Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Menschen in NordrheinWestfalen – gerade die im ländlichen Raum – sind in tiefer Sorge. Das liegt daran, dass Sie Bauernfamilien, die ihr Land seit Jahrhunderten traditionell bewirtschaften, mit stetem und offenem Misstrauen begegnen.
Das Schüren dieses Misstrauens führt zu traurigen Zuständen. Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen: Viele Verbraucher greifen inzwischen lieber zu einer fragwürdig und umweltschädlich hergestellten angeblichen Biokartoffel aus Ägypten statt zu einer traditionell angepflanzten deutschen Kartoffel
Die Bauern in NRW bleiben auf diesen Kartoffeln sitzen, weil Sie die Verbraucher verunsichert haben.
Damit noch nicht genug! Nach Ihren Äußerungen auf dem Fachkongress der Grünen zur Zukunft der Tierhaltung in Münster bangen Hunderte von Familien im Münsterland um ihre Existenz. Dort haben Sie, Herr Remmel, nämlich gesagt, dass Sie Ihnen vorliegende 120 Bauanträge für Mastställe von Familienbetrieben im Münsterland am liebsten ablehnen würden. – So können Sie doch nicht mit diesen Familien umgehen!
Sie wollen den Menschen in Nordrhein-Westfalen weismachen, dass hier 120 Mastbetriebe entstehen sollen. In Wahrheit handelt es sich oft nur um Erweiterungen oder Ersatzneubauten, die nur dem einen Zweck dienen, das Familieneinkommen zu sichern. Weil Sie den Landwirten mit Misstrauen begegnen, misstrauen die Landwirte auch Ihnen.
In Wirklichkeit ist die oft angeprangerte Flut von Anträgen vor allem der Unsicherheit geschuldet, weil niemand weiß, was er in zwei oder drei Jahren noch genehmigt bekommt. Daher wird jetzt vorsorglich schon einmal ein Antrag gestellt.
Und als ob das nicht schon ausreicht, wollen Sie jetzt mit dem Verbandsklagerecht das Chaos perfekt machen. Die ohnehin zutiefst verunsicherten Landwirte müssen dann jederzeit damit rechnen, dass ihr Betrieb zur Zielscheibe ideologisch aufgeladener Feldzüge gegen die Tierhaltung in Nordrhein-Westfalen wird.
Ich glaube, dass es um dieses Thema in der Öffentlichkeit nur deshalb so ruhig ist, weil viele Menschen noch gar nicht verstanden haben, was ein Verbandsklagerecht für die Landwirtschaft bedeutet. Gehen Sie doch mal raus zu den Bauern, Herr Remmel, und stellen Sie das Verbandsklagerecht dort in aller Breite vor. Dann werden Sie erleben, was die Menschen im ländlichen Raum davon halten.
Zudem wird das Verbandsklagerecht den Tierschutz nicht fördern, sondern blockieren. Es ist davon ausgehen, dass dringend notwendige Investitionen in tiergerechtere Anlagen aus Angst vor Klagen ausbleiben werden. Auch die Banken werden häufiger zögern, Landwirten Kredite zu gewähren, wenn die Investition auf so wackligen Füßen steht.
Diese ideologisierte Politik zieht weitere Kreise. Ein weiterer Personenkreis, den Sie zutiefst verunsichert haben, sind die Jägerinnen und Jäger in Nordrhein-Westfalen. Diesen haben Sie bei der von Ihnen angekündigten und im Übrigen völlig unnötigen Reform des Jagdrechts einen Dialog auf Augenhöhe zugesichert. Tatsächlich aber wirken Sie bislang so, als seien Sie manchen Tierschutzverbänden, die wie der Deutsche Tierschutzverband jüngst eine Abschaffung der Gottesdienste für Jäger fordern, näher. Denn in den Hubertusmessen erhielten Jäger den kirchlichen Segen für das Töten von Millionen Wildtieren, kritisierte der Verband.
Jäger erfüllen einen wichtigen gesellschaftlichen und gesetzlichen Auftrag. Jährlich werden so Millionen ehrenamtliche Stunden zum Erhalt der Natur und der Tierwelt und zum Schutz der Menschen vor Wildunfällen geleistet. Dass Jäger für diese Arbeit den Segen der Kirche erhalten, ist richtig.
Begegnen Sie der Jägerschaft mit Respekt vor ihren Leistungen für den Naturschutz. Ich erinnere gerne an die Feldlerchen-Projekte, den Rebhuhnschutz oder die Wildhecken. Ferner sind die rollenden Waldschulen in Nordrhein-Westfalen ein leuchtendes Beispiel für die Umweltarbeit der Jägerschaft.
Zudem sollte an dieser Stelle auch einmal erwähnt worden, dass Greenpeace das von Jägern in Nordrhein-Westfalen erlegte Wildfleisch als bio, regional und klimaneutral anpreist und den Kauf und Verzehr von Wild empfiehlt, und zwar Niederwild und Hochwald einschließlich Fasanen, Hasen und Kaninchen. Greenpeace hat es verstanden.
