Protokoll der Sitzung vom 07.11.2012

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Das tun Sie doch die ganze Zeit!)

auszuspielen, sondern es geht darum, den unterschiedlichen Situationen gerecht zu werden. Das haben wir getan. Gegenüber den entsprechenden Zuweisungen im GFG 2011 sind 2012 die Schlüsselzuweisungen um etwa 500 Millionen € angehoben worden. Im Jahre 2013 – der Entwurf wird bald kommen – wird es eine weitere Anhebung um 300 Millionen € geben.

Wenn ich mir einmal die Zahlen ansehe, die Kennzeichen der schwarz-gelben Landesregierung der Jahre 2005 bis 2010 gewesen sind, haben wir gegenüber der schwarz-gelben Landesregierung die Schlüsselzuweisungen im Schnitt um etwa 1,5 Milliarden € angehoben: von 6,89 Milliarden € im Jahresmittel der schwarz-gelben Regierungszeit auf etwa 8,5 Milliarden € zum heutigen Zeitpunkt. So sieht der Fünf-Jahres-Vergleich Schwarz-Gelb gegenüber den jetzigen vier Jahren Rot-Grün unter Einbeziehung des Haushaltsjahres 2013 aus. Das sollten Sie anerkennen.

Stattdessen – das ist gerade von Herrn Körfges zu Recht gesagt worden – haben wir von Ihnen folgende Politik erlebt: einen Raubzug durch die kommunalen Kassen zur Gesundung des Landeshaushalts, eine Verdoppelung der kommunalen Umlagezahlungen beispielsweise im Bereich der Krankenhauspauschalen, eine Erhöhung der Spielbankabgaben, ein Verschieben von Lasten, die bisher vom Land getragen worden sind, zulasten der Gebietskörperschaften, ohne dass ein entsprechender Finanzausgleich hergestellt worden ist.

Dies ist auch durch eine einschlägige Rechtsprechung zu Recht kritisiert worden. Wir haben dies aufgegriffen, wohl wissend, dass mit den Landesfinanzen alleine den kommunalen Nöten nicht Rechnung zu tragen ist. Da sind Sie als CDU und FDP gefordert, die Verwerfungen im Sozialbereich auszugleichen. Erste Schritte sind gemacht worden; das will ich gar nicht in Abrede stellen. Weitere

Schritte sind notwendig, zum Beispiel im Bereich der Eingliederungshilfen. Es wird von der kommunalen Familie nicht ohne Grund verlangt, dass in der Größenordnung von 4 Milliarden € entsprechende Entlastungen vorzunehmen sind.

Da müssen wir hin. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dafür einsetz en, statt, wie am Wochenende geschehen, entsprechende Gelder für ein Betreuungsgeld freizumachen, das niemand braucht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Krüger. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Stein.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne und liebe Menschen im Stream! Wir Piraten fordern – das ist bekannt – eine Anhebung des Verbundsatzes um 1 %. Warum tun wir das?

Einerseits gibt es die entsprechenden Aussagen der Vertreter der Spitzenverbände, die deutlich gemacht haben, dass die kommunale Lage finanziell äußerst angespannt ist und die Mittel notwendig sind. Zum anderen gibt es erste wissenschaftliche Untersuchungen. Erwähnt sei zum Beispiel die BenchmarkAnalyse von PricewaterhouseCoopers. Auch Ernst & Young hat jetzt eine Pressemitteilung herausgegeben, in der deutlich geworden ist, dass jede dritte NRW-Kommune, wenn ich es recht in Erinnerung habe, aus eigener Kraft nicht mehr aus der Schuldenspirale herauskommen kann.

Uns wird vorgeworfen, wir würden eine verantwortungslose Haushaltspolitik fahren, wenn wir diese 370 Millionen € fordern, die die Erhöhung der Verbundquote um 1 % widerspiegeln. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, hierzu Stellung zu nehmen.

Es ist in der Tat so, dass der Finanzminister im HFA des Öfteren erwähnt hat – genauso wie er es in der Pressemitteilung des Finanzministeriums Ende Oktober getan hat –, dass dieses Jahr durch Sondereffekte, nämlich über den Länderfinanzausgleich, Mehreinnahmen in Höhe von 600 Millionen € zu erwarten sind.

Wenn wir das ins Kalkül einbeziehen, müssen wir doch feststellen, dass wir unsere Forderung auch heute schon umsetzen könnten, ohne die Neuverschuldung anzuheben. Der Vorwurf – das muss ich leider sagen – ist also wirklich absurd. Insofern bitte ich – auch im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit –, über die Verbundquote zu agieren.

Natürlich sind wir auch froh, dass im Rahmen des Stärkungspaktes die notleidenden Kommunen Geld bekommen – gar keine Frage. Allerdings passiert doch Folgendes: Die Kommunen, die aus dem

Stärkungspakt Geld erhalten, sind doch angehalten, die Grundsteuer B zu erhöhen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Mieten steigen werden und die Eigenheimbesitzer mehr Abgaben zahlen werden. Das heißt, die Konsolidierung findet auf dem Rücken der Menschen statt. Die jahrelange Misswirtschaft, die wir nicht wegreden können – da können wir uns hier in stundenlangen Vorwürfen verzetteln –, hat es nun mal gegeben. Hier sind wir der Meinung, dass die Verbundquote im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit die bessere Alternative wäre.

Dass wir jetzt eine günstige konjunkturelle Lage haben, ist einfach Fakt. Dass wir dieses Jahr den Sondereffekt haben, ist Fakt. Deswegen lassen sich unsere Forderungen auch umsetzen. Ich bitte, einfach einmal die Scheuklappen abzusetzen. Ich habe auch manchmal im Ausschuss für Kommunalpolitik oder im HFA das Gefühl gehabt, dass nur aus Sicht der Landespolitik argumentiert wird. Wir müssen doch einen ganzheitlichen Ansatz wählen.

Wir müssen doch schauen, dass es Kommunalfinanzen gibt. Wenn wir das Geld den Kommunen nicht zur Verfügung stellen, werden die Kommunen diese Kredite in irgendeiner Form aufnehmen – natürlich zu schlechteren Konditionen als das Land. Wenn wir den Fiskalpakt hinzuziehen – da wird es natürlich irgendwann sehr komplex –, müssen wir feststellen, dass die Schulden der Kommunen dem Land zugerechnet werden. Insofern spielt es gar keine Rolle, wenn das Geld aufgenommen werden muss, ob es nun in den Kommunen oder im Land aufgenommen wird, zumal das dieses Jahr auch verfassungskonform möglich wäre.

Wenn wir eine nachhaltige strukturelle Finanzierung erreichen wollen, können wir momentan, weil wir auf Landesebene keine Stellschrauben haben, nur in Richtung Bund schielen. Hier müssen wir einerseits die Umsetzung der Konnexität fordern. In der Benchmark-Analyse wurde ja deutlich, dass gerade die Sozialausgaben für die NRW-Kommunen die erdrückende Last sind. Da muss der Bund tätig werden; denn er bestellt, und wenn er bestellt, soll er auch zahlen. Wir können nur versuchen, mit unseren verhältnismäßig geringen Mitteln dort Einfluss zu nehmen.

Wenn das nicht ausreicht, wenn der Bund nicht genügend finanzielle Mittel hat, müssen wir in Richtung Bund auch das Signal aussenden, dass man dann über eine Einführung der Vermögensteuer nachdenken muss. Vielleicht muss man auch über eine moderate Erhöhung der Körperschaftsteuer reden dürfen. Diese Szenarien können wir aber erst bewerten, wenn wir in Bezug auf den Bund genauere Daten und Analysen haben, welche Belastungen der Kommunen wirklich übernommen werden sollen.

Die konjunkturelle Lage ist auf jeden Fall günstig. Ich will hier noch einmal betonen, dass wir, wenn wir hier eine ganzheitliche Betrachtung wählen,

nicht etwa verantwortungslose Haushaltspolitik fordern; denn die Finanzierung wäre dieses Jahr über den Sondereffekt möglich. Ich weiß, dass Sie das nicht wollen; dieses Signal haben wir auch verstanden.

In einem weiteren Schritt muss dann natürlich im Sinne der Nachhaltigkeit, weil wir vom Land aus keine Stellschrauben auf der Einnahmeseite drehen können, die Forderung in Richtung Bund gerichtet werden. – Danke sehr.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stein. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will damit beginnen, ein Angebot zu wiederholen. Das Angebot lautet: Die Mitarbeiter meines Hauses und zur Not auch ich persönlich stehen jedem Abgeordneten dieses Landtags zur Verfügung, um das Mittel der Berechnung der Regressionsanalyse zu erklären.

(Beifall von der SPD)

Jedem – auch Ihnen, Herr Schemmer! Wenn Sie wollen, tun wir das jeden Tag, bis Sie verinnerlicht haben, dass Fragen, wie Sie sie hier gestellt haben, in der Tat mit der Grundlage des GFG, wie es in Nordrhein-Westfalen wirkt, überhaupt nichts zu tun haben.

Ich will mit der Feststellung beginnen, meine Damen und Herren, dass diese Landesregierung ein verlässlicher und zuverlässiger Partner aller 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist, egal welcher Art, ob klein oder groß. Wir begegnen diesen Kommunen auf Augenhöhe und nehmen ihre Sorgen und Probleme ernst. Das unterscheidet uns maßgeblich von der Vorgänger-Landesregierung.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Zum Zweiten stelle ich fest: Wir handeln. Wir haben im GFG 2010, im GFG 2011 und auch im vorliegenden GFG 2012 das aufgehoben und beseitigt, was Sie gemacht haben. Sie haben nämlich nichts anderes getan, als mit klebrigem Finger in die kommunalen Kassen zu greifen, um den eigenen Haushalt zu sanieren.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben die von Ihnen durchgeführten Befrachtungen von alleine 300 Millionen € jährlich beseitigt. Es ist schon ein starkes Stück, Herr Kuper, wenn ich einmal diese Formulierung aufgreifen darf, dass diejenigen, die zu verantworten haben, dass sich die Kassenkredite in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2005 bis 2010 mehr als verdoppelt haben

und auf über 20 Milliarden € gestiegen sind, offensichtlich nicht mehr wissen, was sie in dieser Zeit getan haben. Das ist offensichtlich ein Totalversagen Ihres Kurzzeitgedächtnisses, meine Damen und Herren. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Diesen Teil der Festplatte mögen Sie gelöscht haben. Wir stellen Ihnen aber gerne ein Back-up dafür zur Verfügung.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Herr Abruszat, Sie haben recht. Sie haben in der Tat – ich habe es Ihnen ja zugerufen – hellseherische Fähigkeiten. Dieses GFG mit einer Schlüsselmasse von 8,4 Milliarden € ist in der Geschichte Nordrhein-Westfalens das höchste aller Zeiten. So viel gab es in unserem Land noch nie an die Kommunen zu verteilen. Uns unterscheidet aber Folgendes, Herr Abruszat: Die Steuereinnahmen, die das begründen, geben wir an die Kommunen weiter. Sie haben sie eingesackt. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will gerne noch auf einige Details zum GFG eingehen. Ja, es gibt eine deutliche Anhebung des Soziallastenansatzes. Das ist aber keine politische Entscheidung, sondern eine arithmetische Folge dessen, was wir über alle Fraktionen im Rahmen des ifoGutachtens miteinander beschlossen haben. Nur: Sie haben das nicht angewandt. Sie haben die Schlüsselzuweisungen an die nordrhein-westfälischen Kommunen auf der Grundlage von Datensätzen des Jahres 1999 verteilt. Elf Jahre alte Daten haben Sie genommen, ohne die Entwicklung bei den Soziallasten in diesen elf Jahren zu berücksichtigen. Ich vermute, Ihnen fehlte seinerzeit der politische Mut, das umzusetzen, was eigentlich notwendig ist,

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

nämlich den Kommunen, die unter hohen Soziallasten leiden, mehr Schlüsselzuweisungen zukommen zu lassen. Das ist unser Verständnis von Verteilungsgerechtigkeit, Herr Kuper – nicht Ihres, das sehe ich ein.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben darüber hinaus den Zentralitätsansatz gestärkt, aber genauso einen Flächenansatz eingeführt. Der Bürgermeister von Windeck hat mir nachvollziehbar dargestellt, dass er im Winter genauso viel Streusalz einkaufen muss wie die Stadt Köln. Genau diesen Aspekt, dass man als Kommune viel Fläche, aber relativ wenige Einwohner hat, haben wir in diesem GFG berücksichtigt.

Ebenso haben wir einen Demografiefaktor eingeführt, der dafür sorgen soll, dass die Kommunen, die in einem hohen Maße Einwohner verlieren, in der Lage sind, in einer Übergangsphase ihre kommunale Infrastruktur anzupassen.

Außerdem, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben wir den ländlichen Raum nachhaltig dadurch gestärkt, dass wir Abmilderungshilfen dorthin leiten, weil wir genau wissen, dass die Finanzkrise der Kommunen längst im ländlichen Raum angekommen ist. Wir helfen den Kommunen, egal welcher Art, ob groß oder klein.

Zuallerletzt möchte ich noch auf Folgendes eingehen: Ja, es gibt immer Stellungnahmen zu diesem GFG vonseiten der kommunalen Spitzenverbände. Jeder dieser Spitzenverbände hätte für die Art von Kommunen, die er vertritt, gerne mehr Geld. Das kann ich menschlich wirklich nachvollziehen. Genauso bestätigen uns die kommunalen Spitzenverbände aber, dass es zu dem jetzigen Verteilungsmechanismus eigentlich gar keine Alternative gibt.

Herr Abruszat, es wird Sie freuen, dass diese Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart hat, das, was zur Diskussion steht, nämlich die Frage „Bildet der Soziallastenansatz tatsächlich die Sozialausgaben ab? Wie ist das mit dem Hebesatz bei der Gewerbesteuer und deren Berücksichtigung?“ …

Die Redezeit!

… gutachterlich überprüfen zu lassen. Die Ergebnisse erwarten wir im nächsten Jahr. Wir werden sie in einem breit angelegten Diskussionsprozess mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit den Kommunen gemeinsam auf Augenhöhe beraten. Auch darin unterscheidet sich diese Landesregierung von ihrer Vorgängerregierung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. Herr Minister Jäger hat geringfügig die Redezeit überzogen. Gibt es den Wunsch einer Fraktion, einen kleinen Zuschlag zu bekommen? – Dem ist nicht so.

Dann schließe ich hiermit die Beratung zum Gemeindefinanzierungsgesetz und weise noch einmal darauf hin, dass das Gemeindefinanzierungsgesetz entsprechend der Beschlussempfehlung