleich mit den Terrortoten geht. Das ist zurückzuweisen, gar keine Frage. Aber von Ihrer Seite zu leugnen, dass es überhaupt ein Problem gibt, das ist schon Irrläufertum hoch zehn!

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Da habe ich den Eindruck, dass in der Problembeschreibung sowohl die christdemokratische Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion, die Piraten und die Grünen die Problemlage zumindest klar benennen. Dieses Problem ist mittlerweile auch bestätigt durch die Weltgesundheitsorganisation und durch andere Untersuchungen, die von einem Verlust von Lebenserwartung sprechen.

Wenn man Vergleichswerte zwischen stark belasten Regionen auch in Nordrhein-Westfalen erhebt – diese Versuche sind gemacht worden – ist die Lebenserwartung und die Erwartung, krank zu werden, im Ruhrgebiet höher als beispielsweise im Kreis Borken, und das signifikant. Das ist nachweisbar. Insofern haben wir ein Gesundheitsproblem, das mit Luftschadstoffen zusammenhängt.

Herr Moritz, wir sollten die Analyse nicht auf Feinstaub beschränken. Beim Feinstaub haben wir in der Tat in den letzten Jahren Erfolge erzielt. Sind noch mehr Erfolge notwendig? Sie haben zu Recht gerade die Binnenschifffahrt in Nordrhein-Westfalen angesprochen, die in Köln und in Düsseldorf eine bedeutende Rolle spielt.

Zurzeit haben wir es vor allem mit Stickoxiden zu tun. Die sind nun eindeutig der Mobilität und dem Verkehr zuzuordnen.

Ich will die Problemlage auch insofern umfassend darstellen, als es mittlerweile Gerichtsurteile gibt, zuletzt von der Deutschen Umwelthilfe in Wiesbaden erstritten, die die öffentlichen Behörden aufgrund des individuellen Rechts auf Gesundheitsschutz mit einer Auflage belegen, bestimmte Handlungen gerichtsvollziehbar durchzuführen.

Unter diesem Druck, konkret für den individuellen Gesundheitsschutz der Menschen zu sorgen, stehen nicht nur die Umweltbehörden in Nordrhein-Westfalen. Das wird uns im Vollzug – so prophezeie ich – in den nächsten Wochen und Monaten erhebliche Probleme bereiten, weil wir die Maßnahmen, die von den Gerichten gefordert sind, so gar nicht werden umsetzen können.

Deshalb ist politischer Handlungsbedarf dringend geboten. Wir müssen insbesondere auf Bundesebene zu klaren Rahmenbedingungen kommen.

Das, was wir auf der Landesebene tun können, haben wir gemacht:

Wir haben 33 Luftreinhaltepläne auf den Weg gebracht. In 26 Städten wurden Umweltzonen eingerichtet. Dort geht die Feinstaubbelastung nachweisbar zurück.

Wir haben den Masterplan „Umwelt und Gesundheit“ verabschiedet.

Wir sind in Sachen Förderung der Nahmobilität unterwegs. 60 % emissionsfreier Verkehr – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – sollen befördert werden. Der Klimaschutzplan enthält entsprechende Maßnahmen. Wir haben in den letzten Jahren mehr als 100 Millionen € in die Förderung der Elektromobilität und in Leitmarktwettbewerbe investiert, insbesondere mit dem Ziel, emissionsfreie Innenstädte auf den Weg zu bringen.

Das alles ist richtig, genauso wie die Unterstützung alternativer Antriebstechnologien im ÖPNV.

Aber wir müssen uns zum Ersten darüber unterhalten: Wie reagieren wir auf die Notwendigkeit der jetzt durch Gerichte angemahnten Handlungsschritte und das, was die EU mit Vertragsverletzungsverfahren von uns fordert? – Das ist kurzfristig nötig.