Die FDP steht für einen starken ländlichen Raum. Wir ziehen mit den Landwirten, den Waldbauern und den Jägern an einem Strang. Und lassen Sie, Herr Remmel, den Menschen – ob Landwirt oder Jäger – ihre Freiheit – die Freiheit, selbstverantwortlich zu handeln, und hören Sie mit der Bevormundung auf. Weidmannsdank!
Vielen Dank, Herr Kollege Busen. – Der nächste Redner ist der Kollege Markert für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das war ja ein bemerkenswert eindimensionaler Einstieg, Frau Kollegin Schulze Föcking und geschätzter Kollege Busen. Weidmannsheil!
Man könnte fast meinen, wir reden hier heute nicht über Umweltpolitik, Verbraucherpolitik und Klimaschutzpolitik, sondern wir reden nur noch über Landwirtschaftspolitik, und aufgrund der Art und Weise, wie Sie beide das hier an den Anfang gestellt haben, merkt man auch, wie Ihre Umweltpolitik in der Vergangenheit aussah, wie sie jetzt aussieht und wie sie in der Zukunft aussehen wird und dass sich da offensichtlich nicht viel ändern soll. Das ist in Ihren Augen wahrscheinlich konservativ.
Dass ausgerechnet Sie, Frau Schulze Föcking, unserem Minister Remmel Klientelpolitik vorwerfen, ist ziemlich selbstvergessen. Denn wir wollen einmal daran denken, wie Sie Umweltpolitik zu Zeiten von Eckhard Uhlenberg verstanden haben.
Ich finde es übrigens auch ziemlich daneben, hier Berufserfahrung zum Maßstab zu machen. Denn nach meiner Erinnerung war auch der liebe Herr Uhlenberg nicht in einer Umweltverwaltung tätig, bevor er Umweltminister wurde. Jetzt Herrn Remmel vorzuwerfen, dass er nicht selber auf einem Hof geackert hat, zieht insofern nicht. Er hatte zwar nicht die Gnade, einen Hof zu erben, aber trotzdem kann er jetzt gute Landwirtschaftspolitik machen. Aber dazu wird der Kollege Rüße gleich noch etwas sagen.
Ich will am Anfang auch daran erinnern: Als wir hier in Nordrhein-Westfalen, Frau Schulze Föcking und Herr Busen, die Regierung übernommen haben – zunächst als Minderheitsregierung –, haben wir in Teilen eine nicht mehr funktionsfähige Umweltverwaltung und Umweltaufsicht vorgefunden. Das haben wir geändert, darauf werden wir weiter achten, und darauf sind wir auch stolz. Das erklärt zum Teil auch, warum die Haushaltsmittel bei uns angehoben werden mussten. Denn Sie haben die Umweltverwaltung – siehe Envio in Dortmund – kaputtgespart.
nien der Politik, und in der Umweltpolitik ist eine große Leitlinie unsere Umweltwirtschaftsstrategie, die unser Umweltminister auch zu Recht als zentrales Vorhaben benannt hat. Was heißt das eigentlich genau? – Erlauben Sie mir, das etwas substanzieller auszuführen.
Konservative wie Sie betonen in der Regel den Umweltschutz. Damit meinen Sie landläufig, es gelte, die Umwelt nachgelagert vor den Folgen unserer wirtschaftlichen Tätigkeit zu schützen. Sie stellen sich Arbeitsteilung also wie folgt vor: Die einen produzieren und machen kaputt, und die anderen kommen her und reparieren.
Ökonomie und Ökologie im nachhaltigen Sinne sind in diesem Denken nicht vorhanden, sondern sie sind bei Ihnen systemisch immer noch getrennt, und dies ist falsch – genauso falsch, wie es war, dass Herr Laschet im Spätsommer erneut den medialen Versuch unternommen hat, einen Gegensatz zwischen aktiver Umweltpolitik und Arbeitsplätzen zu erzeugen.
Wir vertreten in unserer Umweltwirtschaftsstrategie hingegen eine explizit politische Ökologie. Das heißt für uns: Die ökonomische Produktion und die ökologische Reproduktion unserer natürlichen Lebensgrundlagen bilden einen Zusammenhang. Deswegen argumentieren wir thematisch auch nicht so eindimensional wie Sie, Frau Schulze Föcking. So denken wir, so handeln wir, und dafür sind wir Grünen da. Darin unterscheiden wir uns sehr deutlich von Ihnen als den Konservativen.
Das ökologische Überleben ist die Basis für ökonomisches Leben. Wie in keinem anderen Politikbereich bedeutet falsches Handeln oder gar Nichthandeln in der Ökologie, dass die Folgen unumstößlich eintreten werden. Wir sehen es gerade bei den globalen Zerstörungen, im Bereich der Biodiversität oder beim Klimawandel. Die Natur lässt sich nicht betrügen. Deshalb müssen wir auf sie hören lernen – wir alle zusammen. Das ist eine Jahrhundertaufgabe, meine Damen und Herren